Lithophanie

Lithophanie  aus Deutschland, Thüringen, Porzellanmanufaktur Plaue, Modellnummer PPM 293,  um 1850-1880, Darstellung „Der Grossvater“ nach Friedrich Eduard Meyerheim (1808-1876)

Andreas Heege 2019

Lithophanien in CERAMICA CH

Lithophanien (frei übersetzt «Leuchtende Steine», zeitgenössisch auch «Durchscheinbilder») wurden 1827 und 1828 unabhängig voneinander in Berlin  bzw. Montreuil-sous-Bois bei Paris entwickelt, später aber auch an zahlreichen anderen Orten, z. B. Meissen, gefertigt (Steckelings 1994; Steckelings 2009; Steckelings 2013). Lithophaniescheiben stellte man her, indem man eine spezielle, flüssige Porzellanmasse in eine Gipsform mit dem gewünschten Motiv goss. Die Rückseite der Scheiben zeigen meist schwache lineare Spuren vom egalisierenden Abziehen überzähligen Rohmaterials (z. B. RMC XI.361a). Die Vorderseite zeigt das abgeformte Relief. Aufgrund unterschiedlicher Reliefdicke und der Tatsache, dass Porzellan lichtdurchlässig ist, ergab sich ein fein abgestuftes Leuchtbild, wenn man eine solche Scheibe als Teil eines Lampenschirms einsetzte oder gerahmt vor ein Fenster hängte. Je dicker und dichter die Masse, desto tiefer der Schatten, je dünner, desto transparenter und lichtdurchlässiger war die Scheibe. Befand sich hinter der Scheibe eine flackernde Flamme, war das Bild zusätzlich «animiert».

Dieselbe Technik konnte man auch für die Böden von Porzellanhumpen anwenden, sodass sich hier ebenfalls überraschende Bilder verstecken liessen (z.B. RMC H2015.21).

Die Blütezeit der Lithophanien war die Zeit von etwa 1855 bis 1870. Als Vorlagen dienten meist Gemälde oder Stiche bekannter zeitgenössischer Künstler, wobei religiöse und mythologische Szenen, Porträts berühmter Personen, Genre-, Landschafts- und Architekturszenen, aber auch erotische Szenen vorkommen. Sie spiegeln meist den Zeitgeist des Biedermeier und des Historismus. Bis heute sind über 2 000 Motive bekannt.

Homepage mit zahlreichen Lithophanien

Bibliographie:

Steckelings 1994
Karl-Heinz W. Steckelings, Leuchtender Stein. Über den Werdegang der Lithophanie, in: Photo-Antiquaria 21, 1994, 39-48.

Steckelings 2009
Karl-Heinz W. Steckelings, Leuchtender Stein. Ein Beitrag zur Geschichte des Lichtschirms, der Porzellan-, Papier- und Glas-Lithophanie unter Berücksichtigung verwandter lithophaner Objekte und der Lithophanie, eingeordnet in die historische Entwicklung der jeweiligen Manufakturen, in: Photo-Antiquaria 36, 2009, 4-13.

Steckelings 2013
Karl-Heinz W. Steckelings, Leuchtender Stein – Die Geschichte der Lithophanie vom 18. bis ins 20. Jahrhundert, Dresden 2013.