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Heimberg-Steffisburg BE, Schneider, Hans, Töpferei (1961-1996)

Andreas Heege, 2024

Keramik von Hans Schneider in CERAMICA CH

Adolf Schweizer (1893-1967) verkaufte seine Kunsttöpferei, die ehemalige Manufaktur Wanzenried, 1961 an Hans Schneider-Kraft, Töpfermeister von Seftigen (1923-2006) und seine Frau Susi Schneider-Kraft. Hans Schneider modernisierte und renovierte den Betrieb sehr intensiv (Thuner Tagblatt 86, Nummer 275, 23. November 1962; auch GB Thun, Belege 6, No. 7226, vom 16. Oktober 1961). 1965 entfernte er die alte Tonaufbereitungsanlage, die für seinen Betrieb viel zu gross und unwirtschaftlich war (Frank 2000, 575, 578).

Umbau 1991: Thuner Tagblatt, Band 115, Nummer 38, 15. Februar 1991

Thuner Tagblatt 115, Nummer 77, 4.4.1991

1989-1992 folgte eine weitere intensive Umbaumassnahme im früheren Gebäude der Majolika-Fabrik von Johannes Wanzenried (Thuner Tagblatt, Band 115, Nummer 38, 15. Februar 1991; Thuner Tagblatt 115, Nummer 77, 4.4.1991, vgl. auch Frank 2000, 575).

Hans Schneider produzierte noch 1996. Im April 1994 stellte er auf der Gewerbeausstellung Steffisburg seine Keramiken aus (Thuner Tagblatt, Band 120, Nummer 95, 24. April 1996). Wann er seinen Betrieb definitiv einstellte, ist unklar.

Hans Schneider bei Antik und Rar

Bibliographie: 

Frank 2000
Georg Frank, “Dank dem Gewerbefleiss früherer Jahrhunderte”. Die Nutzung der Wasserkraft in der bernischen Gemeinde Steffisburg vom ausgehenden 13. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Thun 2000, bes. Kap. 4.16.

Heimberg-Steffisburg BE, Schweizer, Adolf, Kunsttöpferei (1925-1961)

Gebäude der ehemaligen Manufaktur Wanzenried zur Zeit von Loder & Schweizer (1919-1925).

Keramik von Adolf Schweizer in CERAMICA CH

Andreas Heege, Andreas Kistler, Margret Loder 2021

Adolf Schweizer wurde am 4. November 1893 im Glockenthal bei Steffisburg geboren, er starb am 1. Dezember 1967. Sein Grossvater Johannes (1837-1879) war Zimmermann. Sein Vater Johannes (1864-1901) war Fabrikarbeiter (Täglicher Anzeiger für Thun und das Berner Oberland, 2. 12.1893; Stammbaum). Nach der Schule machte Adolf eine Töpferlehre in der Manufaktur Wanzenried (vermutlich etwa 1908-1911). Dann besuchte er ab dem Sommersemester 1911 bis zum Sommersemester 1915 die Keramikfachschule in Bern.

Musterentwurf von Adolf Schweizer 1911 (aus dem Nachlass der Kunstkeramik Luzern, heute im Staatsarchiv Luzern).

Botanische Zeichenstudie von Adolf Schweizer zwischen 1911 und 1915 (aus dem Nachlass der Kunstkeramik Luzern, heute im Staatsarchiv Luzern).

Im Anschluss an die Ausbildung in Bern wurde Adolf Schweizer Geschäftsführer der neu gegründeten Genossenschaft DESA.

Adolf Schweizer und Elise Eyer in ihren späten Lebensjahren (Foto Privatbesitz, Familie Schweizer).

Adolf Schweizer heiratete 1917 die in der Manufaktur Wanzenried arbeitende Keramikmalerin Elise Eyer (1892–1970, Tochter des Hafners Gottfried Eyer, 1856–1892 und seiner Frau Elise Gfeller; Oberländer Tagblatt vom 9.11.1917). Das Paar bekam vier Söhne und eine Tochter (alle Informationen aus dem Nachruf im Thuner Tagblatt 91, 1967, Nummer 288). Von den Söhnen wurde der Sohn Hans (1919-1988) ebenfalls Töpfer.

Keramik- und Dekorentwürfe Elise Eyer, entweder für die Manufaktur Wanzenried oder für Loder & Schweizer, vor 1925 (aus dem Nachlass der Kunstkeramik Luzern, heute im Staatsarchiv Luzern).

Wir können nur vermuten, dass Elise Eyer an der Töpferschule in Steffisburg zur Keramikmalerin ausgebildet wurde, da nach 1906 keine Schülerlisten erhalten sind. Im Nachlass der Kunstkeramik Luzern haben sich diverse signierte Entwurfszeichnungen erhalten, die zeigen, welche zeichnerischen und grafischen Fähigkeiten Elise Eyer hatte.

Für den 11. Dezember 1918 erfahren wir, dass Adolf Schweizer und Emil Loder (1890–1971) gemeinsam die alte Manufakturliegenschaft von der Witwe Wanzenried zum Preis von Fr. 18.000 erwarben (wovon sie Fr. 15.000 als Schuldbrief hinterlegten) und sie mit Nutzen und Schaden auf den 2. April 1919 übernahmen (Grundbuch Thun, Beleg II, 775 vom 17.3.1919). Im Schweizerischen Handelsamtsblatt wurde die Gründung ihrer Kollektivgesellschaft mit dem 1. März 1919 bekannt gemacht (SHAB 37, No. 59, 8. März 1919). Emil Loder arbeitete seit Ende 1915 wohl als Geschäftsführer in der Manufaktur. Wir können nur annehmen, dass die beiden Geschäftsführer sich irgendwo in Steffisburg auf privater Ebene kennengelernt hatten oder schon vorher kannten.

Veröffentlichung der Kollektivgesellschaft im Schweizerischen Handelsamtsblatt 1919.

Sie machten aus der Manufaktur Wanzenried  (Werbeanzeige 1922):

(Hinweis: Das Gründungsdatum 1876 ist falsch! Die Manufaktur Wanzenried wurde im September 1878 gegründet).

Von ihrer gemeinsamen Produktion zeugt ein im Nachlass von Emil Loder erhaltenes Fotoalbum (heute im Staatsarchiv Luzern, PA 1421/PLA 202, Firmenarchiv Kunstkeramik Luzern). Loder & Schweizer setzten eingeführte und erfolgreiche Muster und Keramikwaren der Manufaktur Wanzenried, wie z.B. das Muster «Alt-Thun/Chrutmuster» und die Irdenwareproduktion mit Malhorndekoren und Ritzmustern fort.

Keramik Loder & Schweizer in Privatbesitz bzw. im Schlossmuseum Thun.

Gleichzeitig entwickelte aber wohl vor allem Emil Loder zahlreiche neue Formen und Dekore, die er jeweils mit Nummern versah. Stilistisch würde man seine Dekore einem späten Jugendstil bzw. Art Deco zuordnen.

Malerinnensaal bei Loder & Schweizer, um 1919-1925 (Foto aus dem Nachlass der Kunstkeramik Luzern, heute im Staatsarchiv Luzern).

1919 arbeiteten in der Werkstatt Loder & Schweizer angeblich sechs Männer und eine Frau (Frank 2000, 580 basierend auf RSA Thun B 118).

Immer wieder finden sich auch keramische Entwürfe von Paul Wyss (identische Platte auch im SNM, LM-119721).

Gleichzeitig versuchte sich Emil Loder auch als Plastiker und produzierte in der Manufaktur auch verschiedene Tierfiguren (Foto aus dem Nachlass der Kunstkeramik Luzern, heute im Staatsarchiv Luzern).

   

Keramik Loder & Schweizer in Privatbesitz bzw. im Schlossmuseum Thun.

Die Marke der Manufaktur war das ligierte “LS” (Loder & Schweizer), oft kombiniert mit dem Ortsnamen Steffisburg und der Form- bzw. Dekornummer. Nur beim Muster “Alt-Thun” erscheinen immer noch die beiden Sterne der Manufaktur Wanzenried und die Bezeichnung “Thoune”.

