Splügen, Heimatmuseum Rheinwald (HMRW)

Heimatmuseum Rheinwald
Von Schorsch-Haus (heutiges Gemeindehaus), Oberdorf Hausnummer 40
7435 Splügen
Kontakt:
Heimatmuseum Rheinwald
Isla
7437 Nufenen
Tel. : 081 650 90 30
E-Mail: reto-attenhofer@bluewin.ch

Keramik des Heimatmuseums Rheinwald in CERAMICA CH

Andreas Heege, 2021

Das Museum befindet sich im Palazzo des Johann Paul von Schorsch im alten Dorfteil von Splügen. Dieses ist eines der prächtigsten Splügner Schorsch-Häuser und verfügt über wunderschöne Innendekorationen in Form von Fresken mit mythologischen Darstellungen. Der Transitverkehr über die Alpenpässe Splügen und San Bernardino steht im Zentrum der Ausstellung. Zu bewundern sind u.a. die Ikonographie des Splügen- und Bernardinopasses, Truhen, Fässer, Körbe und Briefe der Säumer, Schlitten, Ausrüstung von Postillon und Kondukteur, landwirtschaftliche Geräte wie auch Filme über aussterbende bäuerliche Arbeiten. Das Museum wurde im Jahr 1977 eröffnet.

Insgesamt konnten 20 Keramiken dokumentiert werden (16 Irdenware, 3 Steingut, 1 Steinzeug). Selbst diese kleine Museumssammlung spiegelt die üblichen Trends der Versorgung Graubündens mit keramischen Produkten, in der Regel Irdenwaren.

Aus der Region Berneck SG stammen eine Röstiplatte mit scharfkantigem Kragenrand sowie ein Henkeltopf (Milchtopf) mit Vertikalstreifendekor.

Manganglasiertes Geschirr der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts aus der Deutschschweiz, ist mit drei verschiedenen, typischen Formen vertreten. Die grosse flache Schüssel (auch Backform) hat bislang aus keinem anderen Museum vorgelegen.

Hellscherbiges, glasiertes Kochgeschirr, oft mit gelblicher Glasur und grünem Spritzdekor wurde aus dem süddeutsch-bayerischen Raum (Region Augsburg?) im 19. Jahrhundert nach Graubünden importiert.

Typisch für die 1920er-1950er-Jahre ist das rosafarbige mit dem Pinsel oder der Spritzpistole und Schablonen dekorierte Geschirr, bei dem es sich sehr oft um Henkeltöpfe (Milchtöpfe) handelt. Leider sind die Stücke nie gemarkt, der Hersteller in Deutschland oder der Schweiz ist unbekannt.

Das Waschgeschirr mit dem Formnamen “Dresden” entstand wahrscheinlich um 1900-1920 in der Steingutfabrik Colditz AG in Sachsen.

Eine Steingut-Schüssel (Salatschüssel), die mit Drahtklammern geflickt wurde, stammt aus Norditalien und wurde von der “COOPERATIVA BEZZOLA CAMPIONE” gefertigt. Dieser Hersteller ist auch mit einem weiteren Stück in Graubünden vertreten (RMC H1979.50.933). Es handelt sich um die Fabrik von Beniamino Bezzola in Campione d’Italia, einer italienischen Exklave im Tessin am Luganersee (Gilardi 2018). Die Schnecke der Fabrikmarke findet sich auch im Gemeindewappen von Campione. Die Marke orientiert sich formal sehr eng an der älteren Marke der bedeutenden französischen Firma Utzschneider und Cie. in Sarreguemines, die dort ab etwa 1856 verwendet wurde (Gauvin 2005, 122-123).

Typisch für alle Talschaften Graubündens sind die grossen doppelhenkeligen Vorratstöpfe aus grauem Steinzeug “Westerwälder Art”. Auf der Aussenseite tragen sie ab etwa 1914 meist eine Volumenangabe in Liter. In Ihnen konnte man perfekt saures Gemüse oder Soleier einlegen, aber auch Butterschmalz lagern. In Zeiten vor dem elektrischen Kühlschrank waren sie für die Vorratshaltung von grosser Bedeutung.

Dank

Die CERAMICA-Stiftung Basel dankt Reto Attenhofer, Nufenen, sehr herzlich für die freundliche Unterstützung der Inventarisationsarbeiten.

Bibliographie:

Gauvin 2005
Henri Gauvin, Sarreguemines. Les marques de fabriques, Sarreguemines 2005.

Gilardi 2018
Sabato Gilardi, Christian, La manifattura ceramic “Ghirla”, in: Enrico Brugnoni/Christian Gilardi Sabato, La ceramica di Girla. Artigianato e preziosità delle terre dell’Abbazia di san Gemolo in Valganna, San Gemolo in Valganna 2018.