Regionalmuseum Chüechlihus
Bärenplatz
CH-3550 Langnau
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Keramik des Regionalmuseums Langnau in CERAMICA CH
Andreas Heege, 2022
Das Regionalmuseum Chüechlihaus in Langnau präsentiert in seiner Dauerausstellung unterschiedliche Sammlungsschwerpunkte aus der bäuerlichen Welt des Emmentals im 18. und 19. Jahrhundert. Dazu gehört die Land- und Alpwirtschaft mit der Käseproduktion und dem Käsehandel. Weitere Schwerpunkte sind regional gefertigte Glaswaren und die lokale Töpferei, die in Langnau ab dem 17. Jahrhundert nachweisbar ist. Vor allem im 18. Jahrhundert lieferten die Werkstätten der Hafner Herrmann Spitzenprodukte für die bäuerliche Wirtschaftselite. Aber auch die jüngere Töpfereientwicklung bis ins 20. Jahrhundert findet Berücksichtigung. Das Chüechlihaus zeigt im Kanton Bern die umfangreichste Keramikausstellung. Was sich darüberhinaus aus kulturhistorischen und wissenschaftlichen Gründen im Sammlungsmagazin befindet, kann man nun auf CERAMICA CH betrachten.
Die Vorgeschichte des Museums und der Sammlungen reicht bis in die Zeit um den 1. Weltkrieg zurück. 1914/15 gelang es Rudolf Wegeli (1877–1956), dem zwischen 1910 und 1948 sehr aktiv sammelnden Direktor des Bernischen Historischen Museums die bedeutende Sammlung des Langnauer Oberlehrers Emil Aeschlimann gegen ausländische Kaufinteressen für sein Museum zu sichern. Mit Unterstützung des Vereins zur Förderung des Bernischen Historischen Museums wurden für 6000 Franken 155 Keramiken und verschiedene Ofenkacheln angekauft. Zum damaligen Zeitpunkt war dies vermutlich die grösste existierende Privatsammlung mit Langnauer Keramik auf dem Markt.
Emil Aeschlimann (1864–1930), seit 1884 Lehrer in Langnau, sammelte und handelte jedoch nicht nur bernische Keramik, sondern generell auch volkskundliche und historische Objekte aus dem Emmental, die er gerne in einem «emmentalischen Lokalmuseum» untergebracht hätte. Doch fielen seine in den späten 1880er-Jahren im «Emmenthaler-Blatt» veröffentlichten Vorschläge vor Ort nicht auf fruchtbaren Boden (Aeschlimann 1928, 9. Vgl. zu seiner Person den Nachruf im «Emmenthaler Blatt» vom 29.5.1930). Daher musste er die Sammlung in seiner Wohnung im Ilfis-Schulhaus aufbewahren, wo sie unter anderem die rumänische Königin Marie anlässlich eines Staatsbesuches in der Schweiz am 8. Mai 1924 bewunderte (Aeschlimann 1928, Beilage «Die rumänische Königin im Ilfis-Schulhaus»). Zwischen 1897 und 1908 verkaufte Aeschlimann wiederholt auch Keramiken und Ofenkacheln bzw. 1902 einen Langnauer Kachelofen an das Schweizerische Nationalmuseum. Als damals bester Kenner der Langnauer Keramik unternahm er auf Anregung von Direktor Wegeli 1925 eine erste Bearbeitung des Themas, die 1928 gedruckt erschien (Aeschlimann 1928). Diese basierte vor allem auf den ihm bekannten Sammlungen im Bernischen Historischen Museum, im Schweizerischen Nationalmuseum und wohl auch der Privatsammlung von Fritz Pappé-Schweinfurt aus Bern, auf den noch zurückzukommen ist.
Emil Aeschlimanns Wunsch nach einem kulturhistorischen Museum sollte sich erst 1930, im Jahr seines Todes, erfüllen. Der Vorsteher der Sekundarschule Ernst Käser, Dr. Ruchti und Architekt Ernst Mühlemann nahmen 1929 Verhandlungen mit dem damals 65-Jährigen über einen Verkauf seiner Sammlung auf. Das Gründungskomitee eines «Kulturgeschichtlichen Ortsmuseums der Gemeinde Langnau» hatte die Wahl zwischen der ganzen Sammlung im Wert von 40 000 Franken oder aber einer Teilsammlung für 13 000 Franken. Man entschloss sich zu Letzterem. Als Anschauungsmaterial für die Sekundarschule Langnau wurden erworben: 145 kulturhistorische Objekte (u. a. Gebäckmodel aus Ton und Holz), 19 Objekte Beleuchtung, 36 Objekte Langnau-Töpferei und 25 Ofenkacheln, 16 Möbel, 43 Objekte Schmuck und Uhren, 37 Bilder, Schriften, Bibeln, 33 Tabakpfeifen, 17 unterschiedliche Objekte, u. a. vier Keramiken, total 434 Objekte (Maschinenschriftliches Inventar im Besitz des RML).
Im ehemaligen Gemeindezimmer im alten Gemeindehaus (heute Regionalmuseum Chüechlihaus) richtete Emil Aeschlimann noch eine erste Ausstellung ein («Emmenthaler Blatt» Nr. 55 vom 13.5.1930 und Nr. 63 vom 31.5.1930 mit Bericht über die Präsentation der aufgebauten Sammlung und erste Öffnung für die Öffentlichkeit), bevor er am 27. Mai 1930 unerwartet verstarb (Nachruf «Emmenthaler Blatt» vom 29.5.1930 und Bericht über die Beisetzung am 3.6.1930). Nach der Beschreibung im ursprünglichen Inventar ist klar, dass verschiedene angekaufte Keramikobjekte nicht aus Langnauer Produktion stammen. Heute sind im Regionalmuseum in Langnau aus diesem Ankauf noch 13 Geschirrkeramiken sicher belegbar (RML A103, A200, A256, A289, A291, A293, A312, A313, A327, A329, A334 / A339, A335, A349). Der Rest ist sicher auch vorhanden, jedoch mangels einer detaillierten alten Inventarnummernkonkordanz nicht mehr zuweisbar. Was der nicht angekaufte grössere Teil der Sammlung Aeschlimann beinhaltete und wohin er nach dem Tod des Sammlers verkauft wurde, ist unbekannt. Nur das Inventar des Bernischen Historischen Museums verzeichnet für das Jahr 1930 noch Ankäufe von drei Keramiken aus dem Nachlass (BHM H/20823, H/20827, H/20828).
