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Besançon, Manufaktur Casamène (Doubs, F)

Siehe auch Nyon VD, Les manufactures des faïence fine (2)

Roland Blaettler, 2019

In den Archiven des Geschichts- und Porzellanmuseums von Nyon (Musée historique et des porcelains de Nyon MHPN) stiessen wir beim Durchblättern des Werkstatthefts des Lausanner Ingenieurs Frédéric Gonin – der später an der Spitze der Manufaktur von Nyon stand – in Bezug auf einen Brennversuch gelben Kochgeschirrs auf folgende rätselhafte Notiz: «In Casamène brannten wir …». Im Industriequartier Casamène, in einem Vorort von Besançon (Doubs, F), wurde unter anderem auch Steingut hergestellt und das oben erwähnte Zitat lässt vermuten, dass Gonin in dieser Manufaktur arbeitete. Das kurze Kapitel über diese Fabrik im Buch über das Steingut und die Steingutfabriken der Franche-Comté von Louis und Suzanne de Buyer (De Buyer et de Buyer 1983) bestätigt diese Information nicht nur, es spricht sogar von einer nicht unwichtigen Verbindung zwischen den Unternehmern aus Nyon und der Steingutfabrik in Besançon, die bis heute auf Schweizer Seite nicht erwähnt wurde. Die Manufaktur von Casamène (die erste ihrer Art an diesem Standort), so erfährt man, wurde 1841 von zwei Unternehmern aus Nyon gegründet: «Herr de Bons, ehemaliger Regierungsstatthalter des Kantons Waadt, und Herr de Flachère [sic]» (de Buyer und de Buyer 1983, 103 – Die Autorin und der Autor beziehen sich zudem auf eine am 2. Juli 1841 in Besançon paraphierte Amtshandlung).

De Bons beteiligte sich möglicherweise an der Ausarbeitung des Projekts, war aber bei der Realisierung nicht mehr dabei: Er starb am 11. November 1840. Einige Jahre nachdem sie die Leitung des Unternehmens in Nyon übernahmen, haben scheinbar einige leitende Mitglieder der Waadtländer Fabrik eine zweite Manufaktur auf französischem Boden gegründet (für Beispiele der Produktion in Besançon siehe MHPN MH-FA-3876-1; MHPN MH-FA-3876-2; MHPN MH-FA-3876-3; MHL AA.MI.991, MPE Nr. 22). Frédéric Gonin seinerseits wird als «technischer Berater» erwähnt (de Buyer und de Buyer 1983, 104). Die Unternehmung scheint von Erfolg gekrönt gewesen zu sein: 1844 wurden laut de Buyer 120 Arbeiterinnen und Arbeiter beschäftigt. Die Steingutobjekte von Casamène weisen schwarzbraune und manchmal sogar zweifarbige Drucke auf. In letzterem Fall findet sich ein schwarzbraunes Motiv auf dem Spiegel und blaue oder rote Motive auf der Fahne des Tellers.

Zu den von den de Buyers illustrierten Beispielen gehört ein Teller mit einer Ansicht von Thun im Spiegel. Diese ist in allen Punkten mit jener identisch, die mehr oder weniger gleichzeitig auf Produkten aus Nyon auftaucht (MHPN MH-FA-535; MHPN MH-FA-10023B).

Die Verzierungen der Fahnen sind zwar anders, aber das Motiv in der Mitte stammt offensichtlich aus der gleichen Gravur. Offenbar zirkulierten zwischen Nyon und Casamène eine Reihe von Motiven. Dies würde auch das Vorhandensein von eher exotischen Sujets in Nyon erklären, die das französische Soldatenleben illustrieren, zum Beispiel mit dem Kreuz der Ehrenlegion (La Croix d’honneur; MHPN MH-2003-127; MHPN MH-FA-10022; MHPN MH-FA-1827) oder der humoristischen Darstellung des Alltags in Napoleons Armeen, die in den französischen Produktionen weitverbreitet waren (MHPN MH-2003-126).

Im Katalog des Musée de Sèvres zitieren Alexandre Brongniart und Denis-Désiré Riocreux im Abschnitt «Casamène»: «Drei Stück perfektioniertes Steingut, mit einer harten Glasur auf der Basis von Borverbindungen, hergestellt unter der Leitung von H. Gonin, Bauingenieur, 1844». Zu dieser kleinen Objektgruppe gehört ein Teller mit «Arabeskenfriesen, Ansicht von Zürich» und zwei «englische Tassen mit Blumen und Landschaften». Alle diese Verzierungen waren zweifarbig blau und schwarz gedruckt (Brongniart und Riocreux 1845, Kat. Nr. 21). Der Hinweis, dass Personen aus Nyon an der Schaffung dieser Manufaktur beteiligt waren, sowie die Beziehung zwischen diesen beiden Herstellungsorten würden ganz klar vertieftere Recherchen verdienen, die jedoch den Rahmen unserer Arbeit sprengen.

Das Abenteuer der Nyoner Unternehmer in der Franche-Comté kam mit dem Konkurs der Familie Delafléchère in Nyon ebenfalls zu einem abrupten Ende. In der Tat wechselte die Manufacture de Casamène 1845 den Besitzer und auch die Ausrichtung der Produktion (de Buyer und de Buyer 1983, 105).

Übersetzung Stephanie Tremp

Bibliographie:

Brongniart et Riocreux 1845
Alexandre Brongniart et Denis-Désiré Riocreux, Description méthodique du Musée céramique de la Manufacture royale de porcelaine de Sèvres. Paris 1845.

