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Kilchberg-Schooren ZH, Manufaktur Nägeli (1802-1858)

Keramik aus Kilchberg-Schooren, Manufaktur Nägeli in CERAMICA CH

Roland Blaettler, Andreas Heege 2019

In Schooren kaufte Matthias Neeracher im Jahr 1792 die alte Fayence- und Porzellanfabrik und widmete sich im Folgenden ausschliesslich der Herstellung von Steingut und Faience. 1802 kam die Manufaktur in die Hände von Hans Jakob Nägeli und im Jahr 1830 ging sie an dessen Sohn Johann Jakob Nägeli über. Vermutlich wurde bereits 1804 die Steingutproduktion wieder eingestellt. 1849 schloss Johann Jakob Nägeli die Fabrik wegen mangelnder Rentabilität. Es folgte eine Übergangsphase unter Louise Nägeli (1849–1858). Diese verkaufte die Fabrik schliesslich an Johann Jakob Staub, der sie bis zu seinem Tod 1897 betrieb. 1907 legten die Erben die Fabrik definitiv still. Die Firmengebäude wurden 1919 zu einem Landsitz umgebaut und 2002 ohne Genehmigung gesprengt (Matter 2012, 14–17).

Fayencen aus Kilchberg und Rüschlikon

Die grosse Produktion der vier Manufakturen am Zürichsee bietet besonders in Hinblick auf die Unterscheidung ihrer einfachen, fast identischen Grundformen noch viele Probleme. Die komplexeren Formen der Suppenschüsseln zeigen dagegen formale Eigenheiten, die erlauben, sie verschiedenen Fabriken zuzuweisen. So ist es Rudolf Schnyder überzeugend gelungen, typische Formen der zwei wichtigsten Manufakturen Nägeli (HMO 8689; AF Nr. 28) und Scheller zu definieren (AF Nr. 25; AF Nr. 73; HMO 8149) (Schnyder 1990).

Nägeli:

Scheller:

Diese erste Unterscheidung nach formalen Kriterien erlaubt zwar, die Dekore auf den Erzeugnissen der beiden sich konkurrenzierenden Unternehmen zu vergleichen, nicht aber endgültig dem einen oder anderen Betrieb zuzuweisen. Die Dekorfrage bleibt problematisch, weil man weiss, dass die Maler einmal in dieser, einmal in jener Fabrik arbeiteten. Schnyder hat auch auf Formen von Suppenschüsseln hingewiesen, die als Modelle von Fehr oder Abegg in Rüschlikon in Frage kommen; doch sind deren Erzeugnisse seltener und die Zuweisungen noch weitgehend hypothetisch (KMM 225; MBS 1944.93; HMO 8141; SFM 113; SFM 111; SFM 112; AF Nr. 74).

Bei den Fayencen von Kilchberg und Rüschlikon haben wir auf Vergleiche und vertiefte Studien zu jedem Objekt verzichtet. Eine präzisere Zuordnung haben wir nur in Fällen vorgenommen, die klar erscheinen, vermerken aber auch von Rudolf Schnyder gemachte Vorschläge zu Produkten von Rüschlikon. Der Begriff «Kilchberg» bezieht sich auf Stücke, die Nägeli im Schooren oder Scheller im Böndler vor seinem 1835 erfolgten Umzug nach Schooren produzierten. «Kilchberg-Schooren» aber bezeichnet Objekte von Nägeli oder Scheller von nach 1835. Es ist durchaus möglich, dass es unter den hier «Kilchberg» und «Kilchberg-Schooren» zugewiesenen Fayencen auch Exemplare gibt, die, wenn wir einmal klarer sehen sollten, sich dereinst als Erzeugnisse von Rüschlikon erweisen.

Bibliographie

Blaettler/Schnyder 2014
Roland Blaettler/Rudolf Schnyder, CERAMICA CH II: Solothurn (Nationales Inventar der Keramik in den öffentlichen Sammlungen der Schweiz (1500–1950), Sulgen 2014, 42–43

Matter 2012
Annamaria Matter, Die archäologische Untersuchung in der ehemaligen Porzellanmanufaktur Kilchberg-Schooren. Keramikproduktion am linken Zürichseeufer 1763–1906 (Monographien der Kantonsarchäologie Zürich 43), Zürich 2012.

Schnyder 1990
Rudolf Schnyder, Schweizer Biedermeier-Fayencen, Schooren und Matzendorf. Sammlung Gubi Leemann, Bern 1990.

 

Kilchberg-Schooren ZH, Manufaktur Neeracher (1792-1802)

Roland Blaettler, Andreas Heege 2019

 Im 19. Jahrhundert gab es am rechten Zürichseeufer nicht weniger als vier Fayencemanu­fakturen: In Kilchberg die Fabrik Nägeli (aktiv im Schooren zwi­schen 1802 und 1857) und die Fabrik Scheller (aktiv von 1820 bis 1869, zuerst im Böndler und ab 1835 im Schooren), im Kilchberg benachbarten Rüschlikon arbeiteten die Manufaktur von Jakob Fehr von 1832 bis 1866 und jene der Gebrüder Abegg von 1836 bis 1842. Die Produktion dieser Betriebe ist bezüglich Formen und Dekor sehr ähnlich, so dass wir beim Stand unseres Wissens noch immer nicht vollständig in der Lage sind, die Erzeugnisse der verschiedenen Unternehmen klar zu unterscheiden.

Kilchberg-Schooren, Manufakturen Neeracher, Nägeli und Staub

In Schooren kaufte Matthias Neeracher im Jahr 1792 die alte Fayence- und Porzellanfabrik und widmete sich im Folgenden ausschliesslich der Herstellung von Steingut und Fayence. 1802 kam die Manufaktur in die Hände von Hans Jakob Nägeli und im Jahr 1830 ging sie an dessen Sohn Johann Jakob Nägeli über. Vermutlich wurde bereits 1804 die Steingutproduktion wieder eingestellt. 1849 schloss Johann Jakob Nägeli die Fabrik wegen mangelnder Rentabilität. Es folgte eine Übergangsphase unter Louise Nägeli (1849–1858). Diese verkaufte die Fabrik schliesslich an Johann Jakob Staub, der sie bis zu seinem Tod 1897 betrieb. 1907 legten die Erben die Fabrik definitiv still. Die Firmengebäude wurden 1919 zu einem Landsitz umgebaut und 2002 ohne Genehmigung gesprengt (Matter 2012, 14–17).

Fayencen aus Kilchberg und Rüschlikon

Die grosse Produktion der vier Manufakturen am Zürichsee bietet besonders in Hinblick auf die Unterscheidung ihrer einfachen, fast identischen Grundformen noch viele Probleme. Die komplexeren Formen der Suppenschüsseln zeigen dagegen formale Eigenheiten, die erlauben, sie verschiedenen Fabriken zuzuweisen. So ist es Rudolf Schnyder überzeugend gelungen, typische Formen der zwei wichtigsten Manufakturen Nägeli (HMO 8689; AF Nr. 28) und Scheller zu definieren (AF Nr. 25; AF Nr. 73; HMO 8149) (Schnyder 1990).


Nägeli


Scheller

Diese erste Unterscheidung nach formalen Kriterien erlaubt zwar, die Dekore auf den Erzeugnissen der beiden sich konkurrenzierenden Unternehmen zu vergleichen, nicht aber endgültig dem einen oder andern Betrieb zuzuweisen. Die Dekorfrage bleibt problematisch, weil man weiss, dass die Maler einmal in dieser, einmal in jener Fabrik arbeiteten. Schnyder hat auch auf Formen von Suppenschüsseln hingewiesen, die als Modelle von Fehr oder Abegg in Rüschlikon in Frage kommen; doch sind deren Erzeugnisse seltener und die Zuweisungen noch weitgehend hypothetisch (KMM 225; MBS 1944.93; HMO 8141; SFM 113; SFM 111; SFM 112; AF Nr. 74).

Bei den Fayencen von Kilchberg und Rüschlikon haben wir auf Vergleiche und vertiefte Studien zu jedem Objekt verzichtet. Eine präzisere Zuordnung haben wir nur in Fällen vorgenommen, die klar erscheinen, vermerken aber auch von Rudolf Schnyder gemachte Vorschläge zu Produkten von Rüschlikon. Der Begriff «Kilchberg» bezieht sich auf Stücke, die Nägeli im Schooren oder Scheller im Böndler vor seinem 1835 erfolgten Umzug nach Schooren produzierten. «Kilchberg-Schooren» aber bezeichnet Objekte von Nägeli oder Scheller von nach 1835. Es ist durchaus möglich, dass es unter den hier «Kilchberg» und «Kilchberg-Schooren» zugewiesenen Fayencen auch Exemplare gibt, die, wenn wir einmal klarer sehen sollten, sich dereinst als Erzeugnisse von Rüschlikon erweisen.

Bibliographie

Blaettler/Schnyder 2014
Roland Blaettler/Rudolf Schnyder, CERAMICA CH II: Solothurn (Nationales Inventar der Keramik in den öffentlichen Sammlungen der Schweiz (1500–1950), Sulgen 2014, 42–43

Matter 2012
Annamaria Matter, Die archäologische Untersuchung in der ehemaligen Porzellanmanufaktur Kilchberg-Schooren. Keramikproduktion am linken Zürichseeufer 1763–1906 (Monographien der Kantonsarchäologie Zürich 43), Zürich 2012.

Schnyder 1990
Rudolf Schnyder, Schweizer Biedermeier-Fayencen, Schooren und Matzendorf. Sammlung Gubi Leemann, Bern 1990.

 

Kilchberg-Schooren ZH, Manufaktur Scheller (1820-1869)

Keramik aus Kilchberg-Schooren in CERAMICA CH

Roland Blaettler und Andreas Heege 2019

Im 19. Jahrhundert gab es am rechten Zürichseeufer nicht weniger als vier Fayencemanu­fakturen: In Kilchberg die Fabrik Nägeli (aktiv im Schooren zwischen 1802 und 1857) und die Fabrik Scheller (aktiv von 1820 bis 1869, zuerst im Böndler und ab 1835 im Schooren), im Kilchberg benachbarten Rüschlikon arbeiteten die Manufaktur von Jakob Fehr von 1832 bis 1866 und jene der Gebrüder Abegg von 1836 bis 1842. Die Produktion dieser Betriebe ist bezüglich Formen und Dekor sehr ähnlich, so dass wir beim Stand unseres Wissens noch immer nicht vollständig in der Lage sind, die Erzeugnisse der verschiedenen Unternehmen klar zu unterscheiden.

 Kilchberg-Schooren, Manufaktur Johannes Scheller

Im Jahr 1820 gründete Johannes Scheller (1775-1846) im «Böndler» in Kilchberg (heute  Alte Landstrasse 203) eine zweite Fayencemanufaktur (neben der von Hans Jakob Nägeli) . Im Jahr 1835 verlegte er sie nach Schooren, Seestrasse 201. Johannes Scheller jun. (1815-1869) übernahm die Leitung der Manufaktur nach dem Tod des Gründers im Jahr 1846 (Frei 1930). Im Jahr 1846 begann er mit der Produktion von Steingut mit Umdruckdekor (auch mit Motiven aus der Schweiz, z. B. RMC H1972.731; RMC H1972.732; RMC H1971.733; RMC H1971.1088) und führte die Fabrik sehr erfolgreich bis in die 1860er-Jahre. 1857 hatte sie 125 Mitarbeiter, um 1860 sollen es sogar 200 gewesen sein. Die Manufaktur beendete ihre Aktivitäten im Jahr 1869 nach einem Konkurs (Matter 2012, 17, 114-115).

