Andreas Heege, Roland Blaettler, 2019
Manganglasur weist eine dunkelbraune bis schwarzbraune Färbung auf, die durch Eisenmanganverbindungen in der Glasurmischung hervorgerufen wird. Manganglasur kann sowohl auf weisser Grundengobe als auch auf roter oder schwarzbrauner Grundengobe vorkommen oder ohne Grundengobe direkt auf den Scherben aufgetragen sein.
Vor allem die schweizerische Manufakturware des 19. Jahrhunderts weist sehr gute, glatt aufgeschmolzene, spiegelnde Manganglasuren, regelhaft ohne Grundengobe auf. Dabei handelt es sich oft um Tee- und Kaffeegeschirr, Pudding- oder Backformen und Teller bzw. Terrinen. Da diese Manufakturwaren sehr oft nicht gemarkt sind oder nur Zahlen für die Grösse aufweisen, kann keine exakte Herkunft angegeben werden. Aufgrund verschiedener Kriterien (Bodenfunde, Schriftquellen, gemarkte Stücke) gehen wir davon aus, dass eine Produktion in Kilchberg-Schooren – Fabriken Nägeli, Staub und Scheller – (Matter 2012), Schaffhausen (Zieglersche Tonwarenfabrik), Aedermannsdorf oder z. B. der Keramikfabrik Pfau&Hanhart in Winterthur erfolgte. Produktionsnachweise gibt es auch für Bern aufgrund von Bodenfunden (Heege 2010, Abb. 56). Mit weiteren Herstellern ist zu rechnen.
Manganglasiertes Geschirr wurde wohl auch in den Manufakturen der Westschweiz gefertigt. Sog. «Braune Ware» wurde in Nyon – Steingutfabrik – hergestellt. Diese Art von Produkten gab es möglicherweise schon in der Zeit des François Bonnard (1845-1859). In der Gazette de Genève vom 11. Mai 1847 (S. 4) steht ein seltsames Inserat wo in Nyon eine keramische Fabrik zum Mieten angeboten wird, im Rahmen einer Aktiengesellschaft, «pour fabriquer de la faïence blanche et brune, terre à feu (Kochgeschirr) façon de Paris». In einem Leserbrief (Gazette de Lausanne, 25. März 1879, S. 2) erfährt man, dass François Bonnard nicht nur Steingut fabrizierte, sondern dass er auch eine spezielle Produktion eingeführt hatte, die «terre à cuire brune avec vernis brillant». Diese Braunware wurde in der folgenden Periode weitergeführt – oder erst eingeführt? – (Bonnard & Gonin, 1859-1860). Im Notizbüchlein des Frédéric Gonin ist von verschiedenen Experimenten die Rede, u.a. in Bezug auf braunes und gelbes Kochgeschirr. In der darauffolgenden Periode der Aktiengesellschaft (Manufacture de poteries S. A., ab 1860) laufen diese Spezialitäten weiter (Artikel in der Gazette de Lausanne vom 3. August 1861, S. 2). An der Landesausstellung 1883 präsentierte die Manufaktur «vaisselle blanche» und «terres à cuire brunes» (Katalog).
Ein einziges gesichertes Stück (MHPN 1997-34) besitzt eine Blindmarke «NYON». Diese Marke wurde in der Période Delafléchère (1833-1845) eingeführt, dann von Bonnard möglicherweise weitergenutzt (seine Produktion ist zurzeit schwer zu identifizieren), in der Periode Bonnard & Gonin wird sie mit Sicherheit – wenn auch sporadisch – verwendet. Die Aktiengesellschaft verzichtete meistens auf die Marke, benützte aber regelmässig Zahlen-Blindmarken (Grössenmarken). Die braune Terrine müsste zur Bonnard & Gonin-Periode gehören (also 1859-1860), oder zur AG-Periode (1860-1870).
Neben der genannten Manufakturware gibt es erkennbar schlechter standardisierte Fabrikate mit Manganglasur, die eine handwerkliche Parallelproduktion durch lokale Töpfereien nahelegen (generell zum Thema Heege 2016, 157-161).
Manganglasierte Geschirre in England (“Jackfield ware” aus Shropshire und Nord-Staffordshire) haben ältere Wurzeln in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts und waren vor allem im späten 18. Jahrhundert sehr beliebt (Stellingwerf 2019, 45). Manganglasur gibt es auch auf frühen Meissener Produkten und z. B. in der Bayreuther, Ansbacher und Crailsheimer Produktion des 18. Jahrhunderts (Miller/Ziffer 1994; Harbermann/Arnold 2006; Piereth/Ulrichs 2010).
Frz.: Glaçure au manganèse
Engl.: manganese glaze, earthenware with iron-manganese black lead-glaze (“Jackfield-type ware”)
Bibliographie:
Blättler 2017
Inventaire national de la céramique dans les collections publiques suisses (1500-1950), vol. III/1, Vaud, Sulgen 2017, 296-297
Harbermann/Arnold 2006
Sylvia Harbermann/Waltraud Arnold, Bayreuther Fayencen. Sammlung Burkhardt. Bestandskatalog, 2. erweiterte Auflage, Bayreuth 2006.
Heege 2010
Andreas Heege, Keramik um 1800. Das historisch datierte Küchen- und Tischgeschirr von Bern, Brunngasshalde, Bern 2010.
Heege 2016
Andreas Heege, Die Ausgrabungen auf dem Kirchhügel von Bendern, Gemeinde Gamprin, Fürstentum Liechtenstein. Bd. 2: Geschirrkeramik 12. bis 20. Jahrhundert, Vaduz 2016.
Matter 2012
Annamaria Matter, Die archäologische Untersuchung in der ehemaligen Porzellanmanufaktur Kilchberg-Schooren. Keramikproduktion am linken Zürichseeufer 1763-1906 (Monographien der Kantonsarchäologie Zürich 43), Zürich 2012.
Miller/Ziffer 1994
Albrecht Miller/Alfred Ziffer, Bayreuther Fayencen: Bestandkatalog (Kataloge der Kunstsammlungen, Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen), München 1994.
Piereth/Ulrichs 2010
Uta Piereth/Friederike Ulrichs, Museum Deutscher Fayencen in Schloss Höchstädt, München 2010.
Stellingwerf 2019
Wytze Stellingwerf, The Patriot behind the pot. A historical and archaeological study of ceramics, glassware and politics in the Dutch household of the Revolutionary Era: 1780-1815, Zwolle 2019.