De Buyer et de Buyer 1983
Louis de Buyer et Suzanne de Buyer, Faïences et faïenceries de Franche-Comté. Besançon 1983.

Boult (Haute-Saône) F, Manufaktur von Claude Gautherot (1752 und 1772)

Objekte in CERAMICA CH

Fayencen aus der Franche-Comté in Solothurner Sammlungen

Roland Blaettler 2019

Im 18. Jahrhundert war die Westschweiz ein sehr wichtiges Absatzgebiet für die Manufakturen der Franche-Comté. Dementspre­chend findet man viele Beispiele in Schweizer Sammlungen, vor allem entlang dem Jura-Südfuss, von denen man denkt, dass sie ursprünglich von dort herkom­men.

Zu dieser verhältnismässig schlecht dokumentierten Gruppe gehört eine beachtliche Reihe von Fayencen mit einer Marke, die einem «g» gleicht und die von Rudolf Schnyder als «cg» gelesen wurde (siehe z. B. SFM 36; SFM 34; SFM 38). Dementsprechend werden solche Fayencen heute der Manufaktur von Claude Gautherot in Boult im Departement Haute-Saône zugewiesen (Rosen 2013, 17–22).

Claude übernahm die Direktion des von seinem Vater Jacques Gautherot gegründeten Unternehmens nach dessen Tod im Jahr 1762, bevor er eine zweite Fabrik in dem nahe bei Boult gelegenen Le Cordonnet einrichtete. Die Dekore von Boult (oder Le Cordonnet) sind oft Imitationen von verbreiteten Dekoren der lothringischen Manufaktur von Chambrette in Lunéville, insbesondere des camaieu-violetten, sogenannten «Kranichdekors» (bei dem es sich eigentlich um einen Phönix chinesischer Herkunft handelt) und seiner Varianten (SFM 36; SFM 34; SFM 38; SFM 39; SFM 37; SFM 35; HMO 8712). Zum originalen «Kranichdekor» siehe z. B. MAHN AA 1666; MAHN AA 1668; MAHN AA 1664; Schny­der 1973, Abb. 9 und Rosen 2013, 17–19.

In den 1940er Jahren reklamierte Maria Felchlin diese Produkte für Matzendorf als Erzeugnisse der damals noch schlecht dokumentierten Periode von 1812–1820 (Felchlin 1942, 25–26). Felchlin stützte ihre Zuschreibung mit dem Hinweis, dass sich 1808 der Fayencier Marx Frei von Lenzburg in Matzendorf auf­hielt (Felchlin 1968, 160–161). Da damals der «Kranichdekor» in seiner originalen Form gleich wie auch andere Dekore der Lunéviller Produktion Lenzburg zugewiesen wurde, schien dies Sinn zu machen. Der Irrtum konnte erst 1973 durch Rudolf Schnyder aufgedeckt und korrigiert werden (Schnyder 1973).

Man wird übrigens feststellen, dass fast alle Fayencen mit «Kranichdekor», die im Kanton Solothurn aufgenommen wurden, aus der privaten Sammlung von Maria Felchlin kommen. Siehe auch «Matzendorf/Aedermannsdorf, Fayencemanufaktur».

Bibliographie:

Felchlin 1942
Maria Felchlin, Die Matzendorfer Keramik. Ein Beitrag zur Geschichte der schweizerischen Keramik, in: Jahrbuch für solothurnische Geschichte 15, 1942, 1–72.

Felchlin 1968
Maria Felchlin, Matzendorf in der keramischen Welt, in: 968–1968: Tausend Jahre Matzendorf, Solothurn 1968, 151–216.

Rosen 2013
Jean Rosen, De Lunéville à la Franche-Comté: un exemple de diffusion précoce des décors de la Manufacture Chambrette, vers 1755-1760, in: Deuxième table ronde franco-suisse: Faïences et faïenceries de l’Arc jurassien et ses marges. Procédés techniques et décors. L’apport des sources et de l’archéologie, Fribourg 2013, 15-22.

Schnyder 1973
Rudolf Schnyder, Fayencen 1740–1760 im Gebiet der Schweiz, Zürich 1973.

Colovrex GE und Ferney-Voltaire (Ain, F), die Töpfereien Knecht

Die Keramik der Töpferei Knecht in CERAMICA CH

Roland Blaettler 2019

Im Jahr 1822 kam Henry-Arnold Knecht (1802-1878), aus Wald (ZH), als Arbeiter in die Töpferei Braissant in Ferney-Voltaire. Nach der Heirat mit der Tochter des Besitzers, wurde er 1827 dessen Nachfolger (Clément 2000, 77). 1855 erhielt er von den Genfer Behörden eine Niederlassungsbewilligung, die es ihm erlaubte, auf Genfer Territorium eine Zweigniederlassung zu gründen. Sein Sohn Lucien (1837-1890) liess sich in Colovrex nieder, 1872 wurde er Genfer Bürger (Clément 2000, 79). Er übernahm im Jahr 1878 die Leitung der beiden Werkstätten nach dem Tod seines Vaters. Im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB) ist Lucien erst am 28. März 1883 als Leiter der Firma «L. Knecht à Colovrex-Bellevue» eingetragen (Bd. 1, 1883, 496), vermutlich weil vor diesem Datum die Genfer Niederlassung als Filiale von Ferney-Voltaire galt.

