Museum «La Truaisch» (Der Speicher)
Via dil Bogn 11
7188 Sedrun
Tel.: 081 9491343
E-Mail: museum@tujetsch.ch
Andreas Heege, 2021
Die Sammlung des MTS in CERAMICA CH
Das Museum zeigt das ehemalige Leben und Arbeiten im romanischsprachigen Val Tujetsch , zuoberst in der Surselva im Quellgebiet des Rheins und ist damit ein typisches Heimat-, Geschichts- und Kulturmuseum (Berther 1990). Eine eingerichtete Stube, ein Schlafzimmer und eine Küche geben einen Einblick in das Haus von früher. Detailliert ist das Handwerkszeug des Schuhmachers und Schreiners ausgestellt. Und die Töpferei von Bugnei bildet einen Schwerpunkt. Natürlich fehlt auch ein Blick auf die Land- und Alpwirtschaft von damals nicht. Besonders wichtig und eindrucksvoll ist der Ausstellungsbereich zum Thema “Strahler und Mineralien”. Das Museum wurde 1986 gegründet. Es wird von der Gemeinde Tujetsch getragen und von einer Museumskommission geleitet.
Betrachten wir den Ausstellungsbereich der Keramik, so stellt das Geschirr aus der Hafnerei Deragisch in Bugnei sicher den wichtigsten Sammlungsteil dar.
Besonders schön ist eine Gruppe von Weihwasserbecken aus der Produktion von Bugnei.
Zum Rückseitenmodel aus dem Kloster Disentis (KMDis 1999-345) fand sich nun auch ein ausgeführtes Objekt.
Bei den Tee- und Kaffeekannen bestätigen zwei Exemplare erneut den Zusammenhang zwischen den Formen aus Bugnei und bestimmten Reliefauflagen.
Zwei typische Töpfe mit weit ausgezogenen, breiten Ausgüssen lassen sich funktional entweder als Aufrahmtöpfe oder als Honigtöpfe interpretieren. Sollte letzteres zutreffen, würde man eigentlich auch keramische Siebe erwarten, doch fehlen diese im Formenspektrum von Bugnei.
Im Objektbestand sind auch Gerätschaften der Werkstatt vorhanden, ein Malhörnchen und diverse ungebrannte Tonmodel, u.a. zur Herstellung von Dreifüssen (Brennhilfen).
Für eines der Tonmodel lässt sich zeigen, dass es zur Herstellung der Figuren des gekreuzigten Jesus diente, die für die drei bekannten kleinen Bugnei-Kruzifixe verwendet wurden.
Die übrigen Irdenwaren, Steingut oder Porzellan sind weniger relevant. Wie in Ilanz und Disentis finden sich auch in Sedrun Keramiken aus dem weiteren Raum Graubünden, aus Berneck SG, Kilchberg-Schooren und Süddeutschland sowie unbekannter Hersteller des 20. Jahrhunderts.
Bei den Stücken aus Graubünden lässt sich der Verdacht, sie könnten in Bugnei hergestellt worden sein, leider bisher nicht erhärten, doch ist ihre Konzentration in der Gemeinde Tujetsch auffällig.
Kleine Auswahl aus dem Museumsgut:
Die Firma Landert aus Embrach im Kanton Zürich ist mit einigen charakteristischen, auch gemarkten Stücken der 1930er-Jahre vertreten. Der Dekor wurde aufgestempelt oder mittels Schablone aufgetragen.
Charakteristisch für das späte 19. und die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts ist das Vorkommen von Waschgeschirr und Nachttöpfen aus Steingut, die meist in den grossen französischen oder deutschen Keramikfabriken gefertigt und in die Schweiz importiert wurden.
Auch Kirschschnaps aus der bekannten Likörfabrik Senglet in Muttenz erreichte die Welt hinter dem Oberalppass. War das vielleicht ein Mitbringsel aus dem Militärdienst?
Zur katholisch geprägten Welt im Umfeld des Benediktinerklosters Disentis passen die zahlreichen Religiosa, Figuren aus bunt bemaltem und vergoldetem Biscuit-Porzellan, die im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert in keiner Bauernstube im Herrgottswinkel fehlen durften. Sie tragen durchweg keine Firmenmarken, weshalb es schwer ist, ihren Herstellungsort, der überwiegend in Deutschland liegen dürfte, herauszufinden.
Anlässlich der Inventarisationsarbeiten erhielt das Museum freundlicherweise eine Reihe von Keramiken geschenkt, unter denen sich auch diese Fruchtschale mit dem hübschen Blumenmädchen des Historismus befand. Es mag deshalb an dieser Stelle den Bilderreigen aus dem Museum beschliessen.
Das Museum besitzt auch mehrere Jelmoli-Versandhauskataloge (ältestes Versandhaus der Schweiz in Zürich, Kataloge ab 1897), die belegen, welche grosse Konkurrenz der neu aufkommende Versandhandel für die lokalen Keramikproduzenten in Bugnei darstellte.
Dank
Die CERAMICA-Stiftung dankt Tarcisi Hendry herzlich für die gute Betreuung der Inventarisationsarbeiten und die Übersetzung des Bugnei-Artikels in die romanische Sprache.
Bibliographie:
Berther 1990
Norbert Berther, Museum La Truaisch, Führer, Sedrun 1990.