Nyon VD, Die Steingutmanufakturen (1)

Roland Blaettler, 2019

Für die beiden historischen Steingutfabriken in Nyon, die im 19. Jahrhundert rund zehn verschiedene Firmennamen trugen, wies die bisher publizierte Dokumentation grosse Lücken auf. Wir haben versucht, diese Lücken möglichst gut zu schliessen, indem wir verschiedene Bestände des Gemeindearchivs Nyon, wie etwa die Protokolle der Gemeinde, konsultiert haben. Für die jüngste Zeit haben wir eine Fülle an wertvollen Informationen in der Waadtländer Presse gefunden, namentlich über die Plattform «Scriptorium», die von der Bibliothèque cantonale et universitaire in Lausanne verwaltet wird. Allerdings ist die Zeit für solche Nachforschungen bei einem Projekt wie dem unseren zwangsläufig begrenzt, und wir mussten uns häufig auf Stichproben beschränken. In diesem Bereich, der offensichtlich weniger prestigeträchtig ist als die Porzellanbranche und der noch viele Unklarheiten birgt, bräuchte es systematischere Archivrecherchen und eine Erweiterung des Forschungsfelds.

Der erste Versuch, die Geschichte des Steinguts aus Nyon zu skizzieren, war ein nicht unterzeichneter Artikel im Journal de Nyon vom 6. und 11. April 1893 mit dem Titel «Industrie de Nyon: La porcelaine et la poterie à Nyon». Verfasst hat den Text Jules Michaud, Direktor der Manufacture de poteries fines, des Unternehmens, das direkt von der alten Porzellanmanufaktur abstammte. Michaud stützte sich damals auf die nicht sehr ergiebigen Archive der Manufaktur, die heute im Gemeindearchiv von Nyon lagern (ACN, R 810, Fonds Fernand Jaccard – diese Archivschachtel umfasst ebenfalls das Typoskript von Michauds kleiner Studie). Enthalten sind hauptsächlich eine Reihe von notariellen Urkunden zu bestimmten Eigentumsübertragungen an der Spitze der Manufaktur oder zum Erwerb von Grundstücken im 19. Jahrhundert. Spätere Dokumente betreffen ausschliesslich Vorgänge zur Anstellung von Albert Jaccard als Direktor im Jahr 1936.

Aloys de Molin eher kurz auf das Kapitel der Steingutproduktion in Nyon ein (De Molin, 1904, 73 und 74). Er beschreibt die Reorganisation der Porzellanmanufaktur, als Dortu und seine Gesellschafter 1809 beschliessen, selbst in die Steingutproduktion einzusteigen. De Molin dokumentierte insbesondere die Liquidation der Manufaktur im Jahr 1813, die Gründung der neuen Gesellschaft, die sich ausschliesslich dem Steingut widmete unter dem Namen «Bonnard et Cie», sowie den Eintritt von Jean-Louis Robillard ins Unternehmen. Dabei stützte er sich auf das erwähnte Unternehmensarchiv (De Molin 1904, 74–79).

Thérèse Boissonnas-Baylon interessiert sich in ihrem Beitrag aus dem Jahr 1918 unter dem Titel «Faïenceries et faïenciers de Lausanne, Nyon et Carouge» ausschliesslich für die Geschichte ihrer Vorfahren, der Familie Baylon, in der Genferseeregion. Sie hat als Erste zu diesem Thema systematische Nachforschungen in den kantonalen Archiven des Kantons Waadt sowie in den kommunalen Archiven von Lausanne und Nyon angestellt. Auch heute noch basiert unser Wissen über die erste Steingutmanufaktur, seit sich Moïse II Baylon in Nyon niedergelassen hatte bis zum Tod von Georges-Michel de Niedermeyer, hauptsächlich auf ihrer Arbeit (Boissonnas-Baylon 1918, 69–83).

1985 versuchte Edgar Pelichet ein komplettes Bild der Steingutindustrie in Nyon zu zeichnen, das auch die Gegenwart umfasste, bis zur Schliessung der Manufacture de poteries fines im Jahr 1978. Der Autor stützte sich stark auf die Arbeiten seiner Vorgänger und auf Aussagen ehemaliger Mitarbeiter der verschiedenen Unternehmen, ohne genaue Referenzen zu den verschiedenen Quellen vorzulegen. Das Werk von Pelichet enthält so viele ungenaue Angaben und Fehler, dass es nur mit grösster Vorsicht verwendet werden kann (Pelichet 1985/2).

