Wimmis BE, Hafnerei Loosli

Orte mit Keramikproduktion im Kanton Bern, 18.-19. Jh.

Andreas Heege, Alfred Spycher,  Andreas Kistler, 2024

Wimmis, am Eingang zum Simmental gelegen, und mit dem Schloss Sitz einer bernischen Landvogtei (bis 1798),  gehört zu den bernischen Hafnerorten über die wir nur unzureichend informiert sind, da es kaum Quellen gibt. Die Landvogteirechnungen für Wimmis belegen, dass der Landvogt in aller Regel Hafner aus Thun für das Neusetzen und die Reparatur von Kachelöfen im Schloss und den umliegenden Pfrund- und Pfarrhäusern beschäftigte (Hans Ulrich und Hans Rudolf Hürner: 1733; Heinrich Engimann: 1734, 1736, 1752; Abraham Engimann: 1735, 1743, 1744, 1747, 1748, 1749; Hafner Engimann: 1765, 1766, 1792; Johannes Engimann: 1769; Johannes Baumann: 1778, 1784, 1789; Caspar Ziro: 1795). Daneben finden sich aber auch die Hafner Melchior Flückiger aus Grosshöchstetten (1718, 1719, 1721, 1728, 1729), Abraham Marti aus Fraubrunnen, später Blankenburg (1748, 1766) und Johannes Fruting aus Bern (1794).

Jacob Kräuchi, der spätestens ab 1758 die Töpferei in seinem Heimatort Bäriswil begründete, lebte und arbeitete offenbar ebenfalls eine etwas längere Zeit als Hintersassse in Wimmis, da er am 16. Februar 1755 hier seine Tochter Salome taufen lies (K Wimmis 5. Taufrodel 1724-1784. Seite 73) und am 10. Mai 1756 einen Ofen auf Landvogteirechnung reparieren durfte. Weitere Ofenreparaturen für die Landvogtei Interlaken (im Schloss, Gasthaus, Zollhaus, Pfisterei und in Unterseen-Neuhaus) im Jahr 1756 dürften bedeuten, dass er zu diesem Zeitpunkt noch in Wimmis wohnte.

Als erste ortsansässige Hafner in Wimmis werden Johannes Stucki (1751, 1753), Conrad Habicht oder Habik (von Schaffhausen, jetzt aber in Wimmis wohnhaft, 1758-1762), Johann Caspar Vogel (Landsase, 1759-1793 durchgehend in Wilderswil nachgewiesen, 1770 angeblich Ortsteil Kapf zwischen Wimmis und Reutigen, laut Eidregister des Kantons Bern lebt er 1798 in Frutigen “aufem Wyde”) und Andreas Schrot (1781) genannt.

Im bernischen Eidregister von 1798 (Rohrbach 1999) lässt sich für Wimmis erstaunlicherweise kein Hafner nachweisen.

Aufgrund des Taufrodels von Wimmis wissen wir aber, dass der Hafner Johannes Kunz aus Wimmis (1771-1835) zwischen dem 3.3.1799 und dem 22.3.1810 acht Kinder in Wimmis taufen lies (KRWimmis_6_49.55.61.64.68.71.77.83). Er hatte am 26.11.1798 in Zweisimmen, wo er Geselle des Blankenburger Hafners  Johann Jakob Hächler war (Rohrbach 1999, Nr. 1404) Katharina Stucki (1766-1838) aus Wimmis geheiratet (KRZweisimmen_14_127), deren Vater Johannes hiess. Ob es sich dabei um eine Tochter des Hafners Johannes Stucki (s.o.) gehandelt hat? Bei allen Kindstaufen wird als Wohnort des Paares der Ortsteil “Brodhüsi” von Wimmis angegeben. Wir können nur vermuten, dass die Hafnerei Kunz bis zum Tod des Hafners Kunz 1835 in Betrieb war.

Für die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts lässt sich aufgrund einer Geldstags-Anzeige im Thuner Wochenblatt im Jahr 1846 weiterhin der Hafner Johannes Fischer aus Brienz in Wimmis nachweisen (Thuner Wochenblatt, Band 9, Nummer 86, 27. Oktober 1846).

