Wappen der Hafnerfamilie Anderegg aus dem Hafnerhaus Wangen, Vorstadt 18, abgebrochener Kachelofen.
In Bearbeitung
Andreas Heege, Andreas Kistler, 2025
basierend auf Mühletaler 1983 und Unterlagen aus dem Museum in Wangen a.A.
Genealogische Daten der Hafner Anderegg
In Wangen an der Aare, im 16. Jahrhundert der kleinsten Stadt im Kanton Bern mit nur ca. 110 Einwohnern, lässt sich erstmals zwischen 1634 und 1638 ein Hafner Martin Hartmann nachweisen. Für ihn galt, wie für die Hafner der Landvogteien Aarwangen und Bipp, eine 1636 erlassene Handwerksordnung (Schwab 1921, 14-16). 1658/59 gibt es Hinweise auf einen Hafner Bendicht Burckhardt, der vermutlich bis 1685/86 in Wangen arbeitete (alle nachfolgenden Informationen, soweit nicht anders belegt, nach Mühletaler 1983). Vom 18. bis frühen 20. Jahrhundert ist es dann aber vor allem die Dynastie der Hafner Anderegg, die lokal Kachelöfen und Geschirr produzierte. 1798 lassen sich im Helvetischen Eidregister für Wangen jedoch noch weitere Hafner nachweisen: Johannes Arn aus Wangen (1768-1834), Ludwig Kräuchi aus Bäriswil (1770-1851) und Johannes Berchtold aus Safenwil AG (1752-?), der zu diesem Zeitpunkt jedoch in Inkwil lebte (und arbeitete?).
Hafner in Wangenried bei Wangen a.A.
Die Andereggs sind eine 1622 aus Oberbipp nach Wangen a.A. zugewanderte und anschliessend eingebürgerte Familie. Der erste Hans Anderegg (1601-1664?) war Wirt und Burgermeister. Der zweite Hans Anderegg (1668-vor 1730, vgl. Stammbaum) war Metzger und Wirt. Er war zweimal verheiratet. Aus der zweiten Ehe ging der erste Hafner Hans Ulrich Anderegg (1709-1776) hervor, der bei seiner Hochzeit 1736 Land im Ried (Wangenried, ein kleines Dorf, 3 km südlich von Wangen a.A.) erwarb und 1737 zusammen mit seinem Bruder Josef (1713-1802), der Landwirt war, ein halbes Haus von seiner Mutter Verena Rikli übernahm (Grundstück unbekannt). Dieser verkaufte ihm 1739 sein Hausviertel und erwarb dafür das spätere Hafnereigrundstück Wangen, Vorstadt 18/20. Hans Ulrich Anderegg und sein Sohn Johann Anderegg (1740-1795) werden erstmals 1769 und 1762 als Hafner im Ried bezeugt. Johann Anderegg übernahm 1774 die Haushälfte seines Vater, die andere Haushälfte gehörte einem Jakob Rikli, vielleicht ein Bruder oder zumindest Verwandter von Verena Rikli). Johann Anderegg blieb kinderlos.
Zwischen 1817 und 1832 finden sich dann erneut Hafner im Wangenried (Hafnermeister Jäger, 1821; sowie Joseph Wyss, 1824-1825, Hintersasse aus Subingen, Kanton Solothurn, bei denen sich Gesellen anmeldeten (Gesellenanmeldungen). Ein Hafnergeselle Maximilian Teptor aus Mössingen in Württemberg, schwängerte 1813 eine Elisabeth Rikli, Tochter von Alt-Chorrichter Jakob Rikli (1760-1833) und heiratete diese 1814. 1817 wurde er dann auch als Hintersasse in die Liste der Gesellenanmeldungen eingetragen, weitere Kinder wurden 1817 und 1820 in Wangen a.A. getauft. Ob Maximilian Teptor von vornherein als selbständiger Hafner (Mieter?) in der Werkstatt Alt-Chorrichter Jakob Rikli arbeitete oder (ab 1813) bei einem unbekannten Hafner bzw. den beiden oben genannten Hafnern ist unklar. Es kann auch nur vermutet werden, dass es sich um dieselbe Hafnerwerkstatt gehandelt hat, in der bis 1795 Johann Anderegg gearbeitet hatte. 1831 bis 1833 meldete sich bei ihm in Wangenried jedoch der Geselle Sebastian Teptor aus Mössingen an (ein Verwandter, jüngerer Bruder, Neffe?), sodass Maximilian Teptor zu diesem Zeitpunkt die Werkstatt wahrscheinlich selbständig führte. Erstaunlicherweise finden wir ihn dann 1840-1841 wieder als Gesellen bei Hafner Kaspar Studer in Safnern zwischen Biel und Büren a.A., 1842 bei Hafner (?) Biedermann in Nidau und 1842 bei Pintenwirt Schmalz in Nidau, 1843 Badewirt Roth in Worben und 1843 bei einem Johann Stämpfli (Hafner?) in Grossaffolter-Kosthofen. Was er an seinen drei letzten Arbeitsstellen gemacht hat ist so unklar wie sein Todesdatum oder der Verbleib seiner Ehefrau.