Die Produktion (oder nur der Verkauf?) wurde aber in einem unbekannten Umfang noch durch Martin (?) Bodmer zur Arch aus Zürich fortgesetzt. 1873 kauften die Gesellschafter Fehr und Höhn aus Kilchberg den Betrieb und produzierten weiter bis 1874. Danach wurde die Produktion definitiv beendet (Ducret 1951, 180).

Hervorzuheben sind die in Kopien erhaltenen zwei Musterbücher der Manufaktur Scheller. Peter Ducret hat sie 2007 erstmals umfassend publiziert (Ducret 2007). Zumindest eines der Musterbücher kann aufgrund einer Beschriftung in die Zeit vor 1859 datiert werden. Die Musterbücher liefern nicht nur einen Überblick über die vorkommenden Gefässformen sondern geben auch Aufschluss über zeitgenössische Form- und Dekorbezeichnungen. Im undatierten Verzeichnis sind die Objekte in deutscher und französischer Sprache bezeichnet. Das zweite Verzeichnis ist nur in Deutsch gehalten. Im Vergleich mit einem etwa zeitgleichen Musterbuch von Schramberg (Heege 2013) wird die grosse formale Nähe der Schellerschen Produkte  zu Schramberg überdeutlich.

Musterbücher Scheller, Kilchberg-Schooren

Musterbücher Schramberg

Fayencen aus Kilchberg und Rüschlikon

Die grosse Produktion der vier Manufakturen am Zürichsee bietet besonders in Hinblick auf die Unterscheidung ihrer einfachen, fast identischen Grundformen noch viele Probleme. Die komplexeren Formen der Suppenschüsseln zeigen dagegen formale Eigenheiten, die erlauben, sie verschiedenen Fabriken zuzuweisen. So ist es Rudolf Schnyder überzeugend gelungen, typische Formen der zwei wichtigsten Manufakturen Nägeli (HMO 8689; AF Nr. 28) und Scheller zu definieren (AF Nr. 25; AF Nr. 73; HMO 8149) (Schnyder 1990).


Nägeli


Scheller

Diese erste Unterscheidung nach formalen Kriterien erlaubt zwar, die Dekore auf den Erzeugnissen der beiden sich konkurrenzierenden Unternehmen zu vergleichen, nicht aber endgültig dem einen oder andern Betrieb zuzuweisen. Die Dekorfrage bleibt problematisch, weil man weiss, dass die Maler einmal in dieser, einmal in jener Fabrik arbeiteten. Schnyder hat auch auf Formen von Suppenschüsseln hingewiesen, die als Modelle von Fehr oder Abegg in Rüschlikon in Frage kommen; doch sind deren Erzeugnisse seltener und die Zuweisungen noch weitgehend hypothetisch (KMM 225; MBS 1944.93; HMO 8141; SFM 113; SFM 111; SFM 112; AF Nr. 74).

Bei den Fayencen von Kilchberg und Rüschlikon haben wir auf Vergleiche und vertiefte Studien zu jedem Objekt verzichtet. Eine präzisere Zuordnung haben wir nur in Fällen vorgenommen, die klar erscheinen, vermerken aber auch von Rudolf Schnyder gemachte Vorschläge zu Produkten von Rüschlikon. Der Begriff «Kilchberg» bezieht sich auf Stücke, die Nägeli im Schooren oder Scheller im Böndler vor seinem 1835 erfolgten Umzug nach Schooren produzierten. «Kilchberg-Schooren» aber bezeichnet Objekte von Nägeli oder Scheller von nach 1835. Es ist durchaus möglich, dass es unter den hier «Kilchberg» und «Kilchberg-Schooren» zugewiesenen Fayencen auch Exemplare gibt, die, wenn wir einmal klarer sehen sollten, sich dereinst als Erzeugnisse von Rüschlikon erweisen.

Bibliographie

Blaettler/Schnyder 2014
Roland Blaettler/Rudolf Schnyder, CERAMICA CH II: Solothurn (Nationales Inventar der Keramik in den öffentlichen Sammlungen der Schweiz (1500–1950), Sulgen 2014, 42–43

Ducret 1951
Siegfried Ducret, Schoorensteingut des 19. Jh. Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 12, 1951, 175–180.

Ducret 2007
Peter Ducret, Bedrucktes Steingut aus der Manufaktur Scheller in Kilchberg, in: Keramik-Freunde der Schweiz, Mitteilungsblatt Nr. 119/120, 2007.

Frei 1930
Karl Frei, Lebenserinnerungen des Fayencefabrikanten Johannes Scheller von Kilchberg, in: Zürcher Taschenbuch 50, 1930, 157-210.

Heege 2013
Andreas Heege, Ein unbekanntes Musterbuch der ersten königlich württembergischen Steingutmanufaktur Schramberg (Uechtritz&Faist) aus der Zeit nach 1855 in: Harald Siebenmorgen, Blick nach Westen. Keramik in Baden und im Elsass. 45. Internationales Symposium Keramikforschung Badisches Landesmuseum Karlsruhe 24.8.-28.9.2012, Karlsruhe 2013, 107-115.

Matter 2012
Annamaria Matter, Die archäologische Untersuchung in der ehemaligen Porzellanmanufaktur Kilchberg-Schooren. Keramikproduktion am linken Zürichseeufer 1763–1906 (Monographien der Kantonsarchäologie Zürich 43), Zürich 2012.

Schnyder 1990
Rudolf Schnyder, Schweizer Biedermeier-Fayencen, Schooren und Matzendorf. Sammlung Gubi Leemann, Bern 1990.

Kilchberg-Schooren ZH, Manufaktur Staub (1858-1906)

Roland Blaettler, Andreas Heege 2019

In Schooren kaufte Matthias Neeracher im Jahr 1792 die alte Fayence- und Porzellanfabrik und widmete sich im Folgenden ausschliesslich der Herstellung von Steingut und Faience. 1802 kam die Manufaktur in die Hände von Hans Jakob Nägeli und im Jahr 1830 ging sie an dessen Sohn Johann Jakob Nägeli über. Vermutlich wurde bereits 1804 die Steingutproduktion wieder eingestellt. 1849 schloss Johann Jakob Nägeli die Fabrik wegen mangelnder Rentabilität. Es folgte eine Übergangsphase unter Louise Nägeli (1849–1858).

Diese verkaufte die Fabrik schliesslich 1858 an Johann Jakob Staub (1825-1897), der sie bis zu seinem Tod 1897 betrieb. In der Spätphase der Fabrik wurde  neben Blumentöpfen vor allem manganglasiertes  Schenk- und Tafelgeschirr hergestellt, das  vermutlich nie gemarkt oder gestempelt war.  Eine seltene Ausnahme ist ein 1896 datierter und  «J:St:» signierter Wandbrunnen nebst Handwaschbecken (MKB VI-4048) nach älteren Zürcher Vorlagen bzw. in der Manufaktur erhaltenen Gipsmodeln (diese heute SNM LM-15331-449; Heege/Kistler 2017/2, Abb. 726). Eine Übersicht über die von Staub produzierten Gefässformen gibt es bis heute nicht, jedoch liefern die Bodenfunde gewisse Anhaltspunkte (Matter 2012, 138, Abb. 159) . Daneben wurden vermutlich auch Kachelöfen hergestellt.

Die Manufakturgebäude auf einer Zeichnung des Jahres 1920.

Zwischen 1897 und Ende 1906 produzierten die Erben von Johann Jakob Staub möglicherweise weiterhin Keramik. Ende 1906 legten sie die Fabrik definitiv still (Bösch 2003, 253 unter Berufung auf Ducret 1951, 176) . Die Firmengebäude wurden 1919 zu einem Landsitz umgebaut und 2002 ohne Genehmigung gesprengt (Matter 2012, 14–17).

Bibliographie

Blaettler/Schnyder 2014
Roland Blaettler/Rudolf Schnyder, CERAMICA CH II: Solothurn (Nationales Inventar der Keramik in den öffentlichen Sammlungen der Schweiz (1500–1950), Sulgen 2014, 42–43.

Ducret 1951
Siegfried Ducret, Schoorensteingut des 19. Jh., in: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 12, 1951, 175-180.

Heege/Kistler 2017
Andreas Heege/Andreas Kistler, Keramik aus Langnau. Zur Geschichte der bedeutendsten Landhafnerei im Kanton Bern (Schriften des Bernischen Historischen Museums 13), Bern 2017.

Matter 2012
Annamaria Matter, Die archäologische Untersuchung in der ehemaligen Porzellanmanufaktur Kilchberg-Schooren. Keramikproduktion am linken Zürichseeufer 1763–1906 (Monographien der Kantonsarchäologie Zürich 43), Zürich 2012, bes. 115 und 138.

Kilchberg-Schooren, Zürcher Porzellanmanufaktur (1763-1790)

Die Zürcher Porzellanmanufaktur in Kilchberg-Schooren (Original Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung).

Zürcher Porzellan in CERAMICA CH

Zürcher Fayence in CERAMICA CH

Die Zürcher Porzellanmanufaktur

Geschichte des Betriebs

Elisabeth Lott, 2023

In dem vom gehobenen Bürgertum getragenen Stadtstaat Zürich ging eine Gruppe von Politikern, Unternehmern und Intellektuellen ein kühnes Wagnis ein: Sie gründeten 1763 eine Porzellanmanu­faktur in einem Land, das nicht auf die Gunst und Repräsentationsmöglichkeiten sowie die Finanz­kraft eines fürstlichen Hofes abstellen konnte. Inspiriert von den Ideen der Aufklärung, hegten die Gründer vor allem kulturelle Absichten. Sie wollten beweisen, dass es möglich ist, in Zürich ein ehr­geiziges künstlerisches Werk aufzubauen. Sie verfolgten aber auch ökonomische und philanthropi­sche Interessen. Einerseits sollte zürcherisches Kapital für den Kauf von Porzellan nicht ins Ausland abfliessen, andererseits sollten verarmte Landleute und junge Menschen im Betrieb eine künstle­rische Ausbildung und einen Arbeitsplatz erhalten.

Die Initiative zur Gründung einer Porzellanmanufaktur ergriff aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen der spätere Zürcher Bürgermeister Johann Conrad Heidegger (1710-1778). Er bildete 1763 zusam­men mit seinen beiden Neffen, dem berühmten Dichter und Maler Salomon Gessner (1730-1788) und dem Verleger Heinrich Heidegger vom Kiel (1738-1823) sowie den beiden Neffen seiner Frau, dem Seidenhändler und Bankier Hans Martin Usteri (1738-1790) und Stadtschreiber Heinrich Lavater (1731-1818), ein Konsortium mit dem klaren Ziel, Porzellan herzustellen. Am 10. August 1763 kaufte Heinrich Heidegger im Namen dieser Societät von der Witwe Holzhalb ein im Schooren bei Kilchberg-Bendlikon am See gelegenes Haus samt Land. Ebenfalls im August 1763 trat Adam Spengler (1726-1790) als Direktor und technischer Leiter in den Dienst des neuen Unternehmens. Er nahm zielstrebig die Einrichtung der Manufaktur in Angriff, und bereits im Frühling 1764 konnte der Verkauf von Fayence angekündigt werden, einer Keramikart, deren Herstellung und Verarbeitung Spengler aus seiner Tätigkeit bei den Berner Fayencemanufakturen vertraut war.