Im Dezember 1890, einen Tag nach Luciens Tod, schloss sich seine Witwe Marie-Jeanne, geb. Dailledouze (gestorben 1905), mit ihren drei Söhnen Arnold (1862-1921), Stanislas (1863-1941) und Louis (1870-1952) zu einer Kollektivgesellschaft unter dem Namen «Veuve Knecht & ses fils» zusammen. Das Unternehmen hatte seinen Sitz in Colovrex mit einer Niederlassung in Ferney. Das Tätigkeitsfeld umfasste «Keramik und Ofenbau, Drainagerohre und Ziegel» (SHAB, Bd. 9, 1891, 459).

Dieses Unternehmen wurde 1905, nach dem Tod von Marie-Jeanne, aufgelöst, und ihre drei Söhne gründeten eine neue Firma unter dem Namen «Knecht frères». Louis hatte seinen Wohnsitz in Colovrex, Stanislas und Arnold in Ferney (SHAB Bd. 23, 1905, 222). Arnold zog sich 1914 aus dem Geschäft zurück (SHAB, Bd. 32, 1914, 597).

Ab dem 31. Dezember 1926 gingen die beiden Filialen eigene Wege, zumindest in rechtlicher Hinsicht: Der Firmenname «Knecht frères» wurde gelöscht. Stanislas (oder sein Sohn Robert? – siehe Clément 2000, 79) übernahm Ferney und Louis übernahm Colovrex, unter dem Namen «Louis Knecht», Herstellung von «Gebrauchskeramik aller Art, Baukeramik, Schornsteinröhren, Schornsteinkappen und Abflussrohren» (SHAB, Bd. 45, 1927, 211).

Das Genfer Unternehmen ging 1954 in die Hände von Georges Knecht (1906-1982) über (SHAB, Bd. 72, 1954, 2456). Dieser hielt die Produktion praktisch bis zu seinem Tod aufrecht, der Firmenname wurde im Mai 1983 von Amtes wegen gelöscht, «nach Tod und Einstellung des Betriebs» (SHAB, Bd. 101, 1983, 1818).

Was die Werkstatt in Ferney betraf, so wurde sie in den letzten Jahren ihres Bestehens von Robert Knecht (1897-1951), dann von seiner Witwe geführt. Der Betrieb schloss 1958 seine Pforten (Clément 2000, 79).

Die französischen und schweizerischen Werkstätten der Familie Knecht produzierten weitgehend die gleichen Typen – hauptsächlich als engobierte und glasierte Irdenwaren.

Die Familie Knecht aus Colovrex vermarktete ihre Produkte in einem weiten Umkreis, ihr Absatzmarkt reichte von der Genfer Region bis zum Neuenburger Jura und sogar bis in den Kanton Solothurn (nach aktuellem Stand unserer Recherche). Zu den charakteristischsten Gefässtypen aus dem Ende des 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gehören die «Willkommenskannen» oder vaterländischen Kannen mit applizierten Weinblättern als Auflagendekor und Wappen der Kantone Waadt, Neuenburg und Bern (MHL 0170 MH); MLS 240001; MHPN MH-2015-9; MHPN MH-2015-8; MHPN MH-1998-113; MHPN MH-2014-10; MHPN MH-FA-10018A; MHPN MH-2015-187; MHPN MH-1998-299; MHPN MH-2012-64; MVVE 2411; MVVE 2355).

Das Musée historique et des porcelaines in Nyon bewahrt die einzigen beiden bisher bekannten gemarkten Beispiele: eines mit der gestempelten Blindmarke «Lucien Knecht – Colovrex-Bellevue Genève» (MHPN MH-2015-9), datiert 1893, das andere mit der Marke «Knecht Frères – Colovrex-Bellevue Genève» (MHPN 2014-10), datiert 1905. Die Blindmarke der ersten Kanne würde eher dafür sprechen, dass Luciens Witwe sein Zeichen nach seinem Tod 1890 weiter benutzte. Einige Exemplare des gleichen Typs werden der Werkstatt von Ferney zugeschrieben (Ferney-Voltaire 1984, 294 und 297; Clément 2000, 83).

Ein zweiter Gefässtyp, der zur gleichen Zeit und im gleichen Verbreitungsgebiet sehr beliebt war, ist der zylindrische Milchtopf mit verdicktem und gekehltem Rand und schematischen Verzierungen mit floralen oder geometrischen Motiven (MRVT Nr. 67; MRVT Nr. 68; MRVT BR 4a; MRVT BR 4; MPA 914; MPA Bv 4; MPA Bv 15; MPA Bv 12; MPA Bv 5; MWH H 2523; MWH H 2563; MVVE ; MVB Nr. 1; MPE Nr. 8).

Solche Töpfe sind in Colovrex bis Mitte der 1950er-Jahre bezeugt (De Freire de Andrade und de Chastonay 1956, Abb. 5). Die Sammlung von Georges Amoudruz im Musée d’ethnographie in Genf enthält eine grosse Anzahl von Beispielen, die meisten davon werden Colovrex zugeschrieben. In der gleichen Sammlung befinden sich mehrere Gedenkkrüge der gleichen Form mit Daten zwischen 1914 und 1967 (ETHEU 103619 und ETHEU 103569 beispielsweise).

Gefässe desselben oder eines sehr ähnlichen Typs sind jedoch in vielen anderen Töpfereien bezeugt, vor allem in Renens (VD – MRVT Nr. 26) oder im benachbarten Frankreich (Savoie, Ain – siehe z.B. Lahaussois und Pannequin 1996, 82; Sèvres 1999, 122-126; Clément 2000, 80-81; Dufournet 1979, Abb. 5-9, 16, 17-19, 22). Es sei darauf hingewiesen, dass französische Töpfer diesen Gefässtyp als «Jura-Topf» bezeichneten (Dufournet 1979, 298).

