Bergün, Ortsmuseum (MB)

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CH-7482 Bergün
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Keramik des Ortsmuseums Bergün in CERAMICA CH

Andreas Heege, 2021

Das Ortsmuseum ist in einen 400 Jahre alten Haus untergebracht. Das um 1600 entstandene Gebäude widerspiegelt die im oberen Albulatal verbreitete Engadiner Bautradition und zeigt exemplarisch, wie in den letzten drei Jahrhunderten eine Familie in Bergün lebte.  Das Ortsmuseum in Bergün versteht sich vor diesem heimatkundlichen Hintergrund als Begegnungsstätte für das kulturelle Leben der Gegenwart . Das Museum wird heute von einer 1981 begründeten Stiftung getragen.  Das heutige Museum wurde am 20. und 21. September 1991 offiziell eröffnet.

Die kleine Keramiksammlung umfasst 62 Datensätze Keramik aus der Zeit zwischen 1850 und 1950. Es handelt sich um Steingut, Porzellan und Irdenwaren, während Fayencen fehlen und Steinzeug kaum vorhanden ist. Bedauerlicherweise gibt es für die wenigsten Objekte Inventareinträge, die Informationen zur genauen Herkunft der Objekte liefern würden. Wir können aufgrund der Sammlungs- und Entstehungsgeschichte des Museums nur davon ausgehen, dass die meisten Objekte aus dem näheren Umfeld von Bergün stammen.

Bei den Irdenwaren finden sich die in Graubünden üblichen Herkunftsgebiete. Der Anteil lokaler, d.h. bündnerischer Produktion ist marginal, dagegen dominieren die Importe. Hier wären u.a. die typischen bleiglasierten Irdenwaren aus dem süddeutschen Raum zu nennen, die ansonsten auch zahlreich aus Liechtenstein und anderen Bündner Tälern bekannt sind.

Aus dem ehemaligen Deutschen Reich (heute Polen) stammen wohl auch einige wenige Töpfe Braungeschirr mit Lehmglasur des späten 19./frühen 20. Jahrhunderts. Bislang gibt es keine Hinweise, dass diese Art Keramik auch in der Schweiz produziert worden wäre.

Aus schweizerischer Produktion, genauer aus der Region Berneck SG, stammen dagegen verschiedene der charakteristischen, malhornverzierten Rösti-Platten und Schüsseln „Heimberger Art“. Eine ist sogar inschriftlich 1870 datiert.

Manganglasiertes Geschirr, eine typische Keramikvariante der zweite Hälfte des 19. und des frühen 20. Jahrhunderts, ist mit verschiedenen Gefässformen ebenfalls vertreten. Leider ist keines dieser Stücke gemarkt, der genaue Produktionsort in der Schweiz bleibt daher unklar (Kilchberg-Schooren, Aedermannsdorf, Schaffhausen, Nyon?).

Aus dem zweiten Drittel des 20. Jahrhunderts stammen zwei Schüsseln, die in den Kontext der häuslichen oder kleinbäuerlichen Milchverarbeitung gehören. Es handelt sich um „Entrahmer“ auf deren spezielle Funktionsweise die Landert-Keramik in Embrach ZH das schweizerische Patent „218880“ besass. Es gibt diese Schüsseln in unterschiedlichen Grössen und Volumina.

Die älteste Keramik der Sammlung ist eine Gebäck- oder Quittenpastenmodel in Krebsform, das wohl noch aus dem 18. Jahrhundert stammt. Leider ist für derartige Model der Herstellungsort unbekannt.

Unter den Irdenwaren befindet sich, wie in den Museen in Ilanz bzw. Poschiavo, auch ein „Fremdling“, vermutlich aus Italien aus der Region Albisola. Wie der Topf (pentola rotonda) ins Museum gelangte (Tourismus-Mitbringsel? Keramik italienischer Gastarbeiter?), ist leider nicht überliefert. Link auf die Produktion von Emanuele Barile in Albisola, um 1900.

Beim Porzellan gibt es als nennenswerte Stücke nur die Reste eines Service im Stil des Neorokoko (ca. 1880-1900). Es wurde möglicherweise im Deutschen Kaiserreich in Schlesien produziert, genauso wie eine Schüssel mit zugehörigen Dessertschälchen.

Hervorzuheben ist unter den wenigen sonstigen Porzellanen ein Teller des Jahres 1927 aus Langenthaler Produktion, dessen Dekor durch das Haushaltswarengeschäft „Lüthi Eichholzer & Cie, Samaden & St. Moritz“ aufgebracht wurde.

Steingut ist mit einem grossen und in Bezug auf die Hersteller sehr variantenreichen Spektrum vertreten. An Gefässformen dominieren die charakteristischen Waschgeschirre des späten 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Vertreten sind sowohl deutsche als auch schweizerische Hersteller (Ziegler’sche Tonwarenfabrik Schaffhausen).

Verschiedene weitere Hersteller sind nur mit unverziertem, weissem Geschirr vertreten, wobei der gemarkte Suppenteller aus Kilchberg-Schooren (Manufaktur Scheller) besonders auffällt, da die Manufaktur eher zurückhaltend markte. Es dominieren Keramiken aus dem deutschen Zell am Harmersbach und Schramberg sowie Mettlach und Wallerfangen. Alle anderen Hersteller (u.a. aus Nyon) sind jeweils nur mit einem Stück vertreten.

 

Steinzeug kommt nur mit einem einzigen Exemplar des „Klassikers“ vor, einem Doppelhenkeltopf, der normalerweise als Vorratsgeschirr für Schmalz oder Sauerkraut Verwendung fand.

Dank

Die CERAMICA-Stiftung dankt Corina Puorger und dem Stiftungsratspräsidenten Reto Barblan für die freundliche und hilfsbereite Unterstützung der Inventarisationsarbeiten.

Bibliographie:

Museumsführer: Museum Bravuogn = Museum Bergün, Graubünden. Bergün 1983