Noch vor Ende 1764 gelang der Manufaktur die Herstellung von Porzellan, und bereits 1770 verfügte sie über ein breites Spektrum an Geschirrstücken, Gebrauchsgegenständen und Figuren. Das Wissen um die Herstellung von Porzellan dürfte aus Ludwigsburg überliefert worden sein.

Schlichte Teekanne in klassizistischem Stil links (CFMH_Bö_0469) und Kanne in alter Form rechts (CFMH_Bö_0248).

Während unter qualitativem Aspekt unzweifelhaft ein beachtlicher Erfolg zu verzeichnen war und durchaus das Niveau namhafter ausländischer Porzellanmanufakturen erreicht wurde, traf dies in wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht leider nicht zu. Schon kurz nach Aufnahme der Tätigkeit kämpfte das Unternehmen mit Liquiditätsproblemen und ungenügenden Erträgen. Der Absatzmarkt war begrenzt und die ausländische Konkurrenz gross. Massnahmen wie das Erproben von kosten­günstigeren Keramikmassen ohne grossen Kaolinanteil oder die Durchführung einer Porzellan-Lotterie (1773) sowie die Bestellung des umfangreichen Einsiedler-Service durch den Zürcher Rat (1775) brachten keine Besserung. Wegen fehlender Mittel konnte die Manufaktur auch nicht in neue Formen investieren, um so dem moderneren klassizistischen Kunstgeschmack des ausgehenden 18. Jahrhunderts entsprechen zu können – sie blieb dem Stil des Rokoko verhaftet.

1788 starben Salomon Gessner und 1790 Hans Martin Usteri sowie der Direktor Adam Spengler. Damit verlor die Manufaktur ihre Leitung. Nach nur 27 Betriebsjahren beschlossen die verbliebenen Teilhaber wegen der katastrophalen finanziellen Lage die Stilllegung der Produktion und die Liquidation des Unternehmens.

Die Erfassung der finanziellen Lage und die Liquidation zogen sich dann über längere Zeit hin. Die verbindliche Liquidationsurkunde konnte deshalb erst auf den 31. Dezember 1791 erstellt werden. Sie zeigte neben dem entstandenen Verlust in Höhe von 225.000 Gulden (was heute einem zwei­stelligen Millionenbetrag entspräche) auch das Obligo jedes einzelnen Teilhabers. Die Gebäude und das Land wurden verkauft und dienten in den folgenden Jahrzehnten neuen Kilchberger Unterneh­men (Manufaktur Neeracher, 1792-1802Manufaktur Nägeli, 1802-1858Manufaktur Staub, 1858-1906) zur Herstellung von Fayence und Steingut.

Betriebsablauf und Personal

Die Produktion in der Zürcher Porzellanmanufaktur wurde mit ungefähr 30 Personen aufgenommen. Für damalige Verhältnisse war dies eine ansehnliche Betriebsgrösse. Das 1763 erworbene Wohnhaus mit seinen 25 Zimmern wurde in einen kunsthandwerklichen Fabrikationsbetrieb umgewandelt, diente aber bis 1766 dem Direktor gleichzeitig als Wohnhaus. Für die wesentlichen Arbeitsgänge standen getrennte Räume zur Verfügung, ähnlich wie dies auch bei anderen Manufakturen üblich war: Erwähnenswert sind die Schlämmstube, wo die Rohmaterialien gereinigt, bearbeitet und gemischt wurden; sodann die Dreherstube, in welcher sämtliche auf der Drehscheibe zu verfertigenden Formstücke bearbeitet wurden; die Former- und Bossiererstube, wo die zu schaffen­den Stücke resp. Einzelteile mittels Gipsformen hergestellt und zu einem Ganzen zusammengefügt, d.h. bossiert wurden. Der Qualitätskontrolle nach dem Glattbrand diente die Sortierstube, während die weitere künstlerische Bearbeitung der Erzeugnisse anschliessend in der Malerstube oder der Druckerstube stattfand. Anfänglich befanden sich die Brennöfen, die in ihrer Konstruktion vermutlich dem Ringler-Ofen aus Wien oder für die Fayence den üblichen stehenden Öfen vom Typ Picollpasso entsprachen, noch im ehemaligen Wohnhaus, doch schon vor 1771 richtete man ein separates Brennhaus ein.

Abgesehen von der Glasurmühle in Thalwil war kein von der Technik unterstützter Arbeitsablauf vorhanden; jeder Arbeitsgang musste von Hand ausgeführt werden. Erschwert wurde ein rationeller Betriebsablauf auch durch die gleichzeitige Herstellung von Porzellan und von Produkten aus einheimischer Tonerde.

Von Salomon Gessner eigenhändig bemalter Teller mit Landschaftsdekor (CFMH_Bö_0498).

Doch die Zürcher Manufaktur hatte das Glück, mit Salomon Gessner und Adam Spengler von Anfang an über zwei sehr kompetente Künstlerpersönlichkeiten zu verfügen. Trotzdem musste man mehrere qualifizierte Mitarbeiter aus dem Ausland kommen lassen, die sich in den verschiedenen Produktionstechniken auskannten und die Porzellanmalerei beherrschten. Die meisten stammten aus Lothringen und aus Süddeutschland. Unter ihnen seien die Maler Johannes Leopold Daffinger aus Wien und Johannes Bonlander aus Memmingen sowie die deutschen Bildhauer und Modelleure Joseph Nees und Johann Valentin Sonnenschein erwähnt.

Zu den ausländischen Spezialisten gesellte sich eine Reihe einheimischer Arbeitskräfte, die meist aus Zollikon kamen und sich in der Former- und Malerstube der Fabrik ausbilden liessen, bevor sie anerkannte Künstler auf dem Gebiet der Porzellanplastik oder der Keramikmalerei wurden. Wie es die Gründer der Zürcher Manufaktur gewünscht hatten, spielte das Unternehmen also durchaus auch die Rolle einer Kunstschule. Mehrere bekannte Zürcher Kleinmeister, darunter Heinrich Füssli, Heinrich Thomann und Johann Heinrich Bleuler, erhielten ihre künstlerische Ausbildung in der Porzellanmanufaktur. Als Modelleur, der seine Ausbildung der Manufaktur verdankte, ist Johann Jakob Willhelm Spengler, der Sohn Adam Spenglers, zu nennen.

Verarbeitete Materialien

Anfangs wurden ausschliesslich inländische Tone verarbeitet, und hauptsächlich Fayence produziert, da sich der Direktor Adam Spengler in dieser Materie sehr gut auskannte. Schon wenige Monate später aber gelang die Produktion von Porzellan. Nicht zuletzt aus Kostengründen wurde mit der Zusammensetzung der Keramikmassen in der Zürcher Manufaktur immer wieder experimentiert. Das für Porzellan erforderliche Kaolin musste nämlich zuerst aus Gruben im Bayrischen Wald, später aus Kaolingruben von St. Yrieix bei Limoges beschafft werden, was sehr kostspielig war. Und weil Porzellan im Vergleich mit Fayence wesentlich höhere Brenntemperaturen erforderte, schlugen letztlich auch die für den Brand der Keramiken benötigten Brennholzkosten zu Buche.

Abgesehen von Fayence und Porzellan produzierte man in Kilchberg-Schooren auch noch Steingut und  Weichporzellan (aus den Anfängen der Manufaktur: Angst 1905; zur abweichenden Spätdatierung des Weichporzellans nach ca. 1777 siehe Schnyder 2009, 13-14). Zur Diskussion um die produzierten Waren und ihre Definitionen vgl. unbedingt auch die Bearbeitungen von Annamaria Matter (2012, 39-48) und Maire (2008, 29-36). Beim Steingut aus Kilchberg-Schooren scheint es sich nach chemischen Analysen (Matter 2012, Tab. 1-3) um eisenarmes calciumreiches Kalksteingut gehandelt zu haben, das sowohl eine Blei- als auch eine Fayenceglasur tragen konnte, was heute zu definitorischen Abgrenzungsproblemen führt (Steingut oder Fayence?). Diese Art Geschirr wurde in CERAMICA-CH als „Fayence“ aufgenommen.

Keramikformen und Dekore

Formen

Sowohl beim Figurenwerk wie im Segment der Geschirrkeramik und sonstiger Formstücke für den täglichen Gebrauch verfügte die Zürcher Manufaktur über eine enorme Vielfalt. Ziel war es, der Kundschaft ein breites Spektrum an Formen anbieten zu können, wie das auch bei der ausländischen Konkurrenz der Fall war.

Allerdings war man im Gegensatz zu deutschen und französischen Betrieben bestrebt, weniger üppi­ges Porzellan zu schaffen. Die Geschirre mussten dem Geschmack der reformierten Zürcher Bürger­familien entsprechen, allzu prunkvolle und reich verzierte Modelle wie an europäischen Fürstenhöfen waren nicht gefragt. Auf schlichteren Formen und glatten Oberflächen kamen dafür die herrlichen Malereien umso mehr zur Geltung.

Figurenpaar Gärtner und Gärtnerin (CFMH_K_0225 und CFMH_K_0226).

Das reiche Figurenwerk diente nicht Dekorationszwecken im heutigen Sinne, sondern ausschliesslich der Tafelzier an Festtagen oder bei besonderen Gelegenheiten. Zur Herstellung der Einzelfiguren oder ganzer Figurengruppen kamen andere Künstler und Kunsthandwerker zum Zuge als bei der Geschirrfabrikation. Die liebenswürdigen Kleinplastiken, die etwa Berufe jener Zeit oder die Jahres­zeiten, die Erdteile oder die Sinne darstellen, gehören mit ihrer Allegorik zu den schönsten Zeugen der Welt des Rokoko. Mit mehr als 460 verschiedenen Ausformungen zählt die Zürcher Manufaktur auch in diesem Bereich zu den führenden Betrieben auf dem Kontinent (vgl. zum Figurenwerk auch: Schnyder 2009).

Dekore

Im 18. Jahrhundert war das Farbenangebot noch sehr begrenzt und mit Mängeln versehen, was das schnell rissig werdende Grün bewies. Die Farben wurden aus Erdpigmenten, Mineralien und Metallen gewonnen. Für die blaue Farbe war man beispielsweise auf Kobaltsmalte angewiesen. Da auf dem Markt noch keine fertigen Porzellanfarben erhältlich waren, mussten diese in der Manufaktur selbst hergestellt werden. In Zürich arbeiteten die Maler mit Ausnahme des unterglasurblauen Dekors mit Muffelfarben, bei denen das Stück vor der Bemalung glasiert und dem Garbrand unterzogen wird. Die Bezeichnung «Muffel» stammt dabei von einem feuerbeständigen Behälter im Muffelofen, der die bemalten Keramiken vor dem direkten Feuer und dem Rauch schützen sollte. Eine der Schwierig­keiten für den Porzellanmaler war das unterschiedliche Aussehen der Farben vor und nach dem Brand. Um zu wissen, wie sich die Farben beim Brennen verhalten, bediente sich der Maler gebrannten Mustertellern, auf denen die Farbskalen aufgemalt waren.

In Bezug auf die Dekore hat die Zürcher Porzellanmanufaktur wiederum eine enorme Bandbreite vorzuweisen. Sie ist vor allem berühmt im Bereich der Blumen- und Landschaftsdekore. Im Vergleich mit anderen Manufakturen zählen diese Dekore denn auch zum Besten, was in der Keramikmalerei geschaffen wurde.

