Ton

Andreas Heege, 2019

Die wichtigste Grundlage für eine qualitätvolle Keramikherstellung ist der Ton.

Ton: Mineralogisch-geologische Bezeichnung für (ungebrannten!) mineralischen Rohstoff, ein feinkörniges Sedimentgestein mit Korngrössenklassen (< 2µ). Ton entsteht durch mechanische und chemische Verwitterung feldspathaltiger Gesteine (z.B. Granit, Gneis, Quarzporphyr). In der Regel handelt es sich um eine Mischung feinkörniger Tonminerale (Aluminiumsilicate <2 µ, die selten mehr als 50% des Gesamtvolumens ausmachen) und nichtplastische (z.T. färbende) Verunreinigungen (Reste des Muttergesteins, Kalk, Eisen, Mangan, Schluff, Sand, Kies, organische Bestandteile), die beim Transport hinzugekommen sind. Unter Wasserzugabe werden Tone aufgrund der plättchenförmigen Mineralstruktur plastisch verformbar ohne zu reissen. Dies ist eine ihrer wichtigsten Eigenschaften.

Besonders bildsame Tone sind „fett“ und „schwinden“ bei der Trocknung stark, „magere“ Tone mit hohem Schluff oder Sandanteilen weisen dagegen eine geringere Plastizität aber auch eine geringere Schwindung auf.

Der in der Literatur immer wieder zu findende Begriff „Lehm“ als Rohstoff für die keramische Produktion ist nicht identisch mit der Definition von Ton. Lehm ist vielmehr die mineralogisch-geologische Bezeichnung für Ton, der mit Quarz- und Glimmersanden und oft feinem Kalk verunreinigt ist. Als „magerer“ Keramikrohstoff ist Lehm, z.B. zur Ziegel- oder Lehmziegelherstellung geeignet. Will man ein Lehmlager zur Keramikherstellung verwenden, so muss der Lehm zunächst besonders aufbereitet, d.h. von seinen zu groben Bestandteilen befreit werden. Viele der lokalen Tonlagerstätten in der Schweiz, die während und am Ende der letzten Eiszeit entstanden sind, bestehen aus solchen verunreinigten Lehmen, die zunächst aufbereitet werden müssen.

Bei Tonlagern handelt es sich um primäre und sekundäre Ablagerungsorte von Ton. Sie entstehen durch den Transport vom Ort der Verwitterung zum Ablagerungsort, wobei der Transport äolisch, aquatisch, glaziär oder fluvioglazial stattfinden kann. Bei weiteren Umlagerungsvorgängen entstehen sog. sekundäre Tonlagerstätten. Da die Ablagerung des Tons zeitlich aufeinander folgt, sind Tonlager oft (horizontal) geschichtet. Die Schichten können, unterschiedliche Zusammensetzung haben (kalk- bzw. eisenarm, fett oder mager) und sich dementsprechend bei der Verarbeitung unterschiedlich verhalten. Trotzdem lassen sich Tonlager (und damit Herstellungszentren) auf der Basis ihrer Elementkonzentrationen mittels geochemischer Untersuchungen unterscheiden (z.B. Neutronenaktivierungsanalyse – NAA bzw. Röntgenfluoreszenzanalyse – RFA).

Die Eigenschaften der Tone und die Farbe nach dem Brand sind abhängig von der Tonmineralzusammensetzung und den sonstigen metallischen/mineralischen Beimischungen. Diese unterscheiden sich je nach Alter und Art der Tonlagerstätte, quartäre bzw. tertiäre Ton. Es gibt viele Tonlager, die sich nur für die Herstellung von Irdenware eignen (Temperaturbereich bis 1100 Grad C) und es gibt wenige Tonlagerstätten, deren Tone sintern bevor sie erweichen und die sich deshalb zu Steinzeug verarbeiten lassen (langes Sinterungsintervall, Temperaturbereich oberhalb 1200 Grad C). Solche Tonlagerstätten meist tertiären Alters sind in der Schweiz unbekannt, weshalb hier ohne Rohmaterialimport kein Steinzeug und kein Porzellan hergestellt werden können. Die Schweiz ist ein typisches Land für die Produktion von Irdenwaren. Klassische Vorkommen von Steinzeugtonen liegen in der Region Siegburg bei Bonn, bei Frechen, Langerwehe und Raeren, im Westerwald, im südlichen Niedersachsen, Nordhessen, in Sachsen-Anhalt und Sachsen. Die elsässischen Tone von Betschdorf und Zabern sind knapp steinzeugtauglich.

