Glasur

Nasses Glasieren: Aufbringung der in Wasser aufgeschlämmten Glasur durch Eintauchen oder durch Anschütten des lederhart getrockneten Gefässes mit einer Glasurkelle. Diese Art des Glasierens scheint in zahlreichen Töpfereien des Kantons Bern erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts aufzukommen, zunächst in Langnau und dann auch in der Region Heimberg-Steffisburg (Merz 1874; Schwab 1921; Heege/Kistler 2019, 223). Vorher wurde durchweg die Technik des trockenen Glasierens angewendet.

Aufpudern (aufbeuteln) fein gemahlener Glasur oder Bleiglätte (sog. trockenes Glasieren). Arbeitsbild: Töpferei Hänni, Heimberg 1946 (StAB FN_Hesse_249).

Trockenes Glasieren: Das Glasieren der lufttrockenen Ware ist eine schwierige Arbeit, denn sobald trockener Ton nass wird, beginnt er zu quellen und der Gegenstand kann reissen oder sich verziehen. Deshalb wurde in vielen Regionen der Schweiz die Methode des «trockenen Glasierens» oder «Aufbeutelns» angewendet. Sie wird für Heimberg erstmalig für das Jahr 1836 durch Alexandre Brongniart, den Direktor der Manufaktur Sèvres, als «saupoudration» (heute würde man «saupoudrage» als Begriff verwenden) bzw. «aspersion»  bezeugt (Brongniart 1844, 15 und 179). Es handelt sich jedoch um eine seit der Antike bekannte Technik (vgl. auch Garzoni 1626, 365, zitiert nach Keller 1999, 11-112; ausserdem Mämpel 1994, 89 und 100 mit Beleg für trockenes Glasieren mit Hilfe von Kleisterwasser im römischen und arabischen Kunsthandwerk). Dabei wurde das Gefäss entweder mit einem dünnflüssigen Kleisterwasser aus Mehl bzw. Kartoffelmehl oder einer in Kleisterwasser flüssig aufgeschlämmten Glasurmischung dünn überschüttet und darüber sofort trockene, fein gemahlene Bleiglätte oder Bleiglasur mit einem Glasurbeutel aufgepudert (Merz 1874, 21). Die Glasurschicht wurde dadurch dicker und ein Teil des Anmachwassers wurde aufgesogen. Heimberger Hafner behaupteten, dass diese Glasurtechnik eine dickere und glänzendere Glasur ergäbe (Merz 1874, 30). Eine besondere Gefahr dieser Methode war das Einatmen des bleihaltigen Staubes, der längerfristig bei den Töpfern die gefürchtete Bleikrankheit auslöste. Das trockene Glasieren wurde bei den Töpfern der Region Heimberg-Steffisburg bis in die 1880er-Jahre überwiegend angewendet. Das trockene Glasieren war auch in Schweden (Walerius 1973, 97-98) und in Staffordshire vor 1740  bekannt, wurde dort jedoch bald durch das Eintauchen in flüssige Glasuren abgelöst (Towner 1978, 20; Reilly 1995, 202).

Bibliographie:

Brongniart 1844
Alexandre Brongniart, Traité des arts céramiques ou des poteries considérées dans leur histoire, leur pratique et leur théorie, Paris 1844.

Frei 1932
Karl Frei, Bemalte Steckborner Keramik des 18. Jahrhunderts (Mitteilungen der antiquarischen Gesellschaft in Zürich 31), Zürich 1932, bes. 22.

Keller 1999
Christine Keller, Gefässkeramik aus Basel. Untersuchungen zur spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Gefässkeramik aus Basel. (Materialhefte zur Archäologie in Basel 15), Basel 1999.

Mämpel 1994
Uwe Mämpel, Die Bleiglasur in der Keramik. (Deutsche Keramische Gesellschaft, Fachausschussbericht Nr. 31), Köln 1994.

Merz 1874
Joseph Merz, Die Industrien im Berneroberland, deren Hebung und Vermehrung: Vortrag an der Hauptversammlung des gemeinnützigen Vereins des Kantons Bern, den 19. Oktober 1873 in Thun, Bern 1874.

Reilly 1995
Robin Reilly, Wedgwood: The new illustrated dictionary, Woodbridge 1995.

Schwab 1921
Fernand Schwab, Beitrag zur Geschichte der bernischen Geschirrindustrie (Schweizer Industrie- und Handelsstudien 7), Weinfelden/Konstanz 1921.

Towner 1978
Donald C. Towner, Creamware, London 1978.

Walerius 1973
Ernst Walerius, Pottemakare, krukmakare, kakelugnsmakare i Falkenberg (Skrifter fran Folklivsakivet i Lund 14), Lund 1973.