Wir haben die Geschichte der verschiedenen Steingutmanufakturen, die es in Nyon zwischen dem Ende des 18. und dem 20. Jahrhundert gegeben hat, in drei Perioden aufgeteilt: die erste Manufaktur – die zweite Manufaktur – die Manufacture de poteries fines de Nyon SA.

Die erste Manufaktur:

– Die Baylons, 1779–1814

– Niedermeyer und Mülhauser, 1814–1829

– Fol-Lugeon, 1831–1841 (?)

Die Baylons, 1779–1814

Die erste Herstellung von Steingut in Nyon kann Moïse II Baylon zugeschrieben werden (1736–1793). Nachdem er 1779 nach einem kurzen Aufenthalt in Genf aus Lausanne eingetroffen war, richtete er sich in einem Gebäude ein, das er erworben hatte. Es befand sich am Anfang der Route de Lausanne, auf der Seeseite (Boissonnas-Baylon 1918, 71–72). Zwischen 1773 und 1775 weilte Moïse im Ausland, um die Herstellung von «moderner Fayence» zu studieren (d. h. Steingut – Boissonnas-Baylon 1918, 70–71). 1784 erhielt er von der Obrigkeit in Bern eine Befreiung vom «kleinen Zoll» für die Beförderung seiner Produkte in die französischsprachigen und die deutschsprachigen Teile des Kantons (De Molin 1904, 19–20; Boissonnas-Baylon 1918, 75–76).

Als er sich in Nyon niederliess, produzierte Baylon höchstwahrscheinlich vor allem zunächst gewöhnliche, blei-zinnglasierte Fayencen. Mit der Zeit und nachdem er die erforderlichen Rohstoffe gefunden hatte, begann er mit der Produktion von Steingut, wie eine Erklärung von Ferdinand Müller, dem Gesellschafter von Dortu, vor dem stellvertretenden Landvogt von Nyon am 5. März 1787 zu bestätigen scheint. Müller war angeklagt, heimlich die Überführung der Porzellanmanufaktur von Nyon nach Genf vorzubereitet zu haben. Er behauptete, dass er keinesfalls die Absicht hegte, in Genf ein ähnliches Unternehmen zu eröffnen wie in Nyon [eine Porzellanmanufaktur], sondern eine «Fabrik für Pfeifenerde oder englische Erde und Fayence, da es dem Land daran mangle; und um der Keramikfabrik von Herrn Baylon nicht zu schaden, die hier bereits angesiedelt sei, habe er sich entfernt» (De Molin 1904, 34). Baylon stellte 1787 aber bereits Steingut her – bezog sich die mögliche Konkurrenz, die Müller angeblich vermeiden wollte, also hauptsächlich auf die gewöhnliche Fayence?

In Schloss Nyon (Inv. 4105) gibt es ein Heft mit Notizen aus den Jahren 1828–1834, die hauptsächlich von Antoine Louis Baylon, dem Enkel von Moïse II, verfasst wurden. Er unterstützte damals seine Mutter an der Spitze der Manufaktur, die von seinem Vater Abraham in Carouge gegründet worden war. Antoine hielt darin u. a. die Anleitungen seines Grossvaters für die Herstellung von Steingut fest (Maggetti 2017). Isabelle Dumaret hat dieses Dokument als Erste ausgewertet und leitete daraus ab, dass Moïse nicht in der Lage war, vor 1790 Steingut zu produzieren, wenn er effektiv ab 1789 seine ersten Versuche in Angriff nahm (Dumaret 2006, 21, 65).