Der Absatz lief u.a.  über die 1917 gegründete Mustermesse Basel, die Loder&Schweizer von 1920 bis 1924 jährlich besuchten (Offizieller Katalog der MUBA 1920-1924). Hier die Einladung zur MUBA 1924 (Foto aus dem Nachlass der Kunstkeramik Luzern, heute im Staatsarchiv Luzern).

Anfang 1925 beendeten Emil Loder und Adolf Schweizer ihre Zusammenarbeit, wobei die Gründe in einem Zerwürfnis liegen, dessen Ursachen nicht genauer bekannt sind. Dies geht aus einem erhaltenen Briefwechsel von Emil Loder mit seiner späteren Frau Frieda Schenk hervor. Dieses Zerwürfnis hinderte die beiden ehemaligen Kompagnons aber nicht, später z.B. den Grossauftrag für das Eidgenössische Schützenfest 1939 in Luzern, gemeinsam abzuwickeln. Adolf Schweizer kaufte 1925 den Betrieb und Emil Loder zog nach Luzern und gründete die Luzerner Keramik.

Werbeblatt für die Firma Adolf  Schweizer (Fotokopie aus dem Nachlass der Kunstkeramik Luzern, heute im Staatsarchiv Luzern).

Adolf Schweizer führte den Betrieb zusammen mit seiner Frau bis 1961  weiter, wobei in der Anfangszeit Keramik ganz im Stil von Loder & Schweizer produziert wurde und auch die Herstellung des Musters “Alt-Thun” weiterlief.

Bereits 1921 war Adolf Schweizer der Gründungspräsident des Schweizerischen Töpfermeisterverbandes (Illustrierte Schweizerische Handwerker Zeitung Nr. 25, 1921, 258).

Im November 1925 erhielten Schweizers für ihre Keramiken beim 6. Wettbewerb der Verkaufsgenossenschaft des Schweizer Heimatschutzes einen 2. Preis, nach der Keramikerin Hanni Nencki, die den ersten Preis erhielt (Der Bund, 76, Nummer 476, 8. November 1925). Die an der Weihnachtsausstellung des Schweizerischen Werkbundes 1925 im Gewerbemuseum Bern gezeigten “hübsch gezeichneten Keramiken”  wurden wohlwollend besprochen (Der Bund 76, Nummer 530, 12.12.1925). Adolf Schweizer war ab 1925 bis 1931 und  ab 1943 auch kontinuierlich mit einem Messestand auf der MUBA vertreten (Offizielle Kataloge der MUBA im Schweizerischen Wirtschaftsarchiv in Basel).

1926 finden wir Adolf Schweizer auch auf der Weihnachtsausstellung des Schweizerischen Werkbundes, Ortsgruppe Bern, im Gewerbemuseum Bern (Das Werk 13, 1926, XXIII).

1927 beteiligt sich Adolf Schweizer an der “Schweizerwoche-Ausstellung des Gewerbemuseums Bern” “mit wohlgeformten und ausserordentlich schön gearbeiteten Vasen, Schalen und Krügen” (Neue Berner Zeitung 25.1.1927, StAB BB 1.9.34, Zeitungsausschnitte).

1927 Im selben Jahr finden wir ihn auf einer Ausstellung schweizerischer Keramik in Genf (“Céramiques Suisses”). Der Ausstellungskatalog überliefert uns auch zwei Fotos der Produktion dieser Jahre, die wir sonst museal kaum kennen. In einer Anzeige bezeichnet Schweizer sich selbst als Spezialisten für die Kunstkeramik “Vieux Thoune et Mosaïque”.  Letzteres ist ein vom “Chrutmuster” bzw. Muster “Alt-Thun” abgeleiteter neuer Dekor, der auch in der jeweils aufgebrachten Ritzmarke die Bezeichnung  “Mosaïque” trägt.

Vitrine mit Keramik an der Saffa (Schweizerische Ausstellung für Frauenarbeit), 1928 (Quelle und Signatur: Staatsarchiv des Kantons Bern, V Frauenzentrale 129). 

1928 An der “Saffa” war die Firma Adolf Schweizer, neben der DESA mit “Frauenarbeit in der Kunsttöpferei” ebenfalls vertreten (Oberländer Tagblatt 52, Nummer 225, 25.9.1928).

1928 erweiterte Adolf Schweizer die Werkstatt um einen 5,1 m langen und 6,6 m breiten Lagerraum in Fachwerkbauweise, der mit einem Blech-Flachdach gedeckt wurde. 1929 reaktivierte er die zur Liegenschaft gehörige Wasserkraft und baute ein Wasserrad mit einer Leistung von 5,5 PS ein (Frank 2000, 575).

Schon vor 1928 gehört Adolf Schweizer zur Aufsichtskommission für das Kantonale Gewerbemuseum in Bern (Der Bund 80, Nummer 387, 21.8.1929). Zugleich war er Präsident des am 5.3.1928 gegründeten Vereins für “Kunstgewerbliche Hand- und Heimarbeit im Berner Oberland” (SHAB 46, 1928, No. 108, S. 919).

An der Schweizerwoche 1929 beteiligte sich Adolf Schweizer mit einer Ausstellung im Thuner Freienhof (Oberländer Tagblatt 53, Nummer 252, 28.10. 1929). Als einziger Keramiker neben der Porzellanfabrik Langenthal beteiligte er sich 1930 am “Exportmusterlager des Kantons Bern”  (Der Bund 81, Nummer 278, 19.6.1930).

1930 Adolf Schweizer zeigt seine Produktion auf der Ausstellung “Oberländische Volkskunst” im Gewerbemuseum Bern (Berner Tagblatt 23.10.1930, StAB BB 1.9.34, Zeitungsausschnitte). Mitaussteller ist die Firma “Gebrüder Lanz Keramik” aus Thun (Neue Berner Zeitung  3.11.1930, StAB BB 1.9.34, Zeitungsausschnitte).

1931 wurde er Gründungspräsident der “Verkaufsgenossenschaft für Heimarbeitsartikel” (Oberländer Heimatwerk) am Bärenplatz in Bern, die den Absatz fördern sollte (Der Bund 82, Nummer 404, 1. 9. 1931;  siehe auch SHAB 49, 1931, No. 268, S. 2446).

Adolf Schweizer war ab dem 29.12.1933 für etliche Jahre auch Präsident des Bernischen Töpfermeister-Verbandes (SHAB 52, 1934, 60), dessen Mitbegründer er 1916 war (Der Bund 86, Nummer 503, 28. Oktober 1935, Bericht über den Chachelimärit im Gewerbemuseum, ausserdem Thuner Tagblatt 90, Nummer 196, 23.8.1966). Der Töpfermeister-Verband stellte mit zahlreichen Mitgliedern auf der MUBA 1921 aus (Offizieller Messekatalog der MUBA 1921).  Der Töpfermeisterverband erhielt bereits im März 1933 die Bewilligung am Werkstattgebäude von Adolf Schweizer einen Anbau für die Tonaufbereitungsanlage der bernischen Töpfermeister zu errichten. Es handelte sich um einen Steinbau mit Ziegeldach (Frank 2000, 575). Diese Unternehmung war nicht erfolgreich und die Anlage wurde 1938 an die Töpferei Kohler in Schüpbach verkauft. Adolf Schweizer baute später erneut eine eigene Trommelmühle ein, die bis 1965 existierte (Frank 2000, 773).

1934 Beteiligung am grossen “Chachelimärit” im Gewerbemuseum in Bern (Der BUND 1.11.1934, StAB BB 1.9.34, Zeitungsausschnitte).

1936 hielt Adolf Schweizer zusammen mit den Keramikern Adolf Schmalz und Töpfermeister Jakob Reusser einen Vortrag über die Heimberger Keramik und ihre Entwicklung bei der Kunstgesellschaft Thun (Oberländer Tagblatt 60, Nummer 136, 13.6.1931). Natürlich konnte die Steffa 1936 – die Steffisburger Ausstellung für Gewerbe, Handel und Industrie nicht ohne Adolf Schweizer stattfinden. Er war Mitglied des Organisationskommitees. Zusätzlich war er mit einem Stand vertreten (Oberländer Tagblatt 60, Nummer 171, 24.7.1936).