Der Anteil der Hafner Knecht an dieser enormen Anzahl von Gefässen ist kaum identifizierbar, da kein Exemplar, zumindest nach heutigem Kenntnisstand, sicher ihre Handschrift trägt. Gleiches gilt für die Fülle des meist undekorierten Gebrauchsgeschirrs, wie es in der gesamten Westschweiz gefunden wurde (z.B. MM 1014; MM 920; MPE 2938; MHL AA.VL 90 C 690; MVB 380B; MVM M 203). Alle diese Formen wurden sehr wohl von den Knechts hergestellt (siehe eine Preisliste der Firma Knecht für Ferney und Colovrex, mit Zeichnungen der Formen, spätes 19. bis frühes 20: Clément 2000, 82), aber nicht nur von ihnen! In solchen Fällen haben wir auf eine spezifische Zuordnung verzichtet und den Oberbegriff «Keramik aus dem Genferseegebiet» verwendet.

Siehe «Région lémanique, les poteries engobées (Ende 19. bis 20. Jahrhundert)».

Übersetzung Stephanie Tremp

Bibliographie :

Blaettler/Ducret/Schnyder 2013
Roland Blaettler/Peter Ducret/Rudolf Schnyder, Ceramica CH. Inventaire national de la céramique dans les collections publiques suisses, 1500-1950, t. I: Neuchâtel. Sulgen 2013, 202.

Clément 2000
Alain Clément, La poterie de Ferney: deux siècles d’artisanat. Yens-sur-Morges/Saint-Gingolph 2000.

De Freire de Andrade et de Chastonay 1956
Nadège de Freire de Andrade et de Philibert Chastonay, La dernière poterie rustique genevoise. Archives suisses d’anthropologie générale, XXI, 1956, 8-141.

Dufournet 1979
Paul Dufournet, Les ateliers frères de poterie de Vanzy (Haute-Savoie) et de Vanchy (Ain). In: Le Monde alpin rhodanien. Revue régional d’ethnologie 1-4. Artisanat et métiers de tradition, 281-316.

Ferney-Voltaire 1984
Ferney-Voltaire. Pages d’histoire. Ferney-Voltaire/Annecy 1984.

Lahaussois et Pannequin 1996
Christine Lahaussois et Béatrice Pannequin, Terres vernissées, sources et traditions. Paris 1996.

Sèvres 1999
L’art de la terre vernissée, du Moyen Age à l’an 2000, cat. d’exposition, Sèvres/Arras, Musée national de céramique/Musée des beaux-arts. Paris 1999.

Genferseeregion/Savoyen, die engobierten Irdenwaren (Ende 19. bis 20. Jahrhundert)

Keramik der Genferseeregion/Savoyens in CERAMICA CH

Roland Blaettler, 2019 (mit Ergänzungen durch Andreas Heege, 2023)

Bei der Zusammenstellung dieses Inventars haben wir besonderes Augenmerk auf die in der Westschweiz gebräuchliche Keramik gelegt, bei der es sich im Allgemeinen um engobierte, glasierte Irdenware handelt (MHL AA.46.D.21). Es versteht sich von selbst, dass die Interpretation dieser Art von Produktion oft schwierig ist, da die verwendeten Technologien und Formen sehr einfach, weit verbreitet und von langer Lebensdauer sind. Das häufige Fehlen von Dekoren und das fast systematische Fehlen von Marken machte unsere Aufgabe nicht leichter. Ausserdem mussten wir feststellen, dass dieses Alltagsgeschirr in den Museumssammlungen nicht sehr gut vertreten ist. Objekte dieser Art haben den Lauf der Zeit nur selten überlebt, eben weil sie im Alltag verwendet wurden und weil ihr banales Aussehen selten einen Konservierungsreflex auslösten.

In den ländlichen Gebieten erwarteten wir, dass die Heimatmuseen, die sich oft mit dem Alltagsleben befassen, mehr Interesse an dieser Art von Geschirr haben würden. Dies ist in der Tat der Fall, sei es in den Kantonen Waadt oder Neuenburg. Diese Einrichtungen sind jedoch im Allgemeinen jüngeren Datums als die städtischen Museen und stammen meist aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Und in diesen relativ jungen Sammlungen stellt man fest, dass eine Minderheit der Objekte – in dem Bereich, der uns interessiert – aus ehemaligen einheimischen Familien stammt: Eine grosse Anzahl von Exemplaren wurde von Antiquitätenhändlern erworben oder von Sammlern gestiftet, was die Frage nach der genauen Herkunft der Keramik weiter verwischen dürfte.

Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass das bewahrte Gebrauchsgeschirr aus dem Ende des 19. Jahrhunderts, vor allem aber aus den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts stammt.

Ältere Exemplare sind selten (z. B. MHL AA.46.D.18; MHL AA.46.D.6; MVVE 5244; MPE Nr. 12; MHV 984; MHPN MH-FA-611; MHPN MH-FA-4061; MHPN MH-FA-525). Aber selbst in diesem modernen Segment bleibt die Ernte relativ bescheiden. Dies gilt für das Alltagsgeschirr, aber auch für die in den Quellen jener Zeit als «künstlerisch» bezeichneten Keramik, die oft aus denselben Werkstätten stammte. Dies ist überraschend, wenn man die Anzahl der bisher erfassten Töpfereien und die Lebensdauer einiger von ihnen bedenkt.