Wir wissen übrigens, dass der Genfer Chemiker und Naturwissenschaftler Henri-Albert Gosse, einer der Förderer der Genfer Steingutfabrik in Les Pâquis, Moïse Baylon im Juni 1788 besuchte, und zwar unter dem Vorwand, Apothekertöpfe bestellen zu wollen. Effektiv wollte er sich aber diskret über die Herstellungsverfahren informieren. Baylon soll ihm «wunderbaren weiss-blauen Ton» gezeigt haben, der seinen Aussagen zufolge aus der Nähe von Nyon kam. Gosse ging aber davon aus, dass der betreffende Ton eher aus Köln oder Limoges stammte. Baylon übergab ihm gar eine Brennprobe, «die ziemlich weiss war, deren glasartiger Überzug ab einer bestimmten Dicke jedoch grünlich schimmerte» (Entwurf eines Briefs von Gosse an Marc-Auguste Pictet, 2. Juni 1788, zitiert in: Sigrist und Grange 1995, 34).

Unabhängig vom genauen Zeitpunkt, zu dem die Geschichte des Steinguts in Nyon ihren Lauf nahm, konnte Moïse seinen Erfolg nicht lange geniessen: 1793 verstarb er frühzeitig. Seine Witwe Sophie, geb. Dapples (1751–1814), führte den Betrieb weiter, zuerst alleine, anschliessend ab 1798 gemeinsam mit ihrem Sohn Albert. Nachdem auch Albert 1803 jung verstorben war, stand Sophie alleine an der Spitze des Unternehmens, während ihr Sohn Abraham sich einige Monate zuvor der Steingutfabrik von Louis Herpin in Carouge angeschlossen hatte.

Die von den Baylons im Jahr 1784 erlangten Zollbefreiungen waren ausdrücklich mit der Verpflichtung verbunden, ihre Produkte bis mindestens 1803 zu kennzeichnen (Boissonnas-Baylon 1918, 76). Dennoch sind wir immer noch nicht in der Lage, die Kennzeichnung und die Produktion der Baylons in Nyon zu identifizieren, weder in der Kategorie normale Fayence noch beim Steingut. Möglicherweise wurde bei dieser Kennzeichnung schlicht der Familienname «Baylon» als Blindmarke eingedrückt. In diesem Fall wäre Abraham Baylon, der die Leitung der Manufaktur Herpin in Carouge 1802 übernommen hatte, gezwungen gewesen, eine andere Kennzeichnung zu wählen. Eine Marke «BAYLON À CAROUGE» ist zwar belegt, allerdings wurde sie insgesamt nur an vier Objekten festgestellt (Dumaret 2006, 62–63, Abb. 38a und 38b). In der Kollektion des Musée de Carouge sind einige Teller, wohl frühe Werke, mit «BAYLON» in sehr kleinen Buchstaben gekennzeichnet und heben sich klar von der geläufigsten Kennzeichnung aus Carouge ab. Vielleicht sollte diese Spur noch weiterverfolgt werden.

Aloys de Molin, Kurator des Archäologischen Museums in Lausanne (Musée archéologique) und erster Historiker der Porzellanmanufaktur in Nyon, hat sich offenbar für diese Frage interessiert. 1903 hat er für das Lausanner Museum einige Fayencen mit einem Kornblumendekor erworben, die er vage mit «Nyon» assoziierte (MCAHL 29384; MCAHL 29385; MCAHL 29310; MHL AA.MI.989).

Das Historische Museum in Vevey (Musée historique) bewahrt seinerseits einen Teller mit fassoniertem Rand, der aus der gleichen Produktion stammen könnte (MHV 57).

Das Kornblumenmotiv wies offensichtlich eine starke Assoziation mit den Werken aus Nyon auf. In den Fällen, die uns interessieren, ist klar, dass diese Fayencen aus der Schweiz und höchstwahrscheinlich aus der Waadt stammen. Wir können allerdings nicht mehr dazu sagen. Wenn sie aus Nyon stammen, würden die formspezifischen und stilistischen Merkmale auf jeden Fall darauf hinweisen, dass sie eher nach Moïses Tod hergestellt wurden.

De Molin hat ebenfalls Steingut gekauft, auch mit Kornblumendekor, z.B. ein unvollständiges Service, das 1906 «Baylon» zugeordnet wurde (MCAHL 30095; MCAHL 30094; MCAHL 30100; MCAHL 30110; MCAHL 30098; MCAHL 30101). Allerdings gehen wir heute davon aus, dass es aus englischer Produktion stammt, auch wenn die Herkunft nicht genauer ermittelt werden konnte (Mitteilung von Diana Edwards und John Mallet, London).

