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Dendritischer Dekor

Dendritischer Dekor in CERAMICA CH

Andreas Heege, Pierre-Yves Tribolet 2019

Die Bezeichnung des Dekors geht auf das griechische Wort «dendros» für Baum zurück und beschreibt damit das bäumchenartige bzw. pflanzliche Erscheinungsbild des Dekors. In England bzw. Amerika wird der Dekor unter dem Begriff «mocha» bzw. «mochaware» geführt (Brooks 2005, 40; Rickard 1993; Rickard 2006). Letzteres soll sich auf den über den jemenitischen Hafen el Mukha exportierten Moosachat-Stein beziehen, der ähnlich aussah. In Frankreich wird der Dekor als «le décor herborisé», «décor d’herborisation» oder «deuil à la Reine» bezeichnet (Maire 2008, 50 und 278–281). Der Name “Deuil à la Reine” entstand aus dem Glauben, dass diese Dekoration während der Restaurationszeit zum Gedenken an Ludwig XVI. und Marie-Antoinette geschaffen wurde und dass die Profile des Königs und der Königin zwischen den dendritischen Dekoren – die als Trauerweiden angesehen wurden – versteckt seien (Blondel 2001, 226).

In Deutschland finden sich zusätzlich die Bezeichnungen «Zerfliess-Technik» oder «Diffusions-Technik». Diese Bezeichnungen werden von der chemischen Reaktion abgeleitet, die dem Ganzen zugrunde liegt. Dabei bilden feuchte Engoben eine alkalische Grundlage, auf die eine saure Farbstoffmischung aufgeträufelt, mit dem Pinsel aufgetragen oder aufgespritzt wird. Diese verzweigt sich unmittelbar nach dem Auftrag in das dendritische Muster (Storr-Britz 1977, 128; Storr-Britz 1982, 93; Blondel 2001, 226; Maire 2008, 278–281). Für die aufgetragene saure Farbemulsion gibt es verschiedenste Rezepturen auf der Basis von Essig/Apfelessig, Urin, Teeblättern und Tabak sowie Braunstein (Hume 1969, 131; Turnbull 1974; Brooks 2005, 40).

Klassischerweise handelt es sich um eine Dekortechnologie der zunächst englischen, dann auch französischen und deutschen Steingutproduktion, wobei manganviolette oder schwarze Dekore überwiegen. Aber auch blaue und gelbe Muster kommen selten vor. Als Beginn der Produktion in Montereau/Creil, Frankreich, wird 1803/1804 angegeben, nachdem die Produktion in England spätestens in den 1790er Jahren einzusetzen scheint (Hume 1969, 131; Rickard 1993; Carpentier/Rickard 2001, 122). Erst im Verlauf des 19. Jahrhunderts wurde die Dekortechnik dann auch in die Irdenware-Dekoration verschiedener Regionen der Deutschschweiz (z.B. in St. Antönien, Kanton Graubünden bzw. in der Region Heimberg-Steffisburg im Kanton Bern) aufgenommen (Heege 2010, Abb. 64,2; Heege 2012, Abb. 11,2 und Abb. 12; Heege 2016, 87–88;  Roth-Rubi/Schnyder/Egger u.a. 2000, Abb. 26; Stolle 1981, 47 und Kat. 221; Klein 1989, Taf. 31; Hillenbrand/Spies 1965, Taf. VIII,25; Hafnergeschirr Pustertal 2017, Kat. 167, 173).

Synonyme: Zerfliess-Technik, Diffusions-Technik

Frz.: décor herborisé,  décor d’herborisation, deuil à la Reine

Engl.: dendritic decoration, mocha, mochaware, seaweed decoration

Bibliographie:

Blondel 2001
Nicole Blondel, Céramique: vocabulaire technique, Paris 2001.

Brooks 2005
Alasdair Brooks, An Archaeological Guide to British Ceramics in Australia, 1788-1901, Sydney 2005.

Carpentier/Rickard 2001
Donald Carpentier/Jonathan Rickard, Slip Decoration in the Age of Industrialization, in: Ceramics in America, 2001, 115-134.

Hafnergeschirr Pustertal 2017
Dietenheim Südtiroler Landesmuseum für Volkskunde/Universität Innsbruck Institut für Archäologien (Hrsg.), Hafnergeschirr aus dem Pustertal. Formen und Dekore des 18. bis 20. Jahrhunderts (Nearchos 22), Innsbruck 2017.

Heege 2010
Andreas Heege, Keramik um 1800. Das historisch datierte Küchen- und Tischgeschirr von Bern, Brunngasshalde, Bern 2010.

Heege 2012
Andreas Heege, Drei neuzeitliche Grubeninventare von Jegenstorf, in: Archäologie Bern/Archéologie bernoise. Jahrbuch des Archäologischen Dienstes des Kantons Bern, 2012, 159-196.

Heege 2016
Andreas Heege, Die Ausgrabungen auf dem Kirchhügel von Bendern, Gemeinde Gamprin, Fürstentum Liechtenstein. Bd. 2: Geschirrkeramik 12. bis 20. Jahrhundert, Vaduz 2016.

