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Hauterive-Neuchâtel, Archäologiepark und -museum (Laténium)

Laténium
parc et musée d’archéologie de Neuchâtel
Espace Paul Vouga
CH-2068 Hauterive
Tel.: +41 (0)32 889 69 17
latenium@ne.ch

Roland Blaettler, Jonathan Frey, Lara Tremblay, 2022

Ein Sonderfall: das Wrack von Hauterive

Seit Beginn des 20. Jahrhunderts verfingen sich die Netze der Fischer im Neuenburgersee regelmässig an einem versunkenen, mysteriösen Gegenstand etwa 1,2 km vor dem Hafen von Hauterive. In einem der Netze wurden in den Jahren zwischen 1910 und 1920 sogar einige Keramiken und Bronzeobjekte gefunden, die erst viel später, im Jahr 1970, auf den Kunstmarkt kamen (Laténium HR-E16-60499; Laténium HR-E16-60498; Laténium HR-E16-60804; Laténium HR-E16-60504; Laténium HR-E16-60503). 1961 durchstöberte ein Taucher heimlich diesen Ort und brachte ein Ensemble aus grünglasierter Keramik und Metallgegenständen an die Oberfläche. Diese Fundstücke wurden 1962 konfisziert und dem archäologischen Museum in Neuenburg anvertraut (Laténium HR-E16-60802; Laténium HR-E16-32; Laténium HR-E16-17; Laténium HR-E16-18; Laténium HR-E16-45; Laténium HR-E16-66; Laténium HR-E16-60501; Laténium HR-E16-60801; Laténium HR-E16-61; Laténium HR-E16-5; Laténium HR-E16-60810). Im gleichen Jahr ermöglichte ein erster Sondierungstauchgang der zuständigen Behörden die Identifikation eines Wracks, oder vielmehr der Ladung eines Transportkahns, der im 16. Jahrhundert an dieser Stelle gesunken war. Erst 1980 war das kantonale Amt für Archäologie in der Lage, an diesem Standort eine systematische Unterwassergrabung durchzuführen. Die Taucher fanden keine Spuren vom Boot selber, aber eine Menge von Bruchstücken von Keramikgefässen und verschiedene Metallgegenstände, darunter dutzende Eisenbarren mit einem Gesamtgewicht von mehreren hundert Kilogramm (Arnold 1982; Egloff 1980). Abgesehen von diesen für die Metallindustrie bestimmten Barren transportierte das Schiff ein Sortiment aus glasierter Irdenware, von dem einige Formen in mehreren Exemplaren gefunden wurden.

Das vollkommene Fehlen von Gebrauchsspuren an den Haushaltskeramiken zeigt, dass die Gefässe direkt von einer unbekannten Töpferei auf den Kahn gelangten. Diese muss also am Ufer des Neuenburgersees oder dem ihm zugehörigen Flusssystem gelegen haben. Das Ziel des Transports ist dagegen unbekannt (auch zum Folgenden Arnold/Frey/Tremblay, in Vorbereitung) .

Der Fund besteht aus hunderten Bruchstücken, aber auch aus einigen Dutzend ganzen Gefässen, die rekonstruiert wurden oder intakt blieben. Insgesamt umfasst das Ensemble knapp 200 keramische Gefässindividuen. Im Allgemeinen ist diese Art von Gebrauchskeramik durch archäologische Funde aus Abfallgruben oder Aufschüttungen dokumentiert. Hier liegen nun Töpfe vor, die trotz der Verwitterung durch die lange Zeit unter Wasser praktisch neu sind: Gegenstände, die an einen Kunden oder vielleicht auch einen Wiederverkäufer irgendwo im Drei-Seen-Land hätten ausgeliefert werden sollen.