Am 1. Juni 1930 wurde das Museum offiziell eröffnet («Emmenthaler Blatt» vom 16. Juni 1930 bzw. vom 1. Juli 1930) und noch im selben Monat eine Aufsichtskommission für das Ortsmuseum eingesetzt, der Architekt Ernst Mühlemann, Drechslermeister Ernst Moser, Tierarzt Dr. Widmer, Pfarrer Trechsel, der Schulvorsteher Ernst Käser, die Kaufleute Max Sänger und Jakob Lappert und die Keramikmalerin Frieda Lauterburg angehörten («Emmenthaler Blatt» vom 16. Juni 1930 bzw. vom 1. Juli 1930). Einem Aufruf, dem Museum weitere kulturgeschichtlich relevante Objekte oder Spenden zukommen zu lassen, kam vor allem Jakob Lappert im Jahr 1930 selbst nach (RML A026, A038, A045, A276).
Auf der grossen Keramikausstellung in Jegenstorf wurden im Jahr 1948 auch zahlreiche Langnauer Keramik aus dem Musée d’art et d’histoire de Neuchâtel (Staehelin 1948, Kat. 707, 721, 742, 743, 766, 772, 773 und 776), dem Rittersaalverein Burgdorf (Staehelin 1948, Kat. 771), dem Kantonalen Gewerbemuseum Bern (Staehelin 1948, Kat. 718–720, 730, 735, 737, 740, 749, 751, 755, 756, 759, 767 und 775) und der Sammlung Leemann-Geymüller (Arlesheim, Staehelin 1948, 100 Kat. 745, seit 1970 SNM LM-45839) sowie anderen heute unbekannten Privatsammlungen ausgestellt. Nicht alles, was damals von dem kenntnisreichen Berner Antiquitätenhändler Walther A. Staehelin unter dem Stichwort «Langnau» präsentiert wurde, würden wir heute ebenfalls so zuordnen. So war es damals offenbar z. B. nicht möglich, die Produkte der Hafnerei Vögeli aus Burgdorf auszugliedern (vgl. dazu: Heege 2015) oder Datierungsfälschungen zu erkennen (Z. B. Staehelin 1948, Kat. 707 (MAHN AA-1170).
Es scheint, dass erst die Vorbereitungsarbeiten zur Ausstellung in Jegenstorf erneut auch Schwung in das Museum in Langnau brachten. Das «Emmenthaler Blatt» vom 7. Juni 1948 kündigte eine «Ausstellung von Alt-Langnau-Töpferei» für die Monate August und September 1948 an und bat um Leihgaben. Die Ausstellung wurde schliesslich schon Mitte Juli 1948 vor allem mit Leihgaben des bernischen Sammlers Fritz Pappé-Schweinfurth (1876–1959) eröffnet und bis zum Ausstellungsende von über 1600 Gästen besucht («Emmenthaler Blatt» vom 19.7. und 3.9.1948).
Fritz Pappé-Schweinfurth (1876‒1959) führte zusammen mit seinem Bruder Franz ein Piano- und Antiquitätengeschäft an der Kramgasse 54 in Bern (Informationen zur Person: Der Bund, 97, Nr. 297, 29.6.1946; Der Bund 110, Nr. 397, 17.9.1959; Nachruf Nr. 401, 21.9.1959). Er muss eine eher verschwiegene Sammlerpersönlichkeit gewesen sein, denn es liessen sich über ihn, seine Tätigkeit als Händler und seine Sammlung keine weitergehenden Informationen finden. Seine Sammlertätigkeit muss bereits sehr früh begonnen haben, denn bereits 1907 schenkte er zum ersten und einzigen Mal eine rotengobierte Bäriswiler Schüssel an das Bernische Historische Museum (BHM H/6110).
Der Erfolg der Ausstellung in Langnau, zusammen mit einem altersbedingten Verkaufsangebot von Fritz Pappé, bewogen Jakob Lappert im Oktober 1948 zu einem Aufruf im «Emmenthaler Blatt», bei dem er für einen Ankauf der Sammlung warb. In Langnau war die öffentliche Meinung offenbar geteilt, doch gab eine glückliche Unterstützungszusage von Fabrikant Nyffeler aus Kirchberg letztlich den Ausschlag (zur Erwerbungsgeschichte: Zbinden/Pfister 1977, 19–20). Laut einer im Regionalmuseum Langnau existierenden Inventarliste wurden im Februar 1949 239 keramische Objekte für den Preis von 30.000 Franken angekauft (Emmenthaler Blatt vom 14.2.1949). Der vollständige Empfang der Sammlung wurde am 4. August 1949 von Jakob Lappert als Mitglied der Museumskommission bestätigt. 220 Objekte wurden direkt inventarisiert und sind heute eindeutig nachweisbar, während eine Nachlieferung von zwanzig Stücken, meist Deckeln, nicht inventarisiert wurde und daher heute aus den Sammlungsbeständen nicht mehr eindeutig ausgegliedert werden kann.
Terrine / «Hochzeitsschüssel» Schweiz, Kanton Bern Langnau, Werkstatt 3, Hand 6 (Daniel Herrmann II), um 1800-1801.