Rikli_Teptor Wangenried_genealogische Daten Stammbaum Rikli-Teptor
Hafner in Wangen a.A.
Der Landwirt Josef Anderegg (1713-1802) heiratete eine entfernte Verwandte, Anna Maria Anderegg, und bekam mit ihr sechs Kinder, von denen ein Sohn Josef Anderegg, jünger (1752-1831) nach einer Ausbildung bei seinem Onkel oder Vetter im Ried, ebenfalls Hafner wurde (Stammbaum). 1777 erhielt er die Konzession für den Bau einer „Hafnerhütte mit Brennofen in der Vorstadt Wangen“, wo auch sein Vater und später sein Bruder Johannes wohnten. 1784 heiratete er Anna Geiser (1759-1829, Heimatort Leuzigen). Das Paar bekam drei Kinder. Josef Anderegg, jünger war von 1797-1817 auch Gerichtssäss und von 1803-1817 zusätzlich Chorrichter.
Grundbuchinformationen zu Liegenschaftschaftsaktivitäten der Anderegg
Grundstück Wangen, Vorstadt 18/20
Der Sohn Johannes Anderegg (1785-1860), heiratete eine Elisabeth Schneider (1784-1831). Er war Stadtrat und Gerichtssäss. Das Paar bekam drei Kinder. 1837 erhielten die beiden Söhne Johann Jakob (1809-1875) und Johannes (1814-1846), die beide Hafner wurden (Stammbaum) bereits einen Teil des väterlichen Besitzes in Wangen. Sie durften ihren Ton in der Riedmatt und dem Acker Tonen in Wiedlisbach graben (beide Orte nicht lokalisiert). Für Johann Jakob, älter (1809-1875) ist ein Wanderbuch aus der Zeit 1825-1829 überliefert (Mühletaler 1983, 156-157). Der Ofenmaler Johann Heinrich Egli aus Aarau arbeitete 1829 und 1830 auch für die Hafner Anderegg in Wangen a.A. (Ofen für H. Anderegg-Bösiger, im Haus Alfred Vogel, Gasse, Wangen a.A.).
GBWangen_Hafner_Anderegg_2 Wangen_Vorstadt 18_20
1840 teilten die beiden Söhne den Besitz und Johann Jakob erhielt das Recht auf demselben Grundstück ein neues Haus zu erbauen. Johannes (1814-1946) heiratete 1843 Anna Barbara Herzig und zog mit ihr nach Steckholz bei Lotzwil und eröffnete dort eine Hafnerei.
Signierte und 1847 datierte Ofenkacheln von Johann Jakob, Anderegg, älter (1809–1875), Herzogenbuchsee, Gasthof Sternen, Ofenmaler möglicherweise H.F. Lanz.
Johann Jakob Anderegg der Ältere (1809–1875), der seit 1834 mit Anna Barbara Ingold (1813-1902, Heimatort Heimenhausen) verheiratet war, übernahm die Werkstatt von seinem Vater Johannes (1785–1860) kurz vor dessen Tod. Das Paar bekam sieben Kinder. Zwei Söhne – Johann Jakob, 1834-1894, und Johann Gottfried, 1846-1927 – wurden ebenfalls Hafner. Sie bildeten die fünfte und letzte Hafnergeneration Anderegg in Wangen. Von Johann Jakob (Rufname Jakob) wissen wir, dass er 1860 auf der Gesellenwandung bis nach Rügen gelangte. In einem Brief schrieb Johann Jakob Anderegg der Ältere (1809–1875) 1860 an seinen Sohn, dass der vierzehnjährige Bruder Gottfried dem Grossvater (Johannes Anderegg , 1785-1860) in der Werkstatt helfe, den Ton aufbereite und schon ganz ordentlich Teller und Kaffeebeckli drehe. Von dem Bruder Adolf Anderegg (1843-1893), der eigentlich Spengler wurde, erfahren wir, dass er 1860 in der Werkstatt arbeitete und sehr schön die Kacheln bemalte (Mühletaler 1983, 137).