Der Fundkomplex umfasst Kochgefässe wie Dreibeinpfännchen und Henkeltöpfe samt den dazugehörigen Deckeln sowie Siebe mit Rohrgriff. Einzigartig ist der Fund eines grossen Fettfängers. Häufig anzutreffen sind multifunktionale Schüsselformen wie die Schüsseln mit giebelförmigem und verkröpftem Rand. Zum eigentlichen Essgeschirr gehören die Schüsseln mit aussen verstärktem Rand und Grifflappen und wenige Platten mit Standfuss, Fahne und Randlippe. Eine Henkelflasche, eine Feldflasche sowie ein Handwaschbecken runden das Fundspektrum ab.

Aufgrund eines Bretts, dessen letzter Jahrring ins Jahr 1547 datiert und der Tatsache, dass Schiffe aus trockenem Holz gebaut wurden, darf man annehmen, dass der Kahn in den 1560er Jahren erbaut wurde. Bei einer anzunehmenden Nutzungszeit von 30 Jahren dürfte das Unglück, das zum Verlust der Ladung führte, zwischen 1560 und 1590 erfolgt sein. Dieser Datierungsansatz passt gut zu den Formen der Gefässkeramik, weisen die Schüsseln mit verkröpftem Rand doch einen hohen Anteil am Gefässformenspektrum und zudem eine bereits recht hohe Randlippe auf. Das vollkommene Fehlen von Schüsseln mit ausladendem Rand und das gleichzeitige häufige Vorkommen von Schüsseln mit aussen verstärktem Rand und gegenständigen, an der Verstärkung ansetzenden Grifflappen zeigt, dass der Fundkomplex kulturell nicht im Bernisch-Freiburgischen Kulturraum und seinen Randzonen, sondern viel weiter westlich zu verorten ist. Demnach erstaunt es auch nicht, dass nur wenige Gefässe mit Malhorndekor und keine Gefässe mit Ritzdekor vorliegen, die man im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts in der Deutschschweiz erwarten würde. Stattdessen finden sich etliche Gefässe mit geschwenktem, zonalem Dekor und solche mit absichtlich fleckig-aufgetragener, marmorierend wirkender Grundengobe.

Die Ladung mit den Haushaltskeramiken dürfte somit im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts verloren gegangen sein.

Die erste Textfassung erschien in: Blaettler/Ducret/Schnyder 2013, 46 – Letzte Überarbeitung Jonathan Frey, Lara Tremblay): 6.10. 2022.

Bibliographie:

Arnold 1982
Béat Arnold, Fouille d’une épave du XVIe siècle dans le lac de Neuchâtel, au large d’Hauterive, in: Musée neuchâtelois, 1982, 53-72.

Arnold 2004
Béat Arnold, A page of naval archaeology illustrated by the close examination of some traditional boat craft from Lake Neuchâtel, Switzerland, in: Klaus Brandt/Hans Joachim Kühn (Hrsg.), Der Prahm aus dem Hafen von Haithabu. Beiträge zu antiken und mittelalterlichen Flachbodenschiffen, Neumünster 2004, 97-103.

Arnold/Frey/Tremblay (in Vorbereitung)
Béat Arnold/Jonathan Frey/Lara Tremblay (article en préparation). “Une épave de la seconde moitié du 16e siècle naufragée dans le lac de Neuchâtel et sa riche cargaison”, Annuaire AS 2024.

Blaettler/Ducret/Schnyder 2013
Roland Blaettler/Peter Ducret/Rudolf Schnyder, CERAMICA CH I: Neuchâtel (Inventaire national de la céramique dans les collections publiques suisses, 1500-1950), Sulgen 2013.

Egloff 1980
Michel Egloff, Des nécropoles burgondes à l’épave d’Hauterive, in: Helvetia archeologica 43/44, 1980, 196-205.

Reitmaier 2008
Thomas Reitmaier, Vorindustrielle Lastsegelschiffe in der Schweiz (Schweizer Beiträge zur Kulturgeschichte und Archäologie des Mittelalters 35), Basel 2008, 23.

