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Campione d’Italia, Bezzola, Cooperativa

Andreas Heege und Ulrich Linnemann, 2021

Keramik der Cooperativa Bezzola Campione in CERAMICA CH

Über die “Cooperativa Bezzola Campione” in der norditalienischen Gemeinde Campione d’Italia (einer italienischen Exklave im Kanton Tessin) am Ufer des Luganersees, wissen wir bis heute nur sehr wenig. Weder sind ihr Gründungsdatum noch das Datum des Produktionsendes bekannt.  1881 wird in einem Artikel zur “Esposizione industriale italiana del 1881 in Milano” berichtet (Gilardi 2018):

“Auf dem Weg zur Schweizer Grenze, am Seeufer und gegenüber von Lugano, finden wir zwei Fabriken für gewöhnliches Geschirr aus weichem Steingut, die den Firmen Verda Napoleone und Bezzola Beniamino gehören. Die Fabrik Verda ist über vierzig Jahre alt, die andere, die Bezzola Beniamino gehört, wurde erst kürzlich gegründet. Etwa achtzig Mitarbeiter sind in beiden Unternehmen beschäftigt.”

Die “Zeitschrift für Schweizerische Statistik, Bd. 7” meldete allerdings bereits 1871, S. 71 für den Kanton  Tessin (Rapport de la Direction du 4e arrondissement des péages fédéraux):

Einen weiteren sehr ähnlichen Bericht gibt es für das Jahr 1869 (abgedruckt in der Zeitschrift Scuola Ticinese 157, Ottobre-Novembre 1989,  3-9, bes. 8).

Nun konnte noch ein älterer Zeitungsbericht aus dem Jahr 1863 gefunden werden (Tag- und Anzeigeblatt für Kempten und das Allgäu : Amtsblatt für das Königliche Amtsgericht Kempten : Organ für land- und milchwirtschaftliche Interessen. vom 30.10.1863):

“Bern, 19. Oct. Zu Campione, in der Nähe von Lugano, hat sich verflossenen Freitag Nachts, ein Naturereignis zugetragen, welches an die Katastrophe von Marcotte [Morcote] im vergangenen Jahre erinnert. In dieser Nacht ist nämlich die große Thonwaaren-Fabrik von Campione, welche hart am Ufer des Luganer See’s liegt, zum größten Theil von dessen Fluthen verschlungen worden. Da das dortige See-Ufer sehr fest ist und auch die Grundlagen der Fabrik sehr solid angelegt worden waren, so ist das Unglück ohne vorhergegangenen Erdstoss schwer zu erklären. An der Stelle, wo die Gebäulichkeiten gestanden, bemerkte man gleich nach der Katastrophe nichts, als eine Art Aufzischen des See’s, dann war Alles ruhig. Die Fabrik gehört einem Herrn Bezzola, der Mitglied der italie­nischen Deputirtenkammer ist.”
Der Bund in Bern brachte schon am 19. Oktober 1863 einen Augenzeugenbericht der Katastrophe vom 16./17. Oktober, in dem ausdrücklich die im See versunkenen Druckmaschinen für den Umdruckdekor erwähnt werden:
Die Seekatastrophe löste ein grösseres Medienecho in der Schweiz aus:

Thuner Wochenblatt 21. Oktober 1863, Zürcherische Freitagszeitung 23. Oktober 1863, Zuger Volksblatt 24. Oktober 1863, Fögl d’Engiadina 31. Oktober 1863.

Bislang konnten in den Museumssammlungen Graubündens immerhin zwei Keramiken der Firma Bezzola gefunden werden, die den Export in die Schweiz belegen. Das Heimatmuseum Rheinwald in Splügen verwahrt eine gemarkte Schüssel (HMRW_01):

Die Marke (siehe Titelbild) orientiert sich formal sehr eng an der älteren Marke der bedeutenden französischen Firma Utzschneider und Cie. in Sarreguemines, die dort ab etwa 1856 verwendet wurde (Gauvin 2005, 122-123). Die Schnecke der Fabrikmarke Bezzola findet sich auch im Gemeindewappen von Campione.

Das Rätische Museum in Chur (RMC H1979.50) verwahrt eine mit Umdruckdekor verzierte Kaffeeschale mit der Blindmarke “F. BEZZOLA” (Fabbrica Bezzola?). Das Stück stammt aus der Sammlung von Margrith Schreiber-von Albertini und soll ursprünglich aus dem Engadin, aus Casaccia/Cumvent, Haus Klösterchen, stammen.

Bibliographie:

Gauvin 2005
Henri Gauvin, Sarreguemines. Les marques de fabriques, Sarreguemines 2005.

Gilardi 2018
Sabato Gilardi, Christian, La manifattura ceramica “Ghirla”, in: Enrico Brugnoni/Christian Gilardi Sabato, La ceramica di Girla. Artigianato e preziosità delle terre dell’Abbazia di san Gemolo in Valganna, San Gemolo in Valganna 2018.

Dank

Herzlichen Dank an Marcella Giorgio für den Literaturhinweis Gilardi 2018 und Dank an Franca Liggenstorfer, Walchwil, für die Übersetzung der Textpassage.

Castel Durante I, Piccolpasso, Cipriano (1523-1579)

Cipriano Piccolpasso ist vor allem berühmt durch sein Werk

Li tre libri dell’arte del vasaio

das er um 1557 in Castel Durante schrieb und illustrierte. Es vermittelt in Wort und Bild grundlegende Erkenntnisse zum technologischen Knowhow der italienschen Fayenceproduzenten der ersten Hälfte und Mitte des 16. Jahrhunderts.

Das bedeutende Werk, das sich heute im Victoria & Albert Museum in London befinden (MSL/1861/7446) kann inzwischen online eingesehen werden.

Eine kommentierte Übersetzung existiert (Lightbown/Caiger-Smith 1980)

Bibliographie

Lightbown/Caiger-Smith 1980
Ronald Lightbown/Alan Caiger-Smith, Cipriano Piccolpasso, I tre libri dell’arte del vasaio = The three books of the potter’s art: a facsimile of the manuscript in the Victoria and Albert Museum, London, London 1980.