Heege 2019
Andreas Heege, Keramik aus St. Antönien. Die Geschichte der Hafnerei Lötscher und ihrer Produkte (1804-1898) (Archäologie Graubünden – Sonderheft 7), Glarus/Chur 2019,  191-193.

Hillenbrand/Spies 1965
Karl Hillenbrand/Gerd Spies, Hafnerware in Südwestdeutschland (Der Museumsfreund. Aus Heimatmuseen und Sammlungen in Baden-Württemberg 6), Stuttgart 1965.

Hume 1969
Ivor Noël Hume, A guide to artifacts of Colonial America, Philadelphia 1969.

Klein 1989
Georges Klein, Poteries populaires d’Alsace, Strassburg 1989.

Maire 2008
Christian Maire, Histoire de la faïence fine francaise 1743-1843, Le Mans 2008.

Rickard 1993
Jonathan Rickard, Mocha Ware. Slip-decorated refined earthenware, in: Antiques, 1993, 182-189.

Rickard 2006
Jonathan Rickard, Mocha and Related Dipped Wares, 1770-1939, Hanover 2006.

Roth-Rubi/Schnyder/Egger u.a. 2000
Kathrin und Ernst Roth-Rubi/Rudolf Schnyder/Heinz und Kristina Egger u.a., Chacheli us em Bode… Der Kellerfund im Haus 315 in Nidfluh, Därstetten – ein Händlerdepot, Wimmis 2000.

Stolle 1981
Walter Stolle, Volkstümliche Keramik aus Hessen vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart dargestellt an Beispielen aus Mittel- und Südhessen. Ausstellung des Hessischen Museumsverbandes 1981, Kassel 1981.

Storr-Britz 1977
Hildegard Storr-Britz, Ornamente und Oberflächen in der Keramik, Düsseldorf 1977.

Storr-Britz 1982
Hildegard Storr-Britz, Keramik dekorieren. Neue und alte handwerkliche Techniken, Ravensburg 1982.

Turnbull 1974
Margaret E. Turnbull, Mochaware in: The Antiques Journal, 1974, 42-43.

 

Doppelte Grundengobe

Keramik aus der Schweiz weist bis zum frühen 19. Jahrhunderts regelhaft nur eine Grundengobefarbe auf (weiss, rot, schwarzbraun, beige), die dann als Grundlage oder Hintergrund für weitere Dekortechniken fungierte (Malhorndekor, Ritzdekor, Springfederdekor, Borstenzugdekor etc.).

Erst in den späten 1830er-Jahren finden sich im Kontext der Keramik “Heimberger Art” aus der Region Heimberg-Steffisburg einzelne Keramiken (Teller, Terrinen), die eine doppelte oder zweifache Grundengobe tragen. Dabei wurde zunächst eine schwarzbraune Grundengobe aufgetragen und diese mit einer weissen Grundengobe überzogen. Anschliessend wurden die Dekore eingeritzt (Ritzdekor, Sgraffito), wobei dann die Ritzlinien dunkel hervortraten, während sie bei älterem Ritzdekor immer rot oder rötlich erscheinen.

In dieser Technik verzierten verschiedene Werkstätten aus der Region Heimberg-Steffisburg ihre Produkte (Heege/Kistler 2017a, 480-485), unter anderem eine, die zwischen 1850 und 1870 charakteristische Teller fertigte.

Von Johann Martin Labhardt signierte Terrine, Langnau um 1850.

Erst mit der Ankunft des Gesellen Martin Labhardt aus Steckborn TG in Langnau im Emmental BE im Jahr 1849 lässt sich diese charakteristische Dekortechnik auch dort erstmals nachweisen (Langnau Werkstatt 6, Hand 22; Heege/Kistler 2017b, 381-386). Zwei weitere Hafner in Langnau verwendeten später dieselbe Technik (Langnau Werkstatt 6, Hand 24 und 25; Heege/Kistler 2017b, 387-388, Abb. 150).

Die Frage, wo und ab wann “doppelte Grundengoben”  im übrigen Europa und England Verwendung fanden, bedürfte einer intensiveren Untersuchung (Abbitt Outlaw 2002, Anm. 10). Momentan sind mir aus deutschen Fundkomplexen seit der Mitte des 16. Jahrhunderts keine solchen Fälle bekannt.

Frz.: Décor avec double engobe de fond

Engl.: Double slipped wares, double slipping

Bibliographie: 

Abbitt Outlaw 2002
Merry Abbitt Outlaw, Scratched in Clay: Seventeenth-Century North Devon Slipware at Jamestown, Virginia, in: Ceramics in America, 2002, 17-38.

Heege/Kistler 2017a
Andreas Heege/Andreas Kistler, Poteries décorées de Suisse alémanique, 17e-19e siècles – Collections du Musée Ariana, Genève – Keramik der Deutschschweiz, 17.-19. Jahrhundert – Die Sammlung des Musée Ariana, Genf, Mailand 2017.

