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Keramik «Langnauer Art 1», Kanton Bern

Keramik «Langnauer Art 1» in CERAMICA CH

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Andreas Heege, 2019

Die im Folgenden zu besprechende Keramikgruppe wurde aus der Bearbeitung der Langnauer Keramik bewusst herausgetrennt. Sie besteht aus Irdenware mit weisser Grundengobe, Ritz- und Malhorndekor in Rot, Grün und Dunkelbraun. Insgesamt liegen 17 Gefässe unterschiedlicher Typen vor (Giessfass, Schälchen mit einbiegendem Rand, Schüsseln, Terrinen mit Stülpdeckel, Rasierbecken und Breitrandteller). Sechs Objekte tragen Datierungen zwischen 1739 und 1742, weshalb die gesamte Gruppe wohl in die Zeit um 1740 datiert werden kann.

Für die Bearbeiter bernischer Irdenwaren und der Langnauer Keramik wie Emil Aeschlimann und Robert L. Wyss, bestand kein Zweifel daran, dass diese Keramikgruppe zur Langnauer Keramik gehört (Aeschlimann 1928, 27; Wyss 1966, Taf. VII. Vgl. auch Boschetti-Maradi 2006, 132 Abb. 174). In Kenntnis von knapp 2000 Langnauer Objekten, die mit guten Gründen der Langnauer Produktion der verschiedenen Hafner Herrmann zugewiesen werden können, stellt sich diese Situation heute jedoch etwas anders dar (Heege/Kistler 2017/2). Wiederholte Sortierungen der Langnauer Keramik liessen die vorliegende Gruppe vor allem aufgrund der Dekormotive immer wieder durch die angelegten Raster fallen. Die Dekorfarbigkeit und die Verwendung eines Stechzirkels für die Dekoration entsprechen jedoch dem, was man auch von einem Teil der Langnauer Produktion dieses Zeithorizontes kennt. Andererseits sind die Gefässformen dem üblichen Typenspektrum der Keramik des Kantons Bern und Langnaus eng verwandt, so dass man wohl eine Herstellung im Kantonsgebiet erwarten kann.

Das älteste Stück aus dem Jahr 1739 ist eine typische, kleine Stülpdeckelterrine mit glatten, mit dem Malhorn verzierten Grifflappen aus dem Museum der Kulturen in Basel (MKB HM-1901-175). Die Terrine ist sowohl auf er Innen- als auch der Aussenseite datiert. Die Deckelinnenseite zeigt Bogenmotive, wie sie ähnlich auch bei Langnauer Keramik auftreten. Die Aussenkante des Deckels ist ebenfalls gekerbt, jedoch nicht in derselben Art, wie wir dies normalerweise bei den Langnauer TE 1 finden (Heege/Kistler 2017/2, Kap. 10, TE 1). Die Gestaltung der Blumenmotive weicht deutlich von den sonstigen Langnauer Keramiken dieses Zeithorizontes ab. Zwei weitere Stülpdeckelterrinen aus dem Regionalmuseum Langnau können angeschlossen werden (RML A165, RML A166). Die erste weist für Langnauer Verhältnisse untypische Ansätze der Grifflappen und eine rot engobierte Innenseite auf. Die zweite wirkt mit dem merkwürdigen Blumendekor des Deckels und dem Springfederdekor, wie eine zeitgenössische «Langnau-Kopie».

In das Jahr 1740 sind zwei Breitrandteller datiert. Der erste und zugleich eindrucksvollste stammt aus dem Bernischen Historischen Museum (BHM 4972). Seine Vorderseitengliederung orientiert sich mit grosser Wahrscheinlichkeit an chinesischen Porzellanvorbildern oder niederländischen bzw. deutschen Fayencen mit Chinoiserien (Piereth/Ulrichs 2010, CD Seite 106, Ansbach um 1730; vgl. auch Blaettler/Ducret/Schnyder 2013, Taf. 151,8, Delft 1750-1785). Die kreis- und bogenförmigen Linien sind mit einem Stechzirkel eingeritzt, was sehr an die zeitgliche Langnauer Zirkelschlagornamentik erinnert (vgl. Heege/Kistler 2017/2, Kap. 4). Den Spiegel ziert eine kleine Vase mit einem grossem Blumenbouquet und dem Datum 1740. Die Rückseite nennt den Besitzer des Tellers «Jost Bracher». Familien mit dem Namen Bracher waren um 1800 im Kanton Bern in Affoltern im Emmental, Bannwil, Hasle bei Burgdorf, Heimiswil, Langenthal, Lyssach, Lützelflüh, Madiswil, Rüegsau und Wynigen heimatberechtigt. Die Rückseite trägt ein singuläres Motiv. Zwei Bären mit langen Zungen haben sich an einem grossen Baum aufgerichtet (zwei Ungeheuer, die an den Wurzeln der Weltenesche, des Lebensbaumes, nagen?). Von den Seiten kommen Hunde oder Füchse gelaufen. Am oberen Rand der Fahne sind zwei Löcher eingestochen. Es war also angedacht, dass man den Teller als Wandschmuck aufhängen konnte.

Drei weitere undatierte Breitrandteller sind aufgrund der Vorderseitendekoration eng verwandt, jedoch mit ihrem rückseitigen Blumendekor der Fahne jeweils etwas einfacher gestaltet (RSB IV-0212, ZHdK-KGS-01098, Privatbesitz). Die sternförmig oder als Dreier- bzw. Vierergruppe angeordneten Spiegelbilder mit tulpenförmigen Blüten, erinnern an zeitgleiche, stark stilisierte Langnauer Blumenmotive. Die Motive der Fahnendekoration erinnern an Granatapfeldekore , die sich auf Künersberger  und Schrezheimer Fayencen finden (Fröschner 1992, Kat. 194, 195, 197; Bayer 1995, Kat. 48-51; Erdner/Nagel 1972,  Kat. 292).

Einen weiteren ungewöhnlichen Teller ziert ein springendes, möglicherweise gesatteltes Pferd (RML A005), das in seiner Art deutlich von den üblichen Langnauer Pferdedarstellungen abweicht (vgl. Heege/Kistler 2017/2, Kap. 6). Unter dem Pferd steht die Datierung 1740. Die Blumen auf der Fahne entsprechen ganz denen der übrigen Teller dieser Keramikgruppe, die auch keine Aufhängevorrichtung aufweisen.

Mit dem Stechzirkel eingeritzte Bögen auf der Fahne und die typischen Blumen mit rosettenförmigen Blüten verbinden zwei weitere Teller mit den vorhergehenden Stücken (RML A001, BHM 8020). Anders als wir das sonst von der Langnauer Keramik kennen, sind die Blumen im Spiegel jetzt als Spirale angeordnet.

Aus dem Jahr 1741 stammt ein weiterer aufwendig verzierter Teller mit wellenförmig zusammengekniffenem Rand und zwei abgedrehten, flachen Standringen, ohne Aufhängevorrichtung. Er ist auf Vorder- und Rückseite flächig verziert (MKB HM-1881-0028). Im Spiegel befindet sich ein schlossartiges Architekturmotiv mit Türmen, Dachreitern, Gartenanlage und Fahnenstange, darunter ein springender Hirsch und die Datierung 1741. Die Wandung trägt ein gereihtes Fischblasenmotiv, wie es auch bei einzelnen der anderen Keramiken vorkommt. Der Rückseitendekor passt zur Vorderseite und zeigt in der Mitte einen kleinen Vogel auf einem Blumenzweig sowie den Namen «Verena Kneübüler». Familien mit dem Namen Kneubühler waren vor 1800 zwar auch in Affoltern im Emmental, Bleienbach und Frauenkappelen heimatberechtigt, wesentlich häufiger erscheint der Name jedoch im Kanton Luzern (Altishofen, Buttisholz, Egolzwil, Gettnau, Grossdietwil, Hergiswil bei Willisau, Menznau, Reiden, Ufhusen, Willisau Stadt und Land, Zell).

Der jüngste Breitrandteller ist 1742 datiert, wobei die Schreibweise der Jahreszahl gut mit der des vorhergehenden Stückes übereinstimmt. Der Verbleib des Tellers ist unbekannt (Unbekannt 02; Aeschlimann 1928, 27).

Im Herbst 2018 wurde ein bislang unbekannter flacher Teller dieser Keramikgruppe aus der Sammlung der bernischen Antiquitätenhändlerin Elsa Bloch-Diener versteigert (Auktionshaus Stuker, Sammlung Bloch-Diener, Herbst 2018, Los 259, heute GBC 12121).  Der Spiegel zeigt eine zweigeschossige Häusergruppe mit grossen bogenförmigen Einfahrtstoren und spitzen Dächern mit kreuzförmigen Dachreitern. Auf der Fahne wechseln sich Vögel mit Blumenzweigen und rechtwinklig zum Rand stehende Dekorgruppen aus eierstabartigen Ornamenten und Ranken ab. Im Spiegel steht zusätzlich der Spruch «Ein ÿeder der mich aufricht der gedänck sin nicht, denn Gedänck er sin so vergäβ ehr min». Rückseitig hat der Teller eine keramische Aufhängeöse, wie wir sie auch bei der Langnauer Keramik ab dem ersten Drittel des 18. Jahrhunderts kennen.

Zur Gruppe gehört ein Giessfass bzw. Wandbrunnen. Das hausförmige, eher hohe Giessfass mit abgeschrägten Ecken trägt auf den beiden Schmalseiten eine in der Schrift gut übereinstimmende Datierung 1742 (BHM 6796). Die Ecken zeigen denselben Chinoiseriedekor, wie wir ihn schon bei den Tellern gesehen haben. Weitere verbindende Elemente sind die schräg gestreiften, zwiebelartigen Blüten. Die aufgelegten bogenförmig ausgeschnittenen Leisten erinnern an Langnauer Giessfässer dieses Zeithorizontes (vgl. Heege/Kistler 2017/2, Kap. 10, GF 1, BHM 7234a), jedoch bleibt das vorliegende Giessfass erkennbar ein Einzelstück.

Zwei Schüsseln und ein kleines Schälchen (RSB IV-0227, RSB IV-0072, MKB HM-1911-0065) passen mit ihrem einfachen Blumen- und Streifendekor gut zur vorstehenden Keramikgruppe. Einfache einbiegende oder verkröpfte Ränder sowie glatte, nur bemalte Grifflappen sind auch für die Langnauer Produktion der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts typisch (vgl. Heege/Kistler 2017/2, Kap. 10, SCH 1 und SCH 2).

Aufgrund seiner grünen Glasur der Ansichtsseite fällt das einzige Rasierbecken dieser Gruppe (Privatbesitz) etwas aus dem Rahmen. Betrachtet man jedoch die Rückseite mit ihrem randlichen Fischblasenmotiv und die Form der schraffierten Flächen sowie die Motive der geritzten Blumen der Vorderseite, dann kann an der Zugehörigkeit dieses Stücks kein Zweifel bestehen. Die grüne Glasur über dunklen Malhornverzierungen der Vorderseite verbindet das Stück zudem mit der grün glasierten Keramik der Langnauer Werkstatt 1, Hand 1, die zur selben Zeit ebenfalls mit dieser Farbigkeit arbeitete (Heege/Kistler 2017/2, 262–263). Form und Aufhängeöse entsprechen darüber hinaus den typischen Rasierbecken RB 1 der Langnauer Produktion (Heege/Kistler 2017/2, 653–654).

Zusammenfassung

Unter Berücksichtigung der Datierungen dieser Keramikgruppe (1739–1742) und der typologischen Nähe zu den Produkten der Hafner Herrmann (Langnau, Werkstatt 1, Sonnweg 15) bliebe in Langnau eigentlich nur ein Familienmitglied der Hafner Jost (Hafnerei Bärenplatz 1) als Produzent übrig (vgl. Heege/Kistler 2017/2, Kap. 2.2.1 und 3.4). Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass die produzierende Werkstatt auch an einem anderen Ort, z. B. in Huttwil, Langenthal oder Burgdorf tätig war. Archäologische Bodenfunde dieser Keramikart, die uns einen Hinweis auf den Produktionsort geben würden, fehlen derzeit. Die beiden auf der Keramik überlieferten Familiennamen verweisen auf das Emmental, die Randbereiche des bernischen Oberaargaus und das westliche Gebiet des Kantons Luzern. Die Gruppenbezeichnung Keramik «Langnauer Art 1» ist auch in Zukunft nur als «Arbeits- bzw. Hilfsbegriff» zu verstehen, bis der Produktionsort lokalisiert ist.

Zugeordnete Stücke:

BHM 04972, BHM 06796, BHM 08020, MKB HM-1881-0028, MKB HM-1901-0175, MKB HM-1911-0065, RML A001, RML A005, RML A165, RML A166, RSB IV-0072, RSB IV-0212, RSB IV-0227, Unbekannt 02 (Aeschlimann 1928, 27), ZHdK KGS-01098, GBC 12121, Privatbesitz (2 Stück)

Bibliographie

Aeschlimann 1928
Emil Aeschlimann, Alt-Langnau-Töpferei. Ein Beitrag zur Volkskunde. Bern 1928.

Bayer 1995
Hans-Wolfgang Bayer, “Muffelbrand und Scharfes Feuer”. 250 Jahre Künersberger Fayencen, Weissenhorn 1995.

Boschetti-Maradi 2006
Adriano Boschetti-Maradi, Gefässkeramik und Hafnerei in der Frühen Neuzeit im Kanton Bern (Schriften des Bernischen Historischen Museums 8). Bern 2006.

Erdner/Nagel 1972
Hans Erdner/Gert K. Nagel, Die Fayencefabrik zu Schretzheim 1752-1865. Ein Beitrag zur Geschichte der Deutschen Keramik, völlig neu bearbeitete und erweiterte Ausgabe, Ellwangen 1972.

Fröschner 1992
Stephanie Fröschner, Künersberger Fayencen. Die Geschichte der Manufaktur. Untersuchung der Schaffeuerdekore und der Muffeldekore, Bonn 1992.

Heege/Kistler 2017
Andreas Heege/Andreas Kistler, Keramik aus Langnau. Zur Geschichte der bedeutendsten Landhafnerei im Kanton Bern (Schriften des Bernischen Historischen Museums 13). Bern 2017, Beilagen DVD, Ordner ergänzende Texte.

Piereth/Ulrichs 2010
Uta Piereth/Friederike Ulrichs, Museum Deutscher Fayencen in Schloss Höchstädt, München 2010.

Wyss 1966
Robert L. Wyss, Berner Bauernkeramik (Berner Heimatbücher 100–103). Bern 1966.

