Musée de la vigne, du vin et de l’étiquette (MVVE)
Château d’Aigle
Place du Château 1
1860 Aigle
024 466 21 30
Translation in preparation
Keramiksammlung des Musée de la vigne, du vin et de l’étiquette in CERAMICA CH
Roland Blaettler, 2019
Bereits in den 1950er-Jahren entstand die Idee einer Institution, die sich der Geschichte des Weinbaus im Waadtland und der Förderung seiner Produkte widmen sollte, insbesondere im Geist von François Cuénoud, dem Gründer und ersten Gouverneur der Confrérie du Guillon.
Die Sammlungen begannen sich unter der Schirmherrschaft der Weinbruderschaft im folgenden Jahrzehnt durch Ankäufe, Schenkungen und Vermächtnisse zu bilden. Die immer stärker ausgeprägte Mechanisierung des Rebbaus machte die Dringlichkeit deutlich, Zeugen der alten, überlieferten Praktiken sowie Werkzeuge und andere Geräte zu bewahren.
Auf der Suche nach einem idealen Rahmen für die Unterbringung der entstehenden Institution entschied man sich im Jahr 1967 für das Schloss Aigle. Das Musée vaudois de la vigne et du vin wurde 1971 von der Confrérie du Guillon mit der Unterstützung aller Weinbaugemeinden des Kantons gegründet. Um die entstehenden Sammlungen weiter auszubauen, lancierte man eine umfangreiche Sammlung von Gegenständen bei den Winzern. Gleichzeitig weiteten die Initiatoren den Fokus ihres Projekts aus: «Es gibt eine wahre Zivilisation des Weins, die weder Rassen noch Grenzen kennt. Das Musée de la vigne et du vin wird von seinem Standort her waadtländisch sein, aber es wird sich bemühen, den universellen Aspekt der Weinrebe und ihrer Geschichte zu zeigen, indem es Zeugen aller Zeiten und jeder Herkunft aufnimmt und ausstellt.» Es sollte nicht mehr nur der Beruf des Winzers dargestellt werden, sondern auch alle sozialen Praktiken, Traditionen und Vorstellungen, die mit der Welt des Weins und der Rebe verbunden sind.
Das Museum wurde 1975 eröffnet und laufend an die Anforderungen der modernen Museografie und Kulturvermittlung angepasst. Im Jahr 2004 wurden die gehaltvollen Sammlungen des internationalen Etikettenmuseums mit den Beständen des Museums vereint, das sich künftig Musée de la vigne, du vin et de l’étiquette (Museum für Weinbau, Wein und Weinetiketten) nannte.
Von den 50 untersuchten Keramiken – von denen 36 schliesslich in das vorliegende Inventar aufgenommen wurden – gelangte die Hälfte durch einen Kauf in die Sammlung. Der Bestand ist sehr uneinheitlich und stammt mit einigen wenigen Ausnahmen aus dem 19. Jahrhundert. Es handelt sich vor allem um Gefässe, die zur Aufbewahrung oder zum Trinken von Wein verwendet wurden, darunter zahlreiche Kannen aus Irdenware, elsässischem Steinzeug oder Fayence. Besonders erwähnenswert ist ein Tonkrug, der mit einem Wappenschild des Kantons Waadt verziert ist (MVVE 5244). Das Objekt scheint zu einer Typengruppe zu gehören, die wir bereits bei unseren Untersuchungen angetroffen haben, insbesondere im Musée d’art et d’histoire de Neuchâtel (MAHN AA 1779). Der heraldische Dekor verstärkt die Hypothese einer Herkunft aus dem Waadtland und liefert auf jeden Fall einen Terminus post quem: 1803.
Andere Objekte wurden aufgrund ihres ikonografischen Inhalts in die Sammlung aufgenommen, wie etwa die Backformen in Form von Weintrauben (MVVE 1167; MVVE 1166) oder Figuren, die Weinleser oder Szenen von geselligem Beisammensein darstellen (z. B. MVVE 4220; MVVE 3153; MVVE 2769; MVVE 1719). Das Museum bewahrt auch eine interessante Gruppe von Kannen aus engobierter Irdenware mit einem Reliefdekor aus Weinreben auf, ein Gefässtyp, der in der Genferseeregion zwischen dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts und dem frühen 20. Jahrhundert sehr beliebt war, wobei die am weitesten verbreiteten Exemplare die sogenannten «Willkommenskannen» waren, die von den Töpfereien Knecht in Colovrex (GE) und Ferney-Voltaire hergestellt wurden (MVVE 2355; MVVE 2411). Andere Werkstätten, von denen einige bis heute nicht identifiziert werden konnten, haben offensichtlich einen vergleichbaren Stil gefertigt.
Im Schloss Aigle befinden sich zwei Beispiele, die für das Studium der Waadtländer Keramik des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts besonders wertvoll sind: Die erste Kanne ist 1888 datiert und ihre Form sowie die Inschrift «Nyon» in ihrem Dekor scheinen sie als Produkt der Nyoner Töpferei von Jean Bœhler zu kennzeichnen (MVVE 1515). Die zweite Kanne trägt eine Marke der Kunsttöpferei von Jules Merminod, die zwischen 1907 und 1912 mehr oder weniger in die Poterie moderne de Chavannes-près-Renens integriert oder mit ihr verbunden war (MVVE 5095).
Übersetzung Stephanie Tremp