Zu den herausragenden Stücken der Sammlung Pappé gehörte auch eine Langnauer «Hochzeitsschüssel», die dieser 1917 anlässlich der Versteigerung des Nachlasses aus Schloss Schadau bei Thun (Besitz de Rougemont) erworben hatte (Aeschlimann 1928, Umschlagbild; Staehelin 1950, 11. Auktionskatalog «Antiquitäten und Kunstsachen aus Schloss Schadau bei Thun», Versteigerung durch Hans Thierstein, ab dem 11.10.1917 im Saal des Hotel Emmental, zitiert nach Staehelin 1949, 13. Der Auktionskatalog ist in der Schweizerischen Nationalbibliothek vorhanden, Signatur: Nq 16600/1). Auch im Nachhinein muss die Entscheidung der Gemeinde für den Ankauf immer noch als ausgesprochen glücklich bezeichnet werden. Nach diesem Zeitpunkt ergab sich für keines der schweizerischen Museen mehr die Gelegenheit, eine Sammlung mit einem solchen Umfang und einer vergleichbaren Qualität zu erwerben.
Jakob Lappert war offenbar ein begeisterter Langnau-Sammler und zugleich aktiver Förderer des Regionalmuseums, denn nach seinem Tod gelangten 1956 26 weitere Langnauer Keramiken in den Museumsbestand (zum Langnauer Museum und der Keramiksammlung vgl. auch: Moser 1958).
In den folgenden Jahren wuchs die Sammlung vor allem durch Schenkungen und wenige gezielte Ankäufe, wobei vor allem auch Objekte anderer Langnauer Keramiker gesammelt wurden. Im Sommer 2022 umfasst das in CERAMICA CH fast vollständig erfasste Inventar 814 Datensätze. Dabei handelt es sich um 705 Einträge für Irdenware, 38 für Fayence, 27 für Steingut, 14 für Steinzeug, 10 für Porzellan und 20 für Gips (Model). Mit dieser Anzahl gehört die Sammlung im Regionalmuseum zu den grossen und kulturhistorisch bedeutsamen Sammlungen des Kantons Bern. Die grosse Keramikmenge macht im Folgenden eine detaillierte und intensive Besprechung der jeweiligen Keramikgruppen unmöglich. Daher werden Schwerpunkte gesetzt.
Langnauer Teller Schweiz, Kanton Bern, Langnau, Werkstatt 1, Hand 4 (Christen Herrmann), 1737.
Bei den Irdenwaren dominieren aufgrund der örtlichen Sammlungsstrategie die Produkte aus Langnau mit 554 Datensätzen. Darunter befinden sich 238 Keramiken aus dem Zeitraum von ca. 1720 bis 1884 (Langnau Werkstatt 1 bis 6), die den Hafnermeistern der Familie Herrmann (vgl. Genealogietabelle) zugeschrieben werden können, deren letzter Vertreter 1916 verstarb, aber die Hafnerei bereits 1910 aufgegeben hatte (Johann Herrmann, 1870-1916).
Die lokale Langnauer Produktion wurde jedoch von verschiedenen anderen Hafnereien weitergeführt (vgl. Hafnertabelle), von denen einige mit unterschiedlichen Keramikmengen ebenfalls in der Sammlung vertreten sind.
Malhörnchen aus der Hafnerei Röthlisberger.
Hierzu gehört u.a. die Hafnerei Röthlisberger in der Langnauer Oberstrasse 66, die von 1894 bis 1953 existierte. Unter den 40 Objekten im Museumsinventar befinden sich vor allem verschiedene Gipsformen für Spielzeugtiere und Gerätschaften, die bei der Werkstattauflösung 1953 ins Regionalmuseum gelangten.
Gipsmodel aus der Töpferei Röthlisberger für einen Spielzeug-Dragoner aus Keramik, 1. Hälfte 20. Jh. (modernere Ausformungen).
Auch ein ungewöhnlicher Zündholzhalter/Aschenbecher aus dem Jahr 1894 kann der Hafnerei Röthlisberger zugewiesen werden.
Teller von Johannes Röthlisberger (1876-1942) nach Entwürfen von Paul Wyss.
Paul Wyss, der bernische Kunstgewerbelehrer fertigte in der Zeit vor dem ersten Weltkrieg für die Hafnerei Röthlisberger auch Entwürfe für Keramikdekore.
Bei jüngere Keramiken der Töpferei handelt es sich meist um sehr einfaches, ungemarktes Gebrauchsgeschirr.
Auch eine Zusammenarbeit von Paul Wyss mit der Langnauer Keramikmalerin Frieda Lauterburg (1877-1943) lässt sich belegen.
Keramik von Frieda Lauterburg mit Szenen aus dem Kinderumzug des Langnauer Schützenfests von 1906, nach Entwürfen von Paul Wyss.
Zu welchem Zeitpunkt Frieda Lauterburg in Langnau Keramik und Kachelöfen bemalte (ab ca. 1907?) und wie lange ihre keramische Tätigkeit andauerte, ist unbekannt. Auch lässt sich nicht sicher belegen, welche Hafnereien für sie die Keramik brannten.
Das Regionalmuseum in Langnau besitzt mit 21 Keramiken heute den grössten Bestand an Lauterburg Keramiken in der Schweiz.
Dose mit Metallbeschlag für das Emmentalische Landesschiessen 1922, Werkstatt Adolf Gerber. Entwurf des Medaillons (zugleich Festplakat) Paul Wyss.
Von grosser Bedeutung war in Langnau die Hafnerei von Adolf Gerber (1879-1951). Dieser führte von 1911 bis 1948 einen Betrieb in Langnau an der Güterstrasse 3.
Zwei Terrinen und ein Teller von Adolf Gerber mit Dekor «Alt-Langnau».