 

Keramik «Langnauer Art 2», Kanton Bern

Keramik «Langnauer Art 2» in CERAMICA CH

Artikel mit Bildern

Andreas Heege, Alfred Spycher 2019

Die Schule für Gestaltung Bern/Biel verwahrt unter der Inventarnummer 174 eine ungewöhnliche Terrine aus dem Jahr 1810 (SfGB 174). Aufgrund einer alten Inventarnummer lässt sich belegen, dass das Stück vorher zum Bestand des Gewerbemuseums Bern gehörte, also schon seit dem Ende des 19. Jahrhunderts musealisiert gewesen sein dürfte. Formal handelt es sich um eine Terrine mit Reifrand, niedrigem Standring und Grifflappen sowie Ritz-, Springfeder- und Malhorndekor, wie sie unter den Langnauer Produkten eigentlich gängig sind (TE 2b, vgl. zu Langnau Heege/Kistler 2017, auf der beiliegenden DVD auch einer erste Version dieses Textes). Beim näheren Hinsehen fallen jedoch Elemente auf, die für einen abweichenden Produktionsort sprechen. Da sind zum einen die Form und das Motiv der Grifflappen, die unter den Langnauer Stücken keine Parallelen finden. Dazu kommen der singuläre Deckelgriff in Form eines «brüllenden Löwen» (oder heulenden Wolfes/Hundes?) mit den merkwürdig ausgestalteten und platzierten Früchten und der Blüte. Untypisch ist auch das Ritzen des Spruches und der Datierung auf einer Führungslinie: «Jesu im Herzen Di liebste im Arm das einte macht Selig das andere gibt warm 1810.» Der Spruch ist in Langnau durchaus gängig, während die Handschrift in den Langnauer Werkstätten ansonsten keine Parallelen findet. Auch die Art der kleinen Blütenrosetten auf geraden oder geschweiften Ästchen mit Blättern ist unbekannt. Die Innenseite des Deckels und die Unterseite des Bodens tragen eine formal ungewöhnliche Zuordnungsritzung (Buchstabe oder Zahl?), die gleichwohl Bekanntheit mit dem in Langnau verwendeten System signalisiert.

Die Suche nach weiteren Parallelen, die eine Einordnung dieser besonderen Terrine ermöglichen würde, war erfolgreich und führte schliesslich zur Ausgliederung einer Keramikgruppe «Langnauer Art 2», der bislang 16 Gefässindividuen zugeordnet werden konnten (siehe Liste am Schluss). Mit Ausnahme eines Rasierbeckens von 1815 und eines Tellers von 1817 handelt es sich ausschliesslich um Dosen.

Zwei dieser Dosen sind 1809 und 1818 datiert, so dass momentan davon auszugehen ist, dass wir es mit einer Produktion zwischen etwa 1809 und 1820 zu tun haben. Typologische oder stilkritische Zweifel an der zeitlichen Einordnung der datierten Objekte bestehen nicht. Die Gruppenbezeichnung Keramik «Langnauer Art 2» ist momentan als «Arbeits- bzw. Hilfsbegriff» zu verstehen.

Das Rasierbecken von 1815 (BHM 6190) bietet möglicherweise einen Hinweis zur Lösung der Herkunftsfrage. Das ungewöhnliche Rasierbecken hatte ursprünglich rückseitig eine Aufhängeöse. Diese ist jedoch abgebrochen, weshalb man die am oberen Rand des Beckens angebrachte Seifenmulde sekundär durchbohrt hat. Der Spiegel des Rasierbeckens nennt «Christen Hofer Schulmeister zu Sängelen 1815». Auf der Fahne steht der Spruch «scher mich fein das ich gefall der Liebsten mein, der man ist ehrens wert der sein bart selber schert». Auf der Rückseite des Beckens findet sich ein weiterer Spruch: «Ein gutes werck das wohl gelingt dei gröste Lust auf erden bringt 1815.» Das «Sängeli» ist heute die Ortsbezeichnung für eine Häusergruppe nordwestlich am Berg zwischen Schüpbach und Signau, ca. 5 km entfernt von Langnau. Dort hatte Christen Hofer (1749–?) auf eigenem Grund und Boden 1795 auf eigene Kosten für die Gemeinde Schüpbach ein Schulzimmer erbauen lassen. Bei der ersten helvetischen Schulumfrage im Jahr 1799 gab er an, bereits 22 Jahre als Schuldiener (d. h. Lehrer) tätig zu sein, daneben sein kleines Gut zu betreuen und Holzschnitzerarbeiten zu verfertigen (Schmidt, H.R. / Messerli, A. / Osterwalder, F. / Tröhler, D. (Hrsg.), Die Stapfer-Enquête. Edition der helvetischen Schulumfrage von 1799, online-Datenbank, Bern 2015, Nr. 714: Schüpbach . Möglicherweise erhielt er also das Rasierbecken zum 20jährigen Jubiläum seines Schulraumbaus geschenkt? Es könnte durchaus bei einem unbekannten Hafner, der im unmittelbaren Umfeld arbeitete und sich mit Langnauer Traditionen auskannte, bestellt worden sein. In Signau oder Schüpbach lässt sich als erster Hafner im Jahr 1835 Christen Herrmann (1793–1851) nachweisen (StAB B XIII 480), doch als das Rasierbecken 1815 gefertigt wurde, arbeitete dieser vermutlich noch in der Werkstatt seines am 13.2.1815 verstorbenen Vaters Ulrich Herrmann (1758–1815; KRL 32, 131) an der Wiederbergstrasse 24 in Langnau. Auch würde dies angesichts seiner Hafnertätigkeit bis 1851 nicht erklären, warum wir nach 1818 keine weiteren datierten Stücke dieser Handschrift mehr haben. Oder handelt es sich um Objekte von Christens Bruder Johannes (1791–1824), der wie Christen nach dem Verkauf der Hafnerwerkstatt Wiederbergstrasse 24 Ende 1816/Anfang 1817 von Langnau nach Wasen im Emmental zu seinem Vetter Johannes Herrmann (1786–1838) verzog und dort bereits 1824 verstarb? Dieses Problem lässt sich derzeit nicht lösen.

Eindeutig dieselbe Handschrift und denselben Stil vertritt ein Teller von 1817 (MKB VI-1436). Auf der Fahne steht der Spruch: «ein gut gewissen und freyer muth, ist besser als des Keisers gut. ein frommes Herz das Gott vertraut, ganz fröllich in den Himmel schaut, es [ist] kein faden so rein gesponnen, er kom(m)t doch endlich an die sonnen.» Im Spiegel steht: «Wenn nicht der federschmuck den Pfauen wurde zieren, So würde man ihn wohl sehr wenig esimieren [sic!] 1817.» Und auf der Rückseite findet sich noch: «Früh auf, fein in der morgenstund macht heilig reich und auch gesund, Durch fischen und durch Vögel fangen ist mancher mann zu grund gegangen.» Nicht nur die Anzahl der Sprüche ist für Langnauer Verhältnisse ungewöhnlich. Auch die Randform des Tellers passt so wenig zum Üblichen der Langnauer Produktion wie die manganviolette Schwämmelung des Randes und des Unterrandes oder die etwas dürr erscheinende Blumeneinfassung im Spiegel.

Nach der Handschrift gehört eine 1818 datierte Dose auf Pokalfuss mit vier breiten, bandförmigen Volutenhenkeln zu dieser Gruppe. Der in der Halskehle umlaufende Spruch lautet: «Dort in meinen Rosen Garten, wil[l] ich meinen Scha[t]z erwarden». Die Aussenseite trägt Ritz-, Springfeder- und Malhorndekor. Die Blumenmotive entsprechen den bisher vorgestellten Stücken (Privatbesitz). Der Spruch findet sich nicht bei typischen Langnauer Produkten, aber bei zwei weiteren undatierten Dosen, von denen eine auch formal fast genau entspricht (MAHN AA-1212).

Die zweite Dose, und das ist besonders wichtig, wäre eigentlich eine typische Langnauer Füsschendose DO 6, wenn da nicht der Spruch auf der vorgeritzten Linie, deutlich abweichende, verschlungene Auflagen, unpassende, sehr massive Füsschen und rundstabige Voluten des Deckelgriffs mit Perldekorbesatz wären (Privatbesitz). Die Volutengriffe der normalen Langnauer Produktion haben dagegen flach-bandförmige Querschnitte. Der geritzte Blumendekor der Dose entspricht den bisher vorgestellten Keramiken.

Form und Dekor sprechen dafür, dass auch zwei undatierte Dosen auf Pokalfuss aus dem Fitzwilliam-Museum in Cambridge bzw. aus dem Schweizerischen Nationalmuseum zu unserer Gruppe gehören (FWMC C.1908&A-1928, SNM LM-009184). Aufgrund der Handschrift passt auch eine weitere Füsschendose mit einer der charakteristischen Auflagen und dem rundstabigen Volutenwerk dazu: «Maria Dissa bin ich genan[n]t der Him[m]el ist mein rechtes Vaterland» (FMST K043).

Der Familienname Dissa muss ein Verschreiber sein, da es sich nicht um einen schweizerischen Familiennamen handelt. Denkbar wären stattdessen Disler oder Dissler, was auf jeden Fall auf eine Besitzerin im Kanton Luzern verweisen würde. Weniger aufwendig, aber mit denselben dürren Blüten-/Blättchenranken verziert ist eine Füsschendose aus dem Gewerbemuseum Winterthur (GMW 467) die der Füsschendose von 1809 aus Münchener Privatbesitz sehr gut entspricht. Auch hier trägt der Abschluss des rundstabigen Volutengriffes Perldekor.

Die rundstabigen Volutengriffe der Deckel, die Auflagen im Halsfeld der Unterteile und die kurzen, eher dicken, unproportioniert wirkenden Füsschen verbinden fünf weitere Füsschendosen mit dieser Keramikgruppe (BHM 6029, MAG 7304, MAHN AA 1197, MKW 177, FMST K043).

Einzelne dieser Dosen weisen Zuordnungszahlen im Inneren von Deckel und Unterteil auf. Im Verhältnis zu den normalen Langnauer Füsschendosen sprechen bei diesen Dosen auch die abweichende, flache Bodenform und die erkennbare Plumpheit für die Herstellung in einer anderen, weniger qualitätsvoll arbeitenden respektive eher «kopierenden» Werkstatt, die nach Langnauer Vorbildern arbeitete. Die Dosen vereinen zwei wichtige neue Elemente der Langnauer Keramik, die sich nach 1800 entwickelt haben: den Perldekor und die Grundengobe mit manganviolett ausschmelzenden Farbkörpern. Bei den Farbkörpern in der Grundengobe handelt es sich um feine Partikel von Eisenhammerschlag, wie sie in jeder Dorfschmiede anfallen. Fein gemahlen und der weissen Grundengobe beigemischt, werden diese dunklen Partikel durch eine leichtflüssige Bleiglasur angeschmolzen. Dies führt zu der manganvioletten Schlieren- und Streifenbildung in der Glasur. Diese Dekortechnik ist, wie der Perldekor, soweit sich das heute sagen lässt, eine Langnauer Entwicklung. Die ältesten Langnauer Keramiken, bei denen weisse Engobe mit Farbkörpern entweder vollflächig oder als dicke Marmorierungstropfen zum Einsatz kam, datieren in die Jahre 1804 und 1806.

Keramik Langnauer Art 2 in Pennsylvania

Bereits 1903 veröffentlichte Edwin Atlee Barber eine Zuckerdose, die den vorstehend beschriebenen Dosen so ähnlich ist, dass man dieselbe gestaltende Hand annehmen muss (Edwin Atlee Barber, Tulip ware of the Pennsylvania-German Potters. An historical Sketch of the Art of Slip-Decoration in the United States, Neuauflage 1970, New York 1903, 152-153).

Barber, der im späten 19. Jahrhundert intensiv Keramik in Pennsylvania sammelte und die dortige Hafnereigeschichte erforschte, ordnet diese Dose, ohne weitere Argumente, zusammen mit einer kleinen, fast identisch bemalten Milchkanne, der Töpferei von Johann Nees (Familie auch Neesz, Nice, Neis, Nase geschrieben) in Upper Salford Township, County Montgomery, Pennsylvania, USA zu. Beide Keramiken befinden sich heute im Philadelphia Museum of Art (Garvan 1982, 192 Kat. 96 und 97).

1903 machte bereits der bedeutende französische Keramiker Marc-Louis Solon (1835–1913) Barber darauf aufmerksam, dass er diese Form häufig bei „old pottery of Switzerland“ gesehen habe (Barber 1903, 153). Barber schloss daraus, dass die Familie Nees ursprünglich aus der Schweiz auswanderte, jedoch ist dies falsch. Der Grossvater Johannes Nehs (1705-1789) stammt aus dem Elsass oder Deutschland, der Vater Heinrich Nees (1740-1819) wurde bereits in Pennsylvania geboren (auch alle folgenden genealogischen Angaben nach https://www.wikitree.com/genealogy/Nees-Family-Tree-51).

Der Töpfer Johann Nees wurde am 14.4.1775 vermutlich in Franconia Township geboren und starb am 27.10.1867. Sein Grabstein (Familienname dort „Neβ“) steht heute noch in Earlington, Montgomery County, Pennsylvania, USA, Little Zion Lutheran Church Cemetery (www.findagrave.com). Er betrieb, später auch zusammen mit seinem Sohn gleichen Namens (11.12.1814-16.9.1889; www.findagrave.com), die Töpferei im benachbarten Tylersport oder (später?) Upper Salford (Barber 1903, 107 und 136). 1850 verzeichnet ihn der Bevölkerungszensus in Upper Salford eindeutig als „potter“ (Pennsylvania, 1850, federal census, page 326: NARA Series M432, Roll 799). Johann Nees lernte das Handwerk möglicherweise in der Nachbarschaft in Milford township bei David Spinner, dessen Vater Ulrich 1739 aus Zürich zuwanderte (Barber 1903, 127).

In der Töpferei Nees soll es zumindest im Jahr 1851 auch weitere Mitarbeiter gegeben haben, u.a. einen „John Leman“, der seine Töpferlehre in Langnau in der Schweiz gemacht habe (Garvan 1982, 363, 365, ohne weitere Quellenangabe). 1820 und 1840 lebte ein John Lehman zusammen mit sechs weiteren Personen zunächst in der nur etwa 20 km entfernten Upper und dann der Lower Providence Township (die gesuchte Person? Pennsylvania Census 1820, page 175, NARA 1840, page 210, NARA Series M704, Rolls 477-478) während im Census von 1850 weder für Lower Providence noch für Upper Salford Township ein Lehmann nachweisbar ist und sich auch für den Census von 1830 keine Nachweise für den ganzen Montgomery County erbringen lassen.

