Luzern, Keramik Luzern, Genossenschaft (1920-1925)

Die Töpferei im Rankhof, Maihofstrasse 30, Luzern, um 1925-1935. Die strassenseitige Fassade trägt noch den schwach lesbaren Schriftzug “Keramische Werkstätte Rank” (aus dem Firmenarchiv der Kunstkeramik AG Luzern, jetzt im Staatsarchiv Luzern).

Keramik Luzern, Genossenschaft, Keramik in CERAMICA CH

Andreas Heege, Margret Loder, 2021

Mit Datum 1. Januar 1918 bildeten Bernard von Euw von Schwyz, Hans Schmid-Brunner von Waltenschwil und Julius Reber von Sempach, die alle drei in Luzern wohnten, die Kollektivgesellschaft «Euw, Schmid & Cie, Keramische Werkstätte». Das Geschäftslokal befand sich im Rankhof, Maihofstrasse 30 (SHAB 36, 1918, 454, 18.3.1918). Die Keramische Werkstätte war auf dem Grundstück jedoch in einer 1870 errichteten Schreinerwerkstatt mit Leimküche der Familie Vinzenz Peter, nur eingemietet (Stadtarchiv Luzern Häuserchronik, B3.31/A1.28 & B1.500/1870). Der etwas ungewöhnliche «hantelförmige» Werkstattbau hatte 1916 bereits einen angebauten Schuppen in Leichtbauweise und ein vorgelagertes Holzlager.  Mit Baubewilligung vom 17. Oktober 1916 liess Architekt Bernhard von Euw, wohl in Hinblick auf die Firmengründung, in der Werkstatt einen «Brennofen für den Betrieb einer keramischen Werkstätte» einbauen (Stadtarchiv Luzern, Häuserchronik, B3.31/A1.70-B1.103/1916). Hierbei handelt es sich nach den Bauzeichnungen um einen im Querschnitt rechteckigen, stehenden Töpferofen mit vertikalem Zug für Holzbefeuerung, wie er damals in der Schweiz Stand der Technik war. Nach einer weiteren Baugenehmigung vom 7. März 1918 wurde das Werkstattgebäude für die jetzt neu gegründete «Keramische Werkstätte» um einen Trockenraum aufgestockt und verbreitert (Stadtarchiv Luzern, Häuserchronik B3.31/A1.20&B1.35/1918). Wer dort ab diesem Zeitpunkt als Mitarbeiter oder technischer Leiter Keramik produzierte, ist unbekannt. Es lässt sich jedoch belegen, dass die Firma am 16. März 1918 im Tagblatt der Stadt Thun (42, Nummer 63) einen Freidreher auf elektr. Friktionsscheibe“ suchte, also offenbar Personal aus der Töpfereiregion Heimberg-Steffisburg rekrutieren wollte. Die Kollektivgesellschaft «Euw, Schmid & Cie, Keramische Werkstätte» wurde bereits am 1.6.1920 wieder liquidiert und die Firma inklusive Werkstatt an die Genossenschaft «Keramik Luzern» verkauft (SHAB 38, 1920, 2358, 9.12.1920). Produkte der Keramischen Werkstätte Luzern sind nicht bekannt, eine Firmenmarke wurde offenbar nicht eingetragen.

Die Genossenschaft «Keramik Luzern» war eine Neugründung mit teilweise denselben handelnden Personen. Die Statuten der Genossenschaft datieren vom 3. April 1920. Zweck der Genossenschaft sollte es sein «…das alte Schweizer keramische Kunsthandwerk wieder wachzurufen und zu neuer Blüte zu bringen, dies sowohl in künstlerischer als technischer Hinsicht…». Präsident des Verwaltungsrates wurde Hans Bossard (Privatier), Vizepräsident Theodor Fischer (Antiquar). Weitere Mitglieder des Vorstandes waren Bernard von Euw (Architekt) und Hans Schmid (Kaufmann). Nicht zum Verwaltungsrat gehörte der Kaufmann Oskar Gloggner aus Luzern. Die Produktion und das Geschäftslokal befanden sich weiterhin in der Maihofstrasse 30 (SHAB 38, 1920, 1682a, 17.6.1920. So auch in den «Neuen Zürcher Nachrichten» 16, Nummer 285, 18.10.1920). Bernard von Euw und Hans Schmid blieben nur bis zum 30. März 1921 im Verwaltungsrat. Sie wurden durch den in Zürich lebenden Antiquar Ernst Villiger aus Zofingen ersetzt (SHAB 39, 1921, 774).