Zusammen mit Paul Wyss und einigen anderen Personen (u.a. Pfarrer Müller aus Langnau)gilt Adolf Gerber als «Neubegründer» der Langnauer Töpferei (Aeschlimann 1928, 17-18). In diesem Zusammenhang entstand in seiner Werkstatt das Muster «Alt-Langnau». Aus seiner Werkstatt besitzt das Regionalmuseum 75 Keramiken und zahlreiche Entwürfe und Skizzen aus dem Werkstattnachlass.
«Alt-Langnau»-Entwürfe von Hans-Rudolf Wittwer (1895-1989), später Beringen SH.
Weitere Entwürfe stammen von dem Keramikdesigner Hans-Rudolf Wittwer (1895‒1989), der von 1930-1939 auch für die Werkstatt Gerber arbeitete.
Vorratsdosen, signiert von Anna Müller, gefertigt in der Werkstatt Gerber?
In der Werkstatt Gerber arbeitete vermutlich zeitweise auch die Keramikerin Anna Müller aus Grosshöchstetten. Von Ihr befindet sich ein signiertes Vorratsdosenset in der Sammlung des Regionalmuseums. Dazu gibt es ausserdem die Entwurfszeichnung aus dem Werkstattbestand.
Adolf Gerbers späterer Schwiegersohn Jakob Stucki (1920-1982) trat 1945 in die Werkstatt ein und übernahm diese 1948 zusammen mit seiner Frau Erika Stucki-Gerber. Von ihm besitzt das Regionalmuseum insgesamt 85 Keramiken und Figuren.
In seiner Frühzeit orientierte Jakob Stucki sich eher an der schwarzgrundigen Keramik Heimberger Art und schuf romantisierend-niedliche Dekore. Später pflegte seine Werkstatt jedoch auch einen eher strengen Dekor “Alt-Langnau”, der eines der wirtschaftlichen Standbeine der Werkstatt war. Jakob Stucki war aufgrund seiner ab den 1950er-Jahren ebenfalls hergestellten Töpferplastiken im 20. Jahrhundert sicher der bedeutendste Keramiker in Langnau und im Emmental.
Nachfolger von Jakob Stucki an der Güterstrasse 3 in Langnau wurde Bernhard Stämpfli (1960- ), von dem wir vor allem Keramiken im Stil «Alt-Langnau» kennen. Für die Ausstellung im Regionalmuseum fertigte er 1983 auch Repliken an, die die Herstellung erläutern. Seine Marke ist «BS».
Neben den Irdenwareproduzenten etablierte sich in Langnau in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auch die «Geschirrhalle Herrmann», ein Haushaltswarengeschäft mit einer grossen Keramik- und Porzellanabteilung, die auch Dekorationsaufträge annahm und eigene Marken (Helapo, Geschirrhalle Langnau) führte. Einige wenige Objekte der Geschirrhalle verwahrt auch das Regionalmuseum.
Betrachten wir die Keramiken aus dem weiteren Umfeld von Langnau, dann muss an dieser Stelle unbedingt auf die seltene Keramik von Adolf Gerber (1859-1919) aus Hasle verwiesen werden. Adolf gründete die Töpferei in der Tschamerie bei Hasle BE zu einem unbekannten Zeitpunkt in den 1880er-Jahren. Seine beiden Söhne Johann Friedrich (1881-1935) und Adolf jun. (1879-1951) arbeiteten zeitweise in der Töpferei mit.
Zeugnis für diese Zusammenarbeit ist ein Teller aus der Zeit vor 1909.
Sein Schwiegersohn Franz Aebi (1894-1974) führte die Töpferei ab 1919 weiter.
Teller von Franz Aebi, datiert 1919.
Auch von ihm gibt es ein signiertes und datiertes Stück in der Sammlung des Regionalmuseums. Und auch aus seiner Spätzeit liegt wenig Geschirr vor.
Im Zusammenhang mit den Hafnern Gerber und Aebi ist auch auf die Töpferei Kohler in Schüpbach zu verweisen, denn Adolf Gerber, jun. heiratete am 11. Mai 1904 die Hafnertochter Marie Kohler (1882-1935) aus Schüpbach.
Keramik aus der Werkstatt Gerber & Kohler, Schüpbach 1909-1911. Die Motive gehen auf Vorlagen des bernischen Kunstgewerbelehrers Paul Wyss zurück.
1909 übernahm Adolf Gerber mit seinem Schwager Oswald Kohler (1886–1955) die 1869 gegründete Werkstatt des Schwiegervaters Niklaus Kohler (1843–1927) in Schüpbach (Hafnerei Gerber & Kohler). Die Werkstattgemeinschaft dauerte jedoch nur bis 1911, dann liess sich Adolf Gerber in Langnau nieder. Aus der Hafnerei Kohler besitzt das Regionalmuseum nur einige wenige weitere Keramiken.
Keramik von Friedrich Aegerter (1906–1969), Bärau bei Langnau.
Eine weitere Hafnerfamilie aus Langnau und Bärau bei Langnau trägt den Namen Aegerter (Heege/Kistler 2017b, 153-154, 188-189, 195-196). Aufgrund von Signaturen können nur wenige Stücke zugeordnet werden, die sich an den Dekoren der führenden Werkstatt Gerber/Stucki orientieren.
Im Bereich er bernischen Irdenwaren sind weitere Herstellungszentren zu nennen, die jedoch oft nur mit wenigen charakteristischen Stücken belegt sind.
Hierzu gehört auch eine schöne, 1760 datierte Schüssel mit Ausguss und Engelkopfgriffen, die einen typischen Ritz- und Springfederdekor trägt, der der Hafnerei Schläfli in Albligen BE an der Grenze zum Kanton Fribourg zugeordnet wird.