Heege/Kistler 2017b
Andreas Heege/Andreas Kistler, Keramik aus Langnau. Zur Geschichte der bedeutendsten Landhafnerei im Kanton Bern (Schriften des Bernischen Historischen Museums 13), Bern 2017.

 

 

 

Drehbankdekor

Milchkännchen, Basaltware, black Basalt, Staffordshire, Drehbankdekor (engine-turned decoration).

Andreas Heege, 2020

Die Verwendung einer Maschine (engine-turning lathe), einer Dreh- oder Drechselbank zur Herstellung repetitiver Muster, bei denen Ton aus der glatten Oberfläche geschnitten wird (Negativtechnik), ist eine englische Erfindung. Hinweise auf eine solche Maschine gibt es  angeblich aus Chelsea aus den Jahren 1758-1759 (Blondel 2001, 204; ablehnende Diskussion Rickard/Carpentier 2004). Josiah Wedgwood verwendete eine für die Keramikdekoration perfektionierte Drehbank (rose and crown lathe), die er zusammen mit dem Maschinenbauer John Taylor aus Birmingham seit 1763  auf der Basis eines französischen Buches von 1701 weiterentwickelte. Vermutlich ab 1767 integrierte er sie in seine Produktion in Burslem, Brick  House works, um Oberflächen von Steingut zu verzieren (Rickard/Carpentier 2004). Die lederharte, in die Drehbank eingespannte Keramik rotiert langsam um ihre eigene Achse, die mit mit zwei Nockenscheiben (Rose oder Krone) vorwärts und rückwärts oder links und rechts bewegt werden kann. Spezifisch gestaltete, an die Keramikoberfläche gehaltene Drechseleisen oder Schneidmesser schneiden dann die flachen Muster in die Oberfläche. Mit Hilfe derselben Drehbank kann man aber auch Oberflächen sehr präzise bemalen oder abdrehen. Die mit der Drehbank verzierte Keramik ist extrem vielgestaltig und charakterisiert vor allem die englische Produktion der zweiten Hälfte des 18. und des 19. Jahrhunderts (Rickard 2006).

Es ist darauf hinzuweisen, dass sich mit einer solchen Maschine auch Positive/Patrizen (blocks) verzieren lassen, von denen dann Arbeitsmodel/Matrizen aus Gips abgenommen werden können. Diese Arbeitsmodel ergeben, mit Tonschlicker ausgegossen, ein sehr ähnliches Dekorbild, wobei oft kaum zwischen maschinengedrehtem und gegossenem Dekor unterschieden werden kann.

Film zur Nutzung von Josiah Wedgwoods rose and crown lathe durch Don Carpentier

Englisch: engine-turned decoration

Französisch: Décor guilloché (au tour)

Bibliographie:

Blondel 2001
Nicole Blondel, Céramique: vocabulaire technique, Paris 2001, 204.

Carpentier/Rickard 2001
Donald Carpentier/Jonathan Rickard, Slip Decoration in the Age of Industrialization, in: Ceramics in America, 2001, 115-134.

Rickard/Carpentier 2004
Jonathan Rickard/Donald Carpentier, The Little Engine That Could: Adaption of the Engine-Turning Lathe in the Pottery Industry, in: Ceramics in America, 2004, 78-99.

Rickard 2006
Jonathan Rickard, Mocha and Related Dipped Wares, 1770-1939, Hanover 2006.

 

 

Drehschiene

Arbeiten mit einer hölzernen Drehschiene in der Luzerner Keramik, um 1950/1960.

Andreas Heege, 2021

Die sogenannte “Drehschiene” ist ein typisches Arbeitsgerät des Hafners. Er benutzt sie beim Drehen der Gefässe zur Formgebung und zur Glättung der Wandung. Die Drehschiene ist grundsätzlich von den “Abdreheisen” zu unterscheiden, die man bei Gefässen im lederharten Zustand einsetzt, um Oberflächen zu glätten, Konturen zu schärfen oder Standringe abzudrehen (seit dem 16. Jahrhundert in Italien geläufig: Lightbown/Caiger-Smith 1980, 38, Picollpasso, I tre libri dell’arte del vasaio, 1548 ).

Abdrehen einer Vase mit dem Abdreheisen, Luzerner Keramik, um 1950/60.

Die Formen der Drehschienen können sehr unterschiedlich ausfallen, oft sind sie aus Holz, können jedoch auch aus Metall oder Plastik sein. Oft weisst die Drehschiene ein Loch auf, mit dessen Hilfe man sie sicherer halten und führen kann. Solche Drehschienen lassen sich seit mindestens der Mitte des 16. Jahrhunderts in Bildquellen nachweisen (Blondel 2001, 127, nach Agricola, De re metallica 1556 und Lightbown/Caiger-Smith 1980, 37, Picollpasso, I tre libri dell’arte del vasaio, 1548 ).

