Heimatmuseum Trubschachen, Stiftung Hasenlehn
Stiftung Hasenlehn
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Keramik des Heimatmuseums Trubschachen in CERAMICA CH
Andreas Heege, 2022
Das Heimatmuseum Trubschachen ist Teil der Stiftung Hasenlehn und wird von ihr betreut. Die Stiftung wurde 1979 von Lehrer Walter Berger (1906–1981) und Unternehmer Oscar J. Kambly (1914–1998) gegründet. Die beiden Gründer verband eine jahrelange Zusammenarbeit und Freundschaft. Im Jahre 1964 initiierten die beiden eine erste Gemäldeausstellung in Trubschachen, mit dem Ziel, Schweizer Malerei auf dem Lande zu zeigen und so auch denjenigen Bevölkerungskreisen zugänglich zu machen, die normalerweise eher nicht in Museen gehen. Walter Bergers Idee entsprang seinem pädagogischen Auftrag und heute sind die Kunstausstellungen in Trubschachen eine Tradition.
Aus dem gleichen pädagogischen Ansatz riefen Berger und Kambly die Stiftung Hasenlehn ins Leben, mit dem Ziel, die nach dem 2. Weltkrieg von Walter Berger zusammen-getragene Sammlung an wertvollen Gegenständen aus dem häuslichen, bäuerlichen und gewerblichen Brauchtum des Emmentals zu erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dank grosszügiger finanzieller Zuwendungen und Schenkung der Liegenschaften durch Oscar J. Kambly und dank der Unterstützung durch den Kulturverein und die Einwohnergemeinde Trubschachen konnte das Museum 1982 in einem umgesetzten Stöckli für das Publikum eröffnet werden.
Die im Museum vorhandenen Keramikobjekte wurden Walter Berger von seinen Schülern aus der näheren Umgebung zugetragen oder er erhielt bei Haushaltsauflösungen Schenkungen . So spiegeln die Objekte in ihrer zufallsbedingten Erhaltung und Überlieferung die materielle Kultur und Vielfalt auf emmentalischen Höfen überwiegend des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Lokal oder regional Produziertes (Langnau, Heimberg, Kanton Bern), steht neben Importen aus den Nachbarkantonen (Kilchberg-Schooren ZH) oder dem benachbarten Deutschland (Zell am Harmersbach, Westerwald).
Die Keramiksammlung des Heimatmuseums Trubschachen wurde 2015 im Zusammenhang mit einer Bearbeitung der Langnauer Keramik erstmals wissenschaftlich gesichtet und 2022 schliesslich vollständig inventarisiert. Insgesamt konnten 223 Keramiken aufgenommen werden. Dabei handelt es sich um 175 Keramiken aus Irdenware, 1 aus Fayence, 41 aus Steingut, 4 aus Steinzeug und 2 aus Porzellan. Die Tatsache, dass nur sehr wenig deutsches Porzellan des späten 19. Jahrhunderts (Schlesien) oder schweizerisches Porzellan des frühen 20. Jahrhunderts (Langenthal) vertreten ist, muss bedeuten, dass Walter Berger die Sammeltätigkeit zumindest in einem gewissen Rahmen auch steuerte und deshalb Porzellan als zu jung oder zu wenig «ländlich» aus der Sammlung ausklammerte.
Die Gruppe der Irdenwaren ist bunt gemischt und vielfältig. Erstaunlicherweise befinden sich darunter auch einzelne malhornverzierte Keramiken aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Ein Sieb ist 1752 datiert, eine Schüssel 1755. Der unbekannte Produktionsort dürfte irgendwo im Kanton Bern gelegen haben.
Eine spritzdekorierte Stülpdeckelterrine mit gelber Glasur erinnert aufgrund des Dekors an vergleichbare Keramiken aus dem Töpferort Albligen BE. Da sie jedoch keine zusätzliche Ritzverzierung trägt, muss die Zuordnung als unsicher angesehen werden. Vermutlich gab es im Bernbiet verschiedene Töpfereien, die im 18. Jahrhundert solche Keramiken hergestellt haben.
Umfangreicher ist das Spektrum an Keramik, die dem benachbarten Töpferort Langnau zugeschrieben wird. Im Gegensatz zu vielen anderen bernischen Museum beinhaltet die Sammlung aber vor allem dunkelbraun spritzdekoriertes Gebrauchsgeschirr der ersten Hälfte und Mitte des 19. Jahrhunderts mit typischen Jahreszahlen und sparsamer sonstiger Verzierung. Dagegen fehlen die grossen, repräsentativ mit Bildern und Sprüchen verzierten Teller, die als Wandschmuck die Emmentaler Bauernhöfe zierten.
Manchmal beschränkt sich die Verzierung nur auf die Anbringung einer Jahreszahl (hier 1841), deren Schreibweise dann der einzige typologische Hinweis auf die Herstellung in Langnau ist.
