Roland Blaettler, Andreas Heege 2022
Keramik von Berta Tappolet in CERAMICA CH
“Vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde die Herausbildung einer neuen kunstgewerblichen Ästhetik – und der darin mit eingeschlossenen Reformierung des keramischen Dekors – in der Schweiz vornehmlich durch Frauen geprägt. Als wegweisende Pionierinnen sind Berta Tappolet (1897–1947), Martha Amata Good (1896–1950) und Luise Meyer-Strasser (1894–1974) zu nennen. Diese drei Frauen entwarfen in den 1920er bis 1940er Jahren für die Zürcher Tonwarenfabrik Bodmer und den Betrieb von Fritz Haussmann in Uster eigenständige Dekors.” (Messerli 2009, 69).
Berta Tappolet (1897–1947), Tochter eines Zürcher Pfarrers, absolvierte zunächst zusammen mit ihrer Freundin Luise Strasser (1894-1974) eine Lehre als Zeichnerin in im Stickereiatelier von Bertha Baer (1872-unbekannt), bevor beide von 1914 bis 1917 an der Schule für angewandte Kunst in München dekorative Malerei studierten. Nach ihrer Rückkehr nach Zürich eröffneten die beiden Frauen 1918 ein gemeinsames Atelier – zunächst am Neumarkt 11. Von 1926-1935 verlegten sie ihre “Kunstgewerbliche Werkstätte” an den Jupitersteig bei der Klus . Sie schlossen sich 1917 L’Œuvre an, der Westschweizer Vereinigung des Werkbunds, die sie aber 1942 wieder verliessen (L’Œuvre 1942).
Neben der Malerei und dem Ausdruckszeichnen illustrierte Bertha Tappolet Bücher und entwarf Dekore für die Textilindustrie, Innenarchitektur oder für die Keramikindustrie (u.a. die Porzellanfabrik in Langenthal).
Berta Tappolet schuf 1925–1929 auch eine Linie von Fayence-Dekoren für die Tonwarenfabrik Carl Bodmer & Cie de Zurich en 1925-1929 (Bodmer-Huber et Messerli-Bolliger 1986, 32-33, Taf. 32-37).
Zu frühen Keramikdekoren von Tappolet und Strasser, insbesondere auf Porzellan, siehe Meyer 1924; Die Frau in der Schweiz. Illustriertes Jahrbuch für Frauen-Bestrebungen, 1934, Heft 6, 58; L’Œuvre 7, 1920, Abb. S. 239. Weitere Beispiele für Keramiken, die von Tappolet und/oder Strasser bemalt wurden, finden sich in L’Œuvre 11, 1924; L’Œuvre 19, 1932, Abb. S. 11–15; L’Œuvre 22, 1935, Abb. S. 410–411; L’Œuvre 27, 1940, 315; L’Œuvre 29, 1942, 300.
Auf dem Gebiet der Keramik arbeitete Tappolet also vor allem ab 1936 mit Fritz und Helen Haussmann aus Uster zusammen (MHL AA.MI.1760; MHL AA.MI.1761, L’Œuvre 23/10, 1936, S. XXIII). Diese Arbeiten sind mit den Initialen «T» oder «BT» und der Marke des Kollektivs «Cornelius» gekennzeichnet.
1937 eröffneten Berta Tappolet, Cornelia Forster (1906–1990), Luise Strasser, Amata Good (1986-1950) sowie das Keramikerpaar Fritz und Helen Haussmann den Laden «Cornelius» an der Oberdorfstrasse 3 in Zürich. Das Geschäft wurde zu einem wichtigen Ort für den Vertrieb ihrer Keramiken, die in der Werkstatt des Ehepaars Haussmann in Uster gedreht, dekoriert und gebrannt wurden (L’Œuvre 24, 1937, Abb. S. XVI und S. 357, 360–361, 363).
Berta Tappolet war auch Mitglied und zeitweise Präsidentin der Gesellschaft der schweizerischen Malerinnen und Bildhauerinnen und Mitglied der Eidgenössischen Kommission für angewandte Kunst.
1948 zeigte das Gewerbemuseum Zürich eine Gedächtnis-Ausstellung (Das Werk 1948).
Nachruf KFS, Nachruf Das Werk (siehe auch Tappolet 1947)
Keramiken von Berta Tappolet siehe:
Zürcher Hochschule der Künste, Kunstgewerbemuseum
Bibliographie:
Bodmer-Huber et Messerli-Bolliger 1986
Ernst Bodmer-Huber et Barbara E. Messerli-Bolliger, Die Tonwarenfabrik Bodmer in Zürich-Wiedikon. Geschichte, Produktion, Firmeninhaber, Entwerfer. Keramik-Freunde der Schweiz, Mitteilungsblatt 101, 3-60.
L’Œuvre 1947
Berta Tappolet [Nécrologie]. L’Œuvre 34, 1947, 122.
Messerli 2017
Christoph Messerli, 100 Jahre Berner Keramik. Von der Tuner Majolika bis zum künstlerischen Werk von Margrit Linck-Daepp (1987-1983). Hochschulschrift (Datenträger CD-ROM), Bern 2017.
Meyer 1924
Peter Meyer, Bemaltes Porzellan von Bertha Tappolet und Louise Strasser. L’Œuvre 11, 188-193.
Tappolet 1947
Friedrich Tappolet: In memoriam Berta Tappolet : 1897 – 1947. Winterthur-Töss 1947.