Keramik von Adolf Schweizer in Privatbesitz.

Luzerner Schützenfestteller 1939 (Dank an Angelo Steccanella für den Hinweis, identisches Stück im SNM LM-81440 und im HMLU 13865.560).

Einen  Überblick über die Produkte der Firma Adolf Schweizer von 1925 bis 1962 haben wir nicht. Möglicherweise würden hier die vermutlich existierenden Standbilder von der MUBA eine gute Informationsquelle sein. Zumindest für 1928 haben wir Zeitungsberichte über eine Messeteilnahme (Oberländer Tagblatt 52, Nummer 92 vom 30.4.1928). 1954 erfahren wir in einem Bericht über die MUBA, dass Adolf Schweizer seit mehr als 24 Jahren zu den regelmässigen Oberländer Ausstellern auf der MUBA gehörte (Oberländer Tagblatt 78, Nummer 108, 11.5.1954). Für das Jahr 1964 haben wir eine weitere Erwähnung (Thuner Tagblatt  88, Nummer 49, 28.2.1964).

 

Keramik von Adolf Schweizer in Privatbesitz.

Die Markierung seiner Produkte änderte Adolf Schweizer auf die ligierten Buchstaben “SA”, oft mit der Beischrift Steffisburg. Auch bei ihm trägt das Muster “Alt-Thun” seitlich zwei Sterne wie in der Manufaktur Wanzenried und die Beischrift “Thoune”.

In den 1930er-Jahren fertigte Adolf Schweizer in geringem Umfang offenbar auch Fayencen, ähnlich wie Emil Loder in Luzern.

Adolf Schweizer zog an die Bernstrasse 21 in Steffisburg und richtete sich dort erneut eine kleine Werkstatt ein, wo er zusammen mit seiner Frau und seinem Sohn Hans bis mindestens 1967 Keramik herstellte (Thuner Tagblatt 87, Nummer 258, 4.11.1963 ). Der Sohn Hans führte das Kunstkeramikgeschäft bis 1988 unter derselben Adresse weiter (SHAB 87, 1969, No. 70, S. 657). Seine Signatur “HS” ist von der seines Vaters “AS” oft nicht eindeutig unterscheidbar.

Bei Adolf Schweizers Nachfahren hat sich wegen des Verkaufs der Töpferei (Nutzen und Schaden 1. Mai 1961) kein nennenswerter archivalischer Nachlass erhalten.

Beim Verkauf gelangte der Betrieb 1961 an Hans Schneider-Kraft, Töpfermeister von Seftigen (1923-2006) und seine Frau Susi Schneider-Kraft. Hans Schneider modernisierte und renovierte den Betrieb sehr intensiv (Thuner Tagblatt 86, Nummer 275, 23. November 1962; auch GB Thun, Belege 6, No. 7226, vom 16. Oktober 1961). 1965 entfernte er die alte Tonaufbereitungsanlage, die für seinen Betrieb viel zu gross und unwirtschaftlich war (Frank 2000, 575, 578).

Umbau 1991: Thuner Tagblatt, Band 115, Nummer 38, 15. Februar 1991

Thuner Tagblatt 115, Nummer 77, 4.4.1991

1989-1992 folgte eine weitere intensive Umbaumassnahme im früheren Gebäude der Majolika-Fabrik von Johannes Wanzenried (Thuner Tagblatt, Band 115, Nummer 38, 15. Februar 1991; Thuner Tagblatt 115, Nummer 77, 4.4.1991, vgl. auch Frank 2000, 575).

Hans Schneider produzierte noch 1996. Im April 1994 stellte er auf der Gewerbeausstellung Steffisburg seine Keramiken aus (Thuner Tagblatt, Band 120, Nummer 95, 24. April 1996). Wann er seinen Betrieb definitiv einstellte, ist unklar.

Keramik von Adolf Schweizer bei Antik und Rar

Keramik von Hans Schweizer bei Antik und Rar

Keramik in der Sammlung des SNM

Keramik in der Sammlung des MAG

Bibliographie:

Frank 2000
Georg Frank, “Dank dem Gewerbefleiss früherer Jahrhunderte”. Die Nutzung der Wasserkraft in der bernischen Gemeinde Steffisburg vom ausgehenden 13. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Thun 2000, bes. Kap. 4.16.

Kanton Bern, Hafnereien, 18.-19. Jahrhundert

Orte mit Keramikproduktion im Kanton Bern aufgrund archivalischer Nachweise.

Andreas Kistler, Andreas Heege, 2021

Im Kanton Bern gibt es verschiedene archivalische Quellen (meist im Staatsarchiv Bern, StAB), in denen sich Hafnernachweise befinden können. Für das 16. und 17. Jahrhundert fliessen die Quellen spärlich (meist städtische Hafner). Für das 18. Jahrhundert, Berns “Goldene Zeit”,  haben wir die bernischen Landvogteirechnungen. Hier wurden alle Arbeiten verzeichnet, die in staatlichen Einrichtungen, also Landvogteischlössern, Pfarrhäusern, Pfrundhäusern etc., ausgeführt wurden. Dazu gehören auch die ständigen Reparaturen an den Kachelöfen oder Aufträge für neue Öfen. Auf diesem Wege erhalten wir Informationen zumindest über einige (sicher nicht alle) Hafner, die von der Obrigkeit beauftragt wurden (siehe Kartierung blaue Punkte). Die städtischen Hafnereiquellen und die Landvogteirechnungen hat bisher vor allem Adriano Boschetti-Maradi (2006) ausgewertet, es gibt jedoch keine systematische und vollständige Quellenedition.

Eine weitere Quellengattung sind die Helvetischen Bürgerverzeichnisse des Kantons Bern aus dem Jahr 1798, die als Eidregister für den Huldigungsschwur verwendet wurden. Sie sind vollständig überliefert und geben Ort, Name, Alter und Beruf des Bürgers an. Diese Listen wurden bearbeitet und liegen gedruckt vor (Rohrbach 1999). Andreas Kistler hat daraus die Hafner des Jahres 1798 zusammengestellt und ihre exakten Lebensdaten, soweit möglich, verifiziert (Kartierung rote Punkte).

Liste der bernischen Hafner nach dem Helvetischen Bürgerregister von 1798

Der Kanton Bern verfügt mit der ämterweise geführten Fremdenkontrolle über eine weitere, ungewöhnliche Quelle zum Handwerk. Trotzdem die Kontrolllisten nicht aus allen Ämtern erhalten sind, ergeben sich grundlegende Informationen zum Hafnerhandwerk im Kanton Bern im 19. Jahrhundert. Zwischen 1810 und 1908 musste jeder ausserkantonale und ausländische Geselle, also auch die Hafnergesellen, der im Kanton Bern Arbeit fand, gemeldet werden und zwar mit dem Arbeitsort und dem Namen des beschäftigenden Hafners, der Arbeitsdauer und dem Namen und Herkunftsort des Gesellen. So verfügen wir heute über eine Liste der Hafnereien (siehe Kartierung grüne Punkte), die sich im 19. Jahrhundert die Beschäftigung eines Gesellen leisten konnten. Ausserdem bekommen wir einen Eindruck, aus welchen Kantonen oder Bundesländern Österreichs oder Deutschlands Gesellen zuwanderten. Die Gesellenwanderung war im 19. Jahrhundert der Motor des technologischen und dekorativen Wandels und trug wesentlich zur Entstehung und Ausbreitung der Keramik “Heimberger Art” bzw. der “Thuner Majolika” bei.

Liste der bernischen Hafner, bei denen im 19. Jh. fremde Gesellen gearbeitet haben (Daten Andreas Kistler nach Archivalien StAB)

Liste der fremden Gesellen nach Alphabet (Daten Andreas Kistler nach Archivalien StAB)

Liste der fremden Gesellen nach Land, Kanton/Bundesland, Ort (Daten Andreas Kistler nach Archivalien StAB)

Eine vierte Quellengattung, die bis heute nur für einzelne Orte oder Töpfereien systematisch herangezogen werden konnte (siehe Heege 2011; Heege/Kistler/Thut 2011; Heege/Kistler 2017b; Heege/Spycher/Kistler 2020) sind die Contractenprotokolle der Landvogteien (bis 1798) und die Grundbücher des Kantons Bern (1798 bis heute). Hier wurden (fast) alle Besitzänderungen verzeichnet. Besass ein Hafner also jemals eine Liegenschaft, so besteht die Möglichkeit, dass er in dieser Quellengattung verzeichnet ist. War er als Hafner nur irgendwo eingemietet, so haben wir in der Regel keine Nachweismöglichkeit. Im optimalen Fall lassen sich anhand dieser Quellengattung ganze Besitzerabfolgen auf einzelnen Grundstücken bzw. in einzelnen Werkstätten ermitteln, die sich dann meist auch topographisch verorten lassen (Beispiel).