Weiter gibt es noch zwei Kompottschalen, die ebenfalls mit Kornblumen verziert sind und die wahrscheinlich gleichzeitig erworben wurden, deren Machart aber eher rudimentär ist (MCAHL 30105). Diese Objekte entsprechen augenscheinlich keiner in England oder in Frankreich bekannten Typologie. Die Dicke des Scherbens, die grünliche Färbung des Überzugs und die etwas verblasste Bemalung weisen auf eine Produktion hin, die noch nicht voll ausgereift war, eine Produktion, die an die Probe erinnert, die Moïse Baylon Henri-Albert Gosse bei seinem Besuch im Juni 1788 (siehe oben) übergeben hatte.

Bei den anderen Steingutobjekten, die wahrscheinlich aus der Westschweiz stammen und die allenfalls den Baylons von Nyon zugeordnet werden könnten, weisen wir auf zwei Teller im Nationalmuseum in Zürich hin, deren Spiegel eine Kornblumenzweig ziert und deren Fahne vier einzelne Kornblumen aufweist (SNM LM-21910). Im Eingangsregister des Museums werden sie als «spätes Steingut aus Nyon» qualifiziert. Sie wurden einmal der Fabrik Nägeli in Kilchberg (Spühler 1981, Abb. 6) zugeordnet. Allerdings teilte Rudolf Schnyder diesen Standpunkt nicht.

Pelichet versuchte den Baylons aus Nyon eine Produktion von mehrfarbig dekorierten, glasierten Fayencen zuzuordnen, deren technische und ästhetische Raffinesse offensichtlich nicht den Fähigkeiten des kleinen Unternehmens aus Nyon entsprach (Pelichet 1985/2, 15 und 16 – MHPN MH-FA-4104). Solches Steingut stammt tatsächlich aus der Manufaktur von François-Antoine Anstett in Haguenau (Département Bas-Rhin, Frankreich).

Es sei noch darauf hingewiesen, dass Marino Maggetti im Hinblick auf die verschiedenen Steingutproduktionen in der Genferseeregion (Nyon, Carouge und Charmot in Jussy) seit einigen Jahren einen archäometrischen Ansatz verfolgt. Die ersten Ergebnisse wurden 2017 veröffentlicht (Maggetti und Sernels 2017). Da aber Muster fehlen, die klar den Baylons aus Nyon zugeordnet werden können, lassen sich die Produkte aus Nyon bislang auf diesem Wege ebenfalls nicht ermitteln.

 

Niedermeyer und Mülhauser, 1814–1829

Nach dem Tod von Sophie Baylon-Dapples übernahm ihr Schwiegersohn, Georges-Michel de Niedermeyer (1767–1829), 1814 das Unternehmen im Namen seiner Ehefrau Charlotte (1780–1844; Boissonnas-Baylon 1918, 82). Als ausgebildeter Musiker war Niedermeyer mit der Keramiktechnik nicht vertraut. Um dies zu kompensieren, tat er sich vermutlich 1818/19 mit Pierre Mülhauser (1779–1839) zusammen, nachdem dieser sein Genfer Atelier für Porzellanmalerei geschlossen hatte.

Charles Roch konnte während seiner Suche in den alten Registern der Gemeinde Nyon feststellen, dass Mülhauser im Januar 1819 ein Gesuch zur Erlangung des Niederlassungsrechts eingereicht hatte (Roch 1916, 160). Die Verbindung zwischen Niedermeyer und Mühlhauser hielt bis 1824, als Mülhauser nach Genf zurückkehrte, um anschliessend in Migette (Doubs) die künstlerische Leitung einer Fabrik für Steingut und Ziegel zu übernehmen (Roch 1916, 161).

Die für diese Periode belegten Blindmarken setzen sich aus den Familiennamen zusammen, «NIEDERMEYER et MULHAUSER» (MHPN MH-2003-115) oder «niedermeyer et mulhauser» (MCAHL 30460). Es finden sich auch Marken mit einem «Tippfehler»: «NIEDEERMYER et MULHAUSER» (zwei Beispiele im Musée Ariana, Inv. 013498; 013496). Aus der Zeit vor dem Eintritt von Mülhauser oder nach seinem Abgang sind uns keine Firmenmarken bekannt. Es stellt sich die berechtigte Frage, ob Niedermeyer in diesen zwei Perioden, als er alleine an der Spitze des Unternehmens war, überhaupt produziert hat.