 

La Chaux-de-Fonds, Schule für Angewandte Kunst (EAA)

Ecole d’arts appliqués (EAA-CIFOM)
rue de la Paix 60
CH-2300 La Chaux-de-Fonds
Tel.: +41 (0)32 886 35 00

Die kunsthandwerklichen Sammlungen der Schule für angewandte Kunst in La Chaux-de-Fonds in CERAMICA CH

Roland Blaettler, 2019

Die Kunstschule von La Chaux-de-Fonds wurde 1870 auf Anregung der Gesellschaft der Meistergraveure gegründet, die in einer ersten Phase darauf abzielte, das Ausbildungsniveau der künstlerischen Berufe im Bereich der Uhrenindustrie anzuheben. Im Jahr 1873 wurde die Schule für angewandte Kunst zu einer öffentlichen Einrichtung der Gemeinde, und schon bald zeigte sich die Notwendigkeit, dass das Spektrum der unterrichteten Fächer erweitert werden musste. Charles L’Eplattenier (1874–1946), Leiter des 1905 gegründeten Cours supérieur d’art et de décoration, war massgeblich an der Öffnung der Schule hin zu einem umfassenderen und ehrgeizigeren Unterricht beteiligt. Gemäss seiner Vorstellung sollten die dekorativen Künste sich nicht nur den Bedürfnissen der vorherrschenden Industrie unterordnen, sondern in allen Bereichen des modernen Lebens Anwendung finden, beispielsweise bei der Gebäudedekoration, bei Möbeln, im Schmuckbereich usw. 1911 erhielt L’Eplattenier die Erlaubnis, an der Schule eine «neue Abteilung» zu eröffnen, in der die Lernenden mit den realen Produktions- und Marktbedingungen konfrontiert werden sollten. Um diese neue Struktur zu beleben und der fortschrittlichen Idee Impulse zu geben, umgab er sich mit Georges Aubert, Léon Perrin und Charles-Édouard Jeanneret, dem späteren Le Corbusier. Nach einem erbarmungslosen Streit zwischen den «Alten» und den «Modernen», der sogar eine politische Dimension annahm, wurde die Sonderabteilung 1914 aufgelöst. L’Eplattenier wurde aufgefordert, zu einem traditionelleren und strukturierteren Unterricht zurückzukehren, worauf er seine Stelle kündigte. Trotz des Rückschlags war es diesem visionären Lehrer zusammen mit seinen Kollegen und Schülern gelungen, in seiner Stadt ein echtes kreatives Zentrum zu entwickeln, woraus eine originelle und vielversprechende Bewegung entstand, die sich in die Strömung des Jugendstils einreihte und gleichzeitig von lokalen Besonderheiten lebte, eine Bewegung, deren Ausstrahlung bereits über die nationalen Grenzen hinausreichte (Gfeller 1992).

Bereits 1885 beschloss die Kunstschule, auf Anregung des Zeichenlehrers William Hirschy, ein sogenanntes Industriemuseum aufzubauen, d. h. eine Sammlung von Artefakten, die als Unterrichtsmaterial dienen sollten. In ihrer vor einigen Jahren begonnenen Studie über die Sammlung in La Chaux-de-Fonds zählte Helen Bieri-Thomson rund 1000 Objekte aus den verschiedensten Bereichen (Papier, Textilien, Metall, Holz, Emaille, Schmuck, Keramik), stellte jedoch fest, dass es kein zuverlässiges Inventar und keine Dokumentation gibt, die Aufschluss über die Geschichte des Bestands geben könnte (Bieri-Thomson 2006, S. 53 ff.). Die Sammlung umfasst zahlreiche Reproduktionen, Arbeiten von Schülern und Lehrern, antike Objekte, aber auch Originalwerke von anerkannten internationalen Kunstschaffenden der damaligen Zeit. Im Bereich der Keramik, die nicht zum Lehrplan der Schule gehörte, umfasst der Bestand dennoch etwa 60 Objekte, was zwar quantitativ nicht viel, aber qualitativ äusserst bemerkenswert ist. Helen Bieri-Thomsons Einschätzung der Sammlung als Ganzes trifft genau auf unseren Bereich zu: Nur wenige Schweizer Museen besitzen Keramiken von solcher Qualität aus der Zeit zwischen 1900 und 1930. Die Sammlung, die heute «Collections d’arts industriels de l’École d’arts appliqués de La Chaux-de- Fonds» heisst, ist in dieser Hinsicht von nationaler Bedeutung.