Eine fünfte Quellengattung, die bis heute noch nicht systematisch ausgewertet wurde, sind die Akten und Lagerbücher der Bernischen Brand-Assekuranz, die seit 1806 existieren und ebenfalls Hinweise auf versicherte Hafnerliegenschaften und die darin befindlichen Brennöfen liefern könnten.

Bibliographie:

Boschetti-Maradi 2006
Adriano Boschetti-Maradi, Gefässkeramik und Hafnerei in der Frühen Neuzeit im Kanton Bern (Schriften des Bernischen Historischen Museums 8), Bern 2006.

Heege 2011
Andreas Heege, Langenthal, St. Urbanstrasse 40–44. Die Hafnerei Staub und ihre Werkstatt, in: Archäologie Bern/Archéologie bernoise. Jahrbuch des Archäologischen Dienstes des Kantons Bern, 2011, 209-287.

Heege/Kistler 2017b
Andreas Heege/Andreas Kistler, Keramik aus Langnau. Zur Geschichte der bedeutendsten Landhafnerei im Kanton Bern (Schriften des Bernischen Historischen Museums 13), Bern 2017.

Heege/Spycher/Kistler 2020
Andreas Heege/Alfred Spycher/Andreas Kistler, Die Hafner von Hängelen und das Rätsel der Bäriswiler Kachelöfen, in: Gemeindebuch Krauchthal, 2020, 173-256.

Heege/Kistler/Thut 2011
Andreas Heege/Andreas Kistler/Walter Thut, Keramik aus Bäriswil. Zur Geschichte einer bedeutenden Landhafnerei im Kanton Bern (Schriften des Bernischen Historischen Museums 10), Bern 2011.

Rohrbach 1999
Lewis Bunker Rohrbach, Men of Bern: The 1798 Bürgerverzeichnisse of Canton Bern, Switzerland, Rockport 1999.

Schwab 1921
Fernand Schwab, Beitrag zur Geschichte der bernischen Geschirrindustrie (Schweizer Industrie- und Handelsstudien 7), Weinfelden/Konstanz 1921.

Keramik «Heimberger Art»

«Keramik Heimberger Art» in der Bilddatenbank

Herkunftsbestimmung der Keramik «Heimberger Art»

oder

Kommt alle Keramik im “Heimberger Stil” aus Heimberg/Steffisburg im Kanton Bern?

Andreas Heege, 2019

Das Dekor- und Formenspektrum deutschschweizerischer  Keramik des späten 18. bis 20. Jahrhunderts mit schwarzer, weisser oder roter Grundengobe und Malhorn-, Ritz- und Springfederdekor, z. B. von der Burg Hohenklingen bei Stein am Rhein im Kanton Schaffhausen, aus den Kantonen Graubünden und St. Gallen sowie aus dem österreichischen Bundesland Vorarlberg, legen nahe, dass es in dieser Region mindestens ein weiteres, wenn nicht mehrere Produktionszentren für Ware mit Dekor «Heimberger Art» gegeben haben muss. Ob dies wirklich Berneck im Kanton St. Gallen, Steckborn im Kanton Thurgau oder z. B. auch die Keramikfabrik Hanhart (1878-1887) in Winterthur (Schnyder/Felber/Keller u.a. 1997, 38: “Malen auf Ton nach Heimberger Manier”, Frascoli 2004, Taf. 34-38) war oder die durch sicher zugewiesene Gefässe momentan nicht belegbare Ausstrahlung von Kandern im deutschen Schwarzwald oder Lustenau in österreichischen Vorarlberg bis in die Ostschweiz reichte, muss leider in Ermangelung naturwissenschaftlicher Analysen offen bleiben. Die zahlreichen Terrinen der Sammlung des Historischen Museums in St. Gallen werden im Museumsinventar jedenfalls ohne weitere Diskussion der Produktion von Berneck im St. Galler Rheintal zugeschrieben, wo sich das Hafnerhandwerk seit dem 17. Jahrhundert nachweisen lässt. Im 19. Jahrhundert arbeiteten zeitweise bis zu 17 Werkstätten in Berneck und den benachbarten Orten oder Ortsteilen Au, Balgach, Altstätten, Eichberg, Lüchingen und Marbach.

Der typologische Zusammenhang zwischen Berneck und Heimberg/Steffisburg wurde 1921, 1955 und 1975 auf dem Weg über eingeheiratete «Heimbergerinnen» erklärt. Genealogisch wurde dies jedoch weder von Fernand Schwab und Leo Broder noch von Hermann Buchs belegt. Da bereits für die Jahre 1819 und 1836 gezeigt werden kann, dass in Heimberg klassischerweise die Frauen als Keramikmalerinnen arbeiteten, würde sich auf diesem Wege möglicherweise die grosse typologische und dekorative Nähe zwischen Heimberg/Steffisburg und Berneck erklären lassen. Sie besteht seit dem ersten Drittel des 19. Jahrhunderts. Leider ist das Argument nicht stichhaltig. Eine Kontrolle der Herkunft der Ehepartner der bekannten Bernecker Hafner des 19. Jahrhunderts anhand der Kirchenbücher konnte keine Einheiraten belegen. Nur für einen ursprünglich katholischen Bernecker Hafner – Leondus Federer – lässt sich anhand der Kirchenregister von Steffisburg ergänzend zeigen, dass er sich um 1819 in Heimberg niederliess. Er kehrte später jedoch nach Berneck zurück. Bei der Taufe eines 1824 geborenen Sohnes in Steffisburg war der Hafner Franz Joseph Kurer von Berneck Pate. Sind also nicht eingeheiratete Keramikmalerinnen für die Stilübertragung nach Berneck verantwortlich, so bleiben eigentlich nur Gesellenwanderungen als Begründung für den typologischen und stilistischen Wissenstransfer übrig. Zwischen dem ersten in der Region Heimberg nachweisbaren Gesellen Joseph Anton Kurer aus dem Jahr 1832 und dem letzten dokumentierten Gesellen Joseph Anton Ritz aus dem Jahr 1879 wurden weitere 18 Gesellen aus Berneck und Umgebung in die Listen der bernischen Fremdenkontrolle eingetragen. Verschiedene Gesellen aus Berneck arbeiteten ein bis zwei Jahre in der Region Heimberg.

Ein Zufallsfund wirft ein weiteres Schlaglicht auf die Keramik «Heimberger Art». Eine typische flache Schüssel mit schwarzer Grundengobe und Kragenrand im Schweizerischen Nationalmuseum (SNM LM-72744) trägt den eingeritzten Spruch «Diese Blatte ist von Erd gemacht und wenn sie bricht der Hafner lacht. Ch. Dürringer, Hafner». Ausserdem erscheint interessanterweise die Angabe «Steckborn, Kanton Thurgau».

Für die Hafner von Steckborn gibt es nach älteren grundlegenden Studien von Karl Frei eine umfassendere, auch genealogische Studie von Margrit Früh, deren Thema jedoch die Kachelöfen und die Ofenhafner sind. In welchem Umfang und in welcher Formensprache die Steckborner Hafner auch Geschirrkeramik produziert haben, entzieht sich nahezu vollständig unserer Kenntnis. Nur der Keramikmaler Georg Hausmann (eventuell 13.8.1826–13.8.1882), der möglicherweise als Geselle in der Werkstatt von Christoph Düringer (1794–1851) arbeitete, fand aufgrund seiner kulturgeschichtlich interessanten Wandteller mit politischen Sujets aus der Zeit der Freischarenzüge (1845) museale Aufnahme und Erwähnung in der Literatur. Auch er hielt sich nachweislich zumindest 1846 in Heimberg auf.