Nach der Untersuchung der Neuenburger und Waadtländer Sammlungen, die wir auch mit den Genfer Beständen (und insbesondere mit der Sammlung Amoudruz des Musée d’ethnographie) verglichen haben, stellten wir eine grosse Homogenität im Bestand der Gebrauchskeramik innerhalb dieses weiträumigen Gebiets fest, das sich von den Ufern des Genfersees bis zum Neuenburger Jura und nach Savoyen (Buttin/Pachoud-Chevrier 2007) erstreckte.

Beispiele hierfür sind diese zylindrischen Behälter für die Konservierung von Lebensmitteln, die in der Genfer Region als «Toupines» bezeichnet werden (MPE 2938; MVB 380B; MVB 380C; MVB 380D; MHPN MH-FA-4427A; MHPN MH-1996-79; MHPN MH-FA-4427B);

oder diese bekannten Krüge mit ihrem röhrenförmigen Ausguss und den Doppelgriffen, die in der Regel mit einer grünen Glasur überzogen sind (MM 920; MM 929; MHPN MH-1996-77).

Weitere Beispiele sind die konischen Aufrahmschüsseln (MM 1014; MHPN MH-1996-78), zu denen auch eines der wenigen gemarkten Stücke aus der  Poterie moderne von Chavannes-près-Renens gehört (MHL AA.46.D.22).

Andere Formen sind in den Sammlungen weniger häufig vorhanden, gehören aber zum gleichen Produktionstyp wie diese Tassen und Untertassen (MVM M 193; MVM M 195), Terrinen (MHL AA.VL 90 C 690; MVB No 2) oder Schmalztöpfe (MVM M 204; MVM M 203).04; MVM M 203).

Im gleichen Verbreitungsgebiet fanden wir zahlreiche Beispiele eines anderen Typs, der zur gleichen Produktionsart gehört, sich aber durch das fast systematische Vorhandensein eines Dekors auszeichnet, der meist aus einem skizzierten floralen Motiv oder einem geometrischen Muster besteht. Bei dieser relativ kohärenten Gruppe von Objekten handelt es sich fast ausschliesslich um zylindrische Milchtöpfe in unterschiedlichen Grössen, die durch einen verdickten und aussen gekehlten Rand gekennzeichnet sind (MVB Nr. 1; MVVE 3210; MPE Nr. 8; MRVT Nr. 68; MRVT BR 4a; MRVT Nr. 67; MRVT BR 4; MPA 914; MPA Bv 4; MPA Bv 15; MPA Bv 12; MPA Bv 5).

Eine Abbildung aus einer ethnologischen Studie (De Freire de Andrade und De Chastonay 1956, Abb. 5) und die zahlreichen vergleichbaren Exemplare im Musée d’ethnographie de Genève in der Sammlung Amoudruz, wo sie fast systematisch «Colovrex» zugeschrieben werden, veranlassten uns am Anfang, sie der Keramik der Töpferei Knecht von Colovrex (oder sogar Ferney-Voltaire) zuzuordnen. Die Sammlung von Amoudruz enthält eine Reihe von Töpfen der gleichen Form mit Gedenkinschriften, datiert zwischen 1914 und 1967. Je mehr Objekte wir untersuchten, desto mehr Unterschiede konnten wir in der Machart feststellen. Diese Variationen lassen sich zum Teil durch die Langlebigkeit dieses Produkttyps erklären, aber sie legen auch die Möglichkeit nahe, dass andere Werkstätten eine sehr ähnliche Typologie übernommen haben.

Und tatsächlich, bei der Durchsicht des im Kanton Neuenburg erfassten Materials, haben wir vor kurzem ein zylindrisches Milchkännchen gefunden, das im Musée régional du Val-de-Travers in Môtiers aufbewahrt wird, das perfekt in diese Kategorie passt und das wir bei der Veröffentlichung des ersten Bandes der gedruckten Version unseres Inventars (Ceramica CH, t. I) nicht berücksichtigt hatten. Dieses Gefäss, das mit einem mehrfarbigen Marmorierungsmuster auf dunkelbraunem Grund verziert ist, trägt jedoch die Prägemarke der modernen Töpferei von Chavannes-près-Renens (MRVT Nr. 26)!

Eine Marke, die wir in diesem Stadium unserer Forschungen noch nicht identifiziert hatten und von der wir heute wissen, dass sie 1902 eingeführt wurde, gleich nach der Gründung der Töpferei durch Lucien Ménétrey. Sehr wahrscheinlich blieb sie bis 1905 in Kraft, als der Betrieb in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde (siehe das Kapitel «Les poteries de Renens et de Chavannes-près-Renens»). Dank dieses Exemplars, das unseres Wissens als einziges dieses Typs gemarkt ist, wissen wir nun, dass zylindrische Töpfe dieses Typs nicht systematisch den Knecht’schen Töpfereien zugeschrieben werden dürfen.

Es ist jedoch klar, dass die Knechts mit ihren beiden Betrieben beiderseits der Grenze eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der engobierten Irdenware in der Genferseeregion gespielt haben. In den Jahren 1875–1920 umfasste ihr Sortiment eine feiner ausgearbeitete Art von Keramik, die als «künstlerisch» eingestuft werden konnte, die berühmten patronymischen Kannen (auch «Willkommenskannen» genannt, vor allem in der Ferney-Literatur) mit ihrem unvermeidlichen gemodelten Auflagendekor aus Weinrebenzweigen (MVVE 2355; MVVE 2411).