Für zahlreiche weitere Irdenwaren kann eine Produktion in Langnau nur vermutet, jedoch nicht sicher nachgewiesen werden, da ab dem zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts die Heimberger Einflüsse auch in Langnau dominieren und wir nur noch von Keramik “Heimberger Art” sprechen können (Fehlbrände aus Langnau: Heege/Kistler 2017b, 154-184). In diese Kategorie gehören einige grosse und ungewöhnliche Reifrand-Schüsseln.
Daneben sind Stücke mit Farbkörpern in der Grundengobe und einer gelben Glasur vorhanden, für die eine Produktion in Langnau (aber wohl nicht nur dort) gesichert ist.
Keramiken mit Horizontralstreifendekor gehören in denselben zeitlichen Kontext der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Auch für diesen einfachen Dekor gibt es Produktionsnachweise aus Langnau. Es ist jedoch darüberhinaus von einer Herstellung in der gesamten Deutschschweiz auszugehen.
Diverse andere Keramiken mit schwarzer, roter, beiger und weisser Grundengobe sowie Malhorn- und gelegentlich Ritz- und/oder Springfederdekor können nur sehr allgemein der Keramik “Heimberger Art” zugeordnet werden. Sie können überall im Kanton Bern bzw. der Deutschschweiz hergestellt worden sein. Am wahrscheinlichsten ist jedoch eine Herstellung in der Region Heimberg-Steffisburg. Darunter befinden sich verschiedene Röstiplatten und Schüsseln mit dem typischen scharfkantigen Kragenrand des 19. und 20. Jahrhunderts.
Umfangreicher ist das Spektrum an Geschirr mit weisser Grundengobe und manchmal dunkelbrauner Pinselbeschriftung. Diese Art Keramik entstand in aller Regel erst nach 1850 und bis etwa 1880/90. Hier gibt es verschiedene Gefässformen, Tee- und Kaffeegeschirr sowie Terrinen.
Zwei Teller (einmal datiert 1876) sind zusätzlich mit einem Wellenrand versehen.
Mit einer Tasse und einer datierten Terrine (1874) ist auch die seltene, nur ritzverzierte “Keramik Heimberger Art” mit weisser über schwarzbrauner Grundengobe vertreten.
Thuner Majolika? Kleine Gruppe, bei der in allen Fällen die Bodenunterseite weiss engobiert ist. Keine Manufakturmarke. Wohl um/nach 1882/1883.
Ab den 1880er-Jahren entwickelte sich die sogenannte Thuner Majolika (vor allem aus der Manufaktur Wanzenried, Steffisburg) mit ihren Blumen- und Edelweissmotiven zu einer “Leitkeramik” in der gesamten Deutschschweiz.
Zahlreiche Hafnereien griffen die Dekore – vor allem den Edelweissdekor – nach der Landesausstellung in Zürich 1883 auf. Sofern keine eindeutigen Manufakturmarken vorliegen, ist eine Zuweisung daher schwierig und wir müssen eigentlich von einer Keramik “unter dem Einfluss der Thuner Majolika” sprechen.
Aus dem frühen 20. Jahrhundert haben sich ebenfalls einige signierte und teilweise auch datierte Irdenwaren erhalten. Hierzu gehören unter anderem zwei Teller aus der Werkstatt von Karl Loder Eyer (1871-1915) in Steffisburg.
Etwa zeitgleich bzw. anschliessend arbeiteten die Hafnereien Aegerter und Röthlisberger in Bärau und Langnau sowie die Hafnerei Kohler in Schüpbach.
Für das 20. Jahrhundert hatte aber die Hafnerei von Adolf Gerber (1879-1951) und später seinem Schwiegersohn Jakob Stucki (1920-1982) grössere Bedeutung. Auf Adolf Gerber geht die Entwicklung des Dekors “Alt-Langnau” zurück.
Jakob Stucki war der wichtigste Langnauer Hafner der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Von seiner Hand haben sich in der Sammlung in Trubschachen jedoch nur wenige Stücke aus seiner frühen Zeit um 1948 erhalten.
Zu den überregional verhandelten Keramikwaren mit zahlreichen Herstellern in der Schweiz (Aedermannsdorf SO, Schaffhausen SH, Kilchberg-Schooren ZH) und wohl auch in Deutschland (Schramberg) gehört das manganglasierte Geschirr, das auch in anderen Kantonen im 19. und frühen 20. Jahrhundert zahlreich vorkommt.
Ungewöhnlich ist die Existenz einer kleinen Tee- bzw. Kaffeekanne, deren Herstellungsmerkmale und die eher matt aufgeschmolzene Glasur, für die Herstellung in einer kleineren Töpferei sprechen, während es sich bei der vorher gezeigten manganglasierten Keramik mehrheitlich wohl um Fabrikware handelt.