Die französische Keramikszene wird durch Théodore Deck (EAA 0461), Clément Massier (EAA 0314; EAA 0332) und Ernest Chaplet (EAA 0317; EAA 0319-1; EAA 0319-3) repräsentiert. Die deutsche Keramik der Moderne ist noch besser vertreten mit zwei berühmten Modellen von Adolphe Amberg, die er für die Königliche Manufaktur in Berlin kreierte (EAA 0436; EAA 0377), einer Vase von Max Laeuger, dem grossen Erneuerer der traditionellen Keramikproduktion (EAA 0342) und zwei der berühmtesten Modelle von Michael Powolny im Auftrag für die Wiener Werkstätten (EAA 0296; EAA 0297). Schliesslich findet man zwei Skulpturen von Hans Wewerka, angefertigt für die Steinzeugwerke in Höhr-Grenzhausen (EAA 0379; EAA 0378). Zwei sehr gegensätzliche Ansätze der neuen ästhetischen Strömung in Nordeuropa kommen in der feinen Steingut-Schale von Aluminia in Kopenhagen (EAA 0459) und in drei wunderschönen Porzellanen der Manufaktur Rozenburg in Den Haag (EAA 0295; EAA 0294; EAA 0293) zum Ausdruck. Bieri-Thomson vertritt die Hypothese, dass die drei letztgenannten Objekte auf der Weltausstellung 1900 in Paris erworben wurden. Im Jahr 1901 kaufte das Museum ein erstes Werk von Massier und im Jahr 1904 die drei Vasen von Chaplet. Im Vergleich zu früheren Ankäufen, bei denen das Interesse eher der Technik als der Ästhetik galt, die sich noch auf einen gewissen historisierenden Eklektizismus berief (EAA 0298; EAA 0299; EAA 0304; EAA 0352; EAA 0302), ist deutlich zu erkennen, dass sich die Sammlung nun ganz klar an der Moderne orientierte. Diese Tendenz sollte sich noch verstärken, da der Einfluss von L’Eplattenier, der 1897 an die Schule kam, immer grösser wurde. Diese Entwicklung ist besonders deutlich in der Gruppe der deutschen Objekte zu erkennen, die mit Bedacht und einer offensichtlichen Vorliebe für die innovativsten Ansätze ausgewählt wurden. Helen Bieri-Thomson erinnert treffend daran, dass Charles-Édouard Jeanneret in den Jahren 1910 und 1911 eine Reise nach Deutschland unternahm und von L’Eplattenier mit einer doppelten Aufgabe betraut wurde: Er sollte vor Ort die Entwicklung der dekorativen Künste studieren und repräsentative Werke für das Industriemuseum erwerben. Bieri-Thomson vermutet, dass die Arbeiten von Amberg und Wewerka, die Vase von Laeuger und die Schale von Aluminia vom späteren Le Corbusier während seines Aufenthalts in Deutschland gekauft worden sein könnten.

Nach dem Weggang von L’Eplattenier im Jahr 1914 gingen die Ankäufe des Museums deutlich zurück. Im Bereich Keramik konzentrierten sie sich künftig auf die nationale Szene und betrafen vor allem Kunstschaffende, die der Bewegung von L’Œuvre angehörten. Charles L’Eplattenier war die treibende Kraft hinter der Gründung von L’Œuvre, dem Westschweizer Kunst- und Industrieverein, der 1913 in Yverdon gegründet wurde. Im selben Jahr folgte sein deutschsprachiges Pendant, der Schweizer Werkbund. In dieser Vereinigung, die in gewisser Weise die Arbeit der Kunstschule fortsetzte und die Annäherung zwischen Kunst und Industrie förderte, arbeitete L’Eplattenier unter anderem mit einigen der kreativsten Schweizer Keramiker der damaligen Zeit zusammen: Paul Ami Bonifas, Marcel Noverraz und Elisabeth Eberhardt.