Johannes Leman lässt sich aufgrund eines undatierten Tellers im Philadelphia Museum of Art (Barber 1903, 177 Abb. 74; Garvan 1982, 182 Kat. 60), auf dessen Rückseite er nach der Fertigung seinen Namen eingekratzt hat, möglicherweise mit einem weiteren Töpfer aus Pennsylvania verbinden: Friedrich/Fredrick Hilde(n)brand/Heltebrand/Heldenbrand (22.3.1797-28.7.1852; genealogischer Nachweis https://www.wikitree.com/wiki/Hildenbrand-42; www.findagrave.com; auch Garvan 1982, 363).

1830 bis 1850 lässt sich Hildebrand ebenfalls in Upper Salford PA nachweisen, wobei er 1850 ausdrücklich als „Potter“ bezeichnet wird (1830 US Census; Census Place: Upper Salford, Montgomery, Pennsylvania; page 191, NARA Series: M19; Roll Number: 154; 1840, page 134, NARA Series M704, Roll Number 477; 1850, page 329, NARA Series M432, Roll 799).

Möglicherweise arbeitete er dort ebenfalls in der Töpferei von Johann Nees (Garvan 1982, 365 ohne weitere Quellenangabe). Dagegen nimmt Barber (Barber 1903, 176) an, dass der in Montgomery PA geborene Hildebrand in dem 10 km entfernten Tylersport PA seine Werkstatt gehabt habe Die Namen seiner Eltern sind unbekannt. Eine Verbindung zwischen den Familien Nees und Hildebrand gab es dann in der nächsten Generation, denn John Nees jr. (11.12.1814-16.9.1889) heiratete 1854 Elmina Hildebrand, die Tochter von Friedrich (https://www.wikitree.com/wiki/Nase-52; ich danke Jeffrey Nase herzlich für seine  Unterstützung).

Barber (1903, 177-178) hielt den oben erwähnten Teller mit dem rückseitig eingeritzten Namen Johanes Leman, zusammen mit einem weiteren Teller, der heute im Brooklyn Museum in New York verwahrt wird (Inv. 77.191.2) für Produkte von Friedrich Hildebrand. Das besondere dieser beiden Teller ist nun die Tatsache, dass sie mit Springfederdekor verziert sind, der den deutschsprachigen Töpfern in Pennsylvania ansonsten fremd zu sein scheint (vgl. die zahlreichen Teller bei Garvan 1982 bzw. Palmer Schwind 1983).

Dazu kommt das beide Teller folgenden Spruch aufweisen:

Ich liebe was fein ist,
wann schon nicht mein ist,
und mir nicht werden kann,
so hab ich doch die Freud daran.

Dieser Spruch findet sich auf Keramik aus Langnau, Kanton Bern (Heege/Kistler 2017) zwischen 1782 und 1797 immerhin neunmal, jedoch z. B. nie auf Keramik der Region Heimberg-Steffisburg (BHM 05934, BHM 24278, RML A017, MAG R175, BHM 06042, MAHN AA-1205, SfGB 052, BHM 05922, BHM 05946). Ein Langnau-Bezug muss also in irgendeiner Form existieren.

Viel wichtiger ist jedoch die Tatsache, dass die Handschrift der Tellerritzung den geritzten Inschriften der Keramik Langnauer Art 2, die oben vorgestellt wurden (vgl. vor allem den Teller von 1817, MKB VI-1436), so ähnlich ist, dass wir an ein und dieselbe ritzende Person, d.h. einen aus der Deutschschweiz in die USA ausgewanderten Töpfer denken müssen.

Leider ist es uns bisher nicht gelungen, die Lebensdaten und den Geburts- oder Wohnort eines Töpfers mit Namen Johannes Lehmann im Kanton Bern zu ermitteln. Wenn wir ihm alle Keramik Langnauer Art 2 zuordnen, so müsste er aufgrund der datierten Stücke um 1809 mit der eigenständigen Produktion begonnen haben und müsste zu diesem Zeitpunkt mindestens 20-25 Jahre alt und vermutlich verheiratet gewesen sein. Vermutlich wurde er also zwischen 1780 und 1790 geboren. Da das letzte datierte Stück aus dem Jahr 1818 stammt, dürfte er relativ bald nach diesem Zeitpunkt ausgewandert sein. Mit der Klima- und Wirtschaftskrise 1816/1817 – 1821 hätte es genug Gründe dafür gegeben.

Neue Zuweisung zu einem Töpfer: Zuckerdose Langnauer Art von Johanes Leman statt von  Johann Nees!

Da für die Füsschendosen mit Perldekor und Spangenwerk gezeigt werden konnte, dass sie von derselben Hand  stammen, wie die beschrifteten Objekte der Keramik Langnauer Art 2, muss auch die von Barber 1903 vorgestellte Dose demselben Hafner bzw. derselben Traditionslinie, d.h. Johanes Leman zugeordnet werden. In welcher Werkstatt Johanes Leman diese fertigte, bleibt dabei zunächst offen.

Eine Absicherung der bisherigen Zuschreibung an die Werkstatt Nees liesse sich aus meiner Sicht nur über Bodenfunde vom Produktionsort erbringen, zumal die übrigen Keramiken der Werkstatt Nees keinen Springfederdekor und eine abweichende Beschriftung aufweisen (Garvan 1982, Kat. 76-100; zahlreiche Objekte im Winterthur Museum in Delaware: Palmer Schwind 1983).

Diese Annahme hat Konsequenzen für die bislang traditionelle Zuschreibung. Eine Zuckerdose aus dem Brooklyn-Museum in New York mit Spangenwerk und Perldekor unterstreicht dies überdeutlich, ist sie auf dem Boden doch ebenfalls signiert mit dem Namenszug „Johannes Leman“. Eine Herstellung in der Werkstatt Nees wird angenommen, demnach hätte Johanes Leman dort gearbeitet (Brooklyn Museum, Inv.  57.75.18). Eine ganz ähnliche Dose wurde im Juli 2017 auf einer Auktion bei Crocker Farm versteigert  (Herkunft: gekauft 1961 auf einer Auktion in Northampton County, PA).  Eine ähnliche Dose verwahrt auch das Metropolitan Museum in New York (Accession Number 34.100.152a, b).

Diesem Stück kann eine weitere Dose aus dem Winterthur Museum in Delaware an die Seite gestellt werden (Palmer Schwind 1983, Fig. 190; Inv. 1960.0621), zu der es eine weitere Parallele im Mercer Museum der Bucks County Historical Society gibt (Inv. 14712: Palmer Schwind 1983, 198).

Foto: Pook & Pook Inc., Downingtown PA (sales cat.), Catalogue for The Pioneer Americana Collection of Dr. and Mrs. Donald A. Shelley, April 20-21, 2007, p. 41, Lot 154 (https://www.pookandpook.com/lot/john-niceattributed-upper-salford-township-mon-3111088)

2007 wurde in den USA sogar eine Füsschendose versteigert, die den typologischen Zusammenhang zu den Stücken aus der Schweiz noch deutlicher werden lässt. In derselben Auktion wurde auch eine einfacher verzierte Zuckerdose verkauft, die in denselben typologischen Zusammenhang gehören dürfte.

Zusammenfassung

Es handelt sich bei der Keramik «Langnauer Art 2» um die Produkte einer Werkstatt, die die neuen Entwicklungen in den Langnauer Werkstätten (Füsschendosen, Farbkörper in der Grundengobe, Perldekor) zeitnah kopierend umsetzte, ohne die Langnauer Qualität auch nur annähernd erreichen zu können. Gleichzeitig wurden mit dem manganvioletten Schwämmeldekor auf dem Tellerrand Dekorelemente aufgenommen, die man ansonsten eher gerne in der Produktion im weiteren Umfeld von Bäriswil suchen würde. Vermutlich befand sich die Werkstatt aber im näheren Langnauer Umfeld. Momentan lässt sich für die Schweiz ein eindeutiger Produktionszeitraum von 1809 bis 1818 sichern.

Möglicherweise handelt es sich bei dem Töpfer um Johannes Lehmann, der anschliessend in die USA auswanderte und in Pennsylvania (Montgomery county) möglicherweise in der Werkstätten von Johannes Nees oder Friedrich Hildebrand in Tylersport oder Upper Salford weiterhin Keramik Langnauer Art fertigte.

Liste der zugeordneten Objekte aus der Schweiz:

BHM 06029
BHM 06190
FMST K043
FWMC C.1908&A-1928
GMW 467
MAG 07304
MAHN AA-1197
MAHN AA-1212
MKB VI-01436
MKW 177
SfGB 174
SNM LM-009184
Privatbesitz (4 Stücke)
Nach der Handschrift erscheint ein Teller mit Abtropfsieb aus dem Schweizerischen Nationalmuseum ebenfalls eng verwandt: SNM LM-003575.

Bibliographie

Barber 1903
Edwin Atlee Barber, Tulip ware of the Pennsylvania-German Potters. An historical Sketch of the Art of Slip-Decoration in the United States (Neuauflage 1970), New York 1903.

Garvan 1982
Beatrice B. Garvan, The Pennsylvania German Collection (Handbooks in American Art 2), Philadelphia 1982.

Heege/Kistler 2017
Andreas Heege/Andreas Kistler, Keramik aus Langnau. Zur Geschichte der bedeutendsten Landhafnerei im Kanton Bern (Schriften des Bernischen Historischen Museums 13), Bern 2017.

Heege/Liesch 2022
Andreas Heege/Andreas Liesch, Ein Emmentaler in Amerika, in: Keramik-Freunde der Schweiz Mitteilungsblatt 136, 2022, 7-32.

Palmer Schwind 1983
Arlene Palmer Schwind, Pennsylvania German Earthenware, in: Scott T. Swank, Arts of the Pennsylvania Germans, New York 1983, 171-199.

Kilchberg-Schooren ZH, Manufaktur Johannes Scheller (1820-1869)

Keramik aus Kilchberg-Schooren in CERAMICA CH

Roland Blaettler und Andreas Heege 2019

Im 19. Jahrhundert gab es am rechten Zürichseeufer nicht weniger als vier Fayencemanu­fakturen: In Kilchberg die Fabrik Nägeli (aktiv im Schooren zwischen 1802 und 1857) und die Fabrik Scheller (aktiv von 1820 bis 1869, zuerst im Böndler und ab 1835 im Schooren), im Kilchberg benachbarten Rüschlikon arbeiteten die Manufaktur von Jakob Fehr von 1832 bis 1866 und jene der Gebrüder Abegg von 1836 bis 1842. Die Produktion dieser Betriebe ist bezüglich Formen und Dekor sehr ähnlich, so dass wir beim Stand unseres Wissens noch immer nicht vollständig in der Lage sind, die Erzeugnisse der verschiedenen Unternehmen klar zu unterscheiden.

 Kilchberg-Schooren, Manufaktur Johannes Scheller

Im Jahr 1820 gründete Johannes Scheller (1775-1846) im «Böndler» in Kilchberg (heute  Alte Landstrasse 203) eine zweite Fayencemanufaktur. Im Jahr 1835 verlegte er sie nach Schooren, Seestrasse 201. Johannes Scheller (1815-1869) übernahm die Leitung der Manufaktur nach dem Tod des Gründers im Jahr 1846 (Frei 1930). Im Jahr 1846 begann er mit der Produktion von Steingut mit Umdruckdekor (auch mit Motiven aus der Schweiz, z. B. RMC H1972.731; RMC H1972.732; RMC H1971.733; RMC H1971.1088) und führte die Fabrik sehr erfolgreich bis in die 1860er-Jahre. 1857 hatte sie 125 Mitarbeiter, um 1860 sollen es sogar 200 gewesen sein. Die Manufaktur beendete ihre Aktivitäten im Jahr 1869 nach einem Konkurs (Matter 2012, 17, 114-115).

Die Produktion (oder nur der Verkauf?) wurde aber in einem unbekannten Umfang noch durch Martin (?) Bodmer zur Arch aus Zürich fortgesetzt. 1873 kauften die Gesellschafter Fehr und Höhn aus Kilchberg den Betrieb und produzierten weiter bis 1874. Danach wurde die Produktion definitiv beendet (Ducret 1951, 180).

Hervorzuheben sind die in Kopien erhaltenen zwei Musterbücher der Manufaktur Scheller. Peter Ducret hat sie 2007 erstmals umfassend publiziert (Ducret 2007). Zumindest eines der Musterbücher kann aufgrund einer Beschriftung in die Zeit vor 1859 datiert werden. Die Musterbücher liefern nicht nur einen Überblick über die vorkommenden Gefässformen sondern geben auch Aufschluss über zeitgenössische Form- und Dekorbezeichnungen. Im undatierten Verzeichnis sind die Objekte in deutscher und französischer Sprache bezeichnet. Das zweite Verzeichnis ist nur in Deutsch gehalten. Im Vergleich mit einem etwa zeitgleichen Musterbuch von Schramberg (Heege 2013) wird die grosse formale Nähe der Schellerschen Produkte  zu Schramberg überdeutlich.

Musterbücher Scheller, Kilchberg-Schooren

Musterbücher Schramberg

Fayencen aus Kilchberg und Rüschlikon

Die grosse Produktion der vier Manufakturen am Zürichsee bietet besonders in Hinblick auf die Unterscheidung ihrer einfachen, fast identischen Grundformen noch viele Probleme. Die komplexeren Formen der Suppenschüsseln zeigen dagegen formale Eigenheiten, die erlauben, sie verschiedenen Fabriken zuzuweisen. So ist es Rudolf Schnyder überzeugend gelungen, typische Formen der zwei wichtigsten Manufakturen Nägeli (HMO 8689; AF Nr. 28) und Scheller zu definieren (AF Nr. 25; AF Nr. 73; HMO 8149) (Schnyder 1990).


Nägeli


Scheller

Diese erste Unterscheidung nach formalen Kriterien erlaubt zwar, die Dekore auf den Erzeugnissen der beiden sich konkurrenzierenden Unternehmen zu vergleichen, nicht aber endgültig dem einen oder andern Betrieb zuzuweisen. Die Dekorfrage bleibt problematisch, weil man weiss, dass die Maler einmal in dieser, einmal in jener Fabrik arbeiteten. Schnyder hat auch auf Formen von Suppenschüsseln hingewiesen, die als Modelle von Fehr oder Abegg in Rüschlikon in Frage kommen; doch sind deren Erzeugnisse seltener und die Zuweisungen noch weitgehend hypothetisch (KMM 225; MBS 1944.93; HMO 8141; SFM 113; SFM 111; SFM 112; AF Nr. 74).