Nur eisenarme Tone brennen hell bzw. weiß. Derartige, auch als Huppererde bezeichnete Tone, die man für Grundengoben oder Malschlicker benötigt, gibt es in der Schweiz nicht oder nicht mehr. Sie müssen daher seit unbekannter Zeit zumeist aus Frankreich importiert werden. Eisenhaltige Tone brennen dagegen unter oxidierenden Bedingungen rot oder rötlich, je nach Kalkgehalt und Brenntemperatur auch hellrot bis rosa.

Der Abbau des Tones erfolgte früher und heute meist im Tagebau. Die Anlage von Tonkuhlen war im Normalfall einfach, wenig aufwendig und weit verbreitet. Die Ausbeutung der Tonlager erfolgte dabei relativ unsystematisch und reichte nur wenige Meter in die Tiefe. Ab dem 19. Jh. wurde der Abbau im Tagebau zunehmend mechanisiert. Mit Baggern und LKWs stellt er heute die überwiegende Abbauform dar. Daneben gab es den sog. Schacht- und Stollenbau, der aufwendige Aussteifungen notwendig machte, wenn man Tonlager in grösseren Tiefen unter der Erdoberfläche erreichen wollte. Probleme gab es vor allem mit Gruben- und Oberflächenwasser. Schacht und Stollenabbau von Ton soll ab Anfang des 18. Jhs. einsetzen, jedoch gibt es hierzu fast keine Quellen und quasi keine archäologischen Befunde. Eine besondere Variante des Schachtabbaus bilden die sog. Glockenschächte. Diese bilden selbsttragende Höhlungen im Tonlager. Sie erreichen Durchmesser von 8-12 m, bei Höhen von 12-15 m.

Der Abbau des Tons erfolgte oft im Herbst – Winter oder Frühjahr oder kontinuierlich. Dies war abhängig von der Struktur des Betriebes, Hauswerk/Handwerk bzw. frühindustrieller oder Manufaktur- Produktion oder Abbau für Tonverkauf. Töpfer konnten selber abbauen, aber auch abbauen lassen oder erhielten im Gegenzug für fertig gebrannte Keramik Ton von Geschirrhändlern geliefert.  Das Recht zum Tonabbau war in der Regel abhängig vom Grundbesitzer, dies konnte ein Landesherr, ein Kloster, eine Dorfgemeinschaft oder ein einzelner Besitzer sein. Das sog. Bergregal gilt für Tonlager meist nicht. Abbaurechte mußten durch Geldzahlungen oder Leistungen der Töpfer erworben werden z.B. kostenlose Herstellung und Lieferung von Ofenkacheln, Setzen und Reparieren von Kachelöfen in den Gebäuden der Landes- oder Grundherrschaft.

 Nach dem Tonabbau folgt die Phase der Tonaufbereitung, hierbei wird der Rohton zur Masse. Es gibt folgende Arbeitsschritte denen der Rohton unterworfen wird:

Nach dem Abbau folgt ein Auflockerungsprozess durch Frost: Dies wird Wintern genannt. Dieser Prozess findet teilweise auch noch neben der Tongrube „auf dem Lager“, oder schon im Bereich der Werkstatt statt.

Der zweite Schritt beinhaltet das Einsumpfen oder Mauken unter Zugabe von Wasser, daher ist eine gute Wasserversorgung für jede Töpferei wichtig. Dieser Schritt bewirkt die Aufschließung der Tonmineralien und Zersetzung von organischen Bestandteilen durch unterschiedlich lang geführte Faul- und Gärprozesse. Im Ergebnis ergibt sich meist eine Erhöhung der Plastizität. Dieser Prozess findet meist bereits in oder neben der Werkstatt statt. Teilweise erfolgt bereits jetzt die Zugabe der Magerung.