Bereits im Jahr 1924 kam es zu ersten Verkaufsverhandlungen mit Emil Loder aus Steffisburg, die im Frühjahr 1925 erfolgreich abgeschlossen wurden. Unter dem Datum des 30. März 1925 wurde die Firma «Loder-Schenk Kunstkeramik» mit der Adresse Maihofstrasse 30 in das Schweizerische Handelsamtsblatt eingetragen (SHAB 43, 1925, 563). Die Generalversammlung der Genossenschaft «Keramik Luzern» beschloss am 12. Mai 1925 die Liquidation der Firma und bestimmte Hans Bossard zum Ausführenden. Die Firma wurde am 22. September 1926 schliesslich aus dem Handelsregister gelöscht (SHAB 43, 1925, 932; 44, 1926, 1701).

Mit Datum vom 16. Juni 1921 wurde im Schweizerischen Handelsamtsblatt unter Nr. 49844 die Fabrikmarke «KERALUZ» (für die Genossenschaft Keramik Luzern) eingetragen  (SHAB 39, 1921, 1417, 16.6.1921. Die Marke wurde erst am 6. Januar 1942 wegen Nichterneuerung wieder gelöscht: SHAB 60, 1942, No. 11, S. 123). Sie findet sich in gleicher Form auch auf erhaltenem Geschäftspapier.

Briefkopf der Genossenschaft “Keramik Luzern” zwischen etwa 1921 und 1925 (aus dem Firmenarchiv der Kunstkeramik AG Luzern, jetzt im Staatsarchiv Luzern).

Ohne diese Marke wüssten wir über die Produktion der «Keramik Luzern» so gut wie nichts. Im Historischen Museum in Luzern werden heute vier Vasen und ein Teller verwahrt, die die eingestempelte Blindmarke «KERALUZ» tragen (ca. 15–16 x 7,5–8 mm).

Drei Gefässe stammen aus der Sammlung Rochat und zwei fanden sich auf dem Estrich des Nachfolgebetriebes der «Kunstkeramik A.G. Luzern» in Ebikon (HMLU 11732.187, 11732.215, 11732.785 und HMLU 13865.193 und 13865.211).

Das Ungewöhnliche bei vier dieser Gefässe ist die Tatsache, dass sie mit einem blauen oder kupferfarbenen Lüster bemalt wurden, der dreimal auf einer Fayenceglasur und einmal auf einer engobierten und glasierten Irdenware aufgetragen wurde. Weder zur Zeit von Emil Loder & Adolf Schweizer in Steffisburg (1919-1925) noch in den unmittelbar anschliessenden Jahren ab 1925 in Luzern lassen sich für Emil Loder und die Kunstkeramik AG Luzern Lüsterdekore nachweisen. Vieles spricht also dafür, dass es sich bei diesen Stücken um Produkte der “Keramik Luzern” handelt, obwohl Emil Loder den Firmennamen KERALUZ in seinem ersten Geschäftspapier beibehielt  und zwischen 1932 und 1938 in seinem Betrieb eine abweichend gestaltete, einzeilige Blindmarke «KERALUZ» verwendet wurde.

Briefpapier der Kunstkeramik AG Luzern, nach dem Kauf der Keramik Luzern 1925. Man beachte den Schriftzug KERALUZ, der die Kontinuität zwischen den beiden Betrieben signalisiert.

Einzig in der Gruppe XV «Dekoratives und Kunstgewerbe» auf der Kantonalen Gewerbeausstellung des Jahres 1924 mit dem Titel «Luzernische Qualitätsarbeit aus alter und neuer Zeit» (28.Juni bis 3. August 1924) lässt sich die «Keramik Luzern» mit Aussteller Nummer 210 ansonsten noch nachweisen.

Zwei Lichtdrucktafeln im Ausstellungskatalog (Schwendimann 1924) belegen, dass die Firma auch grosse Wappenteller herstellte.

Quellen:

Staatsarchiv Luzern, A 1044/12348 von Euw, Schmid & Cie. \ Luzern, 1918-1920;
A 1044/8248 Genossenschaft Keramik \ Luzern, 1923-1928.

Stadtarchiv Luzern: Bauanträge 1916 und 1918.

Bibliographie:

Schwendimann 1924
Johannes Schwendimann, Luzernische Qualitätsarbeit aus alter und neuer Zeit. Katalog d. Kantonalen Gewerbe-Ausstellung 1924, Luzern 1924.