Erst für das Jahr 1862 haben wir weitere Hafnernachweise in Wimmis. Für den Hafner Johann Jakob Loosli aus Sumiswald (gestorben 17.1.1897) und seine Frau Maria Tanner aus Langnau (gestorben  9.9.1909) wurde am 16.9.1862 ein totgeborenes Kind im Kirchenrodel von Wimmis eingetragen (KRWimmis_13_71). Zu diesem Zeitpunkt lebte das Paar auf der “Bodenmatte” in Wimmis. Sie hatten erst kurz vorher in Bümpliz geheiratet (28.6.1862; KRSumiswald:31_9 Eherodel). Zu diesem Zeitpunkt lebte (und arbeitete?) das Paar in Heimberg. Das passt vermutlich zu einem Eintrag in der Fremdenkontrolle nach der der Hafner Jakob Loosli aus Sumiswald BE ab dem 13. Februar 1859 bei den Hafnern Niklaus Frei, Johann Küenzi und Christian Tanner in Heimberg an der Dornhalde arbeitete. Maria Tanner dürfte die Tochter Christian Tanners gewesen sein und war vermutlich in der väterlichen Werkstatt als Keramikmalerin (Ausmacherin) beschäftigt gewesen. Ob Johann Jakobs Vater Jakob oder einer seiner Vorfahren ebenfalls bereits Hafner war, entzieht sich unserer Kenntnis. Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass im Eidregister von 1798 ein Hafner Hans Loosli (geb. 1765) von Sumiswald in (Mühle)-Thurnen BE verzeichnet wurde. Der genealogische Bezug zu Johann Jakob Loosli ist im Augenblick jedoch noch unklar.

Dem Hafnerehepaar wurden in Wimmis noch sieben weitere Kinder geboren (Maria 4.7.1864, Jakob Robert 5.10.1866, Alfred 4.7.1868, Karl Friedrich 19.3.1870, Anna Bertha 1872-12.1.1888, Johann Jakob 8.8.1883, Todgeburt 6.8.1888).

Die Bodenmatte befindet sich am östlichen Ortsrand von Wimmis. In welcher Liegenschaft 1862 die Töpferei untergebracht war, entzieht sich unserer Kenntnis. Erst 1892 erfahren wir von einer Hafnereiwerkstatt auf dem Grundstück Bodenmattstrasse 7. Diese hatte der Amtsrichter und Gemeinderatspräsident David Ast aus Wimmis, zu einem unbekannten Zeitpunkt nach 1851 und vor 1892 errichten lassen (GBWimmis_8_499-501; GBWimmis_20_412-424).


Bodenmattstrasse 7, 1934.


Bodenmattstrasse 7, 1963.

Das Hafnereigebäude existierte in der Mitte des 20. Jahrhunderts noch, ist heute jedoch abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt.

Erst 1880 gibt es weitere Hafner-Nachrichten. Unter dem 7. August 1880 vermeldete das Geschäftsblatt für den obern Teil des Kantons Bern (Band 27, Nummer 63) den Tod des Hafners Samuel Tanner von Langnau, Hafner in Wimmis. War das ein Bruder oder Onkel von Maria Tanner, der in Wimmis mitarbeitete?

Am 29. Januar 1881 erfror der kinderlose Hafner Fr. Rüfenacht aus Walkringen in Wimmis im Oberdorf auf dem Rückweg aus Thun (Geschäftsblatt für den obern Teil des Kantons Bern, Band 28, Nummer 9, 29. Januar 1881). Ob er bei Loosli in Arbeit stand?

1891 suchte Hafner Loosli einen guten Arbeiter (Geschäftsblatt für den obern Teil des Kantons Bern, Band 38, Nummer 20, 11. März 1891).

1892 heiratete Alfred Loosli, Johann Jakobs Sohn. In diesem Zusammenhang wird er  ebenfalls als Hafner in Wimmis bezeichnet (Thuner Wochenblatt, Band 55, Nummer 84, 19. Oktober 1892). Er führte also offenbar die Werkstatt des Vaters weiter, der am 17. Januar 1897 verstarb (Geschäftsblatt für den obern Teil des Kantons Bern, Band 44, Nummer 47, 12. Juni 1897).

1912 unterstellte sich Alfred Loosli, Hafnermeister in Wimmis, der Honigkontrolle des Bienenzüchtervereins Niedersimmental (Geschäftsblatt für den obern Teil des Kantons Bern, Band 59, Nummer 71, 4. September 1912).

1921 Die letzte Nachricht zu den Hafnern Loosli überliefert uns Fernand Schwab (Schwab 1921, 106, Anm. 72) bei der inhaltlich wohl nicht ganz korrekten Besprechung von Heimberger Geschirr mit kobaltblauer Bemalung und violettbrauner Beschriftung: “Wir haben den Urheber dieser Dekorationsweise in einem Töpfer namens Loosli feststellen können, der jahrelang im Heimberg tätig war und diese Technik aus einer Manufaktur in Neukirch brachte. Loosli hat dann später eine Töpferei in Wimmis gegründet, die noch jetzt von seinen Nachkommen betrieben wird.” Es dürfte zutreffen, dass Johann Jakob Loosli diese Keramik in Heimberg kennengelernt und mit nach Wimmis genommen haben kann. Der Verweis auf Neukirch ist aber nicht plausibel und der Erfinder oder einzige Verfertiger dieses Dekors ist Loosli auch nicht.