Für die Mitte des 19. Jahrhunderts überliefert Karl Frei Informationen des Hafners August Düringer (1841–1928). Danach stellte man in Steckborn Milchhäfen, Kaffeebecken, Zuckerdosen, Suppenschüsseln, Näpfe und Platten, Blumengeschirr, Most- und Weinkrüge her. Die Geschirre wurden mit einer roten, weissen oder schwarzen Grundengobe überzogen und mit dem Malhörnchen bemalt (Tupfen-, Spiral- und Blumenmuster). Anschliessend wurden sie wie in der Region Heimberg mit pulverisierter Bleiglasur «trocken» überstäubt. Vor allem der Hinweis auf die schwarze Grundengobe ist hervorzuheben, scheinen sich hier doch wichtige typologisch-stilistische Kontakte bzw. Übereinstimmungen zwischen der Bodenseeregion und dem Bernbiet abzuzeichnen, wie sie sich in der oben genannten Platte des Hafners Christoph Düringer unmittelbar manifestieren.

Diese Übereinstimmungen werden mit dem Nachweis der Tätigkeiten und des Geschirrhandels verschiedener Steckborner Hafner in Heimberg bzw. Steffisburg verständlicher. Es handelt sich u. a. um Hans Jakob II. Düringer (1775–1841), der seit 1806 mit Anna Mühlemann (1775–1848) aus Lotzwil im Kanton Bern verheiratet war. Er arbeitete in Heimberg und wurde am 6. April 1841 in Steffisburg begraben; seine Frau verstarb sieben Jahre später. Sein Bruder Hans Conrad Düringer (1791–1849, Lehrer und Ofenmaler, handelte 1813 in Steckborn mit bernischem Geschirr (seines Bruders?). Die beiden Hafner David und Johann Heinrich Baldin (1817–1855 bzw. 1829–1876) arbeiteten zwischen 1850 und 1855 bei Hafnern in Oppligen und Heimberg. Der schon erwähnte Hafner August Düringer (1841–1928) töpferte 1861 als Geselle bei den Heimberger Hafnern Jenny bzw. Knecht und dem Steckborner Hafner Conrad Schiegg. Dieser hatte, was sich durch Gesellenanmeldungen belegen lässt, von 1849 bis 1854 in Oppligen an der Rotachen-Brücke seine Werkstatt und ist von 1855 bis 1866 in Heimberg nachweisbar. Aus der weitverzweigten Steckborner Familie Füllemann lassen sich zwischen 1812 und 1867 immerhin vier Gesellen belegen: Hans Caspar Füllemann (1787–1826, 1812 für vier Monate in Oppligen), Caspar Füllemann (Lebensdaten unbekannt, mit Unterbrechungen von 1860 bis 1865 in Oppligen und Kiesen), Cezar Füllemann (Lebensdaten unbekannt, 1864/65 in Heimberg) und Johann Melchior Füllemann (Lebensdaten unbekannt, 1864–1867 mit Unterbrechungen in Kiesen, Heimberg und Münsingen).

Wanderbuch des Hafners Heinrich II. Füllemann aus Steckborn (Aufbewahrungsort Museum im Turmhof, Steckborn, Inv. Nr. HS 408, Foto und pdf Museum Steckborn).

Der Hafner Heinrich II. Füllemann kam auf seiner Wanderschaft laut Wanderbuch u. a. auch durch das Bernbiet sowie nach Lausanne, Basel, Liestal, Hamburg, Lübeck, Schwerin und Lindau. 1862/63 arbeitete der Hafner Daniel Gräflein (1810–1882) für 17 Monate in Heimberg. 1844 bis 1849 befand sich Johann Martin Guhl (wohl 1825–1892) als Hafnergeselle in Hasle bei Burgdorf, Diessbach und Kiesen. Zwei weitere Gesellen gleichen Nachnamens (Johannes und Johann Daniel) arbeiteten 1873–1876 bzw. 1879–1881 in Heimberg. Darüber hinaus sind Gesellen mit den Familiennamen Kauf, Konf, Schär, Schneider, Wilhelm und Wüger belegt, die zwischen 1857 und 1867 in Kiesen und Heimberg arbeiteten, jedoch in den Steckborner Hafnerlisten bislang fehlen.

Es bleibt also festzuhalten: Aufgrund intensiver Kontakte durch wandernde Gesellen verbreiteten sich der Heimberger Dekorstil und seine Weiterentwicklungen bis zum Ende des 19. Jahrhunderts rasch und über grosse Teile der Deutsch- und möglicherweise sogar der frankophonen Schweiz (vgl. MAHN AA 1247, MAHN AA 1249). Wir dürfen daher heute – vor allem bei Museumsstücken, die überwiegend aus dem Handel angekauft oder als Geschenke inventarisiert wurden – nicht mehr von «Heimberger Keramik», sondern nur noch von «Keramik Heimberger Art» sprechen. An der Herstellung dieser zeittypischen Malhornware des späten 18. und 19. Jahrhunderts waren ganz offensichtlich verschiedene Herstellungszentren der Deutschschweiz (Regionen Heimberg/Steffisburg, Berneck, Steckborn, Kanton Schaffhausen, Winterthur) und möglicherweise auch der Westschweiz (Region Cornol, Moudon und Poliez-Pittet) bzw. Baden-Württembergs (Staufen, Kandern) und in den 1870er-Jahren sogar Frankreich beteiligt. Ohne naturwissenschaftliche Analysen oder entsprechende Ausgrabungsfunde scheint beim heutigen Forschungsstand eine rein typologisch-stilistische Zuweisung zu einem spezifischen Produktionsort nicht möglich.

Frz.: Céramiques de « style Heimberg » ou Céramiques « à la manière de Heimberg  »

Engl.: Ceramics “in the Heimberg style“, or  Ceramics “in the Heimberg manner”

Bibliographie

Babey 2016
Ursule Babey, Archéologie et histoire de la terre cuite en Ajoie, Jura Suisse (1750-1900). Les exemples de la manufacture de faïence de Cornol et du centre potier de Bonfol (Cahier d’archéologie jurassienne 37), Porrentruy 2016, besonders 174, 201-203.

Frascoli 2004
Lotti Frascoli, Keramikentwicklung im Gebiet der Stadt Winterthur vom 14. -20. Jahrhundert: Ein erster Überblick, in: Berichte der Kantonsarchäologie Zürich 18, 2004, 127-218.

Heege/Kistler 2017
Andreas Heege/Andreas Kistler, Poteries décorées de Suisse alémanique, 17e-19e siècles – Collections du Musée Ariana, Genève – Keramik der Deutschschweiz, 17.-19. Jahrhundert – Die Sammlung des Musée Ariana, Genf, Mailand 2017, 369-375.

 

 

Keramik «Langnauer Art 1», Kanton Bern

Keramik «Langnauer Art 1» in CERAMICA CH

Artikel mit allen Bildern

Andreas Heege, 2019

Die im Folgenden zu besprechende Keramikgruppe wurde aus der Bearbeitung der Langnauer Keramik bewusst herausgetrennt. Sie besteht aus Irdenware mit weisser Grundengobe, Ritz- und Malhorndekor in Rot, Grün und Dunkelbraun. Insgesamt liegen 17 Gefässe unterschiedlicher Typen vor (Giessfass, Schälchen mit einbiegendem Rand, Schüsseln, Terrinen mit Stülpdeckel, Rasierbecken und Breitrandteller). Sechs Objekte tragen Datierungen zwischen 1739 und 1742, weshalb die gesamte Gruppe wohl in die Zeit um 1740 datiert werden kann.