Bei den Fayencen von Kilchberg und Rüschlikon haben wir auf Vergleiche und vertiefte Studien zu jedem Objekt verzichtet. Eine präzisere Zuordnung haben wir nur in Fällen vorgenommen, die klar erscheinen, vermerken aber auch von Rudolf Schnyder gemachte Vorschläge zu Produkten von Rüschlikon. Der Begriff «Kilchberg» bezieht sich auf Stücke, die Nägeli im Schooren oder Scheller im Böndler vor seinem 1835 erfolgten Umzug nach Schooren produzierten. «Kilchberg-Schooren» aber bezeichnet Objekte von Nägeli oder Scheller von nach 1835. Es ist durchaus möglich, dass es unter den hier «Kilchberg» und «Kilchberg-Schooren» zugewiesenen Fayencen auch Exemplare gibt, die, wenn wir einmal klarer sehen sollten, sich dereinst als Erzeugnisse von Rüschlikon erweisen.

Bibliographie

Blaettler/Schnyder 2014
Roland Blaettler/Rudolf Schnyder, CERAMICA CH II: Solothurn (Nationales Inventar der Keramik in den öffentlichen Sammlungen der Schweiz (1500–1950), Sulgen 2014, 42–43

Ducret 1951
Siegfried Ducret, Schoorensteingut des 19. Jh. Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 12, 1951, 175–180.

Ducret 2007
Peter Ducret, Bedrucktes Steingut aus der Manufaktur Scheller in Kilchberg, in: Keramik-Freunde der Schweiz, Mitteilungsblatt Nr. 119/120, 2007.

Frei 1930
Karl Frei, Lebenserinnerungen des Fayencefabrikanten Johannes Scheller von Kilchberg, in: Zürcher Taschenbuch 50, 1930, 157-210.

Heege 2013
Andreas Heege, Ein unbekanntes Musterbuch der ersten königlich württembergischen Steingutmanufaktur Schramberg (Uechtritz&Faist) aus der Zeit nach 1855 in: Harald Siebenmorgen, Blick nach Westen. Keramik in Baden und im Elsass. 45. Internationales Symposium Keramikforschung Badisches Landesmuseum Karlsruhe 24.8.-28.9.2012, Karlsruhe 2013, 107-115.

Matter 2012
Annamaria Matter, Die archäologische Untersuchung in der ehemaligen Porzellanmanufaktur Kilchberg-Schooren. Keramikproduktion am linken Zürichseeufer 1763–1906 (Monographien der Kantonsarchäologie Zürich 43), Zürich 2012.

Schnyder 1990
Rudolf Schnyder, Schweizer Biedermeier-Fayencen, Schooren und Matzendorf. Sammlung Gubi Leemann, Bern 1990.

Kilchberg-Schooren ZH, Manufaktur Nägeli (1802-1858)

Keramik aus Kilchberg-Schooren, Manufaktur Nägeli in CERAMICA CH

Roland Blaettler, Andreas Heege 2019

In Schooren kaufte Matthias Neeracher im Jahr 1792 die alte Fayence- und Porzellanfabrik und widmete sich im Folgenden ausschliesslich der Herstellung von Steingut und Faience. 1802 kam die Manufaktur in die Hände von Hans Jakob Nägeli und im Jahr 1830 ging sie an dessen Sohn Johann Jakob Nägeli über. Vermutlich wurde bereits 1804 die Steingutproduktion wieder eingestellt. 1849 schloss Johann Jakob Nägeli die Fabrik wegen mangelnder Rentabilität. Es folgte eine Übergangsphase unter Louise Nägeli (1849–1858). Diese verkaufte die Fabrik schliesslich an Johann Jakob Staub, der sie bis zu seinem Tod 1897 betrieb. 1907 legten die Erben die Fabrik definitiv still. Die Firmengebäude wurden 1919 zu einem Landsitz umgebaut und 2002 ohne Genehmigung gesprengt (Matter 2012, 14–17).

Fayencen aus Kilchberg und Rüschlikon

Die grosse Produktion der vier Manufakturen am Zürichsee bietet besonders in Hinblick auf die Unterscheidung ihrer einfachen, fast identischen Grundformen noch viele Probleme. Die komplexeren Formen der Suppenschüsseln zeigen dagegen formale Eigenheiten, die erlauben, sie verschiedenen Fabriken zuzuweisen. So ist es Rudolf Schnyder überzeugend gelungen, typische Formen der zwei wichtigsten Manufakturen Nägeli (HMO 8689; AF Nr. 28) und Scheller zu definieren (AF Nr. 25; AF Nr. 73; HMO 8149) (Schnyder 1990).

Nägeli:

Scheller:

Diese erste Unterscheidung nach formalen Kriterien erlaubt zwar, die Dekore auf den Erzeugnissen der beiden sich konkurrenzierenden Unternehmen zu vergleichen, nicht aber endgültig dem einen oder anderen Betrieb zuzuweisen. Die Dekorfrage bleibt problematisch, weil man weiss, dass die Maler einmal in dieser, einmal in jener Fabrik arbeiteten. Schnyder hat auch auf Formen von Suppenschüsseln hingewiesen, die als Modelle von Fehr oder Abegg in Rüschlikon in Frage kommen; doch sind deren Erzeugnisse seltener und die Zuweisungen noch weitgehend hypothetisch (KMM 225; MBS 1944.93; HMO 8141; SFM 113; SFM 111; SFM 112; AF Nr. 74).

Bei den Fayencen von Kilchberg und Rüschlikon haben wir auf Vergleiche und vertiefte Studien zu jedem Objekt verzichtet. Eine präzisere Zuordnung haben wir nur in Fällen vorgenommen, die klar erscheinen, vermerken aber auch von Rudolf Schnyder gemachte Vorschläge zu Produkten von Rüschlikon. Der Begriff «Kilchberg» bezieht sich auf Stücke, die Nägeli im Schooren oder Scheller im Böndler vor seinem 1835 erfolgten Umzug nach Schooren produzierten. «Kilchberg-Schooren» aber bezeichnet Objekte von Nägeli oder Scheller von nach 1835. Es ist durchaus möglich, dass es unter den hier «Kilchberg» und «Kilchberg-Schooren» zugewiesenen Fayencen auch Exemplare gibt, die, wenn wir einmal klarer sehen sollten, sich dereinst als Erzeugnisse von Rüschlikon erweisen.

Bibliographie

Blaettler/Schnyder 2014
Roland Blaettler/Rudolf Schnyder, CERAMICA CH II: Solothurn (Nationales Inventar der Keramik in den öffentlichen Sammlungen der Schweiz (1500–1950), Sulgen 2014, 42–43

Matter 2012
Annamaria Matter, Die archäologische Untersuchung in der ehemaligen Porzellanmanufaktur Kilchberg-Schooren. Keramikproduktion am linken Zürichseeufer 1763–1906 (Monographien der Kantonsarchäologie Zürich 43), Zürich 2012.

Schnyder 1990
Rudolf Schnyder, Schweizer Biedermeier-Fayencen, Schooren und Matzendorf. Sammlung Gubi Leemann, Bern 1990.

 

Kilchberg-Schooren ZH, Manufaktur Neeracher (1792-1802)

Roland Blaettler, Andreas Heege 2019

 Im 19. Jahrhundert gab es am rechten Zürichseeufer nicht weniger als vier Fayencemanu­fakturen: In Kilchberg die Fabrik Nägeli (aktiv im Schooren zwi­schen 1802 und 1857) und die Fabrik Scheller (aktiv von 1820 bis 1869, zuerst im Böndler und ab 1835 im Schooren), im Kilchberg benachbarten Rüschlikon arbeiteten die Manufaktur von Jakob Fehr von 1832 bis 1866 und jene der Gebrüder Abegg von 1836 bis 1842. Die Produktion dieser Betriebe ist bezüglich Formen und Dekor sehr ähnlich, so dass wir beim Stand unseres Wissens noch immer nicht vollständig in der Lage sind, die Erzeugnisse der verschiedenen Unternehmen klar zu unterscheiden.

Kilchberg-Schooren, Manufakturen Neeracher, Nägeli und Staub

In Schooren kaufte Matthias Neeracher im Jahr 1792 die alte Fayence- und Porzellanfabrik und widmete sich im Folgenden ausschliesslich der Herstellung von Steingut und Fayence. 1802 kam die Manufaktur in die Hände von Hans Jakob Nägeli und im Jahr 1830 ging sie an dessen Sohn Johann Jakob Nägeli über. Vermutlich wurde bereits 1804 die Steingutproduktion wieder eingestellt. 1849 schloss Johann Jakob Nägeli die Fabrik wegen mangelnder Rentabilität. Es folgte eine Übergangsphase unter Louise Nägeli (1849–1858). Diese verkaufte die Fabrik schliesslich an Johann Jakob Staub, der sie bis zu seinem Tod 1897 betrieb. 1907 legten die Erben die Fabrik definitiv still. Die Firmengebäude wurden 1919 zu einem Landsitz umgebaut und 2002 ohne Genehmigung gesprengt (Matter 2012, 14–17).

Fayencen aus Kilchberg und Rüschlikon

Die grosse Produktion der vier Manufakturen am Zürichsee bietet besonders in Hinblick auf die Unterscheidung ihrer einfachen, fast identischen Grundformen noch viele Probleme. Die komplexeren Formen der Suppenschüsseln zeigen dagegen formale Eigenheiten, die erlauben, sie verschiedenen Fabriken zuzuweisen. So ist es Rudolf Schnyder überzeugend gelungen, typische Formen der zwei wichtigsten Manufakturen Nägeli (HMO 8689; AF Nr. 28) und Scheller zu definieren (AF Nr. 25; AF Nr. 73; HMO 8149) (Schnyder 1990).


Nägeli


Scheller

Diese erste Unterscheidung nach formalen Kriterien erlaubt zwar, die Dekore auf den Erzeugnissen der beiden sich konkurrenzierenden Unternehmen zu vergleichen, nicht aber endgültig dem einen oder andern Betrieb zuzuweisen. Die Dekorfrage bleibt problematisch, weil man weiss, dass die Maler einmal in dieser, einmal in jener Fabrik arbeiteten. Schnyder hat auch auf Formen von Suppenschüsseln hingewiesen, die als Modelle von Fehr oder Abegg in Rüschlikon in Frage kommen; doch sind deren Erzeugnisse seltener und die Zuweisungen noch weitgehend hypothetisch (KMM 225; MBS 1944.93; HMO 8141; SFM 113; SFM 111; SFM 112; AF Nr. 74).

Bei den Fayencen von Kilchberg und Rüschlikon haben wir auf Vergleiche und vertiefte Studien zu jedem Objekt verzichtet. Eine präzisere Zuordnung haben wir nur in Fällen vorgenommen, die klar erscheinen, vermerken aber auch von Rudolf Schnyder gemachte Vorschläge zu Produkten von Rüschlikon. Der Begriff «Kilchberg» bezieht sich auf Stücke, die Nägeli im Schooren oder Scheller im Böndler vor seinem 1835 erfolgten Umzug nach Schooren produzierten. «Kilchberg-Schooren» aber bezeichnet Objekte von Nägeli oder Scheller von nach 1835. Es ist durchaus möglich, dass es unter den hier «Kilchberg» und «Kilchberg-Schooren» zugewiesenen Fayencen auch Exemplare gibt, die, wenn wir einmal klarer sehen sollten, sich dereinst als Erzeugnisse von Rüschlikon erweisen.

Bibliographie

Blaettler/Schnyder 2014
Roland Blaettler/Rudolf Schnyder, CERAMICA CH II: Solothurn (Nationales Inventar der Keramik in den öffentlichen Sammlungen der Schweiz (1500–1950), Sulgen 2014, 42–43

Matter 2012
Annamaria Matter, Die archäologische Untersuchung in der ehemaligen Porzellanmanufaktur Kilchberg-Schooren. Keramikproduktion am linken Zürichseeufer 1763–1906 (Monographien der Kantonsarchäologie Zürich 43), Zürich 2012.

Schnyder 1990
Rudolf Schnyder, Schweizer Biedermeier-Fayencen, Schooren und Matzendorf. Sammlung Gubi Leemann, Bern 1990.

 

Kilchberg-Schooren ZH, Manufaktur Staub (1858-1906)

Roland Blaettler, Andreas Heege 2019

In Schooren kaufte Matthias Neeracher im Jahr 1792 die alte Fayence- und Porzellanfabrik und widmete sich im Folgenden ausschliesslich der Herstellung von Steingut und Faience. 1802 kam die Manufaktur in die Hände von Hans Jakob Nägeli und im Jahr 1830 ging sie an dessen Sohn Johann Jakob Nägeli über. Vermutlich wurde bereits 1804 die Steingutproduktion wieder eingestellt. 1849 schloss Johann Jakob Nägeli die Fabrik wegen mangelnder Rentabilität. Es folgte eine Übergangsphase unter Louise Nägeli (1849–1858).

Diese verkaufte die Fabrik schliesslich 1858 an Johann Jakob Staub (1825-1897), der sie bis zu seinem Tod 1897 betrieb. In der Spätphase der Fabrik wurde  neben Blumentöpfen vor allem manganglasiertes  Schenk- und Tafelgeschirr hergestellt, das  vermutlich nie gemarkt oder gestempelt war.  Eine seltene Ausnahme ist ein 1896 datierter und  «J:St:» signierter Wandbrunnen nebst Handwaschbecken (MKB VI-4048) nach älteren Zürcher Vorlagen bzw. in der Manufaktur erhaltenen Gipsmodeln (diese heute SNM LM-15331-449; Heege/Kistler 2017/2, Abb. 726). Eine Übersicht über die von Staub produzierten Gefässformen gibt es bis heute nicht, jedoch liefern die Bodenfunde gewisse Anhaltspunkte (Matter 2012, 138, Abb. 159) . Daneben wurden vermutlich auch Kachelöfen hergestellt.

Die Manufakturgebäude auf einer Zeichnung des Jahres 1920.

Zwischen 1897 und Ende 1906 produzierten die Erben von Johann Jacob Staub möglicherweise weiterhin Keramik. Ende 1906 legten sie die Fabrik definitiv still (Bösch 2003, 253 unter Berufung auf Ducret 1951, 176) . Die Firmengebäude wurden 1919 zu einem Landsitz umgebaut und 2002 ohne Genehmigung gesprengt (Matter 2012, 14–17).

Bibliographie

Blaettler/Schnyder 2014
Roland Blaettler/Rudolf Schnyder, CERAMICA CH II: Solothurn (Nationales Inventar der Keramik in den öffentlichen Sammlungen der Schweiz (1500–1950), Sulgen 2014, 42–43.