Die Zuschreibung an die Töpfereien Knecht ist heute dank der beiden einzigen bekannten gemarkten Exemplare, die beide im Musée du Château de Nyon aufbewahrt werden (MHPN MH-2015-9; MHPN MH-2014-10), gesichert. Das Verbreitungsgebiet dieses Gefässtyps, so wie es bisher aussieht, entspricht dem der zylindrischen Töpfe mit skizziertem oder geometrischem Blumendekor, d.h. den Kantonen Genf, Waadt und Neuenburg (siehe oben). Die «Willkommenskannen» dienen somit als Gradmesser für die Stärke der kommerziellen Durchdringung der Knechts in einem Gebiet, das weit über die Grenzen von Genf hinausging. Es ist anzunehmen, dass dieses Phänomen auch die Produktion von Alltagsgeschirr betraf.

Masstabelle für gebrannte Töpferwaren, die von der Föderation der Töpfer der Region Genf, Ferney, Renens, Annecy und der umliegenden Gebiete und von den unterzeichneten Arbeitgebern übernommen wurden.

Angesichts der Unmöglichkeit, das in den Kantonen Neuenburg und Waadt untersuchte Alltagsgeschirr – insbesondere die Objekte ohne Dekor – genauer zuordnenzu können, haben wir beschlossen, es vorläufig unter dem Oberbegriff «engobierte Irdenwaren der Genferseeregion» zusammenzufassen. Ein wertvolles Dokument, das 1984 von Historikern von Ferney-Voltaire veröffentlicht wurde, unterstützt unseren Ansatz: das «Tableau des mesures de poterie cuite adoptées par la Fédération des ouvriers tourneurs de la région de Genève, Ferney, Renens, Annecy et zones environnantes et de Messieurs les patrons soussignés» [Masstabelle für gebrannte Töpferwaren, die von der Föderation der Töpfer der Region Genf, Ferney, Renens, Annecy und der umliegenden Gebiete und von den unterzeichneten Arbeitgebern übernommen wurden] (Ferney-Voltaire 1984, 264–265).

Dieses lithografierte Dokument aus dem Ende des 19. Jahrhunderts (wir persönlich ordnen es zwischen 1893 und 1896 ein) sollte in den Werkstätten angeschlagen werden. Es zeugt von den Bemühungen der Töpfermeister der Genferseeregion, ihre Preisgestaltung zu vereinheitlichen, vielleicht auf Druck der Vereinigung der Dreher (Fédération des ouvriers tourneurs). Die Tabelle legt die Anzahl der Stücke jeder Form fest, die ein Töpfer mit einer bestimmten Menge Ton, dem «compte», herzustellen hatte. Der «compte» war somit die Masseinheit für die Berechnung des Entgelts der Dreher.

Die Tabelle listet etwa 30 Formen in jeweils verschiedenen Grössen auf, Höhe und Breite der Objekte werden auf einen halben Zentimeter genau angegeben. Diese Genauigkeit in den Massen setzte stark standardisierte Formen voraus.

Wir stellen die Existenz einer Art grenzüberschreitender Fachgruppe fest, oder besser gesagt zweier Gruppierungen, die die Arbeitnehmer auf der einen Seite und die Arbeitgeber auf der anderen Seite zusammenbringen. Diese gegenseitige Interessengemeinschaft erklärt sich offensichtlich durch die hohe Durchlässigkeit der Grenze in Bezug auf die Mobilität von Fachkräften. Es liegt auf der Hand, dass zum Beispiel Dreher unabhängig von der Grenze von einer Werkstatt zur anderen ziehen mussten. Die Geschichte der verschiedenen Werkstätten in Nyon oder Renens zeigt deutlich die engen persönlichen Beziehungen zwischen einigen dieser Betriebe und dem Töpferzentrum in Ferney-Voltaire bis in die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts (siehe insbesondere die Kapitel «La Poterie commune de Nyon et ses successeurs» und «Les poteries de Renens et de Chavannes-près-Renens»).

Unter den Unterschriften der Patrons am Ende des Dokuments befindet sich die des Töpfermeisters Alexandre Liotard, der seit 1882 in Ferney-Voltaire tätig war. Für die Knecht-Töpfereien in Colovrex und Ferney-Voltaire ist es offenbar Stanislas, der das Dokument unterzeichnet hat. Nach dem Tod von Lucien im Jahr 1890 wurden die beiden Werkstätten von seiner Witwe Jeanne gemeinsam mit ihren drei Söhnen Stanislas, Arnold und Louis geführt (Buttin/Pachoud-Chevrier 2007, 85-88). Weiter unten figuriert Jean Bœhler, der zwischen 1885 und 1902 die Poterie commune de Nyon leitete. Was die Töpfer von Renens betrifft, so sind sie alle aufgeführt: Samuel Jaccard, seit 1890 in Renens ansässig, Paul Bouchet, der die von seinem Vater 1883 gegründete Werkstatt übernommen hatte, und Émile Mercier, der 1892 seine Töpferei gründete und bis 1898 an der Spitze des Unternehmens blieb. Zur Gruppe der Arbeitgeber gehörten auch vier Genfer Töpfer: Aimé Joseph Amédée Gremaud, ein Töpfer und Ofenbauer, der von 1883 bis 1899 an der Place de la Navigation ansässig war (SHAB, Bd. 1, 1883, 723 – Bd. 2, 1883, 723). 17, 1899, 1241); Alfred Pouzet, der 1888 die vier Jahre zuvor von seinem Vater Antoine in der Rue de la Terrassière gegründete Töpferei übernahm und bis 1924 weiterführte (SHAB, Bd. 6, 1888, 716 – Bd. 6, 1888, 716). 42, 1924, 734); Jacob Knecht, ein Neffe von Henry, dem Gründervater der Töpferei Ferney, der an der Seite seines Onkels ausgebildet wurde, bevor er 1884 eine Töpferei in der Rue du Temple in Carouge übernahm (SHAB, vol. 2, 1884, 45), und schliesslich François-Joseph Cartier-Girard, Inhaber einer «Töpferfabrik für Gebrauchskeramik», die er 1893 in Petit-Saconnex (GE) gründete und bis zu seinem frühen Tod 1896 leitete (SHAB, Bd. 11, 1893, 195 – Bd. 14, 1896, 1097). Die letztgenannte Töpferei wurde übrigens 1896 von Louis-Charles Leuba, Jules Genoux und Henri Magnin unter dem Namen Leuba et Co. übernommen (SHAB, Bd. 14, 1896, 1089). Das Landesmuseum in Zürich besitzt einen Wasserkrug zum Servieren von Absinth mit der Marke «G. Girard Genève» (Inv. LM-65630).