Bonifas, der zweifellos der innovativste von allen war, ist in der Sammlung mit Arbeiten vertreten, die verschiedene Techniken veranschaulichen, sowohl im Bereich der Gebrauchskeramik (EAA 0399-1; EAA 0399-2; EAA 0371) als auch im anspruchsvolleren Bereich der dekorativen Objekte (EAA 0319-2; EAA 0372; EAA 0368; EAA 0382). Von Noverraz erwarb das Industriemuseum zwei repräsentative Beispiele der hochwertigen Produktion des Ateliers in Carouge, die auf das Jahr 1927 datieren und vom Keramiker selbst bemalt wurden (EAA 0345-1; EAA 0345-2).

La Chaux-de-Fonds war eine der Stationen der ersten von L’Œuvre organisierten Wanderausstellung, der Exposition des arts du feu (Ausstellung der Feuerkünste) von 1916. Die Verantwortlichen des Industriemuseums tätigten bei dieser Gelegenheit einige Ankäufe: Arbeiten von Anna Müller (EAA 0396-2; EAA 0396-3 und 5) und Frieda Lauterburg (EAA 0343), die in der Strömung der Berner Tradition der engobierten Irdenwaren arbeiteten; drei dekorierte Objekte von Violette Mathey aus Les Ponts-de-Martel (EAA 0397-2; EAA 0397-1; EAA 0398); gewisse Objekte von Bonifas und wahrscheinlich die «Confidence» der Künstlerin Jeanne Perrochet aus La Chaux-de-Fonds (EAA 0764). Das Industriemuseum erwarb eine weitere Keramikskulptur von Perrochet, die «Baigneuse» (EAA 0763), während das Kunstmuseum von La Chaux-de-Fonds kürzlich ein Exemplar der verzierten Schachtel erhielt, die ebenfalls in der Werkstatt von Paul Bonifas in Versoix in den Jahren 1915 bis 1919 hergestellt wurde (MBALCF 2052.01).

Die Sammlung enthält auch drei Werke eines anderen Schülers von L’Eplattenier, dessen Biografie leider sehr mysteriös bleibt: J. M. Perrenoud, genannt Marius. Wir wissen praktisch nichts über seinen Werdegang. Die Teekanne mit dem Zeichen der Keramikschule Höhr-Grenzhausen (EAA 0012) lässt lediglich vermuten, dass Perrenoud sich um 1909 in Deutschland weiterbildete. Es gibt jedoch keine Hinweise darauf, wo der Keramiker seine anderen Arbeiten (EAA 0329; EAA 0011) anfertigte. Höchstwahrscheinlich nicht in der Schweiz, da die einzige Werkstatt, die zu jener Zeit die Steinzeugtechnik beherrschte, die von Bonifas war. Das von Perrenoud verarbeitete Material entspricht in keiner Weise dem des Genfer Meisters, der es nie versäumte, den gemeinsam hergestellten Objekten seinen eigenen Stempel aufzudrücken, wie man an den Arbeiten von Perrochet sehen kann. Alles, was wir über Perrenoud wissen, ist, dass er 1912 als «Keramiklaborant und Dekorateur» in der Fabrik La Cartuja in Sevilla arbeitete, einer Manufaktur, die zwischen 1841 und 1982 in dem gleichnamigen verlassenen Kloster untergebracht war (L’Eplattenier et al. 1912, S. 19-20).