Keramik aus Bäriswil BE ist ebenfalls mit zwei Stücken vertreten. Dabei handelt es sich um sehr typisches Tintengeschirr von 1794 und eine kleine spritzdekorierte Terrine mit charakteristischem Grifflappen und für Bäriswil üblicher Zuordnungszahl auf der Bodenunterseite.
Eine ungewöhnlich grosse Schüssel von 1797 zeigt im Inneren den charakteristischen Bäriswiler Bären mit gelbem Halskragen umgeben von Bäriswiler Rocaillen und Blumen. Im Gegensatz zum üblichen Bäriswiler Geschirr ist der Dekor jedoch geritzt und nicht gemalt. Die Schüssel gehört zu einer Gruppe von derzeit etwas über 20 bekannten Objekten, die in der Bäriswil-Publikation scherzhaft als “Bärisnau oder Langwil” charakterisiert wurde (Heege/Kistler/Thut 2011, 177-184), da sich in ihr Bäriswiler Motive und Langnauer Technik mischen. Der Produktionsort dieser Keramik ist unbekannt.
Ebenfalls Bäriswiler Anklänge zeigt eine weitere Keramikgruppe, die jedoch im Gegensatz zur vorhergehenden weniger homogen gestaltet ist. Sie wird daher derzeit in Unkenntnis der Produktionsorte mit dem Hilfsbegriff “Bäriswil, Region” eingestuft. Diese Gruppe ist bisher wissenschaftlich nicht intensiver bearbeitet worden. Soweit datierte Stücke vorliegen, stammen sie immer aus dem späten 18. und frühen 19. Jahrhundert. Es handelt sich um Teller, Platten, Schüsseln, Rasierbecken und Butterfässer.
Ins Bernbiet gehören wohl auch zwei Teekannen, für die sich der Produktionsort bislang nicht eindeutig bestimmen liess (vgl. Heege 2021).
Nidlenapf, datiert 1804, umlaufender (in Langnau unbekannter) Spruch: will ich mitt dir zufriden bin, so nim das näpfli willig hin, Ich du [tue] dir das zum trinckgält gäben, du solst alle Zeit woll läben.
Aus der Region Heimberg-Steffisburg, die im 19. Jahrhunderts die grösste Töpfereidichte in der Deutschschweiz aufweist, besitzt das Regionalmuseum zahlreiche Stücke. Hierbei handelt es sich jedoch kaum um die “klassische” Keramik “Heimberger Art” mit schwarzer Grundengobe, sondern mehrheitliche um Objekte mit weisser Grundengobe, die von früheren Sammlern fälschlicherweise als “Langnau” klassifiziert worden waren. Hierzu gehört auch ein 1804 datierter Nidlenapf auf Pokalfuss. Diese eigentlich für Langnau charakteristische Gefässform entspricht in Dekor und Schriftbild aber in keinster Weise den zahlreichen Langnauer Vergleichsbeispielen.
Keramik Heimberger Art mit weisser Grundengobe, ca. 1820/1830.
Rasierbecken Heimberger Art, einmal ungewöhnlich früh 1813 datiert.
Kaffeekanne und Milchtopf Heimberger Art, um oder kurz nach der Mitte des 19. Jahrhunderts. Aus dem floralen Dekor des Milchtopfes entwickelt sich in Heimberg schliesslich das Chrutmuster/Muster Alt-Thun der Thuner Majolika.
Teller mit Abtropfsieb, die man für das Backen und Abtropfen von “Chüechli” verwendet, sind eine Langnauer Spezialität und kommen nur sehr selten auch als Keramik Heimberger Art vor. Der Malhorndekor entspricht gut Heimberger Gepflogenheiten, jedoch ist der Boden abgedreht, was für Keramik Heimberger Art eher untypisch ist. Haben wir hier also ein spätes Langnauer Produkt vor uns (vgl. zu diesem Thema Heege/Kistler 2017b, 169-178) oder eine Keramik, die von einem Heimberger Gesellen bemalt wurde?
Eine weitere Gruppe, die erst 2017 als Bestandteil der Heimberger Keramik erkannt wurde, ist die sog. Keramik mit Perldekor (Heege/Kistler 2017a, 457-469), die sich im Kontext der Keramik “Heimberg Art” ab 1816 verfolgen lässt. Da auch dieser Dekor früher als “Langnau” eingeordnet wurde, besitzt das Regionalmuseum eine wichtige Gruppe dieser Ware.
Dazu gehört auch ein Zwiebeltopf, der aufgrund seiner kräftig gelben Glasurfarbe und der dunkelbraunen Akzentuierung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden ist.
Auch zwei aufwändig verzierte Spardosen tragen diesen Dekor. Eine ist erfreulicherweise 1859 datiert, als Beleg, dass die Dekortechnik noch gut in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts hineinläuft.
Die Museumssammlung umfasst sechs weitere, sehr schön gestaltete Spardosen, bei denen nur vermutet werden kann, dass sie ebenfalls zur Keramik “Heimberger Art” gehören und im zweiten und dritten Viertel des 19. Jahrhunderts entstanden.
Kaffeekanne, ungemarkt, im Stil der Thuner Majolika.
“Thuner Majolika” ist fast ausschliesslich in Form des Chrustmusters/Muster Alt-Thun vorhanden. Diese Muster wurde auf Heimberg-Steffisburger Wurzel entwickelt und dann lange über die Thuner Majolika hinaus bis in die 1970er-Jahre von allen Hafnereien der Region Heimberg-Steffisburg produziert.
Zwei Dosen mit Chrutmuster, um 1940-1950: Hafnerei Rudolf Schenk-Künzi und Hafnerei André-Bohnert.
Es wundert daher nicht, wenn auch relativ junge Stücke mit diesem Dekor in die Langnauer Sammlung gelangten.
Figuren von Cäsar Adolf Schmalz.