Ducret 1951
Siegfried Ducret, Schoorensteingut des 19. Jh., in: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 12, 1951, 175-180.

Heege/Kistler 2017
Andreas Heege/Andreas Kistler, Keramik aus Langnau. Zur Geschichte der bedeutendsten Landhafnerei im Kanton Bern (Schriften des Bernischen Historischen Museums 13), Bern 2017.

Matter 2012
Annamaria Matter, Die archäologische Untersuchung in der ehemaligen Porzellanmanufaktur Kilchberg-Schooren. Keramikproduktion am linken Zürichseeufer 1763–1906 (Monographien der Kantonsarchäologie Zürich 43), Zürich 2012, bes. 115 und 138.

Kilchberg-Schooren, Zürcher Porzellanmanufaktur (1763-1790)

Die Zürcher Porzellanmanufaktur in Kilchberg-Schooren (Original Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung).

Zürcher Porzellan in CERAMICA CH

Zürcher Fayence in CERAMICA CH

Die Zürcher Porzellanmanufaktur

Geschichte des Betriebs

Elisabeth Lott, 2023

In dem vom gehobenen Bürgertum getragenen Stadtstaat Zürich ging eine Gruppe von Politikern, Unternehmern und Intellektuellen ein kühnes Wagnis ein: Sie gründeten 1763 eine Porzellanmanu­faktur in einem Land, das nicht auf die Gunst und Repräsentationsmöglichkeiten sowie die Finanz­kraft eines fürstlichen Hofes abstellen konnte. Inspiriert von den Ideen der Aufklärung, hegten die Gründer vor allem kulturelle Absichten. Sie wollten beweisen, dass es möglich ist, in Zürich ein ehr­geiziges künstlerisches Werk aufzubauen. Sie verfolgten aber auch ökonomische und philanthropi­sche Interessen. Einerseits sollte zürcherisches Kapital für den Kauf von Porzellan nicht ins Ausland abfliessen, andererseits sollten verarmte Landleute und junge Menschen im Betrieb eine künstle­rische Ausbildung und einen Arbeitsplatz erhalten.

Die Initiative zur Gründung einer Porzellanmanufaktur ergriff aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen der spätere Zürcher Bürgermeister Johann Conrad Heidegger (1710-1778). Er bildete 1763 zusam­men mit seinen beiden Neffen, dem berühmten Dichter und Maler Salomon Gessner (1730-1788) und dem Verleger Heinrich Heidegger vom Kiel (1738-1823) sowie den beiden Neffen seiner Frau, dem Seidenhändler und Bankier Hans Martin Usteri (1738-1790) und Stadtschreiber Heinrich Lavater (1731-1818), ein Konsortium mit dem klaren Ziel, Porzellan herzustellen. Am 10. August 1763 kaufte Heinrich Heidegger im Namen dieser Societät von der Witwe Holzhalb ein im Schooren bei Kilchberg-Bendlikon am See gelegenes Haus samt Land. Ebenfalls im August 1763 trat Adam Spengler (1726-1790) als Direktor und technischer Leiter in den Dienst des neuen Unternehmens. Er nahm zielstrebig die Einrichtung der Manufaktur in Angriff, und bereits im Frühling 1764 konnte der Verkauf von Fayence angekündigt werden, einer Keramikart, deren Herstellung und Verarbeitung Spengler aus seiner Tätigkeit bei den Berner Fayencemanufakturen vertraut war.

Noch vor Ende 1764 gelang der Manufaktur die Herstellung von Porzellan, und bereits 1770 verfügte sie über ein breites Spektrum an Geschirrstücken, Gebrauchsgegenständen und Figuren. Das Wissen um die Herstellung von Porzellan dürfte aus Ludwigsburg überliefert worden sein.

Schlichte Teekanne in klassizistischem Stil links (CFMH_Bö_0469) und Kanne in alter Form rechts (CFMH_Bö_0248).

Während unter qualitativem Aspekt unzweifelhaft ein beachtlicher Erfolg zu verzeichnen war und durchaus das Niveau namhafter ausländischer Porzellanmanufakturen erreicht wurde, traf dies in wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht leider nicht zu. Schon kurz nach Aufnahme der Tätigkeit kämpfte das Unternehmen mit Liquiditätsproblemen und ungenügenden Erträgen. Der Absatzmarkt war begrenzt und die ausländische Konkurrenz gross. Massnahmen wie das Erproben von kosten­günstigeren Keramikmassen ohne grossen Kaolinanteil oder die Durchführung einer Porzellan-Lotterie (1773) sowie die Bestellung des umfangreichen Einsiedler-Service durch den Zürcher Rat (1775) brachten keine Besserung. Wegen fehlender Mittel konnte die Manufaktur auch nicht in neue Formen investieren, um so dem moderneren klassizistischen Kunstgeschmack des ausgehenden 18. Jahrhunderts entsprechen zu können – sie blieb dem Stil des Rokoko verhaftet.

1788 starben Salomon Gessner und 1790 Hans Martin Usteri sowie der Direktor Adam Spengler. Damit verlor die Manufaktur ihre Leitung. Nach nur 27 Betriebsjahren beschlossen die verbliebenen Teilhaber wegen der katastrophalen finanziellen Lage die Stilllegung der Produktion und die Liquidation des Unternehmens.

Die Erfassung der finanziellen Lage und die Liquidation zogen sich dann über längere Zeit hin. Die verbindliche Liquidationsurkunde konnte deshalb erst auf den 31. Dezember 1791 erstellt werden. Sie zeigte neben dem entstandenen Verlust in Höhe von 225.000 Gulden (was heute einem zwei­stelligen Millionenbetrag entspräche) auch das Obligo jedes einzelnen Teilhabers. Die Gebäude und das Land wurden verkauft und dienten in den folgenden Jahrzehnten neuen Kilchberger Unterneh­men (Manufaktur Neeracher, 1792-1802Manufaktur Nägeli, 1802-1858Manufaktur Staub, 1858-1906) zur Herstellung von Fayence und Steingut.

Betriebsablauf und Personal

Die Produktion in der Zürcher Porzellanmanufaktur wurde mit ungefähr 30 Personen aufgenommen. Für damalige Verhältnisse war dies eine ansehnliche Betriebsgrösse. Das 1763 erworbene Wohnhaus mit seinen 25 Zimmern wurde in einen kunsthandwerklichen Fabrikationsbetrieb umgewandelt, diente aber bis 1766 dem Direktor gleichzeitig als Wohnhaus. Für die wesentlichen Arbeitsgänge standen getrennte Räume zur Verfügung, ähnlich wie dies auch bei anderen Manufakturen üblich war: Erwähnenswert sind die Schlämmstube, wo die Rohmaterialien gereinigt, bearbeitet und gemischt wurden; sodann die Dreherstube, in welcher sämtliche auf der Drehscheibe zu verfertigenden Formstücke bearbeitet wurden; die Former- und Bossiererstube, wo die zu schaffen­den Stücke resp. Einzelteile mittels Gipsformen hergestellt und zu einem Ganzen zusammengefügt, d.h. bossiert wurden. Der Qualitätskontrolle nach dem Glattbrand diente die Sortierstube, während die weitere künstlerische Bearbeitung der Erzeugnisse anschliessend in der Malerstube oder der Druckerstube stattfand. Anfänglich befanden sich die Brennöfen, die in ihrer Konstruktion vermutlich dem Ringler-Ofen aus Wien oder für die Fayence den üblichen stehenden Öfen vom Typ Picollpasso entsprachen, noch im ehemaligen Wohnhaus, doch schon vor 1771 richtete man ein separates Brennhaus ein.

Abgesehen von der Glasurmühle in Thalwil war kein von der Technik unterstützter Arbeitsablauf vorhanden; jeder Arbeitsgang musste von Hand ausgeführt werden. Erschwert wurde ein rationeller Betriebsablauf auch durch die gleichzeitige Herstellung von Porzellan und von Produkten aus einheimischer Tonerde.

Von Salomon Gessner eigenhändig bemalter Teller mit Landschaftsdekor (CFMH_Bö_0498).

Doch die Zürcher Manufaktur hatte das Glück, mit Salomon Gessner und Adam Spengler von Anfang an über zwei sehr kompetente Künstlerpersönlichkeiten zu verfügen. Trotzdem musste man mehrere qualifizierte Mitarbeiter aus dem Ausland kommen lassen, die sich in den verschiedenen Produktionstechniken auskannten und die Porzellanmalerei beherrschten. Die meisten stammten aus Lothringen und aus Süddeutschland. Unter ihnen seien die Maler Johannes Leopold Daffinger aus Wien und Johannes Bonlander aus Memmingen sowie die deutschen Bildhauer und Modelleure Joseph Nees und Johann Valentin Sonnenschein erwähnt.

Zu den ausländischen Spezialisten gesellte sich eine Reihe einheimischer Arbeitskräfte, die meist aus Zollikon kamen und sich in der Former- und Malerstube der Fabrik ausbilden liessen, bevor sie anerkannte Künstler auf dem Gebiet der Porzellanplastik oder der Keramikmalerei wurden. Wie es die Gründer der Zürcher Manufaktur gewünscht hatten, spielte das Unternehmen also durchaus auch die Rolle einer Kunstschule. Mehrere bekannte Zürcher Kleinmeister, darunter Heinrich Füssli, Heinrich Thomann und Johann Heinrich Bleuler, erhielten ihre künstlerische Ausbildung in der Porzellanmanufaktur. Als Modelleur, der seine Ausbildung der Manufaktur verdankte, ist Johann Jakob Willhelm Spengler, der Sohn Adam Spenglers, zu nennen.

Verarbeitete Materialien

Anfangs wurden ausschliesslich inländische Tone verarbeitet, und hauptsächlich Fayence produziert, da sich der Direktor Adam Spengler in dieser Materie sehr gut auskannte. Schon wenige Monate später aber gelang die Produktion von Porzellan. Nicht zuletzt aus Kostengründen wurde mit der Zusammensetzung der Keramikmassen in der Zürcher Manufaktur immer wieder experimentiert. Das für Porzellan erforderliche Kaolin musste nämlich zuerst aus Gruben im Bayrischen Wald, später aus Kaolingruben von St. Yrieix bei Limoges beschafft werden, was sehr kostspielig war. Und weil Porzellan im Vergleich mit Fayence wesentlich höhere Brenntemperaturen erforderte, schlugen letztlich auch die für den Brand der Keramiken benötigten Brennholzkosten zu Buche.

Abgesehen von Fayence und Porzellan produzierte man in Kilchberg-Schooren auch noch Steingut und  Weichporzellan (aus den Anfängen der Manufaktur: Angst 1905; zur abweichenden Spätdatierung des Weichporzellans nach ca. 1777 siehe Schnyder 2009, 13-14). Zur Diskussion um die produzierten Waren und ihre Definitionen vgl. unbedingt auch die Bearbeitungen von Annamaria Matter (2012, 39-48) und Maire (2008, 29-36). Beim Steingut aus Kilchberg-Schooren scheint es sich nach chemischen Analysen (Matter 2012, Tab. 1-3) um eisenarmes calciumreiches Kalksteingut gehandelt zu haben, das sowohl eine Blei- als auch eine Fayenceglasur tragen konnte, was heute zu definitorischen Abgrenzungsproblemen führt (Steingut oder Fayence?). Diese Art Geschirr wurde in CERAMICA-CH als “Fayence” aufgenommen.

Keramikformen und Dekore

Formen

Sowohl beim Figurenwerk wie im Segment der Geschirrkeramik und sonstiger Formstücke für den täglichen Gebrauch verfügte die Zürcher Manufaktur über eine enorme Vielfalt. Ziel war es, der Kundschaft ein breites Spektrum an Formen anbieten zu können, wie das auch bei der ausländischen Konkurrenz der Fall war.

Allerdings war man im Gegensatz zu deutschen und französischen Betrieben bestrebt, weniger üppi­ges Porzellan zu schaffen. Die Geschirre mussten dem Geschmack der reformierten Zürcher Bürger­familien entsprechen, allzu prunkvolle und reich verzierte Modelle wie an europäischen Fürstenhöfen waren nicht gefragt. Auf schlichteren Formen und glatten Oberflächen kamen dafür die herrlichen Malereien umso mehr zur Geltung.

Figurenpaar Gärtner und Gärtnerin (CFMH_K_0225 und CFMH_K_0226).

Das reiche Figurenwerk diente nicht Dekorationszwecken im heutigen Sinne, sondern ausschliesslich der Tafelzier an Festtagen oder bei besonderen Gelegenheiten. Zur Herstellung der Einzelfiguren oder ganzer Figurengruppen kamen andere Künstler und Kunsthandwerker zum Zuge als bei der Geschirrfabrikation. Die liebenswürdigen Kleinplastiken, die etwa Berufe jener Zeit oder die Jahres­zeiten, die Erdteile oder die Sinne darstellen, gehören mit ihrer Allegorik zu den schönsten Zeugen der Welt des Rokoko. Mit mehr als 460 verschiedenen Ausformungen zählt die Zürcher Manufaktur auch in diesem Bereich zu den führenden Betrieben auf dem Kontinent (vgl. zum Figurenwerk auch: Schnyder 2009).

Dekore

Im 18. Jahrhundert war das Farbenangebot noch sehr begrenzt und mit Mängeln versehen, was das schnell rissig werdende Grün bewies. Die Farben wurden aus Erdpigmenten, Mineralien und Metallen gewonnen. Für die blaue Farbe war man beispielsweise auf Kobaltsmalte angewiesen. Da auf dem Markt noch keine fertigen Porzellanfarben erhältlich waren, mussten diese in der Manufaktur selbst hergestellt werden. In Zürich arbeiteten die Maler mit Ausnahme des unterglasurblauen Dekors mit Muffelfarben, bei denen das Stück vor der Bemalung glasiert und dem Garbrand unterzogen wird. Die Bezeichnung «Muffel» stammt dabei von einem feuerbeständigen Behälter im Muffelofen, der die bemalten Keramiken vor dem direkten Feuer und dem Rauch schützen sollte. Eine der Schwierig­keiten für den Porzellanmaler war das unterschiedliche Aussehen der Farben vor und nach dem Brand. Um zu wissen, wie sich die Farben beim Brennen verhalten, bediente sich der Maler gebrannten Mustertellern, auf denen die Farbskalen aufgemalt waren.

In Bezug auf die Dekore hat die Zürcher Porzellanmanufaktur wiederum eine enorme Bandbreite vorzuweisen. Sie ist vor allem berühmt im Bereich der Blumen- und Landschaftsdekore. Im Vergleich mit anderen Manufakturen zählen diese Dekore denn auch zum Besten, was in der Keramikmalerei geschaffen wurde.