Keramik aus Bonfol/Porrentruy JU oder der Genferseeregion ist nur mit wenigen Stücken in der Sammlung vertreten.
Schüsseln und Platten mit mehrfarbigem Schablonendekor, der mit einer Spritzpistole aufgetragen wurde, sind ebenfalls mit geringen Stückzahlen vorhanden. Den Herstellungsort dieser Industrieware (Firma Landert, Embrach ZH?) kennen wir bis heute nicht, da die Stücke nie eine Fabrikmarke tragen. Die Ware ist in Graubünden ebenfalls sehr häufig.
Die funktionale Ansprache eines weiteren, im Querschnitt quadratischen Gefässes mit gerilltem Rand und Lagerverstärkung auf der Bodeninnenseite ist nicht gesichert. Möglicherweise handelt es sich um die keramische Kopie eines Kurbel-Butterfasses. Diese bestehen sonst regelhaft aus Glas.
Fayence ist in der Sammlung erstaunlicherweise nur mit einem einzigen Stück vertreten, dabei wären eigentlich die biedermeierzeitlichen Fayencen aus Kilchberg-Schooren ZH auch im Kanton Bern durchaus zu erwarten gewesen. Beim vorliegenden Stück handelt es sich um ein herzförmiges Tintengeschirr aus der badischen Manufaktur von Durlach. Es datiert in die Zeit zwischen 1790 und 1800 ( Blaettler/Schnyder 2014, Taf. 111,6; Petrasch 1975, Nr. 269).
Die Zusammensetzung der Steingutobjekte ist für die Deutschschweiz relativ charakteristisch. Sofern gemarkte Objekte vorliegen, handelt es sich meist um die Produktionszentren von Schramberg und Zell am Harmersbach in Baden-Württemberg.
Gemarktes Steingut aus Schramberg.
Gemarktes Steingut aus Zell am Harmersbach.
Gemarktes Steingut aus Kilchberg-Schooren, Manufaktur Scheller.
Von deren Produkten lässt sich das Steingut aus Kilchberg-Schooren ohne Marke oft nur schwer unterscheiden.
Ansichten von Zürich auf Steinguttellern aus Kilchberg-Schooren.
Aufgrund gemarkter Parallelen lassen sich jedoch mittlerweile auch ungemarkte Steingutteller mit charakteristischem Umdruckdekor der Produktion von Kilchberg-Schooren zuweisen.
Die Westschweiz ist immerhin einmal mit dem Produktionsort Carouge vertreten. Der Hersteller war Charles Degrange & Cie (um 1885-1903).
Gemarktes Steingut von Villeroy&Boch, um 1840-1860 bzw. um 1880/1900
Selbstverständlich finden sich mit einigen Stücken auch die grossen deutschen Produzenten auf dem Markt der Deutschschweiz. Hierzu gehört vor allem Villeroy&Boch mit seinen Produktionsorten Mettlach und Wallerfangen.
Gemarktes Hygienegeschirr der Annaburger Steingutfabrik AG.
Typisch für das frühe 20. Jahrhundert ist das Vorkommen von schwerem Nacht- und Waschgeschirr, das sehr oft in mitteldeutschen Keramikfabriken hergestellt wurde. Dazu gehört unter anderem die Annaburger Steingutfabrik AG.
Importiertes Steinzeug aus Deutschland oder dem Elsass.
Steinzeugg hat am Inventar des Heimatmuseums Trubschachen nur einen geringen Anteil. Da wegen fehlender Tone in der Schweiz normalerweise kein Steinzeug hergestellt werden konnte, sind alle Steinzeuggefässe Import, meist aus Deutschland oder Frankreich (Elsass). Es kommen die für das 20. Jahrhundert üblichen Vorratstöpfe und Heilwasserflaschen vor.
Porzellan spielt im Sammlungsbestand des Museums keine Rolle, obwohl vor allem deutsche Porzellane des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts normalerweise regelhaft in den Museumssammlungen der Deutschschweiz vorkommen. Die beiden ungemarkten Kaffeetassen passen sehr gut in dieses Spektrum.
Bibliographie:
Blaettler/Schnyder 2014
Roland Blaettler/Rudolf Schnyder, CERAMICA CH II: Solothurn (Nationales Inventar der Keramik in den öffentlichen Sammlungen der Schweiz, 1500-1950), Sulgen 2014.
Heege/Kistler 2017b
Andreas Heege/Andreas Kistler, Keramik aus Langnau. Zur Geschichte der bedeutendsten Landhafnerei im Kanton Bern (Schriften des Bernischen Historischen Museums 13), Bern 2017.
Petrasch 1975
Ernst Petrasch, Durlacher Fayencen 1723-1847. Ausstellung Badisches Landesmuseum Karlsruhe, Karlsruhe 1975.
Rutschi 1985
Heinz Rutschi, Das Heimatmuseum im Hasenlehn Trubschachen, Langnau 1985.