Als letztes ist für die Töpfereiregion Heimberg-Steffisburg noch auf drei signierte Figuren von Cäsar Adolf Schmalz (1887-1966) hinzuweisen, die das Museum als Geschenk erhielt. Darunter befinden sich zwei Bildnisse von Schultheiss Niklaus Friedrich von Steiger bei der Schlacht am Grauholz, Elsi, die seltsame Magd (Marti/Straubhaar 2017, 221 (zur Geschichte der Magd) und der bedeutende Alpendoktor Michael Schüppach (vgl. auch HMO 8342, BHzD 482 und Marti/Straubhaar 2017, 109–111).
Unter den wenigen nichtschweizerischen Irdenwaren sei abschliessend nur auf drei Objekte etwas näher eingegangen.
Huzulische Kanne aus der Ukraine.
Mit der Sammlung von Fritz Pappé-Schweinfurth gelangte 1948 eine ungewöhnliche Kanne ins Regionalmuseum, wohl weil der Sammler dies Stück fälschlicherweise für ein Langnauer Produkt hielt. Es handelt sich jedoch mit grosser Wahrscheinlichkeit um eine ukrainische (huzulische) Keramik der Zeit um 1900-1930 aus einer Hafnerei in Kuty, Pistyn oder Kosiv (Ukraine, Film; vgl. Ivashkiv 2007; Ivashkiv/Lozynskyi 2012; Tucholska/Kostuch 2008).
Bayerische Wöchnerinnenschüssel aus dem 19. Jahrhundert.
Eine grün glasierte, hellscherbige Terrine oder Wöchnerinnenschüssel steht auf drei Füsschen und hat einen abnehmbaren Deckel mit drei Füsschen, der als Teller dienen kann. Die Aussenseite trägt zahlreiche gemodelte Reliefauflagen. Der hellscherbig gebrannte Ton spricht gegen eine Produktion in der Deutschschweiz, obwohl auflagenverzierte und grün glasierte Keramik aus der Ostschweiz häufiger vorliegt. Ähnliche Füsschen dieser Ware gibt es als archäologische Funde aus Bendern im Fürstentum Liechtenstein (Heege 2016, 162-168). Dort werden sie mit einer auch in Graubünden verbreiteten süddeutschen (bayerischen?) Keramikgruppe des 19. Jahrhunderts in Verbindung gebracht, zu der es Parallelen im östlichen Baden-Württemberg und Bayern gibt. Jedoch sind die oder der Produktionsort unbekannt.
Eine nahezu exakte Parallele verwahrt das Fricktaler Museum in Rheinfelden (Fricktaler Museum Rheinfelden, Inv. B.582-1-2).
Terrine aus dem bayerischen Kröning?
Ebenfalls aus dem bayerischen Raum, genauer der Region Kröning, dürfte eine extrem sorgfältig gearbeitete und glasierte Terrine mit doppelter, aussen durchbrochener Wandung stammen. Sie weist zwei tordierte, fixierte Ringgriffe und einen birnenförmigen Fruchtgriff für den Deckel auf. Das Museum erhielt die Terrine aus einer Sammlung in Zürich-Wollishofen geschenkt, die Herkunft ist unklar. Die vorliegende Art des Durchbruchdekors wurde vor allem im Kröning in Niederbayern gepflegt (Grasmann 1978, 123-124, 131-132; Bauer 1976, 165-169; Grasmann 1984; Grasmann 2010, 263-265). Leider gibt es von dort bislang kein exaktes Vergleichsbeispiel.
Fayence aus Ostfrankreich.
In der Museumssammlung der Fayencen gibt es eine grosse Anzahl typischer Stücke aus der Schweiz (Kilchberg-Schooren) aber auch Fayencen aus dem französischen Ausland.
Teller mit fassoniertem Rand, Fayence und Irdenware, aus der Werkstatt von Daniel I Herrmann in Langnau.
Eine grosse Überraschung war der unbemalte Fayenceteller mit fassoniertem Rand aus der Langnauer Werkstatt 3 von Daniel I Herrmann (1738-1798). Form und Abmessungen sind identisch mit dem ältesten, 1787 datierten Irdenwareteller mit fassoniertem Rand dieser Werkstatt. Daniel I und Daniel II Herrmann fertigten die Irdenware-Variante (Langnau TLR 6c) bis 1801, wobei ein Schwerpunkt in den Jahren 1790 bis 1794 zu erkennen ist (Heege/Kistler 2017b, 689-691). Formal zeigt der Teller Anklänge an die älteren bernischen Fayenceteller der Manufakturen Willading bzw. Frisching (Ducret 2012, Abb. 3; Ducret 2015, Abb. 1), jedoch wirkt er gröber und dickrandiger und die Masse stimmen nicht überein. Der vorliegende Teller ist neben einer schon länger bekannten Rokoko-Terrine (Heege/Kistler 2017b, 742, Abb. 869; BHM H/06929) damit der zweite Beleg, dass in der Werkstatt am Langnauer Höheweg 1 gelegentlich auch unverziertes Rokoko-Fayencegeschirr gefertigt wurde. Leider handelt es sich bei dem Stück um einen Altbestand des Museums, bei dem die genaue Herkunft unklar ist.
Terrine in Entenform, Herstellungsland und -ort?
Zum Altbestand gehört auch eine Terrine in Form einer weiblichen Ente, deren möglicher Produktionsort Anlass zu umfangreichen Diskussionen gegeben hat (herzlichen Dank an Pierre-Yves Tribolet und die Association pour l’étude de la céramique). Eine Herkunft aus Deutschland wird ausgeschlossen. Für Frankreich ergibt ein Vergleich mit Marseille und Varages keine Übereinstimmungen, aber eine nahezu identische Form ist für St. Omer überliefert. Abschliessend brachten Jacques Bourgueil und Alexius Feit die Hypothese ins Spiel, es könne sich um eine Ente aus der königlichen Fabrik von Louça à Largo do Rato in Portugal handeln. Diese Fabrik war zwischen 1767 und 1835 aktiv (Alexandre Nobre Pais et al, Real Fábrica de Louça, ao Rato, Catálogo de exposição realizada, Museu Nacional do Azulejo, Lisboa 2003).
