Werner Burri erteilt Unterricht im Drehen (aus Tschabold 1945).
Keramik von Werner Burri in CERAMICA CH
Andreas Heege, 2022
Die folgende Zusammenstellung will keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Sie soll lediglich einige Eckdaten zum Leben Werner Burris mitteilen, der als Keramikfachlehrer an der Keramikfachschule in Bern zwischen 1941 und 1963 einen grundlegenden Einfluss auf eine Vielzahl von Keramikerinnen und Keramikern im Kanton Bern und der Deutschschweiz hatte. Die vorliegenden Daten stammen aus der Literatur (Schnyder 1985; besonders grundlegend zuletzt Messerli 2017, 135-158).
1898, 18. Oktober Werner Burri geboren in Bern.
1919-1920 Studium der Ingenieurwissenschaften am Polytechnikum in Zürich abgebrochen, um sich der Malerei zu widmen.
1921, Herbst Student am Bauhaus in Weimar, absolvierte den Vorkurs bei Johannes Itten. Wechsel in die Bauhaus-Töpferei in Dornburg an der Saale (Leitung Gerhard Marcks).
1922, 1. April Beginn der Lehre in Dornburg, Ende des Lehrvertrages 31.3.1925.
1924/25, Wintersemester Gesellenprüfung als Töpfer.
1925 Umzug des Bauhauses nach Dessau, dort war keine Keramikwerkstatt mehr eingerichtet. Burri arbeitete bis zum 1. Juni 1927 als Geselle in der von Otto Lindig weitergeführten Dornburger Werkstatt.
1927, Juli Arbeitsbeginn in der Steingutfabrik Velten-Vordamm, Kontakt mit Hedwig Bollhagen, Leiterin der Malabteilung.
1927, Dezember Arbeitszeugnis von Gerhard Marcks für Werner Burri: “Herr Werner Burri hat sich am Bauhause, zeitweise unter meiner Leitung, handwerklich in der Töpferei 5 Jahre lang beschäftigt. In Entwurf und Ausführung zeigte er eine durchaus selbständige Begabung. Seine graphischen Fähigkeiten schätze ich hoch ein. Sie zeigen eine ungewöhnliche Empfindung und reiche Phantasie. Herr Burri wäre wohl imstande, auf Grund seiner Begabung und Ausbildung Unterricht zu erteilen und eine Klasse zu leiten. Halle 10. XII 27 gez. Prof. G. Marcks“ (Nachlass Burri).
1928, 26. Januar Leiter der Modell- und Formwerkstatt in der Steingutfabrik Velten-Vordamm. Dort zeichnete er für viele der bekannten Serienformen und Einzelstücke verantwortlich (Dittmar 1997, 17). Drei Skizzenhefte sind aus dieser Zeit erhalten.
1931 Konkurs Steingutfabriken Velten-Vordamm, Rückkehr in die Schweiz.
1932-1933 Arbeit in der Werkstatt La Chapelle von Marcel Noverraz (1899-1972) in Carouge.
1934 , ab April Arbeit in Perugia (C.I.M.A., Consorzio Italiano Maioliche Artistiche) und Deruta. Wohnort Oberwil im Simmental.
1934-1939 in den Sommermonaten bis zum Ausbruch des 2. Weltkrieges freier künstlerischer Mitarbeiter der HB-Werkstätten für Keramik bei Hedwig Bollhagen in Marwitz bei Velten (Dittmar 1997, 19). Produkte von Werner Burri. In Marwitz eignete er sich unter dem Einfluss des früheren Kollegen Charles Crodel auch die Sgraffitotechnik für seine Keramiken an: “vielfach schmückte er sie aber auch mit Stillleben, Schiffen, floralen und phantasievollen, reichen figürlichen Dekoren […], Tierdarstellungen, heitere figürliche Szenen mit Paaren und Akten, häufig Putti, italienische Frauenfiguren mit Wein, Bacchus, Kindern, Weihnachtsszenen etc. Hierbei wandte er […] die Sgraffitotechnik in heller Engobe auf dunklerem (zumeist dunkelbraunschwarzem, manganhaltigem) Scherben an, zuweilen kombiniert mit partieller farbiger Unterglasurbemalung” (Heger 2005, 93-94, 368-369).
1941, 19. Mai, Wiedereröffnung der Keramikfachschule Bern unter Fachlehrer und Schulleiter Benno Geiger (bis 1969/1970, vgl. zur Person Schnyder 1985; Messerli 2017) und Werkmeister Werner Burri (bis 1963, vgl. zur Person Schnyder 1985; Messerli 2017) am alten Standort. Mit der Wahl von Geiger und Burri gelang es dem bernischen Regierungsrat, zwei qualifizierte Fachmänner einzustellen, welche aufgrund ihrer Auslandaufenthalte stilprägende Einflüsse (und Gegensätze!) aus der Wiener Kunstgewerbeschule und der Dornburger Bauhaustöpferei mit sich brachten. Burri pendelte bis zu seine Pensionierung täglich von Oberwil im Simmental nach Bern. Burri hatte nie ein eigenes Atelier, d.h. alle seine Arbeiten nach 1941 entstanden in der Keramikfachschule in Bern.
1942, 1. Januar, Die Keramische Fachschule erhielt ein eigenes Reglement.