Landschaftsdekor: Unter dem Einfluss und der Anleitung von Salomon Gessner legte das Unternehmen grosses Gewicht auf diese Art der Bemalung. Gessner unterrichtete die Porzellanmaler in der Darstellung idyllischer Landschaften und vermittelte ihnen einerseits die Bedeutung der Naturstudien und achtete anderseits auf die unerlässliche Sorgfalt bei der strengen klassischen Komposition. Gessner lieferte dazu zahlreiche Vorlagen für Landschaftssujets, wobei er sich insbesondere auf Stiche niederländischer Meister stützte.

Unter dem Landschaftsdekor finden sich Bildkompositionen mit Bäumen, Baumgruppen und Sträuchern, intakten oder halbverfallenen Häusern sowie romantisierenden Ruinenstücken oder Burganlagen, stillen Gewässern, Fluss- oder Seelandschaften mit Inseln und Fernsichten. Die Seelandschaften sind oft staffiert mit unterschiedlichen Booten. Meistens werden diese Bildszenen durch kleine Personendarstellungen belebt. Beachtenswert sind zudem die Abschattierungen zur Unterstützung der atmosphärischen Perspektive. Im Gegensatz zu den Erzeugnissen grosser ausländischer Manufakturen fehlen dem Zürcher Dekor die vom Hofleben beherrschten Landschaften, die fürstlichen Paläste und Gärten. Die Künstler in Kilchberg arbeiteten zürcherisch nüchtern und sachlich. Dabei schufen sie aber teils Landschaften von einer unerreicht verträumten Feinheit.

Arkadische Landschaft (CFMH_Bö_0439).

Der Zürcher Landschaftsdekor wird heute nach dem zentralen Bildthema unterschieden:

– Sujets, bei denen die Landschaft allein zentrales Bildthema ist. Hier wird unterschieden zwischen «arkadischen» Landschaften einerseits, bei denen das Bildsujet überwiegend vom grafischen Schaffen ausländischer oder schweizerischer Künstler beeinflusst ist, sei dies durch die Übernahme wesentli­cher Bestandteile der Vorlage oder effektives Kopieren, und «naturalistischen» Landschaften anderseits, in denen die Komposition von Bildsujets von den in der Manufaktur tätigen Künstlern geschaffen wurde. Hier dienten den Malern Vorlagen grafischer Arbeiten ausländischer Künstler lediglich als Inspirationsquelle.

Kauffahrtei-Szene auf Untersetzer (CFMH_Bö_0184).

– Sujets, bei denen neben die Landschaft ein weiteres zentrales Bildthema tritt: In der Regel handelt es sich um Boote, die dem Transport oder der Fischerei dienen. In Verbindung mit am Ufer lagernden Fässern, Warenballen und anderen Transportgütern entsteht so der Kauffahrtei-Dekor der Zürcher Kaufmannschaft, galt der Seeweg doch als wesentlicher Teil des Güterexports in den Süden.

Teedose mit Dekor «Grosse Figuren» (CFMH_K_1666).

Mit dem Landschaftsdekor verwandt ist der Dekor Grosse Figuren. Dieser unterscheidet sich vom Landschaftsdekor dadurch, dass die Personen- und Tierdarstellungen nicht im richtigen Grössenverhältnis zur umgebenden Landschaftsstaffage stehen.

Kaffeekannen mit monochromer und bunter Blumenmalerei (CFMH_Bö_0458 und CFMH_Bö_0338).

Blumendekor: Ähnlich wie Salomon Gessner in der Landschaftsmalerei inspirierte Adam Spengler die Maler in der Blumenmalerei. Seine künstlerischen Erfahrungen aus den Berner Fayencemanufakturen liess er in die Malerstube des Zürcher Betriebs einfliessen. So ist in der Anfangszeit eine grosse Übereinstimmung mit der Berner Blumenmalerei festzustellen. Anregen liessen sich die Zürcher Künstler nicht nur durch die einheimische Pflanzenwelt, sondern auch von Blumendekoren anderer Manufakturen, vorwiegend jenen aus Strassburg und Ludwigsburg.

In der Blumenmalerei, der Darstellung natürlicher Blumen der einheimischen Flora, wurde in Zürich Hervorragendes geleistet; Höhepunkte bilden dabei die grosszügig und detailgetreu in kräftigen Farben gemalten Gebinde der Frühzeit und die sogenannten Einsiedlerblumen in der Art von Johannes Daffinger.

Teedosen mit Girlandendekor (von links nach rechts: CFMH_Bö_0326, CFMH_Bö_0096, CFMH_Bö_0492, CFMH_K_1524).

Neben der Darstellung von Einzelblumen und Blumengebinden gestalteten die Zürcher Künstler auch Blumengirlanden oder Kombinationen von Girlanden, Bändern und anderen Zierelementen wie Festons. Der Blumendekor wird deshalb unterschieden in den eigentlichen Blumendekor und den Girlanden- und Bänderdekor.

Ostasiatische Dekore: Zur Verzierung des neuen europäischen Porzellans übernahm Meissen sehr rasch die Bildmotive der ostasiatischen Dekorarten. Als Vorlagen standen den Malern in Meissen dabei die entsprechenden Auftragsporzellane in der Sammlung Augusts des Starken zur Verfügung. Basis bildete speziell der Malstil auf Arita- oder Imariporzellanen, im Wesentlichen der Kakiemonstil, der auf japanischen Motiven beruhte. Im figürlichen Bereich stützten sich die europäischen Maler dagegen auf Stichwerke ab, die sich mit dem fernen Osten und den «Exoten aus fernöstlichem Land» befassten.

Während für die chinesischen und japanischen Künstler der Symbolgehalt und die Bildhaftigkeit der dargestellten Bildbestandteile und deren Kombination im Mittelpunkt standen, richteten sich die Künstler der europäischen Manufakturen nach ästhetischen Gesichtspunkten. Der Symbolgehalt der Bildmotive auf chinesischen und japanischen Keramiken war ihnen offensichtlich nicht bewusst.

Asiatische Motive auf Zürcher Porzellan (CFMH_Bö_0307, CFMH_Bö_0135).

Im Gegensatz zu den Malern in Meissen, die sich auf ostasiatische Keramikmalereien abstützen konnten, dienten in der Zürcher Manufaktur die ostasiatischen Malereien der renommierten euro­päischen Porzellanmanufakturen als Vorlage. Dies zeigen die nach Porzellanen aus Meissen kopierten Dekorvarianten wie «Astern und Päonien», «Pagode in Landschaft», «Fels und Vogel» oder die «Stadler-Chinesen». Die Zürcher beschränkten sich bei der Sujetwahl auf Blumen-, Blüten- und Stauden- sowie auf Fels-, Stein- oder Heckendarstellungen. Mit Ausnahme von Vogelmotiven fehlen in Zürich Tiersujets wie Drache, Löwe oder Tiger.

Teller (CFMH_Bö_0159), Kaffeekanne (CFMH_K_0585) und Teekanne (CFMH_Bö_0545) mit Vogeldekor.

Vogel- und Früchtedekor: Der Vogeldekor umfasst in Zürich sowohl das nach der Natur gemalte Federvieh als auch exotische Vögel und eigentliche Fantasiegebilde. Unterschieden wird dieser Dekor in «Vögel in Landschaft» und «Vögel auf Zweigen».

Teller mit Corniche-Dekor (CFMH_Bö_0391).

Viele Geschirre weisen in Anlehnung an ausländische Manufakturen auch plastische Verzierungen (Reliefdekor) auf, vom einfachen Rippdekor mit schmal oder breit geripptem Muster über den Korbflechtrand, das sogenannte Oziermuster, bis zum «Corniche»-Dekor, der mit seinen Reliefblumen und -bändern sowie Rocaillen den reicheren ausländischen plastischen Dekoren nahekommt. Das in Zürich am meisten verwendete plastische Muster bei Tellern, Platten und Schalen in Porzellan war die Riefelung resp. der Riefeldekor. Auf wenigen Einzelstücken findet sich zudem der «Abgesetzte Schnurrand» (geschnürlter Rand), eine Kombination des Riefeldekors mit einem geflochtenen Randabschluss.

Teekanne mit plastischem Gotzkowski-Dekor kombiniert mit Insektenmalerei (CFMH_Bö_0275).

Bei Kaffee- und Teegeschirren wurde gelegentlich ein Blumendekor angebracht, der sogenannte Gotzkowski-Dekor, oder ein plastischer Blumenranken-Dekor, der von der Ludwigsburger Manu­faktur übernommen worden war.

Kaffeekanne mit Blumendekor und reicher Vergoldung (CFMH_Bö_0493).

Als weiteres Dekor-Element wurde die Vergoldung verwendet, von einfachen Goldpunkten über diskrete Konturierungen in Gold, Goldränder und Goldzahnbordüren bis hin zu reicher Vergoldung ganz im Stil von Prunkgeschirren aus Meissen oder Sèvres.

Blumentopf mit Fayenceglasur und schwarzem Umdruckdekor auf der Glasur (CFMH_Bö_0274).

Als eine der ersten Manufakturen auf dem Kontinent übernahm die Zürcher Manufaktur in späteren Jahren auch den in England erfundenen Umdruckdekor, eine kostengünstigere Art der Verzierung, die vor allem auf Geschirren mit Fayenceglasur und hell gebranntem Scherben angewendet wurde. Es handelt sich in allen Fällen um Umdruckdekor auf der Glasur.

Service

Die Produktion ganzer Service war in der Zürcher Manufaktur eine Ausnahme. Wollte man ein komplettes Service erwerben, wurde dieses aus zueinander passenden Einzelstücken aus dem Warenlager im Schooren zusammengestellt. Der eigentliche Laden der Manufaktur befand sich in der «Meisen» auf dem Zürcher Münsterhof.

Als einheitlich konzipierte Speisegedecke wurden nur zwei vollständige Tafelservices geschaffen: das berühmte Porzellan-Service für das Kloster Einsiedeln, das einzige Schweizer Staatsgedeck des 18. Jahrhunderts, und das Fayence-Service der Familie von Salis, das mit schönen Seelandschaften verziert ist.

Das Einsiedler-Service

Von besonderer Bedeutung im Schaffen der Zürcher Porzellanmanufaktur ist das als «Einsiedler-Service» bezeichnete Tafelgedeck, bestehend aus rund 235 Einzelteilen. Es entstand 1775 und umfasst nebst einem grosszügigen Speiseservice auch ein Kaffee- und Teegedeck.

Nachdem 1773/74 eine sechsköpfige Zürcher Delegation während monatelangen Verhandlungen mit dem Stand Schwyz um Fischerei- und Fahrrechte auf dem Zürichsee im Kloster Einsiedeln beherbergt worden war, wollte sich der Zürcher Rat für diese Gastfreundschaft erkenntlich zeigen und gab das umfangreiche Service in der Manufaktur in Auftrag. Das Geschenk durfte zwischen 1000 und 1200 Gulden kosten. Diese Bestellung war in Kilchberg-Schooren hoch willkommen, denn schon damals kämpfte man im Betrieb mit Absatzproblemen. Eine erhaltene Abschrift der Originalrechnung belegt den Umfang des prestigeträchtigen Geschenks, das im Sommer 1776 ins Kloster kam und nur bei speziellen Anlässen aufgedeckt wurde.

Erst anlässlich der Landesausstellung von 1883 rückte das Service wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit, als Teile daraus in Zürich gezeigt wurden. Es stiess bei Keramiksammlern auf grosses Interesse. Weil im Kloster grössere Renovationsarbeiten anstanden, so z.B. die Erneuerung des Kirchenbodens, beschloss der Konvent zu deren Finanzierung das Gedeck zusammen mit weiteren Porzellanen zu verkaufen. Dem Käufer Heinrich Angst, dem späteren ersten Direktor des Schweizeri­schen Landesmuseums, war der gesamte Kaufpreis von CHF 10.000.- aber zu hoch. Er fand in seinem Freund Auguste Siegfried aus Lausanne einen gleichgesinnten Partner, und die beiden Sammler teilten die Porzellane unter sich auf. Bei Formstücken in einzelner Ausführung, wie z.B. beim Tafel­aufsatz, entschieden sie die Zuteilung durch Kartenspiel, das Heinrich Angst offensichtlich gut beherrschte. Denn diese Unikate befinden sich heute hauptsächlich im Schweizerischen Landesmuseum, wohin Angsts Anteil 1903 als Legat kam.

Die grosse Tischvitrine mit dem Einsiedler-Service im Conrad Ferdinand Meyer-Haus Kilchberg.

Viele Stücke Siegfrieds gelangten nach dessen Tod über den Handel und zwei Privatsammlungen 1985 zurück an ihren Herstellungsort Kilchberg, ins heutige Zürcher Porzellanmuseum im C. F. Meyer-Haus.

Neuausstellung des Einsiedler-Service im Schweizerischen Nationalmuseum in Zürich,  2020.

Das Schweizerische Nationalmuseum verwahrt heute neben dem dreiteiligen Tafelaufsatz weit über die Hälfte der ursprünglich 72 Speiseteller, 16 von insgesamt 24 tiefer gemuldeten Suppentellern sowie einen wesentlichen Bestand des zwölfteiligen Kaffee- und Teegedecks, davon alleine acht der total zwölf sog. Prunkteller und viele andere Geschirre für den Nachtisch. In Kilchberg sind 14 Speiseteller ausgestellt, alle restlichen Suppenteller, dazu zahlreiche runde und ovale Platten und Schalen in verschiedenen Grössen. Erwähnenswert sind auch einige Stücke, die gestützt auf den Dekor zwar zum Service passen, zudem auf der Fotografie zu sehen sind, die vor dem Verkauf der Geschirre durch das Kloster aufgenommen wurde, aber durch die Rechnung der Manufaktur nicht als eigentliche Teile des ursprünglichen Geschenks belegt sind (z.B. zwei ovale Terrinen). Möglicherweise hatte das Kloster selber solche Stücke zur Ergänzung des Gedecks erworben.

Das von Salis Fayence-Service 

Andreas Heege, 2021

Zwischen etwa 1770 und 1773 entstand in der Zürcher Porzellanmanufaktur in Kilchberg-Schooren eines der wenigen bekannten Fayenceservice, für das sich im Jahr 1773 insgesamt 119 Teile nachweisen lassen. Franz Bösch hat sich im Rahmen seiner Studien zur Zürcher Porzellanmanufaktur intensiv mit der Überlieferungsgeschichte des Service auseinandergesetzt (Bösch 2003, 203–215).