Landschaftsdekor: Unter dem Einfluss und der Anleitung von Salomon Gessner legte das Unternehmen grosses Gewicht auf diese Art der Bemalung. Gessner unterrichtete die Porzellanmaler in der Darstellung idyllischer Landschaften und vermittelte ihnen einerseits die Bedeutung der Naturstudien und achtete anderseits auf die unerlässliche Sorgfalt bei der strengen klassischen Komposition. Gessner lieferte dazu zahlreiche Vorlagen für Landschaftssujets, wobei er sich insbesondere auf Stiche niederländischer Meister stützte.

Unter dem Landschaftsdekor finden sich Bildkompositionen mit Bäumen, Baumgruppen und Sträuchern, intakten oder halbverfallenen Häusern sowie romantisierenden Ruinenstücken oder Burganlagen, stillen Gewässern, Fluss- oder Seelandschaften mit Inseln und Fernsichten. Die Seelandschaften sind oft staffiert mit unterschiedlichen Booten. Meistens werden diese Bildszenen durch kleine Personendarstellungen belebt. Beachtenswert sind zudem die Abschattierungen zur Unterstützung der atmosphärischen Perspektive. Im Gegensatz zu den Erzeugnissen grosser ausländischer Manufakturen fehlen dem Zürcher Dekor die vom Hofleben beherrschten Landschaften, die fürstlichen Paläste und Gärten. Die Künstler in Kilchberg arbeiteten zürcherisch nüchtern und sachlich. Dabei schufen sie aber teils Landschaften von einer unerreicht verträumten Feinheit.

Arkadische Landschaft (CFMH_Bö_0439).

Der Zürcher Landschaftsdekor wird heute nach dem zentralen Bildthema unterschieden:

– Sujets, bei denen die Landschaft allein zentrales Bildthema ist. Hier wird unterschieden zwischen «arkadischen» Landschaften einerseits, bei denen das Bildsujet überwiegend vom grafischen Schaffen ausländischer oder schweizerischer Künstler beeinflusst ist, sei dies durch die Übernahme wesentli­cher Bestandteile der Vorlage oder effektives Kopieren, und «naturalistischen» Landschaften anderseits, in denen die Komposition von Bildsujets von den in der Manufaktur tätigen Künstlern geschaffen wurde. Hier dienten den Malern Vorlagen grafischer Arbeiten ausländischer Künstler lediglich als Inspirationsquelle.

Kauffahrtei-Szene auf Untersetzer (CFMH_Bö_0184).

– Sujets, bei denen neben die Landschaft ein weiteres zentrales Bildthema tritt: In der Regel handelt es sich um Boote, die dem Transport oder der Fischerei dienen. In Verbindung mit am Ufer lagernden Fässern, Warenballen und anderen Transportgütern entsteht so der Kauffahrtei-Dekor der Zürcher Kaufmannschaft, galt der Seeweg doch als wesentlicher Teil des Güterexports in den Süden.

Teedose mit Dekor «Grosse Figuren» (CFMH_K_1666).

Mit dem Landschaftsdekor verwandt ist der Dekor Grosse Figuren. Dieser unterscheidet sich vom Landschaftsdekor dadurch, dass die Personen- und Tierdarstellungen nicht im richtigen Grössenverhältnis zur umgebenden Landschaftsstaffage stehen.

Kaffeekannen mit monochromer und bunter Blumenmalerei (CFMH_Bö_0458 und CFMH_Bö_0338).

Blumendekor: Ähnlich wie Salomon Gessner in der Landschaftsmalerei inspirierte Adam Spengler die Maler in der Blumenmalerei. Seine künstlerischen Erfahrungen aus den Berner Fayencemanufakturen liess er in die Malerstube des Zürcher Betriebs einfliessen. So ist in der Anfangszeit eine grosse Übereinstimmung mit der Berner Blumenmalerei festzustellen. Anregen liessen sich die Zürcher Künstler nicht nur durch die einheimische Pflanzenwelt, sondern auch von Blumendekoren anderer Manufakturen, vorwiegend jenen aus Strassburg und Ludwigsburg.

In der Blumenmalerei, der Darstellung natürlicher Blumen der einheimischen Flora, wurde in Zürich Hervorragendes geleistet; Höhepunkte bilden dabei die grosszügig und detailgetreu in kräftigen Farben gemalten Gebinde der Frühzeit und die sogenannten Einsiedlerblumen in der Art von Johannes Daffinger.

Teedosen mit Girlandendekor (von links nach rechts: CFMH_Bö_0326, CFMH_Bö_0096, CFMH_Bö_0492, CFMH_K_1524).

Neben der Darstellung von Einzelblumen und Blumengebinden gestalteten die Zürcher Künstler auch Blumengirlanden oder Kombinationen von Girlanden, Bändern und anderen Zierelementen wie Festons. Der Blumendekor wird deshalb unterschieden in den eigentlichen Blumendekor und den Girlanden- und Bänderdekor.

Ostasiatische Dekore: Zur Verzierung des neuen europäischen Porzellans übernahm Meissen sehr rasch die Bildmotive der ostasiatischen Dekorarten. Als Vorlagen standen den Malern in Meissen dabei die entsprechenden Auftragsporzellane in der Sammlung Augusts des Starken zur Verfügung. Basis bildete speziell der Malstil auf Arita- oder Imariporzellanen, im Wesentlichen der Kakiemonstil, der auf japanischen Motiven beruhte. Im figürlichen Bereich stützten sich die europäischen Maler dagegen auf Stichwerke ab, die sich mit dem fernen Osten und den «Exoten aus fernöstlichem Land» befassten.

Während für die chinesischen und japanischen Künstler der Symbolgehalt und die Bildhaftigkeit der dargestellten Bildbestandteile und deren Kombination im Mittelpunkt standen, richteten sich die Künstler der europäischen Manufakturen nach ästhetischen Gesichtspunkten. Der Symbolgehalt der Bildmotive auf chinesischen und japanischen Keramiken war ihnen offensichtlich nicht bewusst.

Asiatische Motive auf Zürcher Porzellan (CFMH_Bö_0307, CFMH_Bö_0135).

Im Gegensatz zu den Malern in Meissen, die sich auf ostasiatische Keramikmalereien abstützen konnten, dienten in der Zürcher Manufaktur die ostasiatischen Malereien der renommierten euro­päischen Porzellanmanufakturen als Vorlage. Dies zeigen die nach Porzellanen aus Meissen kopierten Dekorvarianten wie «Astern und Päonien», «Pagode in Landschaft», «Fels und Vogel» oder die «Stadler-Chinesen». Die Zürcher beschränkten sich bei der Sujetwahl auf Blumen-, Blüten- und Stauden- sowie auf Fels-, Stein- oder Heckendarstellungen. Mit Ausnahme von Vogelmotiven fehlen in Zürich Tiersujets wie Drache, Löwe oder Tiger.

Teller (CFMH_Bö_0159), Kaffeekanne (CFMH_K_0585) und Teekanne (CFMH_Bö_0545) mit Vogeldekor.

Vogel- und Früchtedekor: Der Vogeldekor umfasst in Zürich sowohl das nach der Natur gemalte Federvieh als auch exotische Vögel und eigentliche Fantasiegebilde. Unterschieden wird dieser Dekor in «Vögel in Landschaft» und «Vögel auf Zweigen».

Teller mit Corniche-Dekor (CFMH_Bö_0391).

Viele Geschirre weisen in Anlehnung an ausländische Manufakturen auch plastische Verzierungen (Reliefdekor) auf, vom einfachen Rippdekor mit schmal oder breit geripptem Muster über den Korbflechtrand, das sogenannte Oziermuster, bis zum «Corniche»-Dekor, der mit seinen Reliefblumen und -bändern sowie Rocaillen den reicheren ausländischen plastischen Dekoren nahekommt. Das in Zürich am meisten verwendete plastische Muster bei Tellern, Platten und Schalen in Porzellan war die Riefelung resp. der Riefeldekor. Auf wenigen Einzelstücken findet sich zudem der «Abgesetzte Schnurrand» (geschnürlter Rand), eine Kombination des Riefeldekors mit einem geflochtenen Randabschluss.

Teekanne mit plastischem Gotzkowski-Dekor kombiniert mit Insektenmalerei (CFMH_Bö_0275).

Bei Kaffee- und Teegeschirren wurde gelegentlich ein Blumendekor angebracht, der sogenannte Gotzkowski-Dekor, oder ein plastischer Blumenranken-Dekor, der von der Ludwigsburger Manu­faktur übernommen worden war.

Kaffeekanne mit Blumendekor und reicher Vergoldung (CFMH_Bö_0493).

Als weiteres Dekor-Element wurde die Vergoldung verwendet, von einfachen Goldpunkten über diskrete Konturierungen in Gold, Goldränder und Goldzahnbordüren bis hin zu reicher Vergoldung ganz im Stil von Prunkgeschirren aus Meissen oder Sèvres.

Blumentopf mit Fayenceglasur und schwarzem Umdruckdekor auf der Glasur (CFMH_Bö_0274).

Als eine der ersten Manufakturen auf dem Kontinent übernahm die Zürcher Manufaktur in späteren Jahren auch den in England erfundenen Umdruckdekor, eine kostengünstigere Art der Verzierung, die vor allem auf Geschirren mit Fayenceglasur und hell gebranntem Scherben angewendet wurde. Es handelt sich in allen Fällen um Umdruckdekor auf der Glasur.

Service

Die Produktion ganzer Service war in der Zürcher Manufaktur eine Ausnahme. Wollte man ein komplettes Service erwerben, wurde dieses aus zueinander passenden Einzelstücken aus dem Warenlager im Schooren zusammengestellt. Der eigentliche Laden der Manufaktur befand sich in der «Meisen» auf dem Zürcher Münsterhof.

Als einheitlich konzipierte Speisegedecke wurden nur zwei vollständige Tafelservices geschaffen: das berühmte Porzellan-Service für das Kloster Einsiedeln, das einzige Schweizer Staatsgedeck des 18. Jahrhunderts, und das Fayence-Service der Familie von Salis, das mit schönen Seelandschaften verziert ist.

Das Einsiedler-Service

Von besonderer Bedeutung im Schaffen der Zürcher Porzellanmanufaktur ist das als «Einsiedler-Service» bezeichnete Tafelgedeck, bestehend aus rund 235 Einzelteilen. Es entstand 1775 und umfasst nebst einem grosszügigen Speiseservice auch ein Kaffee- und Teegedeck.

Nachdem 1773/74 eine sechsköpfige Zürcher Delegation während monatelangen Verhandlungen mit dem Stand Schwyz um Fischerei- und Fahrrechte auf dem Zürichsee im Kloster Einsiedeln beherbergt worden war, wollte sich der Zürcher Rat für diese Gastfreundschaft erkenntlich zeigen und gab das umfangreiche Service in der Manufaktur in Auftrag. Das Geschenk durfte zwischen 1000 und 1200 Gulden kosten. Diese Bestellung war in Kilchberg-Schooren hoch willkommen, denn schon damals kämpfte man im Betrieb mit Absatzproblemen. Eine erhaltene Abschrift der Originalrechnung belegt den Umfang des prestigeträchtigen Geschenks, das im Sommer 1776 ins Kloster kam und nur bei speziellen Anlässen aufgedeckt wurde.

