Wynigen BE, Hafnerei Jakob Schärer

Fayence-Ofenkachel mit der Ansicht von Lenzburg. Hafner Jakob Schärer aus Wynigen BE und Ofenmaler H.F. Lanz aus Langenthal (Fotos Werner Gut, Triengen).

Andreas Heege, Andreas Kistler,  Daniel Dähler, 2025

Einzelnen, kleinen Hafnereien des 19. Jahrhunderts kommt man nur durch Zufall auf die Spur. Dies gilt auch für die Hafnerei von Jakob Schärer in Wynigen im Kanton Bern, weshalb der Zufallsfund von Werner Gut aus Triengen hier dokumentiert werden soll. Der Ort Wynigen liegt zwischen Burgdorf und Langenthal. Bislang kennen wir von Jakob Schärer nur die oben gezeigte Ofenkachel. Was er sonst produzierte, ist unbekannt.

Jakob Schärer wurde am 19.5.1816 in Wynigen geboren (Kirchenrodel [KR] Wynigen 7, 151). Er hatte sieben Geschwister.  Sein Vater, der Zimmermann Niklaus Schärer (28. 6. 1780-8.7. 1866) stammte aus Wynigen, seine Mutter Elsbeth Grossenbacher aus Hasle bei Burgdorf (siehe Stammbaum). Jakob Schärer war zweimal verheiratet.  1849 heiratete er in Lotzwil Margaritha Brechbühl. Das Paar bekam zwei Töchter und einen Sohn.  Nach dem Tod von Margaritha Brechbühl heiratete er im Jahr 1856 in Herzogenbuchsee Katharina Schneeberger aus dem benachbarten Ochlenberg (KR Wynigen 19, 133). Das Paar bekam am 2. Mai 1857 einen Sohn Gottfried (KR Wynigen 9, 97) und am 8. Januar 1859 eine Tochter Lisette (KR Wynigen 9, 110). Katharina Schneeberger kam kurz darauf geisteskrank in die Waldau in Bern (Mühletaler 1983, 137).

In allen vier Fällen wurde als Wohnort Wynigen, „Wächterhaus“ bzw. „Hafnerhütte“ eingetragen. Das „Wächterhaus“ mit Hofstatt und Garten sowie allem zugehörigem Matt- und Ackerland sowie Wald hatte Niklaus Schärer 1819 erworben und verkaufte es am 15. November 1865 an den Bannwart der Dorfburgergemeinde, Johannes Moser (Grundbucheintarg Wynigen  16/680). Das Haus steht heute noch. Es handelt sich um ein typisches Taunerhaus des späten 18. Jahrhunderts (Baudatum 1780; Bauinventar der Gemeinde Wynigen, Teil I, Denkmalpflege + Stelle für Bauern- und Dorfkultur des Kantons Bern, ca. 1988).

Im März 1836 kaufte Niklaus Schärer von der Gemeinde Wynigen eine Matte auf der Neumatte, von ungefähr einer halben Mad Grösse und erbaute darauf bis 1839 (inschriftliche Datierung) einen Riegbau mit Krüppelwalmdach, ein Wohnhaus mit Hafnerei. (Bauinventar der Gemeinde Wynigen, Teil I, Denkmalpflege + Stelle für Bauern- und Dorfkultur des Kantons Bern, ca. 1988). Auch dieses Gebäude, in dem also offenbar Jakob Schärer lebte und arbeitete, existiert heute noch.

Westliches Gebäude: Wächterhäusli, östliches Gebäude Hafnerhaus (heute Neumattweg 9 und 11).

Vater Niklaus und Sohn Jakob sind  im Zusammenhang mit dem
Bahnbau durch Wynigen aktenkundig. Wegen der Anpassung des Weges beim Bahnübergang Tönihof (auch Tönihaus) kam es 1857 zu einem Landhandel mit der schweizerischen Centralbahn-Gesellschaft, den Jakob Schärer im Namen seines Vaters Niklaus Schärer unterzeichnete (KDII_DIV_SBB79_0709 Wynigen: Immobilienrechtsgeschäfte, Verträge und Pläne, 1856-1920
(Dossier).

Jakob Schärer starb bereits am 12. Mai 1860 (KR Wynigen 24, 75) an einer Lungenentzündung, nachdem er vom Setzen eines Ofens krank aus Herzogenbuchsee zurückgekommen war (Mühletaler 1983, 137). Seine „erblose Verlassenschaft“  wurde unmittelbar anschliessend versteigert. Darunter befanden sich auch „zirka 2 Wägen voll“ Model, die Jakob Schärer u.a. auf Versteigerungen in Burgdorf gekauft hatte.

Emmenthaler Bote, Nummer 78, 27. September 1860.