Georges-Michel de Niedermeyer verstarb am 3. Dezember 1829 (Gazette de Lausanne, 9. Februar 1830, S. 5). Fast zwei Jahre nach seinem Tod versuchte seine Witwe Charlotte, das Grundstück und die Gebäude zu verkaufen. In der Ausgabe vom 23. September 1831 veröffentlichte die Gazette de Lausanne (S. 7) folgende Anzeige: «Am Samstag, 1. Oktober 1831, wird Frau Niedermeyer, geb. Baylon, in Form einer öffentlichen Versteigerung […] die Gebäude, Höfe, Nebengebäude und Gärten, die sie in Nyon am Seeufer in der Nähe des Hafens besitzt, wo früher eine Steingutfabrik war […], zum Verkauf anbieten. Der Umfang beträgt insgesamt rund 526 Klafter […]». Dort erfährt man übrigens, dass das Anwesen auch «ein unbebaubares Stück Land von rund 120 Klaftern» umfasste, «En Collovrey [Colovrex] rière Nyon genannt, auf dem Erde für die Fabrik entnommen wurde» (wahrscheinlich Töpferton, der für die gängigsten Produktionen verwendet wurde.

Die Produktion aus der Periode «Niedermeyer und Mülhauser» wird mit vier Objekten in den Kollektionen des Schlosses Nyon und des kantonalen Museums für Archäologie und Geschichte in Lausanne (Musée cantonal d’archéologie et d’histoire) dokumentiert (MHPN MH-FA-4103; MCAHL 30460; MHPN MH-FA-1625; MHPN MH-2003-115).

Das Musée Ariana besitzt sechs Exemplare, fünf Teller und eine Platte. Drei Teller weisen gedruckte Motive auf: zwei Illustrationen einer Fabel von La Fontaine (eines der Motive wurde signiert vom Genfer Graveur Pierre Escuyer [1749–1834]) und ein Fähnrich, flankiert von einem Schild mit dem Genfer Wappen (MAG N 0068 – Pelichet 1985/2, Abb. S. 18 – N 0069 und AR 05121). Die handgemalten Verzierungen, die Kornblumen und die Blumenkränze (z. B. MAG 013497 und N 0186) sind klare Hinweise auf die zeitgleichen Produkte der Manufaktur von Dortu. Das Nationalmuseum besitzt drei mehrfarbig verzierte Teller (blau, grün, gelb und violett-schwarz) bzw. mit einem Fries aus Weinranken und einem Geflecht aus Pflanzen mit Blumen (SNM LM-62020 und LM-19566, LM-19567).

Fol-Lugeon, 1831-1841 (?)

Offenbar wurde die Manufaktur anlässlich des erwähnten Verkaufs von 1831 – und nicht 1829, wie Pelichet behauptet (Pelichet 1985/2, 19) – von Jean-Louis Fol, einem Geschäftsmann aus Genf, übernommen. Seine Frau Jeanne-Marie Pernette Elisabeth, geb. Lugeon, und er hatten im Herbst 1830 einen positiven Bescheid für ihre Niederlassung in der Gemeinde Nyon erhalten (Gemeindearchiv Nyon [ACN], Bleu-A 51, Sitzung vom 1. November 1830). Die Niederlassungsbewilligung wurde ihnen am 14. Januar 1831 ausgestellt (ACN, Bleu-A 51, Sitzung vom 28. Januar). Da diese Vorgänge vor der Transaktion abgewickelt wurden, können wir nicht ausschliessen, dass Fol schon 1830 mit der Witwe Niedermeyer Kontakt aufgenommen hatte, um sich mit dem Unternehmen vertraut zu machen.

Pelichet erwähnt eine Fabrik «Fol et Lugeon», die seit 1829 bestanden haben soll (Pelichet 1985/2, 19). Das einzige Dokument aus dieser Periode, das im MHPN aufbewahrt worden ist, eine Preisliste der Fabrik, zeigt die beiden Familiennamen nacheinander und nicht mit einem «et» verbunden (reproduziert in: Pelichet 1985/2, 19). Fol hat den Namen seiner Frau einfach seinem Namen hinzugefügt, vielleicht weil seine Frau oder ihre Familie am Geschäft beteiligt waren.

