Blick auf Hettiswil, Grauenstein und Hängelen, im Mittelgrund Hindelbank, am linken Bildrand der Wald Richtung Bäriswil. Im Vordergrund ist die Lage der bekannten Tongrube von 1809 markiert. 1 Lage der Parzelle des ehemaligen, 1947 abgebrannten Hafnerhauses Hängelen 50 (heute Hängelen 1). 2 Lage des von Hans Häberli (1704–1788) bewohnten Hauses Hängelen 59 (heute Hängelen 22) und des kurzfristig vom Hafner Jakob Häberli (1732–1780) genutzten Hauses Hängelen 60 (heute Hängelen 24). 3 Lage des 1822 von Johannes III (1778–1851) und Bendicht Häberli (1787–1840) neu erbauten Hauses Hängelen 56 (heute Hängelen 10). (Foto Daniel Maurhofer, Ankermedia 2019)
Andreas Heege, Alfred Spycher, Andreas Kistler 2020
Hängelen, heute ein Teil der Gemeinde Krauchthal bzw. der Ortschaft Hettiswil, ist ein wenig bekannter bernischer Töpferort in der unmittelbaren Nachbarschaft, östlich von Bäriswil. Hier produzierten während drei Generationen oder 70 Jahren sechs Hafner Geschirrkeramik und Kachelöfen (ca. 1747 bis 1817).
Der Krauchthaler Chronist Peter Schertenleib schrieb 1826: „Die Gebrüder Häberli [Johannes, 1778–1851, und Bendicht, 1787–1840] in der Hängelen üben gegenwärtig keinen Beruf aus. Es ist zu wünschen, dass sie ihr Handwerk bald wieder anfangen, da sie den Ruhm des bekannten Hängelengeschirrs stets behauptet haben“ (Schertenleib 1826, 56–57).
Es ist anzunehmen, dass Peter Schertenleib wusste, wovon er schrieb, da er am 30. April 1818 in den Gemeinderat von Krauchthal gewählt wurde und von Mai 1818 bis mindestens Januar 1830 Gemeinderatspräsident war. So sass er also immerhin 6 Jahre (1818–1824) mit dem Hafner Johannes III Häberli (1778–1851) im Gemeinderat zusammen (Gemeindearchiv Krauchthal). Nach 1817 erscheint der letzte Hafner Johannes III nur noch als «Chorrichter» oder «Alt-Chorrichter», aber niemals mehr als «Hafner». Wir können nur spekulieren, dass die klimatisch und wirtschaftlich schwierigen Bedingungen der Jahre 1816–1821, die auch die Hafner Kräuchi in Bäriswil und Staub in Langenthal in den Konkurs bzw. wirtschaftlichen Ruin trieben, Anlass waren, sich aus dem Hafnerhandwerk zurückzuziehen. Es ist also wohl kein Zufall, dass im November 1820 Hafner Aeschlimann aus Burgdorf im Pfarrhaus in Krauchthal den alten Kachelofen reparieren und einen neuen setzen durfte.
Die obige Notiz war der Anlass sich mit den Hafnern Häberli von Hängelen ihrem Stammbaum, ihrem Besitz und den Hafnergrundstücken sowie der Frage nach ihren Produkten und dem Rätsel um die Kachelöfen im Bäriswiler Stil zu beschäftigen (umfassend jetzt Heege/Spycher/Kistler 2020). Die Kachelöfen im Bäriswiler Stil wurden in diesem Zusammenhang erstmals umfassender zusammengestellt und behandelt, da sie zum Zeitpunkt der Bäriswil-Publikation (Heege/Kistler/Thut 2011) noch unbekannt waren bzw. erst wenig später entdeckt wurden (Heege 2012).
Vorab bleibt festzuhalten, dass die familiengeschichtlichen Forschungen keinen Nachweis erbracht haben, dass es direkte verwandtschaftliche Beziehungen zwischen den Hafnern Häberli, die im 18. und 19. Jahrhundert in Münchenbuchsee arbeiteten, und den Hafnern Häberli aus Hängelen gibt. Auch besteht keine erkennbare verwandtschaftliche Beziehung zu den Hafnern Häberli, die sich zwischen 1861 und 1941 in Jegenstorf nachweisen lassen. Diese gehören nachweislich zum Stammbaum der Häberli von Münchenbuchsee (Bürgerrodel Gemeinde Münchenbuchsee 2,81; 3,151; 5,151). Eingebürgert waren Häberlis vor 1800 im Kanton Bern nur in den Gemeinden Krauchthal, Münchenbuchsee und Jegenstorf, jedoch gab es zahlreiche weitere Heimatberechtigte gleichen Namens in den Kantonen Luzern, Thurgau und Zürich (Familiennamenbuch der Schweiz, Online-Version).
Die Hafner von Hängelen gehörten zur grossen Gruppe der relativ armen landsässigen Bevölkerung im Kanton Bern im 18. Jahrhundert, die aufgrund ihrer nur kleinen Taunergrundstücke nicht allein von der Landwirtschaft leben konnte. Sie mussten für den Lebensunterhalt zwingend ein zusätzliches Handwerk ausüben. Aufgrund des Bürgerregisters von 1798 wissen wir, dass damals mindestens 83 Hafner an 26 Standorten im Kanton Bern tätig waren (Heege/Kistler 2017b, 45 Fig. 7).
Den archivalisch nachweisbaren Hafnern von Hängelen aus dem 18. Jahrhundert gehen noch drei Generationen von Häberlis mit anderen Berufen voraus (Stammbaum). Der Stammbaum enthält keine Totgeburten oder ungetaufte Kinder. Er fokussiert auf die Linie der Hafner Häberli und lässt die Entwicklung anderer Seitenzweige unberücksichtigt.