Henri Magnin ist ebenfalls unter den Unterzeichnern unserer Tabelle, allerdings auf der Arbeiterseite: Er war damals Präsident der 1892 gegründeten Chambre syndicale des ouvriers tourneurs en poterie du canton de Genève; Magnin hatte dieses Amt mindestens bis 1901 inne (SHAB, Bd. 10, 1892, 934 – Bd. 19, 1901, 782). Einige Jahre später, zwischen 1905 und 1907, war Henri Magnin erneut Direktor der Poterie moderne S. A. von Chavannes-près-Renens (siehe das Kapitel «Die Töpfereien von Renens und Chavannes-près-Renens»).

Wie allein aus diesem Dokument hervorgeht, bildeten die Töpfer der Genferseeregion und teilweise Savoyens (Buttin/Pachoud-Chevrier 2007) ein echtes Netzwerk, sowohl auf der Ebene der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer. Es ist daher nicht verwunderlich, dass ihre Basisproduktion – undekoriertes Alltagsgeschirr bzw. Gegenstände des täglichen Gebrauchs, wie es in den meisten Werkstätten hergestellt wurde – ein sehr homogenes Ganzes bildete.

Um auf die stilisierten oder geometrischen Blumendekore der oben erwähnten zylindrischen Milchtöpfe zurückzukommen, haben wir hier und da sehr ähnliche Ornamente und eine ähnliche Machart auf anderen Formen gefunden. Auf Milchkannen (MVB 380F; MVB 380E; MPA Bc 32), auf einem Teller im Musée du Pays-d’Enhaut in Château-d’Œx (MPE 1336) oder auf einem Teller im Museum von Montreux (MM 766). Die Ähnlichkeit mit den Blumendekors der zylindrischen Töpfe ist besonders auffällig auf einem Teller, der möglicherweise aus der Poterie commune de Nyon stammt, als diese noch von Théophile Thomas-Morello geleitet wurde (MPE 2995). Es ist anzumerken, dass diese wenigen Objekte die einzigen bislang erfassten Beispiele für diese Art von Dekor auf anderen Formen als zylindrischen Töpfen sind. In der Sammlung Amoudruz gibt es nur etwa zehn ähnlich dekorierte Teller oder Milchkannen von insgesamt etwa 400 regionalen Töpferwaren.

Wie eine Ansicht seines Standes auf der Exposition industrielle de Carouge-Acacias im Jahr 1906 zeigt, stellte Jacob Knecht in seiner Töpferei in Carouge ähnlich dekoriertes Geschirr her wie die meisten der oben beschriebenen, häufig verwendeten Gefässe (Dumaret 2006, 141–143, Abb. 113).

Sein Sohn Édouard (1876–1928) trat 1913 die Nachfolge von Jacob an (SHAB, Bd. 32, 1914, 1289). Nach Édouards Tod führte seine Witwe Lina die Arbeit unter dem Firmennamen Veuve Édouard Knecht fort, bevor sie 1930 zusammen mit dem Bildhauer Jean Chomel (1902–1979 – SHAB, Bd. 48, 1930, 903) die Kollektivgesellschaft Knecht & Chomel gründete. Nach dem Tod von Lina im Jahr 1932 übernahm Chomel die Leitung des Unternehmens allein, bevor er im Jahr 1934 die Poterie de Carouge S. A. gründete. Diese Firma ging zwei Jahre später in Konkurs (SHAB, Bd. 52, 1934, 2101 – Bd. 54, 1936, 1984).

Übersetzung Stephanie Tremp

Quellen:
Feuille officielle suisse du commerce, dès 1883 (consultée sur le site e-periodica.ch)

Bibliographie:

Buttin/Pachoud-Chevrier 2007
Anne Buttin/Michèle Pachoud-Chevrier, La Poterie domestique en Savoie, Annecy 2007.

De Freire de Andrade et de Chastonay 1956
Nadège de Freire de Andrade et de Philibert Chastonay, La dernière poterie rustique genevoise. Archives suisses d’anthropologie générale XXI, 8-141.

Dumaret 2006
Isabelle Dumaret, Faïenceries et faïenciers à Carouge. Arts à Carouge: Céramistes et figuristes. Dictionnaire carougeois IV A. Carouge 2006, 15-253.

Ferney-Voltaire 1984
Ferney-Voltaire. Pages d’histoire. Ferney-Voltaire/Annecy 1984.