In Abhängigkeit von der Qualität des Rohtons oder des Lehms gibt es oft auch noch eine zusätzliche Schlämmaufbereitung. Hierbei kann man Tone mischen und durch Sieben des Tonschlickers grobe oder organische Verunreinigungen entfernen. Anschliessend liess man den Ton absetzen, ein allmählicher Wasserentzug führte dann zur Eindickung des Tonbreis. Bis zur Einführung von Filterpressen im späten 19. Jh. war dies ein langdauernder Prozess.

Es folgt eine Phase der Homogenisierung der Tonmasse. Hierfür gibt es je nach Werkstatt-Tradition verschiedene Methoden. Die wichtigste Methode vor der Einführung mechanischer Hilfsmittel war das sog. Traden (mit den Füßen). Hierbei konnte man Verunreinigungen spüren und entfernen, man konnte Tone mischen und Magerung beigeben. Die zweite Methode war das Zusammenschlagen, Auseinanderreißen / Schneiden, es wurde meist mehrfach wiederholt. Auch hierbei konnten noch Verunreinigungen entfernt und Tone gemischt werden. Bis zur Entwicklung von einfachen mechanischen Tonmühlen, Tonmischern oder Tonschneidern und Strangpressen in der zweiten Hälfte des 19. Jhs. waren diese Homogenisierungsarbeiten ein aufwendiger manueller Prozess. Dass es sich bei dne gezeigten Arbeitsschritten um überregionale Techniken und ähnliche Stadien einer Teilmechanisierung handelt zeigt ein idealisiertes Werkstattbild aus Bonfol im Jura aus dem späten 19. Jh. Hier sehen wir sowohl die Tonmühle als auch das Tonschneiden als Arbeitsgänge dargestellt. Das Ziel war eine homogene, plastische, passend gemagerte Masse, frei von Lufteinschlüssen, geeignet als Drehton auf der schnell laufenden Töpferscheibe.

Ton liegt in der Natur häufig nicht in direkt verarbeitbarer Form vor. Oft muss der meist zu fette Ton noch mit entsprechendem Magerungsmaterial eingestellt werden, damit er die geeignete Drehfähigkeit und das gewünschte Schrumpfungsverhalten beim Brand erreicht. Magerung hat vor allem die Funktion die Schwindung zu fetter Tone zu reduzieren, die Rissbildung zu verhindern und bei Kochkeramik die Temperaturwechselbeständigkeit zu erhöhen.  Als Magerung eignen sich: Quarzsand, zerstossener Quarz, Sandstein, Granit, Gesteinsgrus, Glimmer, Graphit, Kalk, Muscheln, Schamotte (zerstossene Keramik) sowie organische Materialien wie Strohhäcksel und Druschabfälle, Leinscheben und Mist. Die Magerungsaufbereitung erfolgt durch thermisches oder mechanisches Zerkleinern, Zerstoßen, Mahlen und Absieben der gewünschten Grössenklassse. Magerungsmaterial, -menge, -größe und -sortierung sind neben dem Rohton und seinem Brandverhalten wesentliche Kriterien für die von Archäologen definierten Warenarten / Macharten. Magerungsmenge und Grösse haben Einfluss auf das optische Erscheinungsbild der Keramikoberflächen nach dem Brand.

Nach der Phase der Tonaufbereitung wird der feuchte Drehton in der Regel in einer Tongrube oder in einem Lagerkeller in der Werkstatt aufbewahrt. Erst unmittelbar vor der Verarbeitung erfolgt durch Walken, Kneten oder Schlagen ein weiterer Schritt zur Homogenisierung der Masse, anschliessend geschieht die Portinierung in Form von Tonballen, deren Grösse und Gewicht vom zu drehenden Gefäss abhängt. Tonballenstapel neben dem Töpfer sind auf vielen Darstellungen überliefert.

Frz.: argile

Engl.: clay

Bibliographie:

Blondel 2001
Nicole Blondel, Céramique: vocabulaire technique, Paris 2001, bes. 30-35.

Mämpel 1985
Uwe Mämpel, Keramik. Von der Handform zum Industrieguss, Hamburg 1985.

Mämpel 2003
Uwe Mämpel, Keramik. Kultur- und Technikgeschichte eines gebrannten Werkstoffes. Ein Beitrag zur Geschichte der Porzellanindustrie Nordost-Bayerns (Beiträge zur Wirtschafts-, Sozial- und Technikgeschichte 6), Hoheneger 2003.