Für die Bearbeiter bernischer Irdenwaren und der Langnauer Keramik wie Emil Aeschlimann und Robert L. Wyss, bestand kein Zweifel daran, dass diese Keramikgruppe zur Langnauer Keramik gehört (Aeschlimann 1928, 27; Wyss 1966, Taf. VII. Vgl. auch Boschetti-Maradi 2006, 132 Abb. 174). In Kenntnis von knapp 2000 Langnauer Objekten, die mit guten Gründen der Langnauer Produktion der verschiedenen Hafner Herrmann zugewiesen werden können, stellt sich diese Situation heute jedoch etwas anders dar (Heege/Kistler 2017/2). Wiederholte Sortierungen der Langnauer Keramik liessen die vorliegende Gruppe vor allem aufgrund der Dekormotive immer wieder durch die angelegten Raster fallen. Die Dekorfarbigkeit und die Verwendung eines Stechzirkels für die Dekoration entsprechen jedoch dem, was man auch von einem Teil der Langnauer Produktion dieses Zeithorizontes kennt. Andererseits sind die Gefässformen dem üblichen Typenspektrum der Keramik des Kantons Bern und Langnaus eng verwandt, so dass man wohl eine Herstellung im Kantonsgebiet erwarten kann.

Das älteste Stück aus dem Jahr 1739 ist eine typische, kleine Stülpdeckelterrine mit glatten, mit dem Malhorn verzierten Grifflappen aus dem Museum der Kulturen in Basel (MKB HM-1901-175). Die Terrine ist sowohl auf er Innen- als auch der Aussenseite datiert. Die Deckelinnenseite zeigt Bogenmotive, wie sie ähnlich auch bei Langnauer Keramik auftreten. Die Aussenkante des Deckels ist ebenfalls gekerbt, jedoch nicht in derselben Art, wie wir dies normalerweise bei den Langnauer TE 1 finden (Heege/Kistler 2017/2, Kap. 10, TE 1). Die Gestaltung der Blumenmotive weicht deutlich von den sonstigen Langnauer Keramiken dieses Zeithorizontes ab. Zwei weitere Stülpdeckelterrinen aus dem Regionalmuseum Langnau können angeschlossen werden (RML A165, RML A166). Die erste weist für Langnauer Verhältnisse untypische Ansätze der Grifflappen und eine rot engobierte Innenseite auf. Die zweite wirkt mit dem merkwürdigen Blumendekor des Deckels und dem Springfederdekor, wie eine zeitgenössische «Langnau-Kopie».

In das Jahr 1740 sind zwei Breitrandteller datiert. Der erste und zugleich eindrucksvollste stammt aus dem Bernischen Historischen Museum (BHM 4972). Seine Vorderseitengliederung orientiert sich mit grosser Wahrscheinlichkeit an chinesischen Porzellanvorbildern oder niederländischen bzw. deutschen Fayencen mit Chinoiserien (Piereth/Ulrichs 2010, CD Seite 106, Ansbach um 1730; vgl. auch Blaettler/Ducret/Schnyder 2013, Taf. 151,8, Delft 1750-1785). Die kreis- und bogenförmigen Linien sind mit einem Stechzirkel eingeritzt, was sehr an die zeitgliche Langnauer Zirkelschlagornamentik erinnert (vgl. Heege/Kistler 2017/2, Kap. 4). Den Spiegel ziert eine kleine Vase mit einem grossem Blumenbouquet und dem Datum 1740. Die Rückseite nennt den Besitzer des Tellers «Jost Bracher». Familien mit dem Namen Bracher waren um 1800 im Kanton Bern in Affoltern im Emmental, Bannwil, Hasle bei Burgdorf, Heimiswil, Langenthal, Lyssach, Lützelflüh, Madiswil, Rüegsau und Wynigen heimatberechtigt. Die Rückseite trägt ein singuläres Motiv. Zwei Bären mit langen Zungen haben sich an einem grossen Baum aufgerichtet (zwei Ungeheuer, die an den Wurzeln der Weltenesche, des Lebensbaumes, nagen?). Von den Seiten kommen Hunde oder Füchse gelaufen. Am oberen Rand der Fahne sind zwei Löcher eingestochen. Es war also angedacht, dass man den Teller als Wandschmuck aufhängen konnte.

Drei weitere undatierte Breitrandteller sind aufgrund der Vorderseitendekoration eng verwandt, jedoch mit ihrem rückseitigen Blumendekor der Fahne jeweils etwas einfacher gestaltet (RSB IV-0212, ZHdK-KGS-01098, Privatbesitz). Die sternförmig oder als Dreier- bzw. Vierergruppe angeordneten Spiegelbilder mit tulpenförmigen Blüten, erinnern an zeitgleiche, stark stilisierte Langnauer Blumenmotive. Die Motive der Fahnendekoration erinnern an Granatapfeldekore , die sich auf Künersberger  und Schrezheimer Fayencen finden (Fröschner 1992, Kat. 194, 195, 197; Bayer 1995, Kat. 48-51; Erdner/Nagel 1972,  Kat. 292).

Einen weiteren ungewöhnlichen Teller ziert ein springendes, möglicherweise gesatteltes Pferd (RML A005), das in seiner Art deutlich von den üblichen Langnauer Pferdedarstellungen abweicht (vgl. Heege/Kistler 2017/2, Kap. 6). Unter dem Pferd steht die Datierung 1740. Die Blumen auf der Fahne entsprechen ganz denen der übrigen Teller dieser Keramikgruppe, die auch keine Aufhängevorrichtung aufweisen.

Mit dem Stechzirkel eingeritzte Bögen auf der Fahne und die typischen Blumen mit rosettenförmigen Blüten verbinden zwei weitere Teller mit den vorhergehenden Stücken (RML A001, BHM 8020). Anders als wir das sonst von der Langnauer Keramik kennen, sind die Blumen im Spiegel jetzt als Spirale angeordnet.

Aus dem Jahr 1741 stammt ein weiterer aufwendig verzierter Teller mit wellenförmig zusammengekniffenem Rand und zwei abgedrehten, flachen Standringen, ohne Aufhängevorrichtung. Er ist auf Vorder- und Rückseite flächig verziert (MKB HM-1881-0028). Im Spiegel befindet sich ein schlossartiges Architekturmotiv mit Türmen, Dachreitern, Gartenanlage und Fahnenstange, darunter ein springender Hirsch und die Datierung 1741. Die Wandung trägt ein gereihtes Fischblasenmotiv, wie es auch bei einzelnen der anderen Keramiken vorkommt. Der Rückseitendekor passt zur Vorderseite und zeigt in der Mitte einen kleinen Vogel auf einem Blumenzweig sowie den Namen «Verena Kneübüler». Familien mit dem Namen Kneubühler waren vor 1800 zwar auch in Affoltern im Emmental, Bleienbach und Frauenkappelen heimatberechtigt, wesentlich häufiger erscheint der Name jedoch im Kanton Luzern (Altishofen, Buttisholz, Egolzwil, Gettnau, Grossdietwil, Hergiswil bei Willisau, Menznau, Reiden, Ufhusen, Willisau Stadt und Land, Zell).

Der jüngste Breitrandteller ist 1742 datiert, wobei die Schreibweise der Jahreszahl gut mit der des vorhergehenden Stückes übereinstimmt. Der Verbleib des Tellers ist unbekannt (Unbekannt 02; Aeschlimann 1928, 27).

Im Herbst 2018 wurde ein bislang unbekannter flacher Teller dieser Keramikgruppe aus der Sammlung der bernischen Antiquitätenhändlerin Elsa Bloch-Diener versteigert (Auktionshaus Stuker, Sammlung Bloch-Diener, Herbst 2018, Los 259, heute GBC 12121).  Der Spiegel zeigt eine zweigeschossige Häusergruppe mit grossen bogenförmigen Einfahrtstoren und spitzen Dächern mit kreuzförmigen Dachreitern. Auf der Fahne wechseln sich Vögel mit Blumenzweigen und rechtwinklig zum Rand stehende Dekorgruppen aus eierstabartigen Ornamenten und Ranken ab. Im Spiegel steht zusätzlich der Spruch «Ein ÿeder der mich aufricht der gedänck sin nicht, denn Gedänck er sin so vergäβ ehr min». Rückseitig hat der Teller eine keramische Aufhängeöse, wie wir sie auch bei der Langnauer Keramik ab dem ersten Drittel des 18. Jahrhunderts kennen.