Jussy (Haute-Savoie, F), Manufaktur Charmot (1824-1848)

Roland Blaettler, 2019

Im Jahr 1824 fühlten sich die Unternehmer Robillard et Cie aus Nyon bereit für eine neue Unternehmung jenseits der Landesgrenzen. 1822 hatten Jean-Marie und Joseph Marie Charmot, zwei Notabeln aus Sciez bei Thonon (Haute-Savoie), vom König von Sardinien das Privileg erhalten, in ihrer Töpferei im Weiler Jussy Steingut und Fayence herzustellen (Maire 2008, 437). Da sie die für diese Umstellung notwendige Technologie nicht beherrschten, machten die Gebrüder Charmot Robillard et Cie den Vorschlag, sich als Kommanditisten an ihrem Unternehmen zu beteiligen, «mit der Bedingung, dass sie ihr Fabrikationsgeheimnis teilten».

Am 13. März 1824 wurde zwischen Robillard, der ordnungsgemäss mit einer Vollmacht ausgestattet war, und den Gebrüdern Charmot ein Abkommen geschlossen. Pelichet bildet ein von den Eigentümern aus Nyon unterzeichnetes Dokument ab, das mit 24. April datiert ist und die Umsetzungsmodalitäten dieses Vertrags festlegt (Pelichet 1985/2, 30 und 31). Die Unternehmer aus Nyon investierten 40 000 Livres de Savoie und hatten demgemäss Anspruch auf ihren Anteil am Gewinn. De Molin erwähnt ein 1826 datiertes Schreiben, aus dem hervorgeht, dass die Gebrüder Charmot um eine Frist für die Zahlung ihrer Zinsen ersuchten; er leitet daraus ab, dass die Geschäfte schlecht liefen (De Molin 1904, 86); vermutlich nicht schlechter als in den meisten Betrieben dieser Art. Tatsächlich produzierte die savoyische Manufaktur ohne Unterbruch bis 1839 und nahm die Arbeit im Folgejahr wieder auf – mit einem leicht geänderten Firmennamen. Sie wurde 1848 geschlossen (Maire 2008, 440). Uns ist nicht bekannt, zu welchem Zeitpunkt sich die Waadtländer Investoren aus dem Geschäft zurückgezogen haben.

Die Qualität der Produkte von Jussy kann durchaus mit jener des Steinguts aus Nyon verglichen werden (siehe beispielsweise MHPN MH-FA-466; MHL AA.MI.2265; Unil MH-RE-331; Unil MH-RE-332; Unil MH-RE-333).

Übersetzung Stephanie Tremp

Bibliographie:

De Molin 1904
Aloys de Molin, Histoire documentaire de la manufacture de porcelaine de Nyon, 1781-1813, publiée sous les auspices de la Société d’histoire de la Suisse romande et de la Société vaudoise des beaux-arts, Lausanne 1904.

Maire 2008
Christian Maire, Histoire de la faïence fine francaise 1743-1843, Le Mans 2008.

Pelichet 1985/2
Edgar Pelichet, Les charmantes faïences de Nyon, Nyon 1985.

Moustiers-Sainte-Marie, Dép. Alpes-de-Haute-Provence F

Fayencen aus Moustiers in CERAMICA CH

Geschichte der Fayencen aus Moustiers

Liste der wichtigsten Dekore

Bibliographie  (Dank geht an die Académie de Moustiers)

Diese Liste, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, enthält die wichtigsten Werke über Fayencen von Moustiers :

  • Dr Jean-Claude Alary, Les chinois de grand feu, un décor méconnu des faïences de Moustiers, Nîmes, 2008.
  • Dr Jean-Claude Alary, Les grotesques, un décor original de la faïence de Moustiers du XVIIIème siècle, Nîmes, 2014.
  • Louis Arnavon, Une collection de faïences provençales, Marseille, 1902.
  • Marius Bernard, Catalogue de faïences et porcelaines, Marseille 1911.
  • Dr. J. Chompret, J. Bloch, P. Alfassa, Répertoire de la faïence française, S. Lapina, 1935, 6 volumes.
  • Denise Collard, Les faïences de Moustiers : Sèvres et Limoges, RMN, Paris, 1988.
  • Collectif, Trésors des collections privées, musée de Grasse, 1992.
  • Charles Damiron, La faïence artistique de Moustiers, Vve Blot, Lyon, 1919.
  • Jean-Charles Davillier, Histoire des faïences de Moustiers, Marseille et autres, Castel, Paris, 1863.
  • J.-E. Doste, Notice historique sur Moustiers et ses faïences, M. Olive, Marseille, 1874.
  • Eugène Fouque, Moustiers et ses faïences, Remondet-Aubin, Aix-en-Provence, 1891.
  • Dorothée Guillemé Brulon, Moustiers et Marseille, Edition Massin, 1997.
  • Louis Julien, L’art de la faïence à Moustiers, Édisud, Aix-en-Provence ,1991.
  • Louis et Andrée Julien, Faïenciers de Moustiers, biographies et pièces marquées, Equinoxe, Barbentane, 1998.
  • Gilbert-Jean Malgras, Nouveau Tardy – Moustiers, ABC collection, 1985.
  • Jacques Mompeut, Les faïences de Moustiers, Édisud, Aix-en-Provence, 1980.
  • Georges Piolino, Le décor aux grotesques, Delémont, 1998.
  • Marcel Provence, Le musée de Moustiers, Macabet, Vaison-la-Romaine, 1936.
  • Marcel Provence, Olérys, Edition du Feu, Aix-en-Provence 1930
  • Abbé Henry Requin, Histoire de la faïence artistique de Moustiers, Paris, 1903.
  • Henry-J. Reynaud, Faïences de Moustiers, XVIIe et XVIIe siècles, Genève, 1952.
  • Henry-J. Reynaud, Faïences anciennes de Moustiers, Berne, 1961.