Pelichet gibt das Ende der Manufaktur mit 1841 an, allein mit der Angabe, dass das Gebäude damals abgerissen wurde. Da gekennzeichnete Stücke aus dieser Periode äusserst selten sind, zweifeln wir daran, dass die Produktion wirklich zehn Jahre fortgeführt wurde. Die Produkte aus dieser Zeit, die mit dem eingeprägten Familiennamen «Fol» gekennzeichnet waren, sind tatsächlich rar.

Das Schloss Nyon und das kantonale Museum für Archäologie und Geschichte in Lausanne besitzen kein einziges Stück, das Musée Ariana insgesamt nur zwei: einen runden Teller ohne Verzierung (MAG R 0316) und einen achteckigen Teller mit einem Zierrand und einem blauen Umdruckdekor von schlechter Qualität. Zu sehen ist ein Genrebild mit der Unterschrift «La crème» (MAG 001001). Das Bild zeigt eine geschäftige Frau mit einem Kind in einer ländlichen Küche. Auch wenn der bedruckte Teller aus technischer Sicht keine Glanzleistung ist, belegt er doch, dass Jean-Louis Fol Ambitionen hatte. Die Preisliste der Manufaktur, die von Pelichet teilweise reproduziert wurde, zeigt, dass Fol ein ziemlich umfangreiches Formensortiment hatte, insbesondere für Teller, Schüsseln und Platten (Pelichet 1985/2, 19).

Übersetzung Stephanie Tremp

Quellen:

Gemeindearchiv von Nyon [ACN], Série Bleu A, Registres de la Municipalité – R 810, Fonds Fernand Jaccard.

Waadtländer Presse, consultée sur le site Scriptorium de la Bibliothèque cantonale et universitaire de Lausanne

Bibliographie:

Blaettler 2017
Roland Blaettler, CERAMICA CH III/1: Vaud (Nationales Inventar der Keramik in den öffentlichen Sammlungen der Schweiz, 1500-1950), Sulgen 2017, , 38-40, 266.

Boissonnas-Baylon 1918
Thérèse Boissonnas-Baylon, Faïenceries et faïenciers de Lausanne, Nyon et Carouge. Nos Anciens et leurs œuvres. Recueil genevois d’art VIII, 1918, 55-112.

De Molin 1904
Aloys de Molin, Histoire documentaire de la manufacture de porcelaine de Nyon, 1781-1813, publiée sous les auspices de la Société d’histoire de la Suisse romande et de la Société vaudoise des beaux-arts. Lausanne 1904.

Dumaret 2006
Isabelle Dumaret, Faïenceries et faïenciers à Carouge. Arts à Carouge: Céramistes et figuristes. Dictionnaire carougeois IV A. Carouge 2006, 15-253.

Maggetti 2017
Marino Maggetti, Analyse historique et technologique du carnet de notes du faïencier carougeois Antoine Louis Balyon. Revue des Amis suisses de la céramique 131, 2017, 124-157.

Maggetti et Serneels 2017
Marino Maggetti et Vincent Serneels, Étude archéométrique des terres blanches poreuses («faïences fines») des manufactures de Carouge, Jussy, Nyon et Turin. Revue des Amis suisses de la céramique 131, 158-222.

Pelichet 1985/2
Edgar Pelichet, Les charmantes faïences de Nyon. Nyon 1985.

Roch 1916
Charles A. Roch, La manufacture de porcelaine des Pâquis (Genève, 1787), Pierre Mülhauser et l’établissement de peinture sur porcelaine du Manège (Genève, 1805-1818). Indicateur d’antiquités suisses, Nouvelle série, 18/2, 1916, 154-162.

Sigrist et Grange 1995
René Sigrist et Didier Grange, La faïencerie des Pâquis. Histoire d’une expérience industrielle, 1786-1796. Genève 1995.

Spühler 1981
Theodor Spühler, Zürcher Fayence- und Steingutgeschirre aus dem “Schooren”, Kilchberg ZH von 1793 bis 1820. Ein Beitrag zur Zürcher Töpferei im 18. und 19. Jahrhundert. Kilchberg 1981.