Heimberg-Steffisburg BE, And(e)res, David, Hafnerei (1810-1873)

Signiertes und 1866 datiertes Rasierbecken von David Anderes, Heimberg (SST-00649). “Ein Mann ohne Bart, hat gar keine Art”.

Keramik von David And(e)res in CERAMICA CH

Andreas Heege, Andreas Kistler 2019

David Andres (auch “Anderes”, 1810-1873; Buchs 1988, 94) war ein bernischer Hafner, der möglicherweise in der Werkstatt Heimberg, Dornhaldestrasse 89 arbeitete. Diese gehörte allerdings nicht ihm sondern seinem Schwager Niklaus Beutler-Andres (1817-?), der ebenfalls Hafner war.  Niklaus hatte das Grundstück 1842 erworben und ein neues Haus mit Hafnerwerkstatt darauf erbaut (Grundbuch Steffisburg 18, 424-426).

Über Davids Leben (Heimatort Berken, Kirchgemeinde Herzogenbuchsee) und Werk wissen wir relativ wenig. Er hat jedoch durch ein Rasierbecken Bedeutung in der Keramikforschung gewonnen (SMT 649, Heege/Kistler 2017a, 473 Abb. 1). Er signierte es 1866 und versah es mit stark zerfliessender kobaltblauer Bemalung und dunkelbrauner, charakteristischer Beschriftung.

Ältester datierter Teller dieser Serie aus dem Jahr 1855 (SMT 4462). “Ich küsse zart doch ohne Bart”.

Nur mit blauer Bemalung und dunkelbrauner Beschriftung lassen sich im Kanton Bern Objekte erstmals ab 1855 nachweisen (SST-04462). Dieser Stil, auch in Kombination mit mehrfarbigem Malhorndekor, wird in der Literatur aufgrund des obigen Rasierbeckens (SST-00649) gerne allein der Werkstatt des Hafners David And(e)res in Heimberg zugeschrieben (Wyss 1966, S. 40; Messerli Bolliger 1991, 47–48; Roth-Rubi/Schnyder/Egger/Fehr 2000, 6–10; Boschetti-Maradi 2007, 58–59). Jedoch ist dies aufgrund vorkommender Objektdatierungen dieser Gruppe (bis 1884) so wenig stichhaltig wie die alleinige Zuweisung zur Werkstatt Loosli in Wimmis durch Fernand Schwab 1921 (Schwab 1921, 106 Anm. 72). Es ist nicht gesichert, dass in Heimberg nur eine einzige Töpferei blau bemaltes Geschirr produzierte. So stellte z. B. Hafnermeister Christian Matthys in Heimberg in der Dornhalde 1872 sehr ähnliche Keramik her (MKB  VI-919; Messerli Bolliger 1991, Taf. 14, Abb. 25). Auch aus einer Töpferei im benachbarten Steffisburg liegen auf weisser Grundengobe partiell blau dekorierte Gefässfragmente der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts vor (Heege 2012, Abb. 12). Und auch für Langnau im Emmental lässt sich ab 1840 (RML  A089) und vor allem nach der Mitte des 19. Jahrhunderts eine intensive Verwendung blauer, verlaufender Malhornfarbe belegen (Heege/Kistler 2017, Abb. 205).

Bibliographie

Blaettler/Schnyder 2014
Roland Blaettler/Rudolf Schnyder, CERAMICA CH II: Solothurn (Nationales Inventar der Keramik in den öffentlichen Sammlungen der Schweiz, 1500-1950), Sulgen 2014, 62–63.

Boschetti-Maradi 2007
Adriano Boschetti-Maradi, Geschirr für Stadt und Land. Berner Töpferei seit dem 16. Jahrhundert (Glanzlichter aus dem Bernischen Historischen Museum 19), Bern 2007.

Buchs 1988
Hermann Buchs, Vom Heimberger Geschirr zur Thuner Majolika. Thun 1988.

Heege 2012
Andreas Heege, Drei neuzeitliche Grubeninventare von Jegenstorf, in: Archäologie Bern/Archéologie bernoise. Jahrbuch des Archäologischen Dienstes des Kantons Bern, 2012, 159-196.

Heege/Kistler 2017
Andreas Heege/Andreas Kistler, Poteries décorées de Suisse alémanique, 17e-19e siècles – Collections du Musée Ariana, Genève – Keramik der Deutschschweiz, 17.-19. Jahrhundert – Die Sammlung des Musée Ariana, Genf. Mailand 2017.

Hoffmann-Krayer 1914
Eduard Hoffmann-Krayer, Heimberger Keramik. Schweizer Archiv für Volkskunde 18, 1914, 94–100.

Messerli Bolliger 1991
Barbara E. Messerli Bolliger, Der dekorative Entwurf in der Schweizer Keramik im 19. Jahrhundert. Zwei Beispiele: Das Töpfereigebiet Heimberg-Steffisburg-Thun und die Tonwarenfabrik Ziegler in Schaffhausen. Keramik-Freunde der Schweiz, Mitteilungsblatt 106, 1991, 7–100.

Roth-Rubi/Schnyder/Egger u.a. 2000
Kathrin und Ernst Roth-Rubi/Rudolf Schnyder/Heinz und Kristina Egger u.a., Chacheli us em Bode… Der Kellerfund im Haus 315 in Nidfluh, Därstetten – ein Händlerdepot, Wimmis 2000.

Schwab 1921
Fernand Schwab, Beitrag zur Geschichte der bernischen Geschirrindustrie (Schweizer Industrie- und Handelsstudien 7), Weinfelden/Konstanz 1921.

Wyss 1966
Robert L. Wyss, Berner Bauernkeramik (Berner Heimatbücher 100-103), Bern 1966.