Drehschienen aus der Töpferei Röthlisberger, Langnau, Oberdorfstrasse, um 1900/1930.

Auf Werkstattfotos sieht man diesen Typ der Drehschiene oft an der Wand hängen, hier ein Beispiel aus Heimberg BE, um 1950.

 

Drehschiene aus Fredelsloh, Niedersachsen, Deutschland.

Eines der ältesten Drehschienen-Exemplare hat sich in der Zunftlade der Fredelsloher Töpfer in Niedersachsen erhalten. Es ist auf der Rückseite ins Jahr 1680 datiert. Die Vorderseite zeigt zudem eine zeittypische Blockscheibe und seitlich wohl weitere, abweichende Drehschienentypen. Eine identische Drehschiene hängt auch in einer der ältesten Töpfereidarstellungen der Schweiz an der Wand.

Entwurf für eine Glasscheiben-Oberbild von Ulrich Fisch (1613-1686), SNM LM-25731, nach Lehmann 1992, Abb. 28.

Französisch: Estèque en bois
Englisch: wooden potter’s rib

Bibliographie:

Blondel 2001
Nicole Blondel, Céramique: vocabulaire technique, Paris 2001.

Lehmann 1992
Peter Lehmann, Zwei Töpferöfen in der Winterthurer Altstadt (Berichte der Zürcher Denkmalpflege. Archäologische Monographien 12), Egg 1992.

Lightbown/Caiger-Smith 1980
Ronald Lightbown/Alan Caiger-Smith, Cipriano Piccolpasso, I tre libri dell’arte del vasaio = The three books of the potter’s art: a facsimile of the manuscript in the Victoria and Albert Museum, London, London 1980.

Dünnglasierte Fayence

Thin-glazed faience in CERAMICA CH

Jonathan Frey, 2019

Definition, Merkmale, Herstellung

Dünnglasierte Fayence unterscheidet sich von der «echten» Fayence in erster Linie durch einen wesentlich dünneren Glasurauftrag, der oft die Drehrillen durchscheinen lässt. Die Gefässe sind meistens nur einseitig auf der Aussen- oder Innenseite mit einer weissen Fayenceglasur überzogen, welche mit einer manganvioletten, grünen und blauen –selten auch gelben – Inglasurmalerei versehen ist. Die jeweils andere Seite ist entweder unglasiert oder mit einer grünstichigen Bleiglasur versehen. Selten treten auch beidseitig undekorierte weisse und meergrüne Fayenceglasuren auf. Die Bodenunterseite ist abgesehen von einigen wenigen Ausnahmen immer unglasiert.

Die Farbe des stets sehr fein gemagerten Scherbens reicht von einem hellen Beigeweiss über ein blasses Ziegelrot bis hin zu einem kräftigen Ziegelrot. Archäometrische Untersuchungen zeigen, dass für die dünnglasierten Fayencen ein Ton verwendet wurde, dessen Kalkgehalt zwischen 7 und 20 Prozent lag und dass der Zinnanteil in der Glasur jenem von Fayencen mit dicker Glasur des 18. Jahrhunderts entspricht. Nach Ausweis von mit Glasur gefüllten Kalkspatzen und weiteren makroskopischen Beobachtungen wurde dünnglasierte Fayence zweifach gebrannt, das heisst die lederhart getrockneten Gefässe wurden erst geschrüht, dann mit Fayence- und Bleiglasur überzogen, bemalt und bei maximal 950° C nochmals gebrannt. Aus chemischer und technologischer Sicht ist dünnglasierte Fayence der Fayence mit dicker Glasur somit ebenbürtig. In sehr seltenen Fällen, nämlich bei weniger als einem Prozent der derzeit erfassten Gefässe, liegt unter der Fayenceglasur eine weisse Grundengobe. Diese Gefässe hätten eigentlich mit einer Bleiglasur versehen werden sollen, wurden aber nach dem Schrühbrand in der Werkstatt vertauscht und irrtümlich mit einer Fayenceglasur versehen (Frey 2015, 55–56; 241–244; Frey 2019, 71; Heege/Kistler 2017, 107–108; Thierrin-Michael 2015, 313, 324–326).

Gefässformen

Das Spektrum der Gefässformen umfasst Krüge, Humpen, Stülpdeckelterrinen mit Grifflappen, Näpfe oder Schalen mit eingezogenem Rand und gegenständigen Grifflappen, Schüsseln mit Leistenrand, Schüsseln mit verkröpftem Rand, Teller mit Fahne und Randlippe sowie Teller mit gerader Fahne. Hinzu kommen Steck- und Stülpdeckel. Nur als Einzelstücke belegt sind Apothekenabgabegefässe, Blumenvasen, Doppelhenkeltöpfe, Stegkannen, Giessfässer, Waschbecken, Rasierbecken, Henkelschüsseln, Scherzgefässe  und Salznäpfchen  (MAG G37; MAG R225; MAHN AA 1173; MAHN AA 1174; MAHN AA 1570; MAHN AA 1572; MAHN AA 1573; MAHN AA 1574; MAHN AA 1575; MAHN AA 1576; MAHN AA 1577; MAHN AA 1578; MAHN AA 1579; MAHN AA 1580; MAHN AA 1811; MAHN AA 1820; MAHN AA 1827). In der Ausprägung der Rand- und Bodenformen entsprechen die Gefässe den bleiglasierten Irdenwaren des 17. und 18. Jahrhunderts in der Nordwestschweiz und im Kanton Bern. Typische Fayenceformen wie Fächerplatten oder Formelemente wie Standringe kommen dagegen nicht vor. Betreffend der Gefässformen steht die dünnglasierte Fayence der bleiglasierten Irdenware somit näher als Fayencen im traditionellen Sinne (Frey 2015, 221; Heege/Kistler 2017, 107).