1942 Umzug der Keramischen Fachschule von der Felsenburg in grössere Räumlichkeiten an der Spitalackerstrasse 63 in Bern.
Bericht über die Keramikfachschule in einer unbekannten Illustrierten, zwischen 1945 und 1950.
1951 Ziele der Keramikausbildung in Bern: “Beide Lehrer waren lange im Ausland tätig gewesen, der eine in Berlin, der andere in Wien und Paris. Wir waren also durchaus moderne alte Praktiker. Trotzdem sagten wir uns: Wir sind hier in Bern; Bern hat eine berühmte keramische Tradition; es ist selbstverständlich, dass wir an diese Tradition anknüpfen. Wir wollten allerdings die alten Heimberger und Langnauer Keramiken nicht sklavisch kopieren, sondern uns von der soliden Handwerklichkeit der Formen, der Leuchtkraft der Farben und der naiven Fröhlichkeit der Darstellungen inspirieren lassen, um mit der Zeit zu eigenen, neuen Lösungen zu kommen. Wir wollten also gewissermassen Pflanzen sein, deren Wurzeln im alten, heimatlichen Boden stecken, deren Blüten aber neue Formen und Farben treiben.” (Geiger 1952, 8-9). Inwieweit diese Ziele erreicht wurden, liesse sich nur bei einem Abgleich der Schüler/Schülerinnenlisten (in Messerli 2017) mit deren jeweiligem Lebenswerk feststellen (vgl. z.B. Jakob Stucki, Franz Loder und Margret Loder-Rettenmund).
1959 Die Keramikfachschule in der Presse
1950er-Jahre Ablösung der Sgraffitotechnik durch formunterstützende Liniendekore, schliesslich Verzicht auf jegliche Dekoration, dünnwandige, schlanke Vasen, als spielerisch arrangierte Formgruppen (Schnyder 1985, 13-15), schliesslich nur noch unglasierte Schrühbrände. Aus Furcht davor, dass sein Spätwerk auf Unverständnis stossen könnte, verzichtete Burri auf Ausstellungsteilnahmen. Leitgedanke seines Spätwerkes “Am Ende ist die Form” (Messerli 2017, 153).
1959 Gründungsmitglied der Arbeitsgemeinschaft Schweizerischer Keramiker.
1960 Die Keramikfachschule und wichtige Schüler der Keramikfachklasse präsentieren sich im Kunstgewerbemuseum in Zürich in Form einer Ausstellung (Fischli/Rotzler 1960).
1963 Werner Burri wird pensioniert. Nachfolger wird der Fachlehrer Urs Adolf Gremli.
1972, 13. Mai Werner Burri stirbt nach mehreren Schlaganfällen im Altersheim Engeried in Bern. Die Arbeitsgemeinschaft Schweizer Keramiker (ASK) würdigte sein Wirken mit einer Sonderausstellung anlässlich der 7. Ausstellung der ASK in Schloss Schadau (Thuner Tagblatt, Band 95, Nummer 155, 5. Juli 1972; Neue Zürcher Zeitung, Nummer 340, 24. Juli 1972).
1985 Erinnerungsausstellung in Schloss Spiez: Werner Burri, Benno Geiger, Jakob Stucki und Margrit Daepp-Linck (Thuner Tagblatt, Band 109, Nummer 163, 16. Juli 1985; dazu Schnyder 1985).
2019 Anlässlich der 100. Geburtstages des Bauhauses wurde 2019 im Düsseldorfer Hetjens-Museum eine Ausstellung mit Entwürfen von Walter Burri gezeigt: Wechselwirkungen – Meister und Gesellen des Bauhauses zwischen Werkstatt und Industrie.
Keramik von Werner Burri in Drammens Museum
Keramik von Werner Burri und Luise Harkort im MFA, Boston
Bibliographie:
Dittmar 1997
Monika Dittmar, Vollendung des Einfachen : Hedwig Bollhagen wird neunzig ; eine Ausstellung des Fördervereins Ofen- und Keramikmuseum Velten e.V., Velten 1997.
Geiger 1952
Benno Geiger, Keramische Fachschule Bern 1941 -1951, Bern 1952.
Heger 2005
Andreas Heger, Keramik zum Gebrauch – Hedwig Bollhagen und die HB-Werkstätten für Keramik, Dissertation, Weimar 2005.
Messerli 2017
Christoph Messerli, 100 Jahre Berner Keramik. Von der Thuner Majolika bis zum künstlerischen Werk von Margrit Linck-Daepp (1987-1983). Hochschulschrift (Datenträger CD-ROM), Bern 2017, bes. 135-158 (zu Werner Burri).
Schnyder 1985
Rudolf Schnyder, Vier Berner Keramiker. Werner Burri, Benno Geiger, Margrit Linck, Jakob Stucki, Bern 1985.
Tschabold 1945
Alfred Tschabold, Geschichte des Gewerbemuseums 1869-1944, in: Kantonales Gewerbemuseum Bern, 75 Jahre Kantonales Gewerbemuseum Bern 1869-1944, Bern 1945, 9-51.
Tschabold 1969
Alfred Tschabold, 100 Jahre Gewerbemuseum in Bern. Zeittafel zu seiner Geschichte 1869 bis 1969, Bern 1969.