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Wiesen, Dorfmuseum (DMW)

Dorfmuseum Wiesen
Haus zum Süessa Wichel
Obergasse 47
7494 Davos Wiesen
Tél. :  081 404 20 35
E-mail : dorfmuseum.wiesen@bluewin.ch

Keramik des Dorfmuseums Wiesen in CERAMICA CH

Andreas Heege, 2021

Das Dorfmuseum Wiesen veranschaulicht die Wohnsituation in einem kleinen, walserischen Bauernhaus des 19. Jahrhunderts. Neben Küche, Stube und dem Schlafzimmer sind auch ein Nähzimmer und eine Webstube zu besichtigen, die im Kontext der einstigen Heimarbeit standen. Es präsentiert neben der Dauerausstellung zur Wohnkultur des 19. Jahrhunderts regelmässig heimatkundliche Wechselausstellungen.

Das Museum wird von der Gemeinde getragen und von Einwohnerinnen und Einwohnern von Wiesen betreut. Es wurde 1979 eröffnet. Die Sammlung wurde vor allem, aber nicht nur, in Wiesen und seinem weiteren Umfeld zusammengetragen.

Zur Ausstellung gehören insgesamt auch 40 Keramiken, die vor allem aus dem späten 19. und dem 20. Jahrhundert stammen. Es handelt sich um 22 Stücke aus Irdenware, 15 Stücke aus Steingut, 2 Stück aus Steinzeug, und 1 Objekt aus Fayence. Wie in den Inventaren kleiner Museen Graubündens üblich sind Henkeltöpfe (Milchtöpfe) besonders zahlreich.

Keramik aus Berneck im Kanton St. Gallen ist wie üblich vorhanden, jedoch ist die Anzahl in der Sammlung nicht sehr gross.

Aus der Hafnerei Deragisch in Bugnei sind zwei Keramiken vorhanden, u.a. eine bislang für Bugnei nicht belegte Terrinenform nach Bernecker Vorbild. Die beiden Stücke gelangten als Geschenk von Ferienhausbesitzern ins Museum und stehen daher nicht stellvertretend für das Absatzgebiet von Bugnei.

Das typische, manganglasierte, schwarzbraune Geschirr aus den keramikfabriken der Deutschschweiz (u.a. Kilchberg-Schooren, Schaffhausen, Aedermannsdorf) ist ebenfalls vertreten. Eines der Stücke ist vermutlich eine lokale (bündnerische?) Nachahmung eines leider unbekannten Hafners.

Lehmglasiertes Braungeschirr, das ab dem späten 19. Jahrhundert regelhaft in die Schweiz importiert wurde, ist mit einer Gugelhupfform vertreten.

Eine grössere Keramikgruppe bilden die jüngeren Irdenwaren, die wohl aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts stammen. Dazu gehören Geschirrteile mit Marmorierung oder dicken Punkten oder Schüsseln mit einem massiven, dreieckigen Kragenrand.

Auch ein Milchtopf aus der jüngeren Produktion von Bonfol (vor 1948, SHAB 1948/1827) wurde bis nach Graubünden verhandelt. Möglicherweise gelangte er wie andere Milchtöpfe über den Versandhandel (Jelmoli?) nach Graubünden.

Hier möchte man die typischen “rosafarbigen” Milchtöpfe anschliessend, die nie eine Herstellermarke tragen, weshalb wir nicht wissen, ob sie in der Schweiz oder z.B. in Deutschland hergestellt wurden.

Fayence ist in der Museumssammlung nur mit einem ungewöhnlichen Ausnahmestück vertreten. Möglicherweise handelt es sich um eine Kopie eines Bündner Töpfers (?) nach einem Milchkännchen/Kaffeekännchen mit Manganglasur aus der Produktion von Kilchberg-Schooren oder Aedermannsdorf. Allerdings wurde das Stück mit einer merkwürdigen, gelben Fayenceglasur versehen. Die Produkte der archivalisch bezeugten Töpfereien von Davos, Wiesen bzw. Alvaneu aus dem 19. Jahrhundert (vgl. Heege 2019, 34-37) kennen wir bisher nicht, weshalb eine Zuordnung offen bleiben muss.

Typisch für ländliche Museums- und Haushaltsinventare des späten 19. und des 20. Jahrhunderts bildet das Steingut der verschiedenen europäischen Hersteller die zweitgrösste Materialgruppe. Eine im Fundgut der Schweiz bislang singuläre Tasse aus Schramberg trägt eine bunte Marmorierung.