Glasur- und Malfarben, Dekormotive

Bei den Hochformen wie den Krügen, Humpen und Blumenvasen finden sich vereinzelt plastische Auflagen in Form von Engeln, Frauenköpfen, Putti, Blumen, Eicheln oder Wappen. Die bislang nur als Bodenfunde belegten Stülpdeckelterrinen mit beidseitig weisser Fayenceglasur besitzen gegenständige Grifflappen, die mit reliefierten geflügelten Putti, seltener auch mit reliefierten Palmetten verziert sind.

Das häufigste Dekormotiv bei den Krügen, Stegkannen und Humpen sind Tulpen. Sie kommen als axialsymmetrisches Tulpensträusschen oder als in den eigenen Stiel eingerollte Tulpe vor. Dieser bildet demnach einen medaillonartigen Rahmen für die Tulpe. Die Blüten- und Stielblätter können rund oder spitz, manganviolett, blau und grün oder sehr selten auch gelb sein. Bei der Mangan-Grün-Blau-Malerei sind die Kontur- und Binnenlinien immer Manganviolett, während bei der Blau-Malerei sowohl die Linien- wie auch die Flächenfarben blau sind. Neben den Tulpen sind selten auch Glockenblumen, Blüten mit zwiebelförmigen Blättern, Blatt- und Blütengirlanden, Vögel auf Zweigen und Sterne belegt.

Eingerollte Tulpen und Tulpensträusschen sind auch bei den Breitformen wie den Schüsseln mit verkröpftem Rand, den Tellern mit Fahne und Randlippe und den Tellern mit gerader Fahne als zentrales Motiv im Spiegel häufig. Hinzu kommen stehende Tulpen, die durch einen geraden Stiel und symmetrisch angebrachte Stielblätter gekennzeichnet sind und als Motiv im Spiegel dienten. Die drei verschiedenen Tulpenmotive werden auf der Fahne oft durch drei Tulpen ergänzt, deren S-förmig geschwungenen Stiele aus dem Randscheitel oder der Fahnenkante erwachsen. Bei den in Mangan-Blau-Grün-Malerei ausgeführten Tulpendekoren sind die Blütenblätter alternierend in Manganviolett, Grün und Blau gehalten. Diese sollten die im 17. Jahrhundert so beliebten bunt gemusterten gefederten Tulpen nachempfinden. Man findet in dieser Gefässzone aber auch weit gespannte Bogenreihen, die von keulenartigen, grünen schmalen Ovalen getrennt werden, radial verlaufende, lange schmale Blütenblätter, die insgesamt wie der Blütenkranz einer Sonnenblume wirken, und Sterndekore. Die kleinen Fahnen der Schüsseln mit verkröpftem Rand sind fast immer mit einer einfachen Bogenreihe verziert, wobei die Bogenfelder mit grünen oder blauen Halbkreisen ausgefüllt sind. Bei der Blau-Malerei kommen auch rein ornamentale Motive wie der Zickzack oder der Laufende Hund vor.

Neben den Tulpen findet man im Spiegel der Teller den Vogel auf Zweig, Sterne und selten Architekturdarstellungen wie Kirchen oder Schlösser (Frey 2015, 224–236; Heege/Kistler 2017, 107–108).

Zeitliches Vorkommen und Entwicklung der Malfarben

Dünnglasierte Fayence tritt kurz nach der Mitte des 17. Jahrhunderts auf, wie ein 1657 datierter Krug mit Mangan-Grün-Blau-Gelb-Malerei aus dem Fitzwilliam Museum in Cambridge zeigt (FWMC C.2966-1928) zeigt. Nur wenige Jahre jünger ist ein ins Jahr 1663 datierter Krug im Musée Ariana und Bodenfunde von dünnglasierten Fayencen aus der Burg Rötteln bei Lörrach in der Nähe von Basel, welche 1678 ein Raub der Flammen wurde.