Dem Rätischen Museum gelang 1895 der Ankauf seines Serviceteiles von den Erben des Andreas von Salis (1782–1858) aus Chur. Ein weiterer Teil gelangte gleichzeitig in den Privatbesitz von Heinrich Angst und über dessen Sammlung schliesslich als Geschenk in den Besitz des Schweizerischen Nationalmuseums. Belegen liess sich aufgrund von Archivalien eine ursprüngliche Herkunft aus dem Besitz des Peter von Salis-Soglio (1729–1783) in Chur. Weitergehende Informationen zur Bestellung des Service liegen jedoch nicht vor. Angenommen wird eine Anschaffung oder Bestellung nach 1770 und sicher vor 1773 (Erstinventarisation).

Teile des von Salis-Service aus der Sammlung des Rätischen Museums in Chur, aus der Zeit um 1770.

Von diesem Service befinden sich heute 36 Stück im Rätischen Museum (RMC H1971.1002-1037). 26 Stücke verwahrt das Schweizerische Nationalmuseum (SNM HA-2134–HA-2137, HA-2150–HA-2151, HA-2176; HA-2153, ist eine nicht zum Service gehörige Sauciere) , 1 Stück ist im Historischen Museum St. Gallen (Slg. Friedrich Eugen Girtanner, 1880-1956, ex. Slg. Angst bzw. SNM HA-2135, heute HVMSG Inv. G-13098), 1 Stück im Conrad Ferdinand Meyer-Haus (CFMH_Bö_0415) und 5 Stück in schweizerischem Privatbesitz, von denen drei aus der Sammlung Angst stammen und getauscht wurden (HA-2134.8, HA-2136.3, HA-2176.3). Die beiden anderen wurden aus der Sammlung  Elsa Bloch-Diener, Bern, bzw. auf dem Dortmunder Flohmarkt erworben. Es fehlt der aktuelle Nachweis für den Verbleib von ein oder zwei Stücken aus der ehemaligen Sammlung von Frau De Terra, Zollikon, die im Dezember 1967 im Auktionshaus Stuker in Bern versteigert wurden (sicher Los 713, vielleicht auch Los 714). Frau de Terra erhielt mindestens einen der Teller 1936 im Tausch vom Schweizerischen Nationalmuseum (SNM HA-2135). Unklar ist auch der Verbleib eines grossen Tellers der 1932 an den Kunsthändler Mathias Göhringer (1889-1941), bis 1933 in Baden-Baden, danach in Freiburg im Breisgau, abgegeben wurde (SNM HA-2136). Der Verbleib der übrigen archivalisch überlieferten Serviceteile, die sich 1895 noch in Familienbesitz von Salis befanden, ist unbekannt.

Nur zwei der Objekte des Rätischen Museums, ein Teller aus dem SNM und eine flache Schale in Privatbesitz tragen rückseitig die Manufakturmarke „Z“ (RMC H1971.1009, RMC H1971.1010; SNM HA-2137).  Zwei  Teller aus dem SNM weisen eine blaue Malermarke  “i” auf (SNM HA-2176.2, SNM HA-2135.5). An der Zugehörigkeit der übrigen Objekte zum Service kann aufgrund des sehr charakteristischen Dekors mit dem einheitlichen braunen Randstreifen und den auffällig blauen Seen und Bergen im Hintergrund, kein Zweifel bestehen. Die Bemalung ist sehr fein und detailreich ausgeführt. Es handelt sich ausschliesslich um idyllische Landschaften mit Seen und Bergen, phantastischen Architekturmotiven, Ruinen und Menschen (meist in Rückenansicht).  Der Maler ist unbekannt und es gibt kein weiteres Geschirr aus der Zürcher Manufaktur mit dieser Farbpalette. Auf der Unterseite der meisten Objekte finden sich Abrissspuren der Pinnen von einem ersten und zweiten Glasurbrand, die sekundär mit farblich abweichender weisser Fayenceglasur übermalt sind. Diese wurde gelegentlich auch zur Füllung zu grosser Nadelstichlöcher verwendet. Von einem dritten Glasurbrand (Muffelbrand) finden sich dann die noch offenen, nicht überdeckten Abrisse der Pinnen. Inklusive des Schrühbrandes wurden viele Objekte also mindestens viermal gebrannt, bevor sie fertig dekoriert waren (Beispiel RMC H1971.1014). Es fällt auf, dass die letzte der eingebrannten Farben, die für die rotbraunen Felsen und Teile der Baumstämme verwendet wurde, meist nicht sehr gut aufgeschmolzen ist und stumpf statt glänzend auf der Oberfläche steht. Ein Teil der Teller und Platten ist gebrochen und alt mit Drahtklammern geflickt. Das Service wurde also im Alltag tatsächlich geschätzt und intensiv genutzt.

Im Rätischen Museum sind 36 Keramiken vorhanden:

1 Terrine mit Granatapfelgriff ohne Klapperkügelchen (RMC H1971.1002; vgl. SNM HA-2150).
1 Sauciere (RMC H1971.1003).
2 Platten, oval, mit fassoniertem Rand (RMC H1971.1004, H1971.1005, vgl. SNM HA-2151).
3 Teller, unterschiedliche Durchmesser, mit vierpassig eingeschnittener Fahne (RMC H1971.1006, H1971.1009, H1971.1010, vgl. SNM HA-2137).
2 flache Platten mit gemuschelter Wandung und horizontalem, profiliertem, aussen gewelltem Rand (RMC H1971.1007, H1971.1008).
1 runde, kalottenförmige Platte mit vielpassigem Rand (RMC H1971.1011).
19 Teller mit schwach fassoniertem Rand (RMC H1971.1012– H1971.1031; vgl. SNM HA-2135.1-10, HA-2136.1-3, HA-2176.1-2).
7 kalottenförmige Teller (RMC H1971.1032-H1971.1037; vgl. SNM HA-2134).

Im Schweizerischen Nationalmuseum in Zürich sind zusätzlich 26 Objekte vorhanden:
1 Terrine mit Granatapfelgriff ohne Klapperkügelchen (SNM HA-2150).
2 Platten, oval, mit fassoniertem Rand (SNM HA-2151.1-2).
1 Teller mit vierpassig eingeschnittener Fahne (SNM HA-2137).
15 Teller mit schwach fassoniertem Rand (vgl. SNM HA-2135.1-10, HA-2136.1-3, HA-2176.1-2).
7 kalottenförmige Teller (SNM HA-2134.1-7).

Der Bestand von Heinrich Angst war ursprünglich etwas umfangreicher. Nachweisen lassen sich heute noch sechs Abgänge durch Tauschgeschäfte, sodass ursprünglich mindestens 32 Objekte in den Besitz von Heinrich Angst und später des Schweizerische Nationalmuseum gelangten.

Wichtige Sammlungen mit Zürcher Porzellan:

Schweizerisches Nationalmuseum Zürich (Sammlung Heinrich Angst)

Bibliographie: 

Angst 1905
Heinrich Angst, Zürcher Porzellan, in: Die Schweiz 9, 1905, 9-18.

Bösch 2003
Franz Bösch, Zürcher Porzellanmanufaktur 1763-1790, Porzellan und Fayence, Bd. 1 und 2, Zürich 2003.

Bösch 2008
Das Einsiedler-Service aus der Zürcher Porzellanmanufaktur, Zürich 2008.

Ducret 1958
Siegfried Ducret, Die Zürcher Porzellanmanufaktur und ihre Erzeugnisse. Bd. 1 Geschirre, Zürich 1958.

Mähr 2009
Monika Mähr, service! reiche speisen. Esskultur und Schweizer Porzellan im 18. Jahrhundert, St. Gallen 2009.

Maire 2008
Christian Maire, Histoire de la faïence fine francaise 1743-1843, Le Mans 2008.

Matter 2012
Annamaria Matter, Die archäologische Untersuchung in der ehemaligen Porzellanmanufaktur Kilchberg-Schooren. Keramikproduktion am linken Zürichseeufer 1763-1906 (Monographien der Kantonsarchäologie Zürich 43), Zürich 2012.

Schnyder 1997
Rudolf Schnyder, Das Einsiedler Service von 1775/76 aus der Zürcher Porzellanmanufaktur, in: Kunst + Architektur in der Schweiz, 48. Jahrgang, 1997, Heft 3, 60-63.

Schnyder 2001
Rudolf Schnyder, Der festlich gedeckte Tisch im Kloster. Zürcher Porzellan aus dem Einsiedler Service von 1775/76 im Ortsmuseum Kilchberg, Kilchberg 2001.

Schnyder 2009
Rudolf Schnyder, Zürcher Porzellan : die Figuren der Sammlung Dr. E. S. Kern im Agentenhaus Horgen. Keramik-Freunde der Schweiz, Mitteilungsblatt 122, 2009.

Kradolf-Schönenberg TG, Dünner, Tonwarenfabrik

Andreas Heege mit Unterstützung von Guido Stutz, 2023

Keramik der Tonwarenfabrik Dünner in CERAMICA CH

Über die Töpferei von Otto Dünner in Kradolf-Schöneneberg, haben wir nur sehr wenige Informationen. Eine grundlegendere, auf Archivalien gestützte Bearbeitung oder Firmengeschichte gibt es bisher nicht. Guido Stutz, aus Kradolf-Schönenberg, hat vor Ort wichtige Informationen gesammelt.

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts fertigte der Hafner Wilhelm Kesselring an der Kantonsstrasse (Hauptstrasse) auf dem Areal der späteren Tonwarenfabrik irdene Kacheln und Krüge mit einfachen Ornamenten an. Er führte gleich nebenan auch einen Landwirtschaftsbetrieb (heutiger Hof Altwegg). Im Adressbuch von 1862 ist er als “Wilh. Kesselring, Hafner” erwähnt. Kesselring stellte 1891 als “Dienstknaben” Otto Dünner ein und brachte ihm das notwendige Wissen für Landwirtschaft und Hafnerei bei.

Otto Dünner, Lebensdaten unbekannt, unbekannter Fotograf, unbekanntes Aufnahmedatum.

Da Kesselrings Sohn Albert kein grosses Interesse an der Töpferei zeigte, konnte Otto Dünner nach 13-jähriger Dienstzeit den Betrieb 1904 von seinem Chef übernehmen und seine eigene Firma gründen (Historisches Lexikon der Schweiz). Die Firma  produzierte bis 1999.

Das Schweizerische Handelsamtsblatt kennt zur Firma folgende Informationen:

9. November 1909, Eintragung der Firma Otto Dünner-Haag in das Schweizerische Handelsamtsblatt (SHAB 27, 1909, S. 1912).

Im Juli 1909 suchte Otto Dünner Mitarbeiter und einen gut erhaltenen Tonschneider:

7. August 1909, Stellenzeige in der Zeitung “Der Grütlianer”.

Weiteres Personal wurde 1911 angeworben:

21. April 1911, Stellenzeige in der Zeitung “Der Grütlianer”.

Am 23. November 1933 brach eine Katastrophe über die Firma herein. Der “grosse Fabrikbrand” führte zu einem, teilweise nicht versicherten Totalschaden, da das gesamte Produktionsgebäude abbrannte. Über die Katastrophe wurde in zahlreichen deutsch- und französischsprachigen Tageszeitungen der Schweiz berichtet.

Links: 24. November 1933, NZZ;  rechts: Walliser Bote 29. November 1933.

Wie schnell ein Wiederaufbau erfolgte, ist unbekannt. Bis zur Stilllegung der Produktion lag die Firma in Kradolf-Schönenberg, Hauptstrasse 29.

Möglicherweise erwies sich eine Finanzierung des Wiederaufbaus als schwierig, weshalb im Dezember 1938 durch die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft frisches Geld in die Firma gelangte. Unter dem 20. Dezember 1938 wurde die Tonwarenfabrik Dünner AG, in das Schweizerische Handelsamtsblatt eingetragen (SHAB 56, 1938, S. 2739).

Die neue Aktiengesellschaft übernahm alle Aktiven und Passiven der Vorgängerfirma. Otto Dünner erhielt als weiterhin verantwortlicher Betriebsleiter ein Drittel des neuen Aktienkapitals. Da der Keramikfabrikbesitzer Ernst Bodmer-Huber aus Zürich-Wiedikon (Bodmer-Huber/Messerli-Bolliger 1986) Mitglied des Verwaltungsrates wurde, können wir annehmen, dass er auch finanziell an der neuen AG beteiligt war. Dies ist der Grund, warum sich aus der Zeit zwischen 1939 und etwa 1950 zahlreiche Preislisten, Fotos und Warenkataloge im Firmenarchiv Bodmer (Stadtarchiv Zürich StAZH_VII-174) befinden. Auf diesem Wege erhalten wir einen ersten Eindruck vom produzierten Keramiksortiment.

Preisliste 1939 (pdf).

In diesem Jahr war die Dünner Keramik  auch zum ersten Mal auf der Mustermesse Basel präsent. Das Angebotsspektrum war zunächst noch sehr einfach und wenig umfangreich.

Preisliste, undatiert, um 1940-1950 (pdf)

Preisliste, undatiert, um 1940-1950 (pdf)

Herdwagenofen, Bild aus einem Katalog der Zeit kurz vor 1950.

Der erfolgreiche Geschäftsgang ermöglichte den Neubau von zwei elektrisch beheizten Kammeröfen, die später mit fahrbaren Herdwagen ausgestattet wurden, sodass man die Öfen leichter befüllen konnte.

Werbekarte, undatiert, um 1940-1945 (pdf)

Werbekarte, 1941 (pdf)

Der Katalog von 1941 zeigt die beginnende Ausrichtung des Keramikbetriebes auf die kriegsbedingte Binnenwirtschaft der Schweiz und ist ein wichtiges Zeitzeugnis.

Katalog und Preisliste 1941 (pdf)

In Zusammenarbeit mit der Firma Bodmer wurden die Produkte regelmässig auf der Mustermesse Basel (MUBA) gezeigt (hier 1942). Gleichzeitig wurde die alte Preisliste mit kriegsbedingten Preisaufschlägen ausgelegt.

Katalog und Preisliste 1942 (pdf)

Die Preisliste von 1943 gab es nur in kopierter Form, doch wurden stattdessen die produzierten Gefässformen als Strichzeichnung gezeigt.

Katalog und Preisliste 1943 (pdf)

Werbekarte 1944 (pdf)

1945 erschien der unveränderte Katalog der Firma Dünner von 1941 ein letztes Mal.

Katalog und Preisliste 1945 (pdf)

Von der Mustermesse Basel 1946 hat sich ein Standfoto erhalten, das die Produktion und die Dekore dieses Jahres zeigt.