Niklaus Schärer, der Zimmermann im Wächterhäusli zu Wynigen verkaufte nach dem Tod seines Sohnes Jakob „DAS VON IHM SELBST NEU AUFGEBAUTE WOHNHAUS MIT HAFNEREI, aussenher Wynigendorf,  … mit dem Recht zum halben Wasser, von dem dabei auslaufenden Brunnen. Dazu das Erdreich, worauf das Gebäude steht, samt dem Garten vor demselben, alles ca. ¼ Jucharte haltend …“ am 13. Juli 1860 an Johann Lüthi, Heimatort Lauperswil, als Hafner wohnhaft in Schüpbach bei Signau (Grundbuch Wynigen 15/322). Der Hafner Johann Lüthi wurde am 2.2.1834 geboren. Seine Eltern Johannes Lüthi und Anna Barbara Riser lebten damals in Bowil (KR Grosshöchstetten, 10/94). Administriert wurde er 1850 in Signau (KR Lauperswil 21/58). Er heiratete am 1. Juli 1858 in Laufen ZH (die Hafnertochter?) Anna Gisel (1830-?) aus Wilchingen SH (KR Lauperswil 21/58; für 1841 und 1861 gibt es zwei Anmeldungen für die Gesellen Niklaus und Martin Gisel aus Wilchlingen in Heimberg bzw. Oberwichtrach; Grütlianer, 2. November 1881: Nachweis von zwei Hafnern Gottfried und Martin Gisel in Wilchingen). Beim Hochzeitseintrag wird als Beruf für Johann Lüthi angegeben „Hafner in Wilchingen“ (Kanton Schaffhausen).  Am 24.10.1858 taufte das Ehepaar dort ihre erste Tochter Elisabeth (KR Lauperswil 17/93). Das zweite Kind Johann Willibald tauften sie dann am 9. Dezember 1859 in Signau BE, dabei wird  Johann als „Hafner auf der Schüpbachfuhren“ bezeichnet (KR Lauperswil 171/110). Mit dem Kauf des Hafnerhauses in Wynigen wurde Lüthi offenbar nicht glücklich, denn er verkaufte es bereits am 16. Dezember 1861 wieder an die Gebrüder Jakob und Ludwig Althaus von der Schwarzenegg, Hafner in Langnau (Grundbuch Wynigen 15/554; zu den Hafnern Althaus siehe Heege/Kistler 2017, 186-187). Er selbst ging offenbar mit seiner Familie zurück nach Wilchingen SH, wo der „Hafner zu Wilchingen“ am 3. Januar 1864 eine Tochter mit Namen Anna taufen liess (KR Lauperswil 17/166). Offenbar zog jedoch nur Ludwig Althaus nach Wynigen, wo zwischen 1862 und 1866 vier Kinder getauft wurden (KR Wynigen). 1866 verkauften die Gebrüder Jakob und Ludwig Althaus schliesslich die Hafnerei am dem Schreinermeister Jakob Ledermann aus Madiswil (Wynigen Grundbuch17, 47). 1869 und 1871 finden wir Ludwig Althaus schliesslich als Hafner in Oberburg (Berner Zeitung, Band 25, Nummer 37, 13. Februar 1869; Grütlianer 30. August 1871).

Die Informationen zu H.F. Lanz, dem Maler der oben gezeigten Kachel,  sind äusserst spärlich. Belegen lässt sich dass der uneheliche Heinrich Friedrich Lanz (Sohn des Friedrich Lanz) aus Rütschelen BE bei Langenthal am 20. April 1849 Sophie Geiser, die Tochter von Jakob Geiser aus Langenthal in Lotzwil heiratete (KR Lotzwil 17, 95). Als Beruf wird bei dieser Gelegenheit „Maler zu Langenthal“ angegeben. Diese Angabe deckt sich mit der Beschriftung einer Ofenkachel auf einem undatierten Kachelofen des Hafners J.J. Grütter aus Seeberg in einem Haus in Rüdtligen BE (Archiv Schweizerische Bauernhausforschung). Weiterhin signierte Lanz einen Ofen desselben Hafners in Jetzikofen BE (Affolter/Pfister 2013, Abb. 318) und seine Handschrift findet sich auch auf Kacheln der Hafnerei Johann David Staub in Langental BE (Heege 2011, Abb. 74). Aufgrund des Schriftbildes war Lanz wohl auch für die Hafnerei Anderegg in Wangen an der Aare (Mühletaler 1983) tätig.

Alle genealogischen Informationen Andreas Kistler, Bäriswil, und Daniel Dähler, Wynigen.

Bibliographie:

Affolter/Pfister 2013
Heinrich Christoph Affolter/Christoph Pfister, Die Bauernhäuser des Kantons Bern, Bd. 3: Das tiefere Berner Mittelland (Die Bauernhäuser der Schweiz 29), Basel 2013.

Heege 2011
Andreas Heege, Langenthal, St. Urbanstrasse 40–44. Die Hafnerei Staub und ihre Werkstatt, in: Archäologie Bern/Archéologie bernoise. Jahrbuch des Archäologischen Dienstes des Kantons Bern, 2011, 209-287.

Heege/Kistler 2017
Andreas Heege/Andreas Kistler, Keramik aus Langnau. Zur Geschichte der bedeutendsten Landhafnerei im Kanton Bern (Schriften des Bernischen Historischen Museums 13), Bern 2017.

Mühletaler 1983
Hans Mühletaler, Die Hafner Anderegg. Eine Ofenbauer-Dynastie in Wangen an der Aare, in: Jahrbuch des Oberaargaus 26, 1983, 129-158.