Daneben gibt es einige wenige Fayencen aus Frankreich und einen Birnbauchkrug aus Deutschland (Nürnberg oder Ansbach?).
Terrine aus der Manufaktur von Johann Jakob Nägeli, um 1840-1845.
Mit 24 Datensätzen ist schweizerische Fayence der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts aus Kilchberg-Schooren ZH umfangreicher vertreten. Dazu gehören die üblichen Teller (oft mit Schuppenrand), Teekannen, Dosen, Rasierbecken und Terrinen. Eine der Terrinen aus der Manufaktur von Johann Jakob Nägeli trägt ungewöhnlicherweise keine Bemalung.
Nidlenäpfe aus Kilchberg-Schooren, um 1830/40, mit berndeutschen Sprüchen. Oben: Mir Lüt ufem Land, si so lustig u: froh, Mir führe es Leben, s’chönt besser nit goh. Unten: Ne Chuss in Ehre, wer wills verwehre?
Bislang ungewöhnlich sind jedoch zwei grosse Nidlenäpfe auf hohem Pokalfuss, zu der sich im bekannten Geschirrspektrum der Region Kilchberg-Schooren keine exakten Parallelen finden. Auch abweichend gestaltete Nidlenäpfe aus Fayence sind extrem selten. Für das Emmental sind Nidlenäpfe eine normale Gefässform. Beide Stücke können eigentlich nur eine Auftragsarbeit nach einer Vorzeichnung sein. Hierzu passen auch die schweizerdeutschen Sprüche (bzw. Liedzeilen) der Näpfe, denn in Kilchberg-Schooren schrieb man sonst regelhaft in Hochdeutsch. Der Spruch des oberen Napfes stammt aus dem Lied “Mi Lüt uf em Land”, 1820 von Alois Franz Peter Glutz von Blotzheim, (1789-1827), veröffentlicht in seinen «Alpenliedern».
Aus dem 20. Jahrhundert, wo verschiedene Hersteller in der Deutschschweiz neben Irdenware auch Fayence produzierten, sind Reste eines Kaffeegeschirrs von Adolf Schweizer aus Steffisburg erhalten.
Steingut-Terrine aus Carouge.
Die Zusammensetzung des Steinguts in der Museumssammlung zeigt keine Überraschungen oder Besonderheiten. Vertreten sind wenige Produkte aus der Schweiz, dagegen gibt es zahlreiche Stücke aus Deutschland sowie einige aus Frankreich, Italien, England und den Niederlanden. Eine schön geformte Terrine stammt aus der Produktion von Charles Degrange & Cie, Carouge, um 1885-1903. Eine ungemarkte Teekanne mit Blumendekoren und schabloniertem Spruch dürfte wohl in Kilchberg-Schooren entstanden sein.
Eine Schüssel mit charakteristischen Schablonendekor, der mit der Spritzpistole aufgebracht wurde, wurde in der Steingutfabrik Moehlin bei Rheinfelden zwischen 1930 und 1950 gefertigt.
Gemarktes Steingut aus Zell am Harmersbach.
Aus Deutschland sind Produkte aus Mettlach und Wallerfangen, Zell, Schramberg und Wächtersbach vorhanden, wobei die üblichen Geschirre mit Umdruckdekor dominieren. Von Zell am Harmersbach sind eine vollständige Veilleuse sowie eine unverzierte Terrine hervorzuheben.
Aus Schramberg ist auf einen Teller mit zweifarbigem Umdruck zu verweisen. Der Spiegeldekor bietet eine Ansicht von Como.
Ein bemalter Teller von Villeroy & Boch aus Wallerfangen belegt, dass einfache Blumendekore nicht nur in Zell am Harmersbach, Schramberg, Schaffhausen, Kilchberg-Schooren und Norditalien gefertigt wurden, sondern auch in Deutschland. Sie entsprachen offenbar dem Geschmack eines breiten Publikums.
Steingut mit der vorliegenden Marke ist in schweizerischen Museen bisher eher selten. Dier Marke “Wappen von Savoyen” konnte bisher keinem Hersteller in Norditalien zugeordnet werden. Nur für die Fratelli Vitali der Ceramica Lodigiana in Lodi lässt sich bislang ansonsten die Verwendung des Wappens von Savoyen als Teil ihre Marke nachweisen.
Aus Frankreich stammen drei Teller mit schwarzem Umdruckdekor. Sie wurden in Montereau, Manufaktur Louis Lebeuf & Thibaut, um 1834-1840 gefertigt und präsentieren im Spiegel historische Gestalten: Oliver Cromwell, den Herzog von Guise und Jeanne d’Arc.
Gradezu “exotisch” muten eine Tasse mit kupferfarbener Lüsterglasur und Aufglasurbemalung an. Sie dürften aus englischer Produktion stammen.
Das Steinzeuginventar des Museums ist unspektakulär und leider fehlen für quasi alle Objekte Herkunftsangaben, sodass nicht einmal klar ist, ob die Stücke aus dem Gebrauch im Emmental stammen.
Hervorzuheben sind drei Essigfässchen, die in Oberbetschdorf im Elsass gefertigt worden sein dürften (Heege 2016, 300-309). Diese Fässchenart war besonders in der Schweiz und im angrenzenden süddeutschen Raum beliebt, wo sie normalerweise auf dem Kachelofen standen, wie Bilder des bernischen Malers Albert Anker belegen (Heege 2010).