Erst anlässlich der Landesausstellung von 1883 rückte das Service wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit, als Teile daraus in Zürich gezeigt wurden. Es stiess bei Keramiksammlern auf grosses Interesse. Weil im Kloster grössere Renovationsarbeiten anstanden, so z.B. die Erneuerung des Kirchenbodens, beschloss der Konvent zu deren Finanzierung das Gedeck zusammen mit weiteren Porzellanen zu verkaufen. Dem Käufer Heinrich Angst, dem späteren ersten Direktor des Schweizeri­schen Landesmuseums, war der gesamte Kaufpreis von CHF 10.000.- aber zu hoch. Er fand in seinem Freund Auguste Siegfried aus Lausanne einen gleichgesinnten Partner, und die beiden Sammler teilten die Porzellane unter sich auf. Bei Formstücken in einzelner Ausführung, wie z.B. beim Tafel­aufsatz, entschieden sie die Zuteilung durch Kartenspiel, das Heinrich Angst offensichtlich gut beherrschte. Denn diese Unikate befinden sich heute hauptsächlich im Schweizerischen Landesmuseum, wohin Angsts Anteil 1903 als Legat kam.

Die grosse Tischvitrine mit dem Einsiedler-Service im Conrad Ferdinand Meyer-Haus Kilchberg.

Viele Stücke Siegfrieds gelangten nach dessen Tod über den Handel und zwei Privatsammlungen 1985 zurück an ihren Herstellungsort Kilchberg, ins heutige Zürcher Porzellanmuseum im C. F. Meyer-Haus.

Neuausstellung des Einsiedler-Service im Schweizerischen Nationalmuseum in Zürich,  2020.

Das Schweizerische Nationalmuseum verwahrt heute neben dem dreiteiligen Tafelaufsatz weit über die Hälfte der ursprünglich 72 Speiseteller, 16 von insgesamt 24 tiefer gemuldeten Suppentellern sowie einen wesentlichen Bestand des zwölfteiligen Kaffee- und Teegedecks, davon alleine acht der total zwölf sog. Prunkteller und viele andere Geschirre für den Nachtisch. In Kilchberg sind 14 Speiseteller ausgestellt, alle restlichen Suppenteller, dazu zahlreiche runde und ovale Platten und Schalen in verschiedenen Grössen. Erwähnenswert sind auch einige Stücke, die gestützt auf den Dekor zwar zum Service passen, zudem auf der Fotografie zu sehen sind, die vor dem Verkauf der Geschirre durch das Kloster aufgenommen wurde, aber durch die Rechnung der Manufaktur nicht als eigentliche Teile des ursprünglichen Geschenks belegt sind (z.B. zwei ovale Terrinen). Möglicherweise hatte das Kloster selber solche Stücke zur Ergänzung des Gedecks erworben.

Das von Salis Fayence-Service 

Andreas Heege, 2021

Zwischen etwa 1770 und 1773 entstand in der Zürcher Porzellanmanufaktur in Kilchberg-Schooren eines der wenigen bekannten Fayenceservice, für das sich im Jahr 1773 insgesamt 119 Teile nachweisen lassen. Franz Bösch hat sich im Rahmen seiner Studien zur Zürcher Porzellanmanufaktur intensiv mit der Überlieferungsgeschichte des Service auseinandergesetzt (Bösch 2003, 203–215).

Dem Rätischen Museum gelang 1895 der Ankauf seines Serviceteiles von den Erben des Andreas von Salis (1782–1858) aus Chur. Ein weiterer Teil gelangte gleichzeitig in den Privatbesitz von Heinrich Angst und über dessen Sammlung schliesslich als Geschenk in den Besitz des Schweizerischen Nationalmuseums. Belegen liess sich aufgrund von Archivalien eine ursprüngliche Herkunft aus dem Besitz des Peter von Salis-Soglio (1729–1783) in Chur. Weitergehende Informationen zur Bestellung des Service liegen jedoch nicht vor. Angenommen wird eine Anschaffung oder Bestellung nach 1770 und sicher vor 1773 (Erstinventarisation).

Teile des von Salis-Service aus der Sammlung des Rätischen Museums in Chur, aus der Zeit um 1770.

Von diesem Service befinden sich heute 36 Stück im Rätischen Museum (RMC H1971.1002-1037). 26 Stücke verwahrt das Schweizerische Nationalmuseum (SNM HA-2134–HA-2137, HA-2150–HA-2151, HA-2176; HA-2153, ist eine nicht zum Service gehörige Sauciere) , 1 Stück ist im Historischen Museum St. Gallen (Slg. Friedrich Eugen Girtanner, 1880-1956, ex. Slg. Angst bzw. SNM HA-2135, heute HVMSG Inv. G-13098), 1 Stück im Conrad Ferdinand Meyer-Haus (CFMH_Bö_0415) und 5 Stück in schweizerischem Privatbesitz, von denen drei aus der Sammlung Angst stammen und getauscht wurden (HA-2134.8, HA-2136.3, HA-2176.3). Die beiden anderen wurden aus der Sammlung  Elsa Bloch-Diener, Bern, bzw. auf dem Dortmunder Flohmarkt erworben. Es fehlt der aktuelle Nachweis für den Verbleib von ein oder zwei Stücken aus der ehemaligen Sammlung von Frau De Terra, Zollikon, die im Dezember 1967 im Auktionshaus Stuker in Bern versteigert wurden (sicher Los 713, vielleicht auch Los 714). Frau de Terra erhielt mindestens einen der Teller 1936 im Tausch vom Schweizerischen Nationalmuseum (SNM HA-2135). Unklar ist auch der Verbleib eines grossen Tellers der 1932 an den Kunsthändler Mathias Göhringer (1889-1941), bis 1933 in Baden-Baden, danach in Freiburg im Breisgau, abgegeben wurde (SNM HA-2136). Der Verbleib der übrigen archivalisch überlieferten Serviceteile, die sich 1895 noch in Familienbesitz von Salis befanden, ist unbekannt.

Nur zwei der Objekte des Rätischen Museums, ein Teller aus dem SNM und eine flache Schale in Privatbesitz tragen rückseitig die Manufakturmarke „Z“ (RMC H1971.1009, RMC H1971.1010; SNM HA-2137).  Zwei  Teller aus dem SNM weisen eine blaue Malermarke  „i“ auf (SNM HA-2176.2, SNM HA-2135.5). An der Zugehörigkeit der übrigen Objekte zum Service kann aufgrund des sehr charakteristischen Dekors mit dem einheitlichen braunen Randstreifen und den auffällig blauen Seen und Bergen im Hintergrund, kein Zweifel bestehen. Die Bemalung ist sehr fein und detailreich ausgeführt. Es handelt sich ausschliesslich um idyllische Landschaften mit Seen und Bergen, phantastischen Architekturmotiven, Ruinen und Menschen (meist in Rückenansicht).  Der Maler ist unbekannt und es gibt kein weiteres Geschirr aus der Zürcher Manufaktur mit dieser Farbpalette. Auf der Unterseite der meisten Objekte finden sich Abrissspuren der Pinnen von einem ersten und zweiten Glasurbrand, die sekundär mit farblich abweichender weisser Fayenceglasur übermalt sind. Diese wurde gelegentlich auch zur Füllung zu grosser Nadelstichlöcher verwendet. Von einem dritten Glasurbrand (Muffelbrand) finden sich dann die noch offenen, nicht überdeckten Abrisse der Pinnen. Inklusive des Schrühbrandes wurden viele Objekte also mindestens viermal gebrannt, bevor sie fertig dekoriert waren (Beispiel RMC H1971.1014). Es fällt auf, dass die letzte der eingebrannten Farben, die für die rotbraunen Felsen und Teile der Baumstämme verwendet wurde, meist nicht sehr gut aufgeschmolzen ist und stumpf statt glänzend auf der Oberfläche steht. Ein Teil der Teller und Platten ist gebrochen und alt mit Drahtklammern geflickt. Das Service wurde also im Alltag tatsächlich geschätzt und intensiv genutzt.

Im Rätischen Museum sind 36 Keramiken vorhanden:

1 Terrine mit Granatapfelgriff ohne Klapperkügelchen (RMC H1971.1002; vgl. SNM HA-2150).
1 Sauciere (RMC H1971.1003).
2 Platten, oval, mit fassoniertem Rand (RMC H1971.1004, H1971.1005, vgl. SNM HA-2151).
3 Teller, unterschiedliche Durchmesser, mit vierpassig eingeschnittener Fahne (RMC H1971.1006, H1971.1009, H1971.1010, vgl. SNM HA-2137).
2 flache Platten mit gemuschelter Wandung und horizontalem, profiliertem, aussen gewelltem Rand (RMC H1971.1007, H1971.1008).
1 runde, kalottenförmige Platte mit vielpassigem Rand (RMC H1971.1011).
19 Teller mit schwach fassoniertem Rand (RMC H1971.1012– H1971.1031; vgl. SNM HA-2135.1-10, HA-2136.1-3, HA-2176.1-2).
7 kalottenförmige Teller (RMC H1971.1032-H1971.1037; vgl. SNM HA-2134).

Im Schweizerischen Nationalmuseum in Zürich sind zusätzlich 26 Objekte vorhanden:
1 Terrine mit Granatapfelgriff ohne Klapperkügelchen (SNM HA-2150).
2 Platten, oval, mit fassoniertem Rand (SNM HA-2151.1-2).
1 Teller mit vierpassig eingeschnittener Fahne (SNM HA-2137).
15 Teller mit schwach fassoniertem Rand (vgl. SNM HA-2135.1-10, HA-2136.1-3, HA-2176.1-2).
7 kalottenförmige Teller (SNM HA-2134.1-7).

Der Bestand von Heinrich Angst war ursprünglich etwas umfangreicher. Nachweisen lassen sich heute noch sechs Abgänge durch Tauschgeschäfte, sodass ursprünglich mindestens 32 Objekte in den Besitz von Heinrich Angst und später des Schweizerische Nationalmuseum gelangten.

Wichtige Sammlungen mit Zürcher Porzellan:

Schweizerisches Nationalmuseum Zürich (Sammlung Heinrich Angst)

Conrad Ferdinand Meyer-Haus, Kilchberg, Kanton Zürich (Sammlung Franz Bösch)

Musée Ariana, Genf

Bibliographie: 

Angst 1905
Heinrich Angst, Zürcher Porzellan, in: Die Schweiz 9, 1905, 9-18.

Bösch 2003
Franz Bösch, Zürcher Porzellanmanufaktur 1763-1790, Porzellan und Fayence, Bd. 1 und 2, Zürich 2003.

Bösch 2008
Das Einsiedler-Service aus der Zürcher Porzellanmanufaktur, Zürich 2008.

Ducret 1958
Siegfried Ducret, Die Zürcher Porzellanmanufaktur und ihre Erzeugnisse. Bd. 1 Geschirre, Zürich 1958.

Mähr 2009
Monika Mähr, service! reiche speisen. Esskultur und Schweizer Porzellan im 18. Jahrhundert, St. Gallen 2009.

Maire 2008
Christian Maire, Histoire de la faïence fine francaise 1743-1843, Le Mans 2008.

Matter 2012
Annamaria Matter, Die archäologische Untersuchung in der ehemaligen Porzellanmanufaktur Kilchberg-Schooren. Keramikproduktion am linken Zürichseeufer 1763-1906 (Monographien der Kantonsarchäologie Zürich 43), Zürich 2012.

Schnyder 1997
Rudolf Schnyder, Das Einsiedler Service von 1775/76 aus der Zürcher Porzellanmanufaktur, in: Kunst + Architektur in der Schweiz, 48. Jahrgang, 1997, Heft 3, 60-63.

Schnyder 2001
Rudolf Schnyder, Der festlich gedeckte Tisch im Kloster. Zürcher Porzellan aus dem Einsiedler Service von 1775/76 im Ortsmuseum Kilchberg, Kilchberg 2001.