Eine kleine Gruppe von Steinguttellern der Firma Villeroy&Boch, Mettlach, gelangte durch Leihgeber aus Zürich ins Museum. Sie zeigen romantische Ansichten aus dem Rheintal und entstanden in den späten 1840er-Jahren. Der erste Teller zeigt die Burgruine Stolzenfels am Rhein. Im Spiegel des zweiten Tellers befindet sich die Ansicht der Burgruine Schönburg im Engelhölltal bei Oberwesel im Rhein-Hunsrück-Kreis in Rheinland-Pfalz, nach einem Stahlstich von J. Saunders Sc. nach William Tombleson (1795-1846, gestochen vermutlich vor 1832 für W.G. Fearnside, Views of the Rhine, London 1832).

Verschiedene weitere Geschirrteile stammen aus der Produktion der 30er-Jahre des 20. Jahrhunderts von Zell am Harmersbach.

In derselben Zeit entstand ein Teller der Ziegler’schen Tonwarenfabrik in Schaffhausen.

Beim Steinzeug wäre auf die Existenz einer gedrehten Mineralwasserflasche des Brunnens von Niederselters unter preussischer Verwaltung hinzuweisen (1866-1878).

Dank

Wir danken den Verantwortlichen des Dorfmuseums Wiesen, vor allem Frau Anita Bernhard, für die freundliche Aufnahme und Betreuung während der Dokumentationsarbeiten.

Bibliographie: 

Heege 2019
Andreas Heege, Keramik aus St. Antönien. Die Geschichte der Hafnerei Lötscher und ihrer Produkte (1804-1898) (Archäologie Graubünden – Sonderheft 7), Glarus/Chur 2019.

 

 

Zillis, Schamser Talmuseum (TSZ)

Talmuseum Tgea da Schons
7432 Zillis-Reischen
Tel.:  +41 (0)79 661 31 31, 079 697 34 67, 079 305 40 25
E-Mail: singrid@bluewin.ch

Keramik des Schamser Talmuseums in CERAMICA CH

Andreas Heege, 2021

Das Talmuseum ist in einem typischen mittelbündnerischen Bauernhaus aus dem Jahr 1580 untergebracht. Die Exponate stammen hauptsächlich aus dem Schams und zeugen vom Wohnen und Arbeiten im Tal zu früheren Zeiten. In den Kellerräumen und unteren Vorratskammern sind die Gegenstände für die Milch- und Fleischverarbeitung ausgestellt, in den Wohnräumen Möbel, Textilien, alte Ansichten des Tales, Rockenbriefe (schön bemalte Liebesgaben, die am Spinnrocken den Flachs zusammenhielten), Mineralien und kirchliche Altertümer, in der Küche das entsprechende Ess- und Kochgeschirr. Die ausgestellten Gerätschaften im Tenn veranschaulichen mehrere Feldarbeiten und lassen die benötigten Fertigkeiten der früheren Schreiner erahnen. Wechselnde Sonderausstellungen mit regionalem Bezug ergänzen die interessanten Dauerausstellungen. Das Museum wurde 1970 eröffnet und wird heute von einem Verein (Cuminanza culturala) getragen.

Die Museumssammlung umfasst 44 Keramiken, davon fallen 24 in den Bereich Irdenware, 13 gehören zum Steingut, 4 zum Steinzeug, 2 zum Porzellan und 1 zur Fayence.

Unter dem Irdenwaren sticht ein blau bemaltes Schreibgeschirr (Unterglasur-Pinseldekor) aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts besonders hervor. Es wurde dem Museum von Christoph Simonett, dem bedeutenden bündnerischen Bauernhausforscher und Museumsmitbegründer (Simonett 1971) geschenkt. Leider kennen wir seinen ursprünglichen Herkunftsort nicht. Das Stück gehört in eine Keramikgruppe mit blauer Bemalung, wie sie in Graubünden im 18. Jahrhundert öfter vorzukommen scheint (vgl. zum Dekor RMC_H1970.192, RMC_H1973.826, ausserdem Heege 2016, 119-123).

Ansonsten entsprechen die vorhandenen Irdenwaren weitgehend dem, was man in Graubünden erwarten darf. Hierzu gehören natürlich vor allem auch die Keramiken Heimberger Art aus Berneck SG und ein Milchtopf, der um/nach 1900 wohl aus der Westschweiz bzw. dem französischen Savoyen nach Graubünden gelangte.

Die bernische/deutschschweizerische Form des Henkeltopfes/Milchtopfes ist sehr langlebig. Sie entstand um 1800 und wird bis heute tradiert. In der Museumssammlung von Zillis gibt es ein Exemplar aus den 1870er-Jahren mit Horizontalstreifendekor und einen jungen Vertreter der im Embrach bei Landert-Keramik produziert und mit dicken Punkten versehen wurde. Die Markeneintragung erfolgte am 8. Juli 1943 (SHAB).