Zur Gruppe gehört ein Giessfass bzw. Wandbrunnen. Das hausförmige, eher hohe Giessfass mit abgeschrägten Ecken trägt auf den beiden Schmalseiten eine in der Schrift gut übereinstimmende Datierung 1742 (BHM 6796). Die Ecken zeigen denselben Chinoiseriedekor, wie wir ihn schon bei den Tellern gesehen haben. Weitere verbindende Elemente sind die schräg gestreiften, zwiebelartigen Blüten. Die aufgelegten bogenförmig ausgeschnittenen Leisten erinnern an Langnauer Giessfässer dieses Zeithorizontes (vgl. Heege/Kistler 2017/2, Kap. 10, GF 1, BHM 7234a), jedoch bleibt das vorliegende Giessfass erkennbar ein Einzelstück.

Zwei Schüsseln und ein kleines Schälchen (RSB IV-0227, RSB IV-0072, MKB HM-1911-0065) passen mit ihrem einfachen Blumen- und Streifendekor gut zur vorstehenden Keramikgruppe. Einfache einbiegende oder verkröpfte Ränder sowie glatte, nur bemalte Grifflappen sind auch für die Langnauer Produktion der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts typisch (vgl. Heege/Kistler 2017/2, Kap. 10, SCH 1 und SCH 2).

Aufgrund seiner grünen Glasur der Ansichtsseite fällt das einzige Rasierbecken dieser Gruppe (Privatbesitz) etwas aus dem Rahmen. Betrachtet man jedoch die Rückseite mit ihrem randlichen Fischblasenmotiv und die Form der schraffierten Flächen sowie die Motive der geritzten Blumen der Vorderseite, dann kann an der Zugehörigkeit dieses Stücks kein Zweifel bestehen. Die grüne Glasur über dunklen Malhornverzierungen der Vorderseite verbindet das Stück zudem mit der grün glasierten Keramik der Langnauer Werkstatt 1, Hand 1, die zur selben Zeit ebenfalls mit dieser Farbigkeit arbeitete (Heege/Kistler 2017/2, 262–263). Form und Aufhängeöse entsprechen darüber hinaus den typischen Rasierbecken RB 1 der Langnauer Produktion (Heege/Kistler 2017/2, 653–654).

Zusammenfassung

Unter Berücksichtigung der Datierungen dieser Keramikgruppe (1739–1742) und der typologischen Nähe zu den Produkten der Hafner Herrmann (Langnau, Werkstatt 1, Sonnweg 15) bliebe in Langnau eigentlich nur ein Familienmitglied der Hafner Jost (Hafnerei Bärenplatz 1) als Produzent übrig (vgl. Heege/Kistler 2017/2, Kap. 2.2.1 und 3.4). Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass die produzierende Werkstatt auch an einem anderen Ort, z. B. in Huttwil, Langenthal oder Burgdorf tätig war. Archäologische Bodenfunde dieser Keramikart, die uns einen Hinweis auf den Produktionsort geben würden, fehlen derzeit. Die beiden auf der Keramik überlieferten Familiennamen verweisen auf das Emmental, die Randbereiche des bernischen Oberaargaus und das westliche Gebiet des Kantons Luzern. Die Gruppenbezeichnung Keramik «Langnauer Art 1» ist auch in Zukunft nur als «Arbeits- bzw. Hilfsbegriff» zu verstehen, bis der Produktionsort lokalisiert ist.

Zugeordnete Stücke:

BHM 04972, BHM 06796, BHM 08020, MKB HM-1881-0028, MKB HM-1901-0175, MKB HM-1911-0065, RML A001, RML A005, RML A165, RML A166, RSB IV-0072, RSB IV-0212, RSB IV-0227, Unbekannt 02 (Aeschlimann 1928, 27), ZHdK KGS-01098, GBC 12121, Privatbesitz (2 Stück)

Bibliographie

Aeschlimann 1928
Emil Aeschlimann, Alt-Langnau-Töpferei. Ein Beitrag zur Volkskunde. Bern 1928.

Bayer 1995
Hans-Wolfgang Bayer, “Muffelbrand und Scharfes Feuer”. 250 Jahre Künersberger Fayencen, Weissenhorn 1995.

Boschetti-Maradi 2006
Adriano Boschetti-Maradi, Gefässkeramik und Hafnerei in der Frühen Neuzeit im Kanton Bern (Schriften des Bernischen Historischen Museums 8). Bern 2006.

Erdner/Nagel 1972
Hans Erdner/Gert K. Nagel, Die Fayencefabrik zu Schretzheim 1752-1865. Ein Beitrag zur Geschichte der Deutschen Keramik, völlig neu bearbeitete und erweiterte Ausgabe, Ellwangen 1972.

Fröschner 1992
Stephanie Fröschner, Künersberger Fayencen. Die Geschichte der Manufaktur. Untersuchung der Schaffeuerdekore und der Muffeldekore, Bonn 1992.

Heege/Kistler 2017
Andreas Heege/Andreas Kistler, Keramik aus Langnau. Zur Geschichte der bedeutendsten Landhafnerei im Kanton Bern (Schriften des Bernischen Historischen Museums 13). Bern 2017, Beilagen DVD, Ordner ergänzende Texte.

Piereth/Ulrichs 2010
Uta Piereth/Friederike Ulrichs, Museum Deutscher Fayencen in Schloss Höchstädt, München 2010.

Wyss 1966
Robert L. Wyss, Berner Bauernkeramik (Berner Heimatbücher 100–103). Bern 1966.

 

Keramik «Langnauer Art 2», Kanton Bern

Keramik «Langnauer Art 2» in CERAMICA CH

Artikel mit Bildern

Andreas Heege, Alfred Spycher 2019

Die Schule für Gestaltung Bern/Biel verwahrt unter der Inventarnummer 174 eine ungewöhnliche Terrine aus dem Jahr 1810 (SfGB 174). Aufgrund einer alten Inventarnummer lässt sich belegen, dass das Stück vorher zum Bestand des Gewerbemuseums Bern gehörte, also schon seit dem Ende des 19. Jahrhunderts musealisiert gewesen sein dürfte. Formal handelt es sich um eine Terrine mit Reifrand, niedrigem Standring und Grifflappen sowie Ritz-, Springfeder- und Malhorndekor, wie sie unter den Langnauer Produkten eigentlich gängig sind (TE 2b, vgl. zu Langnau Heege/Kistler 2017, auf der beiliegenden DVD auch einer erste Version dieses Textes). Beim näheren Hinsehen fallen jedoch Elemente auf, die für einen abweichenden Produktionsort sprechen. Da sind zum einen die Form und das Motiv der Grifflappen, die unter den Langnauer Stücken keine Parallelen finden. Dazu kommen der singuläre Deckelgriff in Form eines «brüllenden Löwen» (oder heulenden Wolfes/Hundes?) mit den merkwürdig ausgestalteten und platzierten Früchten und der Blüte. Untypisch ist auch das Ritzen des Spruches und der Datierung auf einer Führungslinie: «Jesu im Herzen Di liebste im Arm das einte macht Selig das andere gibt warm 1810.» Der Spruch ist in Langnau durchaus gängig, während die Handschrift in den Langnauer Werkstätten ansonsten keine Parallelen findet. Auch die Art der kleinen Blütenrosetten auf geraden oder geschweiften Ästchen mit Blättern ist unbekannt. Die Innenseite des Deckels und die Unterseite des Bodens tragen eine formal ungewöhnliche Zuordnungsritzung (Buchstabe oder Zahl?), die gleichwohl Bekanntheit mit dem in Langnau verwendeten System signalisiert.

Die Suche nach weiteren Parallelen, die eine Einordnung dieser besonderen Terrine ermöglichen würde, war erfolgreich und führte schliesslich zur Ausgliederung einer Keramikgruppe «Langnauer Art 2», der bislang 16 Gefässindividuen zugeordnet werden konnten (siehe Liste am Schluss). Mit Ausnahme eines Rasierbeckens von 1815 und eines Tellers von 1817 handelt es sich ausschliesslich um Dosen.

Zwei dieser Dosen sind 1809 und 1818 datiert, so dass momentan davon auszugehen ist, dass wir es mit einer Produktion zwischen etwa 1809 und 1820 zu tun haben. Typologische oder stilkritische Zweifel an der zeitlichen Einordnung der datierten Objekte bestehen nicht. Die Gruppenbezeichnung Keramik «Langnauer Art 2» ist momentan als «Arbeits- bzw. Hilfsbegriff» zu verstehen.