Schnyder 2009
Rudolf Schnyder, Zürcher Porzellan : die Figuren der Sammlung Dr. E. S. Kern im Agentenhaus Horgen. Keramik-Freunde der Schweiz, Mitteilungsblatt 122, 2009.

Kradolf-Schönenberg TG, Dünner, Tonwarenfabrik

Andreas Heege mit Unterstützung von Guido Stutz, 2023

Keramik der Tonwarenfabrik Dünner in CERAMICA CH

Über die Töpferei von Otto Dünner in Kradolf-Schönenberg, haben wir nur sehr wenige Informationen. Eine grundlegendere, auf Archivalien gestützte Bearbeitung oder Firmengeschichte gibt es bisher nicht. Guido Stutz, aus Kradolf-Schönenberg, hat vor Ort wichtige Informationen gesammelt.

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts fertigte der Hafner Wilhelm Kesselring an der Kantonsstrasse (Hauptstrasse) auf dem Areal der späteren Tonwarenfabrik irdene Kacheln und Krüge mit einfachen Ornamenten an. Er führte gleich nebenan auch einen Landwirtschaftsbetrieb (heutiger Hof Altwegg). Im Adressbuch von 1862 ist er als „Wilh. Kesselring, Hafner“ erwähnt. Kesselring stellte 1891 als „Dienstknaben“ Otto Dünner ein und brachte ihm das notwendige Wissen für Landwirtschaft und Hafnerei bei.

Otto Dünner, Lebensdaten unbekannt, unbekannter Fotograf, unbekanntes Aufnahmedatum.

Da Kesselrings Sohn Albert kein grosses Interesse an der Töpferei zeigte, konnte Otto Dünner nach 13-jähriger Dienstzeit den Betrieb 1904 von seinem Chef übernehmen und seine eigene Firma gründen (Historisches Lexikon der Schweiz). Die Firma  produzierte bis 1999.

Das Schweizerische Handelsamtsblatt kennt zur Firma folgende Informationen:

9. November 1909, Eintragung der Firma Otto Dünner-Haag in das Schweizerische Handelsamtsblatt (SHAB 27, 1909, S. 1912).

Im Juli 1909 suchte Otto Dünner Mitarbeiter und einen gut erhaltenen Tonschneider:

7. August 1909, Stellenanzeige in der Zeitung „Der Grütlianer“.

Weiteres Personal wurde 1911 angeworben:

21. April 1911, Stellenzeige in der Zeitung „Der Grütlianer“.

Am 23. November 1933 brach eine Katastrophe über die Firma herein. Der „grosse Fabrikbrand“ führte zu einem, teilweise nicht versicherten Totalschaden, da das gesamte Produktionsgebäude abbrannte. Über die Katastrophe wurde in zahlreichen deutsch- und französischsprachigen Tageszeitungen der Schweiz berichtet.

Links: 24. November 1933, NZZ;  rechts: Walliser Bote 29. November 1933.

Wie schnell ein Wiederaufbau erfolgte, ist unbekannt. Bis zur Stilllegung der Produktion lag die Firma in Kradolf-Schönenberg, Hauptstrasse 29.

Möglicherweise erwies sich eine Finanzierung des Wiederaufbaus als schwierig, weshalb im Dezember 1938 durch die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft frisches Geld in die Firma gelangte. Unter dem 20. Dezember 1938 wurde die Tonwarenfabrik Dünner AG, in das Schweizerische Handelsamtsblatt eingetragen (SHAB 56, 1938, S. 2739).

Die neue Aktiengesellschaft übernahm alle Aktiven und Passiven der Vorgängerfirma. Otto Dünner erhielt als weiterhin verantwortlicher Betriebsleiter ein Drittel des neuen Aktienkapitals. Da der Keramikfabrikbesitzer Ernst Bodmer-Huber aus Zürich-Wiedikon (Bodmer-Huber/Messerli-Bolliger 1986) Mitglied des Verwaltungsrates wurde, können wir annehmen, dass er auch finanziell an der neuen AG beteiligt war. Dies ist der Grund, warum sich aus der Zeit zwischen 1939 und etwa 1950 zahlreiche Preislisten, Fotos und Warenkataloge im Firmenarchiv Bodmer (Stadtarchiv Zürich StAZH_VII-174) befinden. Auf diesem Wege erhalten wir einen ersten Eindruck vom produzierten Keramiksortiment.

Preisliste 1939 (pdf).

In diesem Jahr war die Dünner Keramik  auch zum ersten Mal auf der Mustermesse Basel präsent. Das Angebotsspektrum war zunächst noch sehr einfach und wenig umfangreich.

Preisliste, undatiert, um 1940-1950 (pdf)

Preisliste, undatiert, um 1940-1950 (pdf)

Herdwagenofen, Bild aus einem Katalog der Zeit kurz vor 1950.

Der erfolgreiche Geschäftsgang ermöglichte den Neubau von zwei elektrisch beheizten Kammeröfen, die später mit fahrbaren Herdwagen ausgestattet wurden, sodass man die Öfen leichter befüllen konnte.

Werbekarte, undatiert, um 1940-1945 (pdf)

Werbekarte, 1941 (pdf)

Der Katalog von 1941 zeigt die beginnende Ausrichtung des Keramikbetriebes auf die kriegsbedingte Binnenwirtschaft der Schweiz und ist ein wichtiges Zeitzeugnis.

Katalog und Preisliste 1941 (pdf)

In Zusammenarbeit mit der Firma Bodmer wurden die Produkte regelmässig auf der Mustermesse Basel (MUBA) gezeigt (hier 1942). Gleichzeitig wurde die alte Preisliste mit kriegsbedingten Preisaufschlägen ausgelegt.

Katalog und Preisliste 1942 (pdf)

Die Preisliste von 1943 gab es nur in kopierter Form, doch wurden stattdessen die produzierten Gefässformen als Strichzeichnung gezeigt.

Katalog und Preisliste 1943 (pdf)

Werbekarte 1944 (pdf)

1945 erschien der unveränderte Katalog der Firma Dünner von 1941 ein letztes Mal.

Katalog und Preisliste 1945 (pdf)

Von der Mustermesse Basel 1946 hat sich ein Standfoto erhalten, das die Produktion und die Dekore dieses Jahres zeigt.

1947/1948 erschien ein neuer Katalog mit Preisliste, das Produktionsspektrum entsprach aber der MUBA 1946.

Katalog und Preisliste 1947/1948 (pdf).

Um 1950 finden sich die Produkte der Dünner Töpferei auch in einer Image-Broschüre von Bodmer und Cie.

Image-Broschüre, undatiert, um 1950.

Um 1950 erschien letztmalig eine Preisliste im Zusammenhang mit Bodmer & Cie. Im Inhalt sehen wir auch einen Mitarbeiter bei der Arbeit, beim Eindrehen in Gipsformen. Die Keramikfabrik stellte also einen Teil ihrer Produkte teilmechanisiert her.

Katalog, undatiert, um 1950 (pdf).

Preisliste, undatiert, um 1950 (pdf).

Frau Elsy Lang , eine begabte Künstlerin, dekorierte auch grössere Aufträge von Hand.

1950 kam es zu einer erneuten Veränderung der Besitzverhältnisse, wobei das im Schweizerischen Handelsamtsblatt  (SHAB 68, 1950, S. 2231) nicht so deutlich wird:

De facto bedeutet diese Information jedoch die Übernahme der Tonwarenfabrik Dünner AG durch den Industriellen Emil Rössler von Ersigen im Emmental (Firmenchronik Rössler 1978), der 1960 auch die Keramikfabrik in Matzendorf-Aedermannsdorf kaufte.

Paul und Meta Dürig-Weiss, Paul leitete die Firma, Meta arbeitete während 41 Jahren im Firmenbüro und half wenn nötig, auch in der Produktion.

Paul Dürig wurde Geschäftsführer. Ab jetzt wurden immer wieder An-, Um- und Neubauten errichtet.

Ein Plattenschubofen erhöhte die Leistung beim Brennen von Massenwaren. Er ermöglichte, täglich bis 20 000 Blumentöpfe zu brennen.

Ab den 1950er-Jahren drängte die wachsende Konkurrenz zur Massenproduktion. Im voll automatisierten Betrieb wurden Futtertrögli, Blumentöpfe, Schalen und Siebkerne produziert. Siebkerne waren in den 60er Jahren ein begehrtes Produktionshilfsmittel für Giessereien. Zu den Abnehmern gehörten praktisch alle Giessereien der Schweiz, aber auch nach Österreich und Belgien konnten diese Produkte geliefert werden. (Jahresproduktion rund 1,5 Millionen Stück)

1960 und 1964 wurde das Aktienkapital deutlich erhöht (SHAB 78, 1960, S. 3129; SHAB 82, 1964, S. 3077).

1964 konnten die Kunden der Tonwerke Thayngen übernommen werden. Eine weitere Betriebsschliessung 1985, die der Firma Heinrich Ganz in Freienstein, brachte weitere Kunden.

1967 produzierte man rund 4,5 Millionen Blumentöpfe (etwa ¼  der schweizerischen Produktion).

1969 finden wir dann erstmals die Besitzer der Rössler AG, Emil und Willy Rössler die Söhne des Firmengründers, als Mitglieder des Verwaltungsrates (SHAB 87, 1969, S. 1177). 1978 waren in Kradolf 20 Mitarbeiter beschäftigt.

1992 übernahm Paul Dürig, jun., Keramik-Ingenieur, die technische Leitung des Betriebs, wo er schon über 20 Jahre gearbeitet hatte. Sieben Jahre später musste aber auch die Firma in Kradolf den Kampf gegen die ausländische Konkurrenz aufgeben. Sie hatte zeitweise bis 30 Personen eine Arbeitsstelle geboten. Der Antrag auf Löschung der Firma wurde jedenfalls erst am 03. April 2018 durch die Generalversammlung gestellt. Die Löschung aus dem Schweizerischen Handelsregister erfolgte daraufhin zum 05. März 2020.

Über die Produkte der Firma sind wir nur unzureichend durch die oben aufgelisteten Prospekte und einige wenige, charakteristisch verzierte bzw. gemarkte Keramiken informiert. Man produzierte Krüge (Mostservice), Tassen, Töpfe, Vasen und Figuren mit handgemaltem Dekor oder mittels einer speziellen Ritztechnik verziert. Daneben wurden Blumentöpfe und Gartenkeramik hergestellt.

Ersetzten die Doppelhenkeltöpfe in der Zeit des Zweiten Weltkriegs die schwierigen oder unmöglichen Importe gleichartiger Steinzeug-Vorratstöpfe „Westerwälder Art“ aus dem französischen Elsass oder dem deutschen Westerwald?

Dank

Für Informationen danke ich Guido Stutz und dem Stadtarchiv Zürich, das im Bestand der Tonwarenfabrik Bodmer & Cie (StAZH_VII-174) zahlreiche Kataloge und Firmenprospekte verwahrt.

Bibliographie:

Bodmer-Huber/Messerli-Bolliger 1986
Ernst Bodmer-Huber/Barbara E. Messerli-Bolliger, Die Tonwarenfabrik Bodmer in Zürich-Wiedikon Geschichte, Produktion, Firmeninhaber, Entwerfer, in: Keramikfreunde der Schweiz, Mitteilungsblatt, 101. Jahrgang, 1986, 1-60.

Stutz 2022
Guido Stutz, Kradolf in  Geschichte und Geschichten. Kradolf-Schönenberg 2022.