Nach Ausweis eines 1669 datierten Tellers aus dem Museum Blumenstein in Solothurn (MBS  1905.174) und der Bodenfunde von Court, Sous les Roches (1673–1699), Solothurn, Palais Besenval (vor 1705), Court, Pâturage de l’Envers (1699–1714) und Solothurn, Stadttheater (vor 1729) waren dünnglasierte Fayencen spätestens im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts im Grossraum Solothurn weit verbreitet. In Court, Sous les Roches und Solothurn, Stadttheater macht sie 13 % respektive 16 % der Haushaltskeramik aus. Auf der Glashütte von Court, Pâturage de l’Envers sind es im ersten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts dann schon ein Viertel aller Gefässe. Im Grossraum Solothurn war dünnglasierte Fayence zu dieser Zeit somit das dominierende repräsentative Tafelgeschirr. Anders sah die Situation im Berner Mittelland aus, enthält der Fundkomplex Burgdorf, Kornhaus (vor 1715) doch nur einige wenige Fragmente blau bemalter dünnglasierter Fayencen. Während in Burgdorf, Kronenplatz (vor 1734) dünnglasierte Fayencen dann sogar vollständig fehlen, erreichen sie im Fundkomplex Bern, Waisenhausplatz (etwa 1700-1740) nur noch einen Anteil von 0,5 %. Da ab den 1730er Jahren jahrdatierte Gefässe aus Museen ausbleiben – ein 1750 jahrdatierter Teller aus dem Museum Laufen bildet die einzige Ausnahme – scheint die dünnglasierte Fayence ab den 1730er Jahren langsam zu verschwinden. Es ist wohl kein Zufall, dass just in diesem Jahrzehnt in Deutschland, Frankreich und auch der Schweiz zahlreiche Fayencemanufakturen entstehen, welche wohl die lokale Herstellung der dünnglasierten Fayence konkurrenzierten.

Die jahrdatierten Gefässe und die sicher datierten archäologischen Fundkomplexe Court, Sous les Roches (1673­-1699), Solothurn, Palais Besenval (vor 1705), Court, Pâturage de l’Envers (1699–1714) und Solothurn, Stadttheater (vor 1729) zeigen übereinstimmend, dass bis um 1700 Gefässe mit Mangan-Grün-Blau-Malerei dominierten. Ebenso wurde die gelbe Flächenfarbe nur selten verwendet; sie kam spätestens im ersten Viertel des 18. Jahrhunderts ausser Gebrauch.

Kurz vor 1700 kommen im Gegenzug die ersten dünnglasierten Fayencen mit Blau-Malerei auf, wie die Bodenfunde von Court, Sous les Roches und ein 1699 jahrdatierter Krug aus dem Schlossmuseum Burgdorf zeigen. Die blau bemalten Gefässe drängten im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts die dünnglasierten Fayencen mit Mangan-Grün-Blau-Malerei allmählich zurück, wie die Funde von Court, Pâturage de l’Envers eindrücklich zeigen. Dass in den Fundkomplexen Burgdorf, Kornhaus (vor 1715) und Burgdorf, Kronenplatz (vor 1734) nur dünnglasierte Fayencen mit Blau-Malerei vorkommen, dürfte jedoch sowohl zeitlich wie auch regional bedingt sein (Frey 2015, 244–248).

Neben den Gefässen mit Mangan-Grün-Blau-Malerei kommen bereits auf der Glashütte von Court, Sous les Roches beidseitig weiss glasierte, sonst aber nicht dekorierte Stülpdeckelterrinen vor. Diese sind in ähnlicher Form auch noch auf der Glashütte von Court, Pâturage de l’Envers gebräuchlich. Unter den in den Museen erhaltenen Gefässen fehlt diese repräsentative Form des Tafelgeschirrs wohl nur deshalb, weil die Bemalung fehlt und somit auch keine Jahrdatierung vorhanden sein kann. Bereits auf der Glashütte von Court, Sous les Roches ist mit einer Schüssel mit eingezogenem Rand  ein dünnglasiertes meergrünes Fayencegefäss vorhanden. Weitere Stücke stammen von der Glashütte Court, Pâturage de l’Envers und aus der Latrine unter dem Solothurner Stadttheater. Das Vorkommen meergrüner dünnglasierter Fayencen ist bemerkenswert, wurden meergrüne Fayencen doch bereits in den 1630er Jahren in Frankreich als farbliche Nachahmung der aus Asien importierten, höchst exklusiven Celadon-Ware gefertigt.

Verbreitungsgebiet und zeitliche Entwicklung

Dünnglasierte Fayence findet sich in mehreren Fundstellen im südlichen Jura, am Jurasüdfuss, im Berner Mittel- und Oberland, einzelne Fundpunkte liegen aber auch im Aargau und im Raum Basel (ausgefüllte Punkte).