Porzellan hat an der Sammlung des Museums nur einen geringen unbedeutenden Anteil, sieht man von den dekorierten Porzellanen der Geschirrhalle Herrmann in Langnau ab.
Als Geschenk gelangte erst 2015 eine Langenthaler Tassenserie aus der Zeit 1969/70 ins Museum, die auf der Bodenunterseite der Tassen goldene Aufglasur-Druckmarken trägt: “La Suisse au service de l’étranger, Bibliothèque nationale, Collection Pochon, Peint à la main”. Adolf Pochon (1869–1931) war Goldschmied, Kopist und Sammler von grafischen Darstellungen schweizerischer Militäruniformen. Nach seinem Tod kam die einzigartige Sammlung in die Schweizerische Nationalbibliothek.
Den Abschluss mag ein zwischen etwa 1965 und 1980 in Sevelen SG im Porzellan-Atelier von Heinz Ottlinger verzierter Teller bilden, der das Regionalmuseum Chüechlihaus in Langnau zeigt.
Bibliographie:
Aeschlimann 1928
Emil Aeschlimann, Alt-Langnau-Töpferei. Ein Beitrag zur Volkskunde. Beilage: Die rumänische Königin im Ilfis-Schulhaus, 8. Mai 1924, Bern 1928.
Bauer 1976
Ingolf Bauer, Hafnergeschirr aus Altbayern (Kataloge des Bayerischen Nationalmuseums München 15,1), München 1976.
Ducret 2012
Peter Ducret, Schweizerische Fayencen des 18. Jahrhunderts in Scharffeuerfarben bemalt, in: Keramikfreunde der Schweiz Mitteilungsblatt Nr. 125, 2012, 42-50.
Ducret 2015
Peter Ducret, Neues aus Bern, in: Keramikfreunde der Schweiz Mitteilungsblatt Nr. 129, 2015, 41-45.
Grasmann 1978
Lambert Grasmann, Kröninger Hafnerei (Niederbayern – Land und Leute 1), Regensburg 1978.
Grasmann 1984
Lambert Grasmann, Keramische Raritäten aus dem Kröning (Der Storchenturm, Geschichtsblätter für die Landkreise um Dingolfing, Landau und Vilsbiburg, Sonderheft 6), Dingolfing 1984.
Grasmann 2010
Lambert Grasmann, Die Hafner auf dem Kröning und an der Bina, Straubing 2010.
Heege 2010
Andreas Heege, Muestopf und Kaffeekanne. Ein Beitrag zur materiellen Kultur bei Albert Anker, in: Berner Zeitschrift für Geschichte und Heimatkunde 72, 2010, 65-78.
Heege 2015
Andreas Heege, Die Hafnereien Vögeli in der Burgdorfer Unterstadt, in: Burgdorfer Jahrbuch 83, 2015, 41-68.
Heege 2016
Andreas Heege, Die Ausgrabungen auf dem Kirchhügel von Bendern, Gemeinde Gamprin, Fürstentum Liechtenstein. Bd. 2: Geschirrkeramik 12. bis 20. Jahrhundert, Vaduz 2016.
Heege 2021
Andreas Heege, Scherben aus Schloss Blankenburg. Bernische Irdenware mit blauem Grund aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, in: Revue, Mitteilungsblatt der Keramikfreunde der Schweiz 135, 2021, 39-52.
Heege/Kistler 2017a
Andreas Heege/Andreas Kistler, Poteries décorées de Suisse alémanique, 17e-19e siècles – Collections du Musée Ariana, Genève – Keramik der Deutschschweiz, 17.-19. Jahrhundert – Die Sammlung des Musée Ariana, Genf, Mailand 2017.
Heege/Kistler 2017b
Andreas Heege/Andreas Kistler, Keramik aus Langnau. Zur Geschichte der bedeutendsten Landhafnerei im Kanton Bern (Schriften des Bernischen Historischen Museums 13), Bern 2017.
Heege/Kistler/Thut 2011
Andreas Heege/Andreas Kistler/Walter Thut, Keramik aus Bäriswil. Zur Geschichte einer bedeutenden Landhafnerei im Kanton Bern (Schriften des Bernischen Historischen Museums 10), Bern 2011.
Ivashkiv2007
Ivashkiv, Halyna, Decor of the Ukrainian folk ceramics. Lviv. 2007.
Ivashkiv/Lozynskyi 2012
Ivashkiv, Halyna, Lozynskyi, T., Hand-drawn ceramics of Kosiv and Pistyn of XIX – early XX centuries. Lviv: Institute of Collecting of Ukrainian artistic monuments in Shevchenko scientific society. 2012.
Moser 1958
Andreas Moser, Aus dem Museum in Langnau, in: Berner Zeitschrift für Geschichte und Heimatkunde 20, 1958, 14-19.
Staehelin 1948
Walter A. Staehelin, Ausstellung Schweizerische Keramik des 18. und 19. Jahrhunderts. Schloß Jegenstorf, Jegenstorf 1948.
Staehelin 1949
Walter A. Staehelin, Unbekannte Öfen aus der Frischingschen Fayencemanufaktur bei Bern, in: Keramikfreunde der Schweiz, Mitteilungsblatt 14, 1949, 12-14.
Staehelin 1950
Walter A. Staehelin, Eine Langnauer Hochzeitsschüssel von Meister Daniel Herrmann, in: Freunde der schweizerischen Keramik, Mitteilungsblatt 16, 1950, 11-12.
Tucholska/Kostuch 2008
Krystyna Tucholska, Bożena Kostuch, Huculszczyzna, ceramika pokucka w kolekcji Muzeum Narodowego w Krakowie = The Hutsul region : ceramics from Pokuttya in the Collection of the National Museum in Cracow, Kraków 2008
Zbinden/Pfister 1977
Rudolf Zbinden/Max Pfister, Langnau i. E., Bd. 89, Bern 1977.