Krebs-Nencki, Hannah Helena, Keramikerin, Künstlerin, Bern

Keramik von Hanni Krebs-Nencki in CERAMICA CH

Andreas Heege, 2025

Hanni (Hannah Helena) Nencki wurde 1903 in einem Arzthaushalt in Belp geboren und zeigte früh künstlerische und musikalische Neigungen. In der keramischen Fachschule am Klösterlistutz in Bern erhielt sie ihr berufliches Rüstzeug, vermutlich zunächst nur als Keramikmalerin (SS 1921‒WS 1923/24, siehe Schülerliste Messerli 2017). Die Kenntnisse im Drehen und Brennen der Keramik erwarb sie anschliessend in der Keramischen Werkstätte Hans Schuppmann GmbH in Harlaching bei München.

Hanni Nencki in jungen Jahren (Foto Familienarchiv).

Es folgte ein Studienaufenthalt in Paris bei Fernand Léger (1881-1955, bedeutender französischer Maler) und André Lhote (1885-1962, französischer Maler, Bildhauer und Kunsttheoretiker des Kubismus). 1925 erhielt sie beim 6. Wettbewerb der Verkaufsgenossenschaft des Schweizerischen Heimatschutzes den 1. Preis in der Kategorie Keramik vor Adolf Schweizer aus Steffisburg, Amata Good aus Zürich oder Adolf Zahner aus Rheinfelden (NZZ, Nummer 1747, 6. November 1925). Im Oktober 1926 stellte sie im Rahmen einer kleinen Kunstausstellung Keramiken im Gasthof Bären in Sumiswald aus (Der BUND 77, Nummer 46, 28. Oktober 1926). Im Dezember 1926 wurden Keramiken von ihr auf der Weihnachtsausstellung des Werkbundes, Ortsgruppe Bern gezeigt und von der NZZ positiv besprochen (NZZ, Nummer 2083, 18. Dezember 1926).

Eine längere Zusammenarbeit mit dem schwedischen Designer Arthur Carlsson Percy (1886‒1976) führte sie anschliessend in die Porzellanfabrik von Gefle (1910‒1979) in Schweden. Percy war damals einer der führenden Keramikdesigner Schwedens.

1930 Beteiligung an der Keramikausstellung aus Anlass „25 Jahre Keramische Fachschule Bern“ (Der BUND 4.7.1939, StAB BB 1.9.34, Zeitungsausschnitte).

1932 war Hanni Nencki mit Keramik an der Märzausstellung der Berner Sektion der Gesellschaft Schweizerischer Malerinnen, Bildhauerinnen und Kunstgewerblerinnen in Bern vertreten. Neben ihr stellten Gertrud Meister-Zingg, Helene Imbert und Amata Good aus (NZZ, Nummer 440, 9. März 1932).

Eine weitere Studienreise nach Frankreich schloss sich an.

Im Dezember 1933 finden wir sie neben Jakob Hermanns, Margrit Linck-Daepp, Clara Vogelsang und I. Mäusli mit Keramiken auf der Werkbundausstellung im Gewerbemuseum in Bern (NZZ, Nummer 2267, 13. Dezember 1933).

Zeitungsbericht 1942

Die Heirat mit dem Architekten Werner Krebs aus Bern (1895‒1990, Nachruf in Werk, Bauen + Wohnen 77, 1990, Heft 12, 81‒82) machte 1944 Bern zu ihrem Lebensmittelpunkt. Sie führte dort ein eigenes Atelier als Malerin, Töpferin (Mitglied im Werkbund, Vorstandsmitglied) und Musikerin (Mitglied im Berner Konservatoriums- und Kammerorchester).

Der elektrische Brennofen stand bis zu ihrem Tod im Keller des Hauses (Foto Familienarchiv).

Keramikausstellungen lassen sich für die folgenden Jahre belegen:

1945 Spielsachenwettbewerb, 3. Rang (Das Werk : Architektur und Kunst = L’oeuvre : architecture et art, Band 32, 1945, 84).

1952 Genf, 20. Ausstellung Schweizerischer Malerinnen, Bildhauerinnen und Kunstgewerblerinnen (Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 43, 1986, 453).

1954 Kunsthalle Bern, Kunsthandwerksausstellung (Der Bund, Band 105, Nummer 213, 9. Mai 1954)

1955 Bern, 21. Ausstellung Schweizerischer Malerinnen, Bildhauerinnen und Kunstgewerblerinnen (Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 43, 1986, 453).

1956 Gewerbemuseum Bern, „Neue Schweizer Keramik“ zusammen mit Ed. Chapallaz, Benno und Eva Geiger, Margrit Linck, Mario Mascarin, Fritz Portner und Ursula Schmälzle (Der Bund, Band 107, Nummer 529, 11. November 1956).

1958 Gallerie Bertram, Burgdorf (Schweizer Frauenblatt : Organ für Fraueninteressen und Frauenkultur Bd. 37, 1958, 3, 19. Dezember 1958).

1958 Zürich (SAFA), 22. Ausstellung Schweizerischer Malerinnen, Bildhauerinnen und Kunstgewerblerinnen (Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 43, 1986, 453).

1959 Ostende, Belgien, II. Kongress der Internationalen Keramik-Akademie bzw. Gmunden, Oberösterreich (Mitteilungsblatt Keramik-Freunde der Schweiz 45, 1959, 10.

1960 Luzern, 23. Ausstellung Schweizerischer Malerinnen, Bildhauerinnen und Kunstgewerblerinnen (Schweizer Frauenblatt : Organ für Fraueninteressen und Frauenkultur, Band 39, 1960, 3, 1. Juli 1960.

1966 Ausstellungsvitrine der Gesellschaft Schweizerischer Malerinnen, Bildhauerinnen und Kunstgewerblerinnen in der Passage neben dem Kornhauskeller: Neue Keramische Arbeiten (Der Bund, Band 117, Nummer 70, 20. Februar 1966).

1966 Ausstellung der Gesellschaft Schweizerischer Malerinnen, Bildhauerinnen und Kunstgewerblerinnen in der Berner Galerie (Der Bund, Band 117, Nummer 255, 4. Juli 1966).

1967 Ausstellungsvitrine der Gesellschaft Schweizerischer Malerinnen, Bildhauerinnen und Kunstgewerblerinnen in der Passage neben dem Kornhauskeller: Neue Keramische Arbeiten (Der Bund, Band 118, Nummer 174, 18. Juni 1967).

1971 Ausstellung der Gesellschaft Schweizerischer Malerinnen, Bildhauerinnen und Kunstgewerblerinnen in der Kunsthalle in Bern (Bieler Tagblatt, Nummer 70, 25. März 1971).

1976 Ausstellung Schalterhalle Gewerbekasse Bern (Der Bund, Band 127, Nummer 101, 2. Mai 1976).

Plastische Arbeit im Atelier (Foto Familienarchiv).

Zu ihrem keramischen Werk vermerkt der Nachruf: «Das beschwingte der malerischen Blätter atmet auch in den handwerklich solid gearbeiteten Keramiken. Abstrakte Dessins verbinden sich hier mit blühenden Naturformen».

Hanni Krebs-Nencki starb am 10. November 1986 in Bern (Todesanzeige). Nachruf mit biographischen Informationen: Der Bund, Band 137, Nummer 288, 9. Dezember 1986

Vgl. auch Antik und Rar

Bibliographie:

Messerli 2017
Christoph Messerli, 100 Jahre Berner Keramik. Von der Thuner Majolika bis zum künstlerischen Werk von Margrit Linck-Daepp (1987-1983). Hochschulschrift (Datenträger CD-ROM), Bern 2017.

Schuppmann 1925
Hans Schuppmann, Zu den Arbeiten der Keramischen Werkstätten in München-Harlaching, in: Dekorative Kunst 28, 1925, 147-153.

 

 

Kreuzlingen-Emmishofen TG, Burkart, Ofenfabrik und Kunstkeramik (1865-1994)

Das Gebäude der ersten Ofenfabrik im ehemaligen Gasthof „Zum Grüntal“ in Kreuzlingen-Emmishofen. Über der Eingangstür das Firmenzeichen: Ein Zylinderofen.

Andreas Heege, 2022

Hinweis: Die Firmengeschichte ist bislang unbearbeitet.

Die Gründung der Keramikwerkstatt Burkart geht auf eine über 125-jährige Tradition zurück. Am 24. Juli 1865 hat der Hafner Stephan Burkart an der Unterseestrasse in Kreuzlingen-Emmishofen das Restaurant „Zum Grüntal“ käuflich erworben und eine Hafnerei eingerichtet. Es wurde darin ein Brennofen für Ofenkacheln errichtet. Unter der tüchtigen Leitung von Stephan Burkart und seinen Söhnen entwickelte sich die Firma sehr gut. In jahrelanger Arbeit wurde die Qualität der Erzeugnisse stetig verbessert, und dieses Streben wurde unter anderem mit der Goldmedaille der Landesausstellungen Genf 1896 und Bern 1914 anerkannt.

Firma Stephan Burkart Söhne im offiziellen „Illustrierten Ausstellungsalbum“ der Landesausstellung 1914.

Noch im selben Jahr übernahmen die Söhne Adolf und Otto die Werkstatt und führten sie weiter. 1925 wurde die erste Geschirrkeramik produziert. 1930 verliessen die ersten kunsthandwerklich getöpferten Vasen die Fabrik. Kurz vor dem 2. Weltkrieg wurde die Kachelofenproduktion eingestellt. Seit 1962 wurde die Firma als Familien-AG geführt (SHAB 80, 1962, No. 72, 910). In den 1970er-Jahren Umzug an einen neuen Standort in Kreuzlingen. 1990 hatte der Betrieb 36 Mitarbeiter am Standort Kreuzlingen.  In den 1990er-Jahren wurden zusätzlich Heimarbeiterinnen in Graubünden als Keramikmalerinnen ausgebildet. Konkursverfahren eröffnet 3.11.1994 (SHAB 112, 1994, No. 234, 6565). Am 16. Dezember 1994 übergab Sigmar Schmidt-Eisenhart, Bottighofen, als letzter Geschäftsführer der Firma das Firmenarchiv dem Staatsarchiv des Kantons Thurgau.

Bibliographie:

Betriebsneubau Ad. Burkart AG, Kunstkeramik, Kreuzlingen. Sonderbeilage zum Thurgauer Volksfreund 5. Juli 1967

Ganz, Michael: Heimarbeit im Bündnerland. Keramik – von Frauen fröhlich bemalt. In: Heimatwerk/Kunsthandwerk, Zürich 1/1993, S. 32-36.

Mathis, Hans Peter: Historische Kachelöfen aus der Emmishofer Ofenfabrik Burkart. In: Jürg Ganz (Hrsg.): Die Seeburg in Kreuzlingen. Ein Schloss des Historismus, Kreuzlingen 1985, S. 78-98.

Schmidt-Eisenhart, Sigmar: 125 Jahre Burkart-Keramik, Kreuzlingen. In: Handwerk, Volkskunst, Kunsthandwerk/Schweizer Heimatwerk, Zürich, Nr. 1/1990, S. 27-30

Langenthal BE, Hafnerei Staub (1757-um 1870)

Langenthal, Ausschnitt aus dem historischen Ortsplan von J. Oppikofer von 1814. Die heute Parzelle St. Urbanstr. 40–44 (früher Badgasse) ist hervorgehoben. Plan genordet. (Reproduktion ADB, Bearbeitung Andreas Heege)

Andreas Heege, 2025

Umfassender Ausgrabungsbericht

Die Parzelle St. Urbanstrasse 40–44 in Langenthal wurde 2010 vom Archäologischen Dienst des Kantons Bern  baubegleitend untersucht. Dabei fanden sich, neben römischen und wenigen hochmittelalterlichen Spuren, die Reste einer Hafnerwerkstatt. Aufgrund von Archivalien liess sich die Besitzergeschichte des Grundstücks ermitteln. Spätestens ab der Mitte des 18. Jahrhunderts (ab 1730?) arbeiteten vier Generationen der Hafner der Familie Staub auf diesem Grundstück (Stammbaum Staub). Die Produktion endete spätestens 1870.