Kachelbilder-Vorlagenbüchlein 1855-1866, Beispielseite, Privatbesitz, Kopien im Museum Wangen a.A.
Johann Jakob Anderegg (1834-1894) hinterliess eine 124seitige Entwurfsmappe aus den Jahren 1845-1851, ausserdem existiert ein Kachelbilder-Vorlagenbüchlein mit Datierungen von 1855-1866 (Inhalt Mühletaler 1983, 141-144).
Schloss Bipp, Kachelofen von 1861 im Museum im Kornhaus Wiedlisbach (vgl. vorhergehende Vorlage).
Der Liegenschaftsteil Vorstadt 20 brannte 1902 ab. Im stark umgebauten Liegenschaftsteil Vorstadt 18, aus der Zeit um 1840, wurden in den 1970er-Jahren Reste eines Töpferofens gefunden (nicht dokumentiert). Mit dem Tod von Johann Gottfried Anderegg endete die Keramikproduktion auf dem Grundstück Wangen, Vorstadt 18/20.
Von der regionalen Bedeutung der Hafnerei Anderegg zeugen die über 100 Gesellenanmeldungen zwischen 1820 und 1899.
In der Sammlung Felchlin, Matzendorf hat sich ein sehr seltener Blumenkasten der Hafnerei Anderegg erhalten (SFM 31).
Auf der Schauseite trägt er eine beschriftete Ansicht von Schloss Bipp nach einem Stich von David Herrliberger (1697–1777; «Neue und vollständige Topografie der Eydgnoschaft», 1754–1758, Taf. 70). Das vorliegende Stück dürfte wohl Johann Jakob der Jüngere (1834–1894) gemalt haben (siehe Vorlagenbüchlein).
Ofenkachel von Johann Jakob Anderegg (1834–1894), signiert und datiert 1861, Kachelofen im Kornhaus Wiedlisbach.
Eine überregionale Bearbeitung der Kachelöfen und der Geschirrkeramik der Hafner Anderegg steht bis heute aus (Hinweise auf verschiedene Öfen: Heege 2011, Heege 2015; Leuenberger 1957; Leuenberger 1959; Mühletaler 1983). Das „Städtli-Museum“ in Wangen a.A. bewahrt eine grosse Ofenkachelsammlung der Hafner Anderegg.
Bibliographie:
Blaettler/Schnyder 2014
Roland Blaettler/Rudolf Schnyder, CERAMICA CH II: Solothurn (Nationales Inventar der Keramik in den öffentlichen Sammlungen der Schweiz, 1500-1950). Sulgen 2014, 72.
Heege 2011
Andreas Heege, Langenthal, St. Urbanstrasse 40–44. Die Hafnerei Staub und ihre Werkstatt, in: Archäologie Bern/Archéologie bernoise. Jahrbuch des Archäologischen Dienstes des Kantons Bern, 2011, 209–287.
Heege 2015
Andreas Heege, Die Hafnerei Staub in Langenthal, Kanton Bern, 1730 bis 1870, in: Silvia Glaser, Keramik im Spannungsfeld zwischen Handwerk und Kunst. Beiträge des 44. Internationalen Symposiums Keramikforschung im Germanischen Nationalmuseum, Nürnberg, 19.-23. September 2011 (Wissenschaftliche Beibände zum Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums 40), Nürnberg 2015, 125-145.
Leuenberger 1957
Walter Leuenberger, Alte Ofensprüche aus dem Oberaargau, in: Berner Zeitschrift für Geschichte und Heimatkunde, 1957, 80-92.
Leuenberger 1959
Walter Leuenberger, Ofensprüche, in: Jahrbuch des Oberaargaus 2, 1959, 117-129.
Leuenberger 1993
Walter Leuenberger, Ofensprüche, in: Hanspeter Bögli/Anita M. Friedli-Jenzer/Markus Friedli u.a., Bannwil. Ein Dorf im Oberaargau, Bannwil 1993, 243-259.
Mühletaler 1983
Hans Mühletaler, Die Hafner Anderegg. Eine Ofenbauer-Dynastie in Wangen an der Aare. Jahrbuch des Oberaargaus 26, 1983, 129–158.
Schwab 1921
Fernand Schwab, Beitrag zur Geschichte der bernischen Geschirrindustrie (Schweizer Industrie- und Handelsstudien 7), Weinfelden/Konstanz 1921.