Der Keramikbestand des ehemaligen Industriemuseums umfasst auch eine Reihe von Beispielen aus Japan, dessen entscheidender künstlerischer Einfluss auf die Entstehung der europäischen Jugendstilbewegung bekannt ist. Die Institution unterhielt Kontakte zu einem gewissen Robert Sandoz, dessen japanische Sammlung eine Zeit lang im Museum deponiert war. Zumindest bei zwei Objekten wissen wir aus den Archiven, dass sie 1909 von Robert Sandoz erworben wurden: ein Pinseltopf vom Typ «Satsuma» (EAA 0477-2) und die schöne Fächerschale aus der berühmten Kinkozan-Manufaktur in Kyoto (EAA 0496). Es ist anzunehmen, dass auch andere japanische Exemplare aus derselben Quelle stammten. Und man könnte sich sogar fragen, ob Sandoz sich nicht in Japan aufgehalten hat, denn einige Objekte heben sich klar ab von der Masse der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in den Westen importierten Keramik. Dies gilt insbesondere für eine blau-weisse Porzellanflasche (EAA 0473), einen Becher mit topografischem Dekor (EAA 0472) und einen Pinseltopf, der wahrscheinlich aus der Provinz Nagasaki stammt (EAA 0501-2).

Übersetzung Stephanie Tremp

Bibliographie

Bieri-Thomson 2006
Helen Bieri Thomson (éd.), Une expérience Art nouveau. Le style Sapin à La Chaux-de-Fonds. La Chaux-de-Fonds/Paris 2006.

Blaettler/Ducret/Schnyder 2013
Roland Blaettler/Peter Ducret/Rudolf Schnyder, CERAMICA CH I: Neuchâtel (Inventaire national de la céramique dans les collections publiques suisses, 1500-1950), Sulgen 2013, 36-38.

Gfeller 1992
Catherine Gfeller, L’essor de l’Art nouveau à La Chaux-de-Fonds ou les débuts de l’École d’art (1900-1914). Nouvelle revue neuchâteloise 34, 1-47.

L’Eplattenier et al. 1912
Charles L’Eplattenier, Georges Aubert, Charles-Édouard Jeanneret et Léon Perrin, Un mouvement d’art à La Chaux-de-Fonds, à propos de la nouvelle section de l’École d’art. La Chaux-de-Fonds 1912.

Môtiers, Regionalmuseum des Val-de-Travers (MRVT)

Fondation du Musée régional du Val-de-Travers
Grande Rue 14
CH-2112 Môtiers
Tel. +41 (0)32 861 35 51
info@mrvt.ch

Die Keramiksammlung in CERAMICA CH

Roland Blaettler 2019

Abgesehen von Irdenware aus Heimberg/Steffisburg und aus Colovrex birgt die Sammlung von Môtiers eine erstaunliche Zahl von Fayencen, die lange als lokale Produkte präsentiert wurden, heute aber der Manufaktur Durlach in Baden-Württemberg zugewiesen sind (MRVT No 56; MRVT No 90; MRVT No 92; MRVT No 73; MRVT No 45; MRVT No 49; MRVT No 2655c; MRVT No 95; MRVT No 94; MRVT No 34; MRVT No 35; MRVT No 31; MRVT No 71). Wie diese Fayencen in solch grosser Zahl ins Val-de-Travers kamen, bleibt ein Mysterium. Sie nährten aber offensichtlich ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts die Hypothese einer Fayencefabrik in Couvet. Heute entbehrt diese Idee, die 1892 von Alfred Godet und Charles Alfred Michel bestätigt wurde, jeglicher Grundlage (siehe auch Kapitel «Die Fayencen von Durlach und die Frage der ‹Fayence von Couvet›»).

Das Museum von Môtiers verfügt zudem über eine kleine Gruppe von Fayencen aus Ostfrankreich, von denen ein seltenes Beispiel der Produktion von Lunéville zu erwähnen ist: ein Kerzenständer mit Blumendekor in Aufglasurmalerei (MRVT No 69).

Übersetzung Stephanie Tremp

Biblographie

Blaettler/Ducret/Schnyder 2013
Roland Blaettler/Peter Ducret/Rudolf Schnyder, CERAMICA CH I: Neuchâtel (Inventaire national de la céramique dans les collections publiques suisses, 1500-1950), Sulgen 2013, 36.