Nur mit verlaufener kobaltblauer Bemalung und dunkelbrauner Beschriftung versehene Keramiken Heimberger Art lassen sich erstmals gesichert ab 1854 nachweisen. Dieser Stil, auch in Kombination mit mehrfarbigem Malhorndekor, wird in der Literatur aufgrund eines signierten Rasierbeckens (SST 649) gerne einer einzigen Werkstatt, d. h. dem Hafner David Anderes in Heimberg (1810–1873; Buchs 1988, 94), zugeschrieben (Wyss 1966, 40; Messerli-Bolliger 1991, 47–48; Roth-Rubi/Schnyder/Egger/Fehr 2000, 6–10; Boschetti-Maradi 2007, 58–59).

Jedoch ist dies aufgrund vorkommender Objektdatierungen dieser Gruppe (bis 1884, also mehr als 11 Jahre nach David Anderes Tod!) so wenig stichhaltig, wie die ausschliessliche Zuweisung zur Werkstatt Loosli in Wimmis durch Fernand Schwab (Schwab 1921, 106 Anm. 72). Es ist in keinster Weise gesichert, dass in Heimberg nur eine einzige Töpferei blau bemaltes Geschirr produzierte. So stellte z. B. Hafnermeister Christen Matthis in Heimberg in der Dornhalde 1872 sehr ähnliche Keramik her (MKB VI-3919).

Auch aus einer Töpferei im benachbarten Steffisburg liegen auf weisser Grundengobe partiell blau dekorierte Gefässfragmente der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts vor (Heege 2012, Abb. 12). Und für Langnau lässt sich ab 1840 (Heege/Kistler 2017, 117 Abb. 138) und vor allem nach der Mitte des 19. Jahrhunderts ebenfalls eine intensive Verwendung blauer, verlaufender Malhornfarbe belegen (Heege/Kistler 2017, 173).

Derzeit ist das Produktionsspektrum der Hafnerei Loosli unbekannt, zumal keine Gefässmarkierungen vorliegen.

Bibliographie:

Boschetti-Maradi 2007
Adriano Boschetti-Maradi, Geschirr für Stadt und Land. Berner Töpferei seit dem 16. Jahrhundert (Glanzlichter aus dem Bernischen Historischen Museum 19), Bern 2007.

Buchs 1988
Hermann Buchs, Vom Heimberger Geschirr zur Thuner Majolika, Thun 1988.

Heege 2012
Andreas Heege, Drei neuzeitliche Grubeninventare von Jegenstorf, in: Archäologie Bern/Archéologie bernoise. Jahrbuch des Archäologischen Dienstes des Kantons Bern, 2012, 159-196.

Heege/Kistler 2017
Andreas Heege/Andreas Kistler, Keramik aus Langnau. Zur Geschichte der bedeutendsten Landhafnerei im Kanton Bern (Schriften des Bernischen Historischen Museums 13), Bern 2017.

Messerli Bolliger 1991
Barbara E. Messerli Bolliger, Der dekorative Entwurf in der Schweizer Keramik im 19. Jahrhundert, zwei Beispiele: Das Töpfereigebiet Heimberg-Steffisburg-Thun und die Tonwarenfabrik Ziegler in Schaffhausen, in: Keramik-Freunde der Schweiz, Mitteilungsblatt 106, 1991, 5-100.

Rohrbach 1999
Lewis Bunker Rohrbach, Men of Bern: The 1798 Bürgerverzeichnisse of Canton Bern, Switzerland, Rockport 1999.

Roth-Rubi/Schnyder/Egger u.a. 2000
Kathrin und Ernst Roth-Rubi/Rudolf Schnyder/Heinz und Kristina Egger u.a., Chacheli us em Bode… Der Kellerfund im Haus 315 in Nidfluh, Därstetten – ein Händlerdepot, Wimmis 2000.

Wyss 1966
Robert L. Wyss, Berner Bauernkeramik (Berner Heimatbücher 100-103), Bern 1966.

Schwab 1921
Fernand Schwab, Beitrag zur Geschichte der bernischen Geschirrindustrie (Schweizer Industrie- und Handelsstudien 7), Weinfelden/Konstanz 1921.