Abgesehen von den geringen Spuren eines Werkstattgebäudes, zahlreichen Funden an Fehlbränden und Brennhilfen unterschiedlichster Form, sind vor allem die Reste zweier Töpferöfen sowie eines Nebenofens von technikgeschichtlichem Interesse.

Übersicht über den Arbeitsgrubenzustand in der zweiten und den Ofenzustand in der letzten Zustandphase. Links noch mit Resten der Einfassung 68/78 zu Arbeitsgrube 97 von Ofen 46 und Einfassung 68 der Arbeitsgrube 60 zu Ofen 47 (Foto ADB, Leta Büchi).

Es handelt sich um im Grundriss, langrechteckige, stehende Töpferöfen vom Typ «Piccolpasso», wie sie für die Schweiz in der Neuzeit üblich sind. Nach Ausweis der Fehlbrände wurde in diesen Öfen sowohl Geschirr als auch Ofenkeramik gebrannt. In der Spätphase der Hafnerei, d.h. zwischen ca. 1840 und 1870 wurden vermutlich nur noch Ofenkacheln produziert. Die Funktion des kleinen Nebenofens konnte nicht zweifelsfrei ermittelt werden, doch könnte Abbruchschutt darauf hindeuten, dass er zur Herstellung des benötigten Blei-Zinnäschers für die Fayenceglasur verwendet wurde. Die Fayenceglasur selbst wurde auf der Sohle des Feuerungsraumes des Töpferofens geschmolzen. Blei und Zinn kauften die Staubs bei Metallhändlern in Basel.

Die ältesten Produktionsabfälle reichen nur bis in das späte 18. Jahrhundert zurück, weshalb die Produktpalette des ersten Hafners Hans Staub unbekannt ist. Aus der Produktionsphase seines Sohnes Daniel (1744-1802) haben sich eine Reihe von Fehlbränden mit qualitätvollem, spätbarockem Rocaillendekor erhalten. Leider ist der für die Hafnerei Staub in dieser Phase arbeitende Ofenmaler, der enge stilistische Beziehungen zu Produkten der Aarauer Kachelproduktion aufweist, nicht bekannt. Den Wechsel zum Formenkanon und Dekor Louis XVI bzw. des Empire vollzog die Werkstatt möglicherweise in den späten 1790er-Jahren, wobei die uns heute unbekannten Produkte hohen Qualitätsansprüchen genügt haben müssen. So lieferte Daniel Staub zwischen August 1798 und Mai 1799 fünf Öfen für den im Bau befindlichen «Nationalpalast des grossen Rates» der Helvetischen Bundesbehörden in Luzern.

Für seinen Sohn Johannes (1767-1824), der von 1803 bis 1824 die Werkstatt übernahm, lässt sich die Zusammenarbeit mit dem Ofenmaler Johann Heinrich Egli (1776–1852) archivalisch bzw. anhand stehender Öfen und erhaltener Einzelkacheln nachweisen. Dabei reichte die Beschäftigung Eglis auch über eine erste wirtschaftliche Krise im Jahr 1819 hinaus und wurde unter dem Sohn Johannes (1801-1865) bis mindestens in die 1830er Jahre fortgesetzt. Erst dann scheint der zum Kachelmaler ausgebildete Bruder Johann David Staub (1809-1864) diese Funktion übernommen zu haben.

Grossdietwil LU, Sandgrubenstr. 1, Gasthaus zum Löwen. Die erhaltenen Kacheln eines 1834 von Johannes Staub produzierten und von Johann David Staub bemalten Kachelofens.

Gesundheitliche Probleme und ein (archäologisch nicht nachweisbarer) Brand der Werkstatt 1845 führten 1847 zum Konkurs, wobei Johann David Staub Teile der Konkursmasse übernehmen und den Betrieb bis zu seinem Tod im Jahr  1864 fortsetzen konnte.

Langenthal, St. Urbanstr. 40–44. Keramikfunde Befund 45. (Foto ADB, Badri Redha).

Für die staubsche Geschirrproduktion des späten 18. und des ersten Drittels des 19. Jahrhunderts lassen sich vor allem Schüsseln mit einfarbigen Malhorndekoren auf roter Grundengobe, daneben aber auch Lauf- und Borstenzugdekore sowie die Produktion von Nachttöpfen und Apothekenabgabegefässen nachweisen. Sie lassen sich formal nicht von Produkten anderer bernischer Landhafnereien unterscheiden.

Langenthal, St. Urbanstr. 40–44. Ofenkeramik aus Befund 85 und 49 (Foto ADB, Badri Redha).

Bei der Ofenkeramik ist sowohl die Produktion grün und gelbbraun bleiglasierter Kacheln mit Spritzdekor als auch die Herstellung weiss, blau und meergrün glasierter Fayencekacheln belegt. Kacheln mit Schablonendekor liegen nur als gebrauchte Altstücke im Töpfereiabfall, jedoch hätte eine lokale Produktion sicher keine Probleme bereitet.

 Blattkacheln mit Signaturen des Hafnermeisters Johannes Staub (1801– nach 1847) aus Langenthal. Die 1831 und 1833 datierten Kacheln tragen keine Malersignatur, dürften jedoch von der Hand Joh. H. Eglis stammen.

Entsprechend den sich wandelnden Dekorationsstilen wurden die weissen Fayencekacheln in der Hafnerei Staub überwiegend manganviolett bemalt, wobei dem Kachelmaler Johann Heinrich Egli aus Nussberg bei Winterthur, der spätestens seit 1813 auch in Aarau arbeitete, besondere Bedeutung zukommt. Dessen stilistische Entwicklung – klassizistische Landschaftsmedaillons in enger Abhängigkeit von den Hafnereien in Elgg ZH und möglicherweise dem Ofenmaler Conrad Kuhn aus Rieden ZH, wappenschildartige Spruchrahmungen, Schriftrollen und biedermeierliche Vasen bzw. Urnen – prägte nicht nur die Langenthaler Produktion, da er für zahlreiche Hafner arbeitete. Die von Johann Heinrich Egli bemalten Kachelöfen wurden zu wesentlichen Elementen der biedermeierlichen Kachelofenlandschaft des Berner Aargaus, des angrenzenden Kantons Luzern, des östlichen Aargaus, des Fricktals und von Teilen der Kantone Basel-Land bzw. Zürich. Die von ihm bemalten Kacheln waren offenbar begehrt bzw. «stilbildend».

Eine Vertiefung der Forschungen zu Johann Heinrich Egli und der Kachelofenlandschaft der Deutschschweiz vom späten 18. bis zur ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wäre dringend erwünscht. Angesichts des rapiden Verlustes noch stehender Öfen dieses Zeithorizontes, der sich in überquellenden Baumaterialdepots kantonaler Denkmalpflegebehörden einerseits und fehlenden musealen Sammlungskonzepten andererseits widerspiegelt, bleibt für diese Arbeiten nur noch eine kurze Zeitspanne. Nur wo Grundlagenwissen existiert, kann auch entschieden werden, was dokumentations- und erhaltenswert ist.

Bibliographie:

Heege 2011
Andreas Heege, Langenthal, St. Urbanstrasse 40–44. Die Hafnerei Staub und ihre Werkstatt, in: Archäologie Bern/Archéologie bernoise. Jahrbuch des Archäologischen Dienstes des Kantons Bern, 2011, 209-287.

Heege 2015
Andreas Heege, Die Hafnerei Staub in Langenthal, Kanton Bern, 1730 bis 1870, in: Silvia Glaser, Keramik im Spannungsfeld zwischen Handwerk und Kunst. Beiträge des 44. Internationalen Symposiums Keramikforschung im Germanischen Nationalmuseum, Nürnberg, 19.-23. September 2011 (Wissenschaftliche Beibände zum Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums 40), Nürnberg 2015, 125-145.

 

Langenthal BE, Langenthal Porzellanfabrik AG

Langenthaler Porzellan in CERAMICA CH

Andreas Heege, 2019

Die Porzellanfabrik Langenthal AG wurde am 4. Juli 1906 gegründet. Sie hatte zunächst ein Gründungskapital von 500.000 CHF und war im Besitz von 47 Aktionären. Der erste Brand erfolgte am 17. Januar 1908. Die Belegschaft bestand aus 87 Arbeitern, von denen 35 aus Böhmen angeworben wurden. Das Kaolin kam aus der Region Karlsbad.  Als künstlerischer Leiter wurde 1909 der Berner Maler Rudolf Münger eingestellt. Bereits 1910 erreichte die Firma die Gewinnschwelle.

Die Langenthaler Porzellanproduktion im offiziellen „Illustrierten Ausstellungsalbum“ der Schweizerischen Landesausstellung in Bern, 1914.

Die Jahre des ersten Weltkriegs bildeten eine Krisenzeit, die jedoch offenbar überwunden wurde.  1920 trat der in der Keramikfachschule von Renens ausgebildete  Fernand Renfer in die Porzellanmanufaktur ein. Er sollte das Bild des Langentaler Porzellans massgeblich beeinflussen. Als technische Neuerung trat zwischen 1936 und 1937 ein elektrischer Tunnelofen (Blondel 2001, 166) an die Stelle der alten, kohlebeheizten Rundöfen. 1941-1942 und 1950-1951 wurden zwei weitere gebaut.  Ab 1964-1965 erfolgten Neubauten mit Gasbetrieb. Die erfolgreichsten Jahre der Firma lagen zwischen 1950 und 1970. 1964 hatte der Betrieb mit 950 Angestellten seine höchste Beschäftigungsquote.  In den 1980er-Jahren begann für die Manufaktur Langenthal der langsame Niedergang. 1988 erfolgte die Fusion mit der Keramik Holding Laufen AG, in deren Folge eine allmähliche Produktionsverlagerung nach Tschechien einsetzte. 1998 endete die Weissporzellanherstellung, nur Malerwerkstätten verblieben vor Ort. 2003 wurde Langenthal von der tschechischen Benedikt-Gruppe gekauft. Heute wird das gesamte Langenthalporzellan in Tschechien gefertigt. Es gibt immer noch eine Verkaufsstelle auf dem alten Fabrikgelände.

Umfangreiche Homepage zum Langenthaler Porzellan

Die Marken der Porzellanfabrik

Langenthaler Zuckerdosen

Langenthaler Porzellan im MAG

Bibliographie

Blondel 2001
Nicole Blondel, Céramique : vocabulaire technique, Paris 2001, 166.

Gallati 1962
Werner Gallati, Die Porzellanfabrik Langenthal, in: Jahrbuch des Oberaargaus 5, 1962, 178-186.

Schnyder 1979
Rudolf Schnyder, Langenthal und die Tradition des Schweizer Porzellans – Bemerkungen zur Fabrikmarke von Langenthal, in: Mitteilungsblatt der Keramikfreunde der Schweiz 92, 1979, 5-8.

Schumacher/Quintero 2012
Anne-Claire Schumacher/Ana Quintero, La manufacture de Porcelaine de Langenthal, entre design industriel et vaiselle du dimanche – Die Porzellanmanufaktur Langenthal, zwischen Industriedesign und Sonntagsgeschirr, Milan 2012.