(Fundortliste zur Kartierung: siehe Frey 2015,  Abb. 189 und 217, Stand 2015)

Das Verbreitungsgebiet der musealen Belege (Kreise) reicht wesentlich weiter, bestärkt jedoch das archäologische Verbreitungsbild, indem es dieses einschliesst. Der Fundrayon der archäologischen Nachweise ist bedeutend grösser als das Absatzgebiet der meisten Hafnereien im 18. Jahrhundert, das einen Radius von 30 Kilometer beziehungsweise einen Tagesmarsch kaum je überschritt. Demnach muss die dünnglasierte Fayence in mehreren, möglicherweise auch gleichzeitig produzierenden Hafnereien hergestellt worden sein. Der 1664 datierte Teller aus dem Museum Blumenstein sowie Bodenfunde von dünnglasierten Fayencen in den Fundkomplexen Court, Sous les Roches (1673–1699), Solothurn, Palais Besenval (vor 1705), Court, Pâturage de l’Envers (1699–1714) und Solothurn, Stadttheater (vor 1729) deuten auf Solothurn als Produktionsort hin. Dazu passt, dass die spätestens 1697 in Solothurn schriftlich belegte Hafnerei Wysswald spätestens ab 1734 hochwertige Fayencen produzierte. Ein möglicherweise vom Hafner Christen von Allmen 1726 für sich selbst gefertigter Teller mit Blau-Malerei (BHM 20778) belegt, dass spätestens im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts auch im Berner Oberland dünnglasierte Fayence produziert wurde. Sichere Nachweise von Produktionsorten dünnglasierter Fayence werden jedoch erst Bodenfunde von entsprechenden Töpfereiabfällen liefern können (Frey 2015, 248; Heege/Kistler 2017, 107).

Der barocke Tulpenwahn

Ursprünglich in Zentralasien beheimatet, gelangte die Tulpe in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts nach Europa, wo sie sich dank des eifrigen Austauschs unter Botanikern rasch in den wichtigsten Hauptstädten verbreitete. Bereits in der zweiten Jahrhunderthälfte bereicherten reiche Stadtbürger ihre repräsentativen Schaugärten mit der neuen Blume. Eigens angelegte Tulpengärten wurden zu einem Statussymbol der Oberschicht, welche diese durch spezialisierte Blumenmaler in Buchform verewigen liessen. Besonders beliebt waren Tulpen, deren Blütenblätter eine zweifarbige Musterung in flammenförmigen Linien aufwiesen, weswegen man diese Ausprägung auch als geflammte oder gefederte Tulpen bezeichnete. Der Reiz dieser Blütenmuster lag auch darin, dass sie zufällig und unberechenbar auftraten, weshalb es nicht gelang, sie durch Züchtungen zu reproduzieren. Als Folge davon stiegen im ersten Drittel des 17. Jahrhunderts die Preise für die Zwiebeln gewisser Tulpensorten in exorbitante Höhen, was 1637 in den Niederlanden zum Platzen der ersten Spekulationsblase der modernen Wirtschaftsgeschichte führte. Nichtsdestotrotz hielt die Beliebtheit der Tulpe ungeschmälert an: Wem echte Tulpen zu teuer waren, schaffte sich wenigstens Tafelgemälde von Tulpensträussen an. Noch günstiger waren natürlich mit Tulpen verzierte Alltagsgegenstände, und so findet man spätestens ab der Mitte des 17. Jahrhunderts ornamentale Tulpenmotive etwa auf niederländischen Keramikfliesen, bernischen Kanzeln und repräsentativen Zinngefässen. Es überrascht deshalb nicht, dass sich Tulpen als Motiv für repräsentatives Tafelgeschirr wie die dünnglasierte Fayence besonders eigneten und deshalb von den lokalen Hafnern im Verbreitungsgebiet der dünnglasierten Fayence aufgenommen wurden (Frey 2015, 236–240).

Frz.:  Faïence à revêtement mince

Engl.: thin-glazed faience

Bibliographie:

Frey 2015
Jonathan Frey, Court, Pâturage de l’Envers. Une verrerie forestière jurassienne du début du 18e siècle. Band 3: Die Kühl- und Haushaltskeramik, Bern 2015.

Frey 2019
Jonathan Frey, Die Haushaltskeramik aus der Latrine unter dem Stadttheater von Solothurn, datiert vor 1729, in: Denkmalpflege und Archäologie Kanton Solothurn 24, 2019, 55-76.

Heege/Kistler 2017
Andreas Heege/Andreas Kistler, Poteries décorées de Suisse alémanique, 17e-19e siècles – Collections du Musée Ariana, Genève – Keramik der Deutschschweiz, 17.-19. Jahrhundert – Die Sammlung des Musée Ariana, Genf, Mailand 2017.

Thierrin-Michael 2015
Gisela Thierrin-Michael, Archäometrische Untersuchung ausgewählter Grosswarenarten, in: Jonathan Frey, Court, Pâturage de l’Envers. Une verrerie forestière jurassienne du début du 18e siècle. Band 3: Die Kühl- und Haushaltskeramik, Bern 2015, 299–326.

 

Durchbruchdekor

England, Yorkshire, Leeds um 1780-1800, Steingut (creamware), Durchbruchdekor und Reliefdekor.