Dieser Irdenware aus dem 20. Jahrhundert lassen sich einige weitere Keramiken der Sammlung anschliessen. Es handelt sich um Kragenrandschüsseln und Keramik mit beigerosa Grundengobe, wie sie überall in Graubünden vorkommen. Alle diese Stücke sind ungemarkt.

Beim manganglasierten Geschirr, einer keramischen Leitform der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, gibt es eine ganze Reihe ansprechender Stücke: Kaffeekannen, Gugelhupfformen, seltene Platten mit reliefverzierten Rändern, Teller, Terrinen und Kasserollen mit Stielgriff.

Unmittelbar anschliessen lässt sich hier das übliche Braungeschirr, das aus dem Deutschen Kaiserreich importiert wurde.

Ein grün glasierter Doppelhenkeltopf stammt aus typologischen Gründen sicher nicht aus einer Produktion in der Deutschschweiz. Wir haben es vielmehr mit einem Vorratstopf, (Schmalztopf?) aus dem italienischen Piemont zu tun (Martelli/Bianchetti/Volorio 2003, 77-80). Vergleichsobjekte gibt es aus schweizerischen Museen bislang nur sehr selten.

Fayence ist in der Sammlung ausgesprochen selten. Dafür handelt es sich bei dem einzigen Stück wieder um eine der für Graubünden so typischen schönen, tiefen Schüsseln, die auch in Norditalien gefertigt worden sein müssen.

Steingut ist unverziert, bemalt oder mit Umdruckdekor versehen. Vorhanden sind die Werkstätten, die man erwarten kann, allen voran das baden-württembergische Schramberg (Manufaktur Uechtritz und Faist).

Aber auch andere Manufakturen kommen vor, wie Villeroy & Boch (Mettlach) oder die Ziegler’sche Tonwarenfabrik in Schaffhausen.

Auch englisches Steingut aus Staffordshire kommt erstaunlicherweise vor.

Steinzeug ist in der Sammlung selten vertreten und besteht nur aus unterschiedlich grossen Schenkkannen, die im 19. und 20. Jahrhundert aus dem französischen Elsass oder aus dem deutschen Westerwald importiert wurden.

In den Bereich der sich entwickelnden Vorratswirtschaft durch Einkochen gehört ein Steinzeugtopf aus dem Westerwald (Dippold/Zühlcke/Scheja 2008, 350-351; Firmengeschichte, 123-130, Konservenkrüge, Produktion ab 1901, Kat. 159, 164-166 ). Wilhelm Krumeich erfand diese stabilen Töpfe 1901 und liess sie patentieren (DRGM = Deutsches-Reichs-Gebrauchs-Muster).

Porzellan ist nur mit zwei typischen Erinnerungs- bzw. Jubiläumstassen vertreten, wie wir sie vor allem aus dem späten 19. Jahrhundert kennen. Wie im vorliegenden Fall, wurden sie sehr oft in der Porzellanfabrik Carl Tielsch & Co in Waldenburg-Altwasser (heute Stary Zdrój) in Schlesien (heute Woiwodschaft Niederschlesien) hergestellt.

Dank

Für die freundliche Betreuung der Erfassungsarbeiten danken wir sehr herzlich den Verantwortlichen des Museums, vor allem Gion Michael und Gierina Michael, Zillis.

Bibliographie:

Dippold/Zühlcke/Scheja 2008
Christine Dippold/Sabine Zühlcke/Dagmar Scheja, Westerwälder Gebrauchsgeschirr von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die 1960er Jahre. Teil 1: Texte und Firmenverzeichnis. Teil 2: Katalog der Gefässe und Nachdrucke ausgewählter Warenverzeichnisse, Nürnberg 2008.

Heege 2016
Andreas Heege, Die Ausgrabungen auf dem Kirchhügel von Bendern, Gemeinde Gamprin, Fürstentum Liechtenstein. Bd. 2: Geschirrkeramik 12. bis 20. Jahrhundert, Vaduz 2016.

Martelli/Bianchetti/Volorio 2003
Alessandro Martelli/Gianfranco Bianchetti/Paolo Volorio, La manifattura delle ceramiche di Premia (1808-1862), Villadossola 2003.

Simonett 1971
Christoph Simonett, Schamser Talmuseum. Führer durch das Talmuseum Zillis – Tgea da Schons (Neuauflage 1997), Zillis 1971.