1947/1948 erschien ein neuer Katalog mit Preisliste, das Produktionsspektrum entsprach aber der MUBA 1946.

Katalog und Preisliste 1947/1948 (pdf).

Um 1950 finden sich die Produkte der Dünner Töpferei auch in einer Image-Broschüre von Bodmer und Cie.

Image-Broschüre, undatiert, um 1950.

Um 1950 erschien letztmalig eine Preisliste im Zusammenhang mit Bodmer & Cie. Im Inhalt sehen wir auch einen Mitarbeiter bei der Arbeit, beim Eindrehen in Gipsformen. Die Keramikfabrik stellte also einen Teil ihrer Produkte teilmechanisiert her.

Katalog, undatiert, um 1950 (pdf).

Preisliste, undatiert, um 1950 (pdf).

Frau Elsy Lang , eine begabte Künstlerin, dekorierte auch grössere Aufträge von Hand.

1950 kam es zu einer erneuten Veränderung der Besitzverhältnisse, wobei das im Schweizerischen Handelsamtsblatt  (SHAB 68, 1950, S. 2231) nicht so deutlich wird:

De facto bedeutet diese Information jedoch die Übernahme der Tonwarenfabrik Dünner AG durch den Industriellen Emil Rössler von Ersigen im Emmental (Firmenchronik Rössler 1978), der 1960 auch die Keramikfabrik in Matzendorf-Aedermannsdorf kaufte.

Paul und Meta Dürig-Weiss, Paul leitete die Firma, Meta arbeitete während 41 Jahren im Firmenbüro und half wenn nötig, auch in der Produktion.

Paul Dürig wurde Geschäftsführer. Ab jetzt wurden immer wieder An-, Um- und Neubauten errichtet.

Ein Plattenschubofen erhöhte die Leistung beim Brennen von Massenwaren. Er ermöglichte, täglich bis 20 000 Blumentöpfe zu brennen.

Ab den 1950er-Jahren drängte die wachsende Konkurrenz zur Massenproduktion. Im voll automatisierten Betrieb wurden Futtertrögli, Blumentöpfe, Schalen und Siebkerne produziert. Siebkerne waren in den 60er Jahren ein begehrtes Produktionshilfsmittel für Giessereien. Zu den Abnehmern gehörten praktisch alle Giessereien der Schweiz, aber auch nach Österreich und Belgien konnten diese Produkte geliefert werden. (Jahresproduktion rund 1,5 Millionen Stück)

1960 und 1964 wurde das Aktienkapital deutlich erhöht (SHAB 78, 1960, S. 3129; SHAB 82, 1964, S. 3077).

1964 konnten die Kunden der Tonwerke Thayngen übernommen werden. Eine weitere Betriebsschliessung 1985, die der Firma Heinrich Ganz in Freienstein, brachte weitere Kunden.

1967 produzierte man rund 4,5 Millionen Blumentöpfe (etwa ¼  der schweizerischen Produktion).

1969 finden wir dann erstmals die Besitzer der Rössler AG, Emil und Willy Rössler die Söhne des Firmengründers, als Mitglieder des Verwaltungsrates (SHAB 87, 1969, S. 1177). 1978 waren in Kradolf 20 Mitarbeiter beschäftigt (Firmenchronik Rössler 1978).

1992 übernahm Paul Dürig, jun., Keramik-Ingenieur, die technische Leitung des Betriebs, wo er schon über 20 Jahre gearbeitet hatte. Sieben Jahre später musste aber auch die Fima in Kradolf den Kampf gegen die ausländische Konkurrenz aufgeben. Sie hatte zeitweise bis 30 Personen eine Arbeitsstelle geboten. Der Antrag auf Löschung der Firma wurde jedenfalls erst am 03. April 2018 durch die Generalversammlung gestellt. Die Löschung aus dem Schweizerischen Handelsregister erfolgte daraufhin zum 05. März 2020.

Über die Produkte der Firma sind wir nur unzureichend durch die oben aufgelisteten Prospekte und einige wenige, charakteristisch verzierte bzw. gemarkte Keramiken informiert. Man produzierte Krüge (Mostservice), Tassen, Töpfe, Vasen und Figuren mit handgemaltem Dekor oder mittels einer speziellen Ritztechnik verziert. Daneben wurden Blumentöpfe und Gartenkeramik hergestellt.

Ersetzten die Doppelhenkeltöpfe in der Zeit des Zweiten Weltkriegs die schwierigen oder unmöglichen Importe gleichartiger Steinzeug-Vorratstöpfe “Westerwälder Art” aus dem französischen Elsass oder dem deutschen Westerwald?

Dank

Für Informationen danke ich Guido Stutz und dem Stadtarchiv Zürich, das im Bestand der Tonwarenfabrik Bodmer & Cie (StAZH_VII-174) zahlreiche Kataloge und Firmenprospekte verwahrt.

Bibliographie:

Bodmer-Huber/Messerli-Bolliger 1986
Ernst Bodmer-Huber/Barbara E. Messerli-Bolliger, Die Tonwarenfabrik Bodmer in Zürich-Wiedikon Geschichte, Produktion, Firmeninhaber, Entwerfer, in: Keramikfreunde der Schweiz, Mitteilungsblatt, 101. Jahrgang, 1986, 1-60.

Stutz 2022
Guido Stutz, Kradolf in  Geschichte und Geschichten. Kradolf-Schönenberg 2022.

Krebs-Nencki, Hanni, Keramikerin, Künstlerin, Bern

Keramik von Hanni Krebs-Nencki in CERAMICA CH

Andreas Heege, 2022

Hanni (Hanna) Nencki wurde 1903 in einem Arzthaushalt in Belp geboren und zeigte früh künstlerische und musikalische Neigungen. In der keramischen Fachschule am Klösterlistutz in Bern erhielt sie ihr berufliches Rüstzeug, vermutlich zunächst nur als Keramikmalerin (SS 1921‒WS 1923/24, siehe Schülerliste Messerli 2017). Die Kenntnisse im Drehen und Brennen der Keramik erwarb sie anschliessend in der Keramischen Werkstätte Hans Schuppmann GmbH in Harlaching bei München.

Es folgte ein Studienaufenthalt in Paris bei Fernand Léger (1881-1955, bedeutender französischer Maler) und André Lhote (1885-1962, französischer Maler, Bildhauer und Kunsttheoretiker des Kubismus). 1925 erhielt sie beim 6. Wettbewerb der Verkaufsgenossenschaft des Schweizerischen Heimatschutzes des 1. Preis in der Kategorie Keramik vor Adolf Schweizer aus Steffisburg, Amata Good aus Zürich oder Adolf Zahner aus Rheinfelden (NZZ, Nummer 1747, 6. November 1925). Im Oktober 1926 stellte sie im Rahmen einer kleinen Kunstausstellung Keramiken im Gasthof Bären in Sumiswald aus (Der BUND 77, Nummer 46, 28. Oktober 1926). Im Dezember 1926 wurden Keramiken von ihr auf der Weihnachtsausstellung des Werkbundes, Ortsgruppe Bern gezeigt und von der NZZ positiv besprochen (NZZ, Nummer 2083, 18. Dezember 1926).

Eine längere Zusammenarbeit mit dem schwedischen Designer Arthur Carlsson Percy (1886‒1976) führte sie anschliessend in die Porzellanfabrik von Gefle (1910‒1979) in Schweden. Percy war damals einer der führenden Keramikdesigner Schwedens.

1930 Beteiligung an der Keramikausstellung aus Anlass “25 Jahre Keramische Fachschule Bern” (Der BUND 4.7.1939, StAB BB 1.9.34, Zeitungsausschnitte).

1932 war Hanni Nencki mit Keramik an der Märzausstellung der Berner Sektion der Gesellschaft Schweizerischer Malerinnen, Bildhauerinnen und Kunstgewerblerinnen in vertreten. Neben ihr stellten Gertrud Meister-Zingg, Helene Imbert und Amata Good aus (NZZ, Nummer 440, 9. März 1932).

Eine weitere Studienreise nach Frankreich schloss sich an.

Im Dezember 1933 finden wir sie neben Jakob Hermanns, Margrit Linck-Daepp, Clara Vogelsang und I. Mäusli mit Keramiken auf der Werkbundausstellung im Gewerbemuseum in Bern (NZZ, Nummer 2267, 13. Dezember 1933).

Die Heirat mit dem Architekten Werner Krebs aus Bern (1895‒1990, Nachruf in Werk, Bauen + Wohnen 77, 1990, Heft 12, 81‒82) machte Bern zu ihrem Lebensmittelpunkt. Sie führte dort ein eigenes Atelier als Malerin, Töpferin (Mitglied im Werkbund, Vorstandsmitglied) und Musikerin (Mitglied im Berner Konservatoriums- und Kammerorchester).

Keramikausstellungen lassen sich für die folgenden Jahre belegen:

1954 Kunsthalle Bern, Kunsthandwerksausstellung (Der Bund, Band 105, Nummer 213, 9. Mai 1954)

1956 Gewerbemuseum Bern, “Neue Schweizer Keramik” zusammen mit Ed. Chapallaz, Benno und Eva Geiger, Margrit Linck, Mario Mascarin, Fritz Portner und Ursula Schmälzle (Der Bund, Band 107, Nummer 529, 11. November 1956).

1966 Ausstellungsvitrine der Gesellschaft Schweizerischer Malerinnen, Bildhauerinnen und Kunstgewerblerinnen in der Passage neben dem Kornhauskeller: Neue Keramische Arbeiten (Der Bund, Band 117, Nummer 70, 20. Februar 1966).

1966 Ausstellung der Gesellschaft Schweizerischer Malerinnen, Bildhauerinnen und Kunstgewerblerinnen in der Berner Galerie (Der Bund, Band 117, Nummer 255, 4. Juli 1966).

1967 Ausstellungsvitrine der Gesellschaft Schweizerischer Malerinnen, Bildhauerinnen und Kunstgewerblerinnen in der Passage neben dem Kornhauskeller: Neue Keramische Arbeiten (Der Bund, Band 118, Nummer 174, 18. Juni 1967).

1971 Ausstellung der Gesellschaft Schweizerischer Malerinnen, Bildhauerinnen und Kunstgewerblerinnen in der Kunsthalle in Bern (Bieler Tagblatt, Nummer 70, 25. März 1971).

1976 Ausstellung Schalterhalle Gewerbekasse Bern (Der Bund, Band 127, Nummer 101, 2. Mai 1976).

Zu ihrem keramischen Werk vermerkt der Nachruf: «Das beschwingte der malerischen Blätter atmet auch in den handwerklich solid gearbeiteten Keramiken. Abstrakte Dessins verbinden sich hier mit blühenden Naturformen».

Hanni Krebs-Nencki starb am 10. November 1986 in Bern (Todesanzeige). Nachruf mit biographischen Informationen: Der Bund, Band 137, Nummer 288, 9. Dezember 1986

Vgl. auch Antik und Rar

Bibliographie:

Messerli 2017
Christoph Messerli, 100 Jahre Berner Keramik. Von der Thuner Majolika bis zum künstlerischen Werk von Margrit Linck-Daepp (1987-1983). Hochschulschrift (Datenträger CD-ROM), Bern 2017.

Schuppmann 1925
Hans Schuppmann, Zu den Arbeiten der Keramischen Werkstätten in München-Harlaching, in: Dekorative Kunst 28, 1925, 147-153.

 

 

Kreuzlingen-Emmishofen TG, Burkhart, Ofenfabrik und Kunstkeramik (1865-1994)

Das Gebäude der ersten Ofenfabrik im ehemaligen Gasthof “Zum Grüntal” in Kreuzlingen-Emmishofen. Über der Eingangstür das Firmenzeichen: Ein Zylinderofen.

Andreas Heege, 2022

Hinweis: Die Firmengeschichte ist bislang unbearbeitet.

Die Gründung der Keramikwerkstatt Burkart geht auf eine über 125-jährige Tradition zurück. Am 24. Juli 1865 hat der Hafner Stephan Burkart an der Unterseestrasse in Kreuzlingen-Emmishofen das Restaurant “Zum Grüntal” käuflich erworben und eine Hafnerei eingerichtet. Es wurde darin ein Brennofen für Ofenkacheln errichtet. Unter der tüchtigen Leitung von Stephan Burkart und seinen Söhnen entwickelte sich die Firma sehr gut. In jahrelanger Arbeit wurde die Qualität der Erzeugnisse stetig verbessert, und dieses Streben wurde unter anderem mit der Goldmedaille der Landesausstellungen Genf 1896 und Bern 1914 anerkannt.

Firma Stephan Burkart Söhne im offiziellen “Illustrierten Ausstellungsalbum” der Landesausstellung 1914.

Noch im selben Jahr übernahmen die Söhne Adolf und Otto die Werkstatt und führten sie weiter. 1925 wurde die erste Geschirrkeramik produziert. 1930 verliessen die ersten kunsthandwerklich getöpferten Vasen die Fabrik. Kurz vor dem 2. Weltkrieg wurde die Kachelofenproduktion eingestellt. Seit 1962 wurde die Firma als Familien-AG geführt (SHAB 80, 1962, No. 72, 910). In den 1970er-Jahren Umzug an einen neuen Standort in Kreuzlingen. 1990 hatte der Betrieb 36 Mitarbeiter am Standort Kreuzlingen.  In den 1990er-Jahren wurden zusätzlich Heimarbeiterinnen in Graubünden als Keramikmalerinnen ausgebildet. Konkursverfahren eröffnet 3.11.1994 (SHAB 112, 1994, No. 234, 6565). Am 16. Dezember 1994 übergab Sigmar Schmidt-Eisenhart, Bottighofen, als letzter Geschäftsführer der Firma das Firmenarchiv dem Staatsarchiv des Kantons Thurgau.

Bibliographie:

Betriebsneubau Ad. Burkart AG, Kunstkeramik, Kreuzlingen. Sonderbeilage zum Thurgauer Volksfreund 5. Juli 1967

Ganz, Michael: Heimarbeit im Bündnerland. Keramik – von Frauen fröhlich bemalt. In: Heimatwerk/Kunsthandwerk, Zürich 1/1993, S. 32-36.

Mathis, Hans Peter: Historische Kachelöfen aus der Emmishofer Ofenfabrik Burkart. In: Jürg Ganz (Hrsg.): Die Seeburg in Kreuzlingen. Ein Schloss des Historismus, Kreuzlingen 1985, S. 78-98.

Schmidt-Eisenhart, Sigmar: 125 Jahre Burkart-Keramik, Kreuzlingen. In: Handwerk, Volkskunst, Kunsthandwerk/Schweizer Heimatwerk, Zürich, Nr. 1/1990, S. 27-30