Gebäude der ehemaligen Manufaktur Wanzenried zur Zeit von Loder & Schweizer (1919-1925).
Keramik von Loder & Schweizer in CERAMICA CH
Fotoalbum der Produkte (heute im Staatsarchiv Luzern, PA 1421/PLA 202, Firmenarchiv Kunstkeramik Luzern)
Andreas Heege, Andreas Kistler, Margret Loder, 2023
Für den 11. Dezember 1918 erfahren wir, dass Adolf Schweizer (1893–1967) und Emil Loder (1890–1971) gemeinsam die Manufakturliegenschaft von der Witwe Wanzenried zum Preis von Fr. 18.000 erwarben (dafür Fr. 15.000 in Form eines Schuldbriefes schuldig blieben) und die Firma mit Nutzen und Schaden auf den 2. April 1919 übernahmen (Grundbuch Thun, Beleg II, 775 vom 17.3.1919). Im Schweizerischen Handelsamtsblatt wurde die Gründung ihrer Kollektivgesellschaft mit dem 1. März 1919 bekannt gemacht (SHAB 37, No. 59, 8. März 1919). Adolf Schweizer war früher Lehrling bei Wanzenried gewesen und zum Zeitpunkt des Kaufs Geschäftsführer der DESA in Steffisburg. Emil Loder arbeitete seit Ende 1915 wohl als Geschäftsführer in der Manufaktur. Wir können nur annehmen, dass die beiden Geschäftsführer sich irgendwo in Steffisburg auf privater Ebene kennengelernt hatten oder schon früher kannten, zumal Adolf Schweizer 1917 die in der Manufaktur arbeitende Keramikmalerin Elise Eyer (1892–1970, Tochter des Hafners Gottfried Eyer, 1856–1892 und seiner Frau Elise Gfeller) geheiratet hatte.
Veröffentlichung der Kollektivgesellschaft im Schweizerischen Handelsamtsblatt 1919.
Sie machten aus der Manufaktur Wanzenried:
(Hinweis: Das Gründungsdatum 1876 ist falsch! Die Manufaktur Wanzenried wurde im September 1878 gegründet).
Von ihrer gemeinsamen Produktion zeugt ein im Nachlass von Emil Loder erhaltenes Fotoalbum (heute im Staatsarchiv Luzern, PA 1421/PLA 202, Firmenarchiv Kunstkeramik Luzern). Loder & Schweizer setzten eingeführte und erfolgreiche Muster und Keramikwaren der Manufaktur Wanzenried, wie z.B. das Muster «Alt-Thun/Chrutmuster» und die Irdenwareproduktion mit Malhorndekoren und Ritzmustern fort.
Foto Antik und Rar, Angelo Steccanella.
Gleichzeitig entwickelte aber wohl vor allem Emil Loder zahlreiche neue Formen und Dekore, die er jeweils mit Nummern versah. Stilistisch würde man seine Dekore einem späten Jugendstil bzw. Art Deco zuordnen.
Malerinnensaal bei Loder & Schweizer, um 1919-1925.
Immer wieder finden sich auch keramische Entwürfe von Paul Wyss.
Gleichzeitig versuchte sich Emil Loder auch als Plastiker und produzierte in der Manufaktur auch verschiedene Tierfiguren, die in den Katalogen der MUBA als “Kleinplastik” angeboten werden.
Keramiken von Loder & Schweizer aus der Sammlung der Schule für Gestaltung in Bern.
Die Marke der Manufaktur war das ligierte “LS” (Loder & Schweizer), oft kombiniert mit dem Ortsnamen Steffisburg und der Form- bzw. Dekornummer.
Nur beim Muster “Alt-Thun” erscheinen immer noch die beiden Sterne der Manufaktur Wanzenried und die Bezeichnung “Thoune”.
Der Absatz lief u.a. über die 1917 gegründete Mustermesse Basel, an der Loder & Schweizer nachweislich von 1920 bis 1924 teilnahmen (Offizieller Katalog der Mustermesse Basel 1920-1924). Hier die Einladung zur MUBA 1924.
1922 Loder & Schweizer beteiligten sich an der “Première Exposition nationale d’art appliqué, Gruppe 7, Keramik” in Lausanne (6. Mai-25. Juni 1922), die von Nora Gross organisiert wurde. Das ehemalige Kunstgewerbemuseum in Genf erwarb damals eine Dose, die sich heute im Musée Ariana in Genf befindet (MAG C0798).
1924 Teilnahme von Loder & Schweizer, Werkstatt für Kunstkeramik an der KABA (KAntonal-Bernische Ausstellung) in Burgdorf (Staatsarchiv Bern – StAB BB 1.9.7). Der BUND urteilte: “Viel beachtet werden sodann die Ausstellungen der beiden bernischen Kunsttöpfereien Loder und Schweizer in Steffisburg und Adolf Gerber in Langnau. Die Steffisburger Firma zeigt einen erfreulichen Fortschritt im modernen Genre. Wir finden da Tierfiguren, so lebensvoll und elegant, wiee die besten “Kopenhagen”-Erzeugnisse, ebenso Vasen von auserlesener Form und entzückender Glasur.” (Der Bund, Band 75, Nummer 334, 8. August 1924).
Anfang 1925 beendeten Emil Loder und Adolf Schweizer ihre Zusammenarbeit, wobei die Gründe in einem Zerwürfnis liegen, dessen Ursachen nicht genauer bekannt sind. Dies geht aus einem erhaltenen Briefwechsel von Emil Loder mit seiner späteren Frau Frieda Schenk hervor. Dieses Zerwürfnis hinderte die beiden ehemaligen Kompagnons aber nicht, später z.B. den Grossauftrag für das Eidgenössische Schützenfest 1939 in Luzern, gemeinsam abzuwickeln. Adolf Schweizer kaufte 1925 den Betrieb und Emil Loder zog nach Luzern und gründete dort auf der Basis der Vorgängerfabrik “Keramik Luzern, Genossenschaft” die Kunstkeramik A.G. Luzern oder Luzerner Keramik (Heege/Loder-Rettenmund/Kistler 2023; Heege/Loder-Rettenmund/Kistler 2024).
Loder & Schweizer in Antik und Rar
Loder & Schweizer in der Sammlung des SNM
Bibliographie:
Heege/Loder-Rettenmund/Kistler 2023
Andreas Heege/Margret Loder-Rettenmund/Andreas Kistler, Luzerner Keramik 1925–1996, Teil 1: Loder-Schenk, Luzern, Kunstkeramik (1925–1933) und Kunstkeramik A.G. Luzern (1933–1948), in: Keramik-Freunde der Schweiz Revue 137, 2023, 1-101.
Heege/Loder-Rettenmund/Kistler 2024
Andreas Heege/Margret Loder-Rettenmund/Andreas Kistler, Luzerner Keramik 1925–1996, Teil 2: Kunstkeramik A.G. Luzern in Ebikon (1948-1996), in: Keramik-Freunde der Schweiz Revue 138, 2024, 7-101.