Durchbruchdekor in CERAMICA CH

Andreas Heege, 2023

Durchbruchdekor entsteht normalerweise, wenn die Wandung eines Gefässes in regelmässigen Mustern ausgeschnitten, ausgestochen oder perforiert wird. In der modernen Keramiktechnologie kann derselbe Effekt auch beim Giessen eines Gegenstandes erzielt werden. Durchbruchdekor ist zwingend von der Flechtwerktechnik zu unterscheiden, obwohl sich optisch ähnliche Phänomene ergeben.

Französisch: décor ajouré

Englisch: openwork decoration, pierced decoration, cut out decoration

Bibliographie:

Blondel 2001
Nicole Blondel, Céramique, vocabulaire technique, Paris 2014, 204-206.

Eierschalenporzellan

Kleine “Kumme”, Apfelform, von Nela Havlíčková, Mariánské Lázně (Marienbad) CZ, 2017 (Foto: Wolf Matthes)

Extrem dünnwandiges Porzellan, gegossen, um möglichst Objekte mit einer grossen optischen Leichtigkeit zu erzeugen.

Engl.: Eggshell china

Frz.: Porcelaine coquille d‘œuf

Eindruckdekor

Eindruckdekor mithilfe der Finger, Luzern 1932.

Eindruckdekor mit Hilfe eines Hölzchens, Füllung des Negativs mit einer roten Uranglasur, Luzern, um 1955-1960.

Eindruckdekor mithilfe eines natürlichen Blatts, Steinzeug, Luzern um 1985-1990.

Andreas Heege, 2023

Eindruckdekor in CERAMICA CH

Eindruckdekor gehört zu den Tonmasse verdrängenden Dekortechniken. Er unterscheidet sich vom sehr ähnlichen Stempeldekor/Rollstempeldekor durch die Tatsache, dass kein Einzelstempel oder Rollstempel zur Herstellung verwendet wurde. Stattdessen verwendete man die Fingerkuppen, im Querschnitt runde, dünne Hölzchen oder natürliche Blätter. Auch den Grübchendekor könnte man zu den Eindruckdekoren rechnen. Als Besonderheit verwendeten die Hafner von Bugnei GR möglicherweise einen Möbelbeschlag und ein religiöses Zeichen für ihren Eindruckdekor.

Vom Ritzdekor unterscheidet sich der Eindruckdekor durch die Tatsache, dass beim Ritzen Material entfernt und nicht nur verdrängt wird.

Französisch: décor à empreintes

Englisch: impressed decoration

Bibliographie:

Blondel 2001
Nicole Blondel, Céramique, vocabulaire technique, Paris 2014, 290-292.

Engobe

Angiessen der Engobe (Grundengobe) auf den Gefässkörper einer lederhart getrockneten Keramik, Töpferei in Berneck, Kanton St. Gallen.


Deutlich erkennt man die angegossene rote Grundengobe, die weisse Malengobe und die nur
partiell überlagernde Glasur.

Anguss/Beguss (Grundengobe): Mehr oder weniger dick aufgetragener weiss oder rot brennender Tonbrei oder Tonschlicker mit welchem der ungebrannte Gefässkörper (Grünling) ganz oder teilweise überzogen werden kann.  Dabei kann der Tonschlicker mit Hilfe einer Kelle oder eines Löffels auf das Gefäss gegossen oder das Gefäss kann in den Tonschlicker getaucht werden (Engobierung, auch Anguss, Beguss). Der Anguss kann mit Metalloxyden schwarz, blau oder grün gefärbt werden oder mit Farbkörpern, d.h. Eisenmangan-Partikeln versetzt werden (siehe Farbkörper in der Grundengobe).  Weiss oder mit Metalloxyden gefärbt, dienen Engoben auch zum Dekorieren von Irdenwaren mit Pinsel oder Malhorn  (Malengobe). Über der Engobe liegt normalerweise eine Glasur. Engobe kann aber auch ohne Glasurüberzug vorkommen.


Weisse Grundengobe unter grüner Glasur

In der Irdenwareproduktion der Schweiz finden sich zunächst einseitig aufgetragene weisse Grundengoben (ab der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts), dann auch rote Grundengoben (vor 1500).

Zweiseitige Aufträge von Grundengoben (innen und aussen) sind ein Phänomen ab dem späten 17. Jahrhundert. Schwarze Grundengobe kommt erst ab ca. 1780 auf (Keramik Heimberger Art). Orangebeige Grundengobe, farblich schwer vom eigentlichen Scherben unterscheidbare Grundengobe ist ein zunehmendes Phänomen ab etwa 1800/1820. Ultramarin blaue Grundengoben begegnen ab dem späten 19. Jahrhundert und leuchtend gelbgrüne Grundengoben erst nach 1880/1900.

Synonyme: Anguss, Beguss, Grundengobe

Frz.: engobe, engobe de fond

Engl.: slip

Engobierung

Aufbringung der Grundengoben durch Eintauchen oder durch Anschütten des lederhart getrockneten Gefässes.

Frz.: Engobage, chemisage

Engl.: Slip coating by brushing, dipping or pouring