Die Genealogie der Hafner Häberli von Hängelen konnte in wünschenswerter Genauigkeit ermittelt werden. Das gleiche gilt für die bewohnten und genutzten Hafnerhäuser und Grundstücke. Anders sieht es mit den Produkten, den Kachelöfen und der Geschirrkeramik der Hafner Häberli aus. Hier kann zur Zeit, trotz der Tatsache, dass in Mattstetten und Ittigen (heute Diessbach bei Büren) zwei Kachelöfen mit dem Namenszug «Johannes Häberli» existieren, keine sichere Entscheidung getroffen werden.
Mattstetten «Schlössli», Bäriswilstrasse 15, Kachelofen von 1781 im «Bäriswiler Stil», Signaturenkachel «Johanes Häberlj»
Beim momentanen Stand der Diskussion ist man eher geneigt, den Namenszug als vom Ofenmaler (aus Bäriswil) gemalte Signatur des Kachelofenproduzenten (aus Hängelen) zu werten. Die Hafner Häberli hätten demnach in den frühen 1780er-Jahren möglicherweise den Schulmeister Ludwig Kräuchi (1743–1814) aus Bäriswil als Ofenmaler beschäftigt, der die Öfen im «Bäriswiler Stil» dekorierte.
Zumindest für das Jahr 1785 lässt sich belegen, dass auch der bernische Ofenmaler Peter Gnehm für die Häberlis arbeitete. Einfachere Dittlinger-Öfen und Häberli-Öfen könnten daher völlig identisch aussehen und nicht unterscheidbar sein. Das gleiche gälte dann für Kachelöfen, die im «Bäriswiler Stil» bemalt sind, da auch die Kräuchis in Bäriswil Kachelöfen produzierten.
Insgesamt darf jedoch nicht übersehen werden, dass die Zuweisung der Geschirrkeramik im «Bäriswiler Stil» zu Bäriswil und den Hafnern Kräuchi auch nur auf wenigen, allerdings begründeten Argumenten und Indizien beruht (z. B. Modelfunde in der Bäriswiler Röhrenhütte). Angesichts der gemeinsamen Tonlagernutzung der Hafner von Bäriswil, Hängelen und Jegenstorf sind im vorliegenden Fall naturwissenschaftliche Untersuchungen zur Klärung der Herkunftsfrage leider ebenfalls sinnlos. Das einzige was uns in Zukunft Schritte weiter bringen könnte, wären, wie das Beispiel Langnau Sonnweg 1 gezeigt hat (Heege/Kistler 2017a, 153–183), Grabungen auf den wichtigsten Hafnergrundstücken in Bäriswil und Hängelen. Das dabei möglicherweise zu bergende Abfallspektrum dürfte verlässlichere Aussagen über die Produktion und das Spektrum der Gefässformen und Dekore gestatten.
Eine umfassende Studie mit allen Quellen und einer Zusammenstellung aller Kachelöfen im Bäriswiler Stil bietet: Andreas Heege/Alfred Spycher/Andreas Kistler, Die Hafner von Hängelen und das Rätsel der Bäriswiler Kachelöfen, in: Gemeindebuch Krauchthal, 2020, 173-256.
Das Buch kann bestellt werden: Gemeindeverwaltung Krauchthal, Länggasse 1, 3326 Krauchthal, Tel. 034 411 80 80, Fax 034 411 80 89, info@krauchthal.ch (Postversand 45 CHF)
Bibliographie
Heege 2012
Andreas Heege, Kräuchis Chacheli und Öfen, Töpfe, Teller, Kachelöfen: Keramik aus Bäriswil (1758-1821), in: Alpenhorn-Kalender, Brattig für das Berner Mittel- und Oberland, 2012, 136–142.
Heege/Kistler 2017a
Andreas Heege/Andreas Kistler, Keramik aus Langnau. Zur Geschichte der bedeutendsten Landhafnerei im Kanton Bern (Schriften des Bernischen Historischen Museums 13), Bern 2017.
Heege/Kistler 2017b
Andreas Heege/Andreas Kistler, Poteries décorées de Suisse alémanique, 17e-19e siècles – Collections du Musée Ariana, Genève – Keramik der Deutschschweiz, 17.-19. Jahrhundert – Die Sammlung des Musée Ariana, Genf, Mailand 2017.
Heege/Kistler/Thut 2011
Andreas Heege/Andreas Kistler/Walter Thut, Keramik aus Bäriswil. Zur Geschichte einer bedeutenden Landhafnerei im Kanton Bern (Schriften des Bernischen Historischen Museums 10), Bern 2011.
Heege/Spycher/Kistler 2020
Andreas Heege/Alfred Spycher/Andreas Kistler, Die Hafner von Hängelen und das Rätsel der Bäriswiler Kachelöfen, in: Krauchthaler Jahrbuch, 2020, 173-256.
Schertenleib 1826
Peter Schertenleib, Einige Beiträge einer topographisch-statistisch-landwirtschaftlichen Beschreibung der Kirchgemeinde Krauchthal. Handschriftliche Aufzeichnungen vom 12. Oktober 1826 (Burgerbibliothek Bern. GA Oek.Ges.125 (7). , Krauchthal 1826.
Schweingruber 1971
Max Schweingruber, Handwerk und Gewerbe, in: Lehrerschaft des Amtes Burgdorf und Kirchgemeinde Utzenstorf und Bätterkinden in Verbindung mit der Gemeinde Krauchthal (Hrsg.), Krauchthal Thorberg. Ein Heimatbuch, Burgdorf 1971, 210–242.