Das Rasierbecken von 1815 (BHM 6190) bietet möglicherweise einen Hinweis zur Lösung der Herkunftsfrage. Das ungewöhnliche Rasierbecken hatte ursprünglich rückseitig eine Aufhängeöse. Diese ist jedoch abgebrochen, weshalb man die am oberen Rand des Beckens angebrachte Seifenmulde sekundär durchbohrt hat. Der Spiegel des Rasierbeckens nennt «Christen Hofer Schulmeister zu Sängelen 1815». Auf der Fahne steht der Spruch «scher mich fein das ich gefall der Liebsten mein, der man ist ehrens wert der sein bart selber schert». Auf der Rückseite des Beckens findet sich ein weiterer Spruch: «Ein gutes werck das wohl gelingt dei gröste Lust auf erden bringt 1815.» Das «Sängeli» ist heute die Ortsbezeichnung für eine Häusergruppe nordwestlich am Berg zwischen Schüpbach und Signau, ca. 5 km entfernt von Langnau. Dort hatte Christen Hofer (1749–?) auf eigenem Grund und Boden 1795 auf eigene Kosten für die Gemeinde Schüpbach ein Schulzimmer erbauen lassen. Bei der ersten helvetischen Schulumfrage im Jahr 1799 gab er an, bereits 22 Jahre als Schuldiener (d. h. Lehrer) tätig zu sein, daneben sein kleines Gut zu betreuen und Holzschnitzerarbeiten zu verfertigen (Schmidt, H.R. / Messerli, A. / Osterwalder, F. / Tröhler, D. (Hrsg.), Die Stapfer-Enquête. Edition der helvetischen Schulumfrage von 1799, online-Datenbank, Bern 2015, Nr. 714: Schüpbach . Möglicherweise erhielt er also das Rasierbecken zum 20jährigen Jubiläum seines Schulraumbaus geschenkt? Es könnte durchaus bei einem unbekannten Hafner, der im unmittelbaren Umfeld arbeitete und sich mit Langnauer Traditionen auskannte, bestellt worden sein. In Signau oder Schüpbach lässt sich als erster Hafner im Jahr 1835 Christen Herrmann (1793–1851) nachweisen (StAB B XIII 480), doch als das Rasierbecken 1815 gefertigt wurde, arbeitete dieser vermutlich noch in der Werkstatt seines am 13.2.1815 verstorbenen Vaters Ulrich Herrmann (1758–1815; KRL 32, 131) an der Wiederbergstrasse 24 in Langnau. Auch würde dies angesichts seiner Hafnertätigkeit bis 1851 nicht erklären, warum wir nach 1818 keine weiteren datierten Stücke dieser Handschrift mehr haben. Oder handelt es sich um Objekte von Christens Bruder Johannes (1791–1824), der wie Christen nach dem Verkauf der Hafnerwerkstatt Wiederbergstrasse 24 Ende 1816/Anfang 1817 von Langnau nach Wasen im Emmental zu seinem Vetter Johannes Herrmann (1786–1838) verzog und dort bereits 1824 verstarb? Dieses Problem lässt sich derzeit nicht lösen.

Eindeutig dieselbe Handschrift und denselben Stil vertritt ein Teller von 1817 (MKB VI-1436). Auf der Fahne steht der Spruch: «ein gut gewissen und freyer muth, ist besser als des Keisers gut. ein frommes Herz das Gott vertraut, ganz fröllich in den Himmel schaut, es [ist] kein faden so rein gesponnen, er kom(m)t doch endlich an die sonnen.» Im Spiegel steht: «Wenn nicht der federschmuck den Pfauen wurde zieren, So würde man ihn wohl sehr wenig esimieren [sic!] 1817.» Und auf der Rückseite findet sich noch: «Früh auf, fein in der morgenstund macht heilig reich und auch gesund, Durch fischen und durch Vögel fangen ist mancher mann zu grund gegangen.» Nicht nur die Anzahl der Sprüche ist für Langnauer Verhältnisse ungewöhnlich. Auch die Randform des Tellers passt so wenig zum Üblichen der Langnauer Produktion wie die manganviolette Schwämmelung des Randes und des Unterrandes oder die etwas dürr erscheinende Blumeneinfassung im Spiegel.

Nach der Handschrift gehört eine 1818 datierte Dose auf Pokalfuss mit vier breiten, bandförmigen Volutenhenkeln zu dieser Gruppe. Der in der Halskehle umlaufende Spruch lautet: «Dort in meinen Rosen Garten, wil[l] ich meinen Scha[t]z erwarden». Die Aussenseite trägt Ritz-, Springfeder- und Malhorndekor. Die Blumenmotive entsprechen den bisher vorgestellten Stücken (Privatbesitz). Der Spruch findet sich nicht bei typischen Langnauer Produkten, aber bei zwei weiteren undatierten Dosen, von denen eine auch formal fast genau entspricht (MAHN AA-1212).

Die zweite Dose, und das ist besonders wichtig, wäre eigentlich eine typische Langnauer Füsschendose DO 6, wenn da nicht der Spruch auf der vorgeritzten Linie, deutlich abweichende, verschlungene Auflagen, unpassende, sehr massive Füsschen und rundstabige Voluten des Deckelgriffs mit Perldekorbesatz wären (Privatbesitz). Die Volutengriffe der normalen Langnauer Produktion haben dagegen flach-bandförmige Querschnitte. Der geritzte Blumendekor der Dose entspricht den bisher vorgestellten Keramiken.

Form und Dekor sprechen dafür, dass auch zwei undatierte Dosen auf Pokalfuss aus dem Fitzwilliam-Museum in Cambridge bzw. aus dem Schweizerischen Nationalmuseum zu unserer Gruppe gehören (FWMC C.1908&A-1928, SNM LM-009184). Aufgrund der Handschrift passt auch eine weitere Füsschendose mit einer der charakteristischen Auflagen und dem rundstabigen Volutenwerk dazu: «Maria Dissa bin ich genan[n]t der Him[m]el ist mein rechtes Vaterland» (FMST K043).

Der Familienname Dissa muss ein Verschreiber sein, da es sich nicht um einen schweizerischen Familiennamen handelt. Denkbar wären stattdessen Disler oder Dissler, was auf jeden Fall auf eine Besitzerin im Kanton Luzern verweisen würde. Weniger aufwendig, aber mit denselben dürren Blüten-/Blättchenranken verziert ist eine Füsschendose aus dem Gewerbemuseum Winterthur (GMW 467) die der Füsschendose von 1809 aus Münchener Privatbesitz sehr gut entspricht. Auch hier trägt der Abschluss des rundstabigen Volutengriffes Perldekor.

Die rundstabigen Volutengriffe der Deckel, die Auflagen im Halsfeld der Unterteile und die kurzen, eher dicken, unproportioniert wirkenden Füsschen verbinden fünf weitere Füsschendosen mit dieser Keramikgruppe (BHM 6029, MAG 7304, MAHN AA 1197, MKW 177, FMST K043).

Einzelne dieser Dosen weisen Zuordnungszahlen im Inneren von Deckel und Unterteil auf. Im Verhältnis zu den normalen Langnauer Füsschendosen sprechen bei diesen Dosen auch die abweichende, flache Bodenform und die erkennbare Plumpheit für die Herstellung in einer anderen, weniger qualitätsvoll arbeitenden respektive eher «kopierenden» Werkstatt, die nach Langnauer Vorbildern arbeitete. Die Dosen vereinen zwei wichtige neue Elemente der Langnauer Keramik, die sich nach 1800 entwickelt haben: den Perldekor und die Grundengobe mit manganviolett ausschmelzenden Farbkörpern. Bei den Farbkörpern in der Grundengobe handelt es sich um feine Partikel von Eisenhammerschlag, wie sie in jeder Dorfschmiede anfallen. Fein gemahlen und der weissen Grundengobe beigemischt, werden diese dunklen Partikel durch eine leichtflüssige Bleiglasur angeschmolzen. Dies führt zu der manganvioletten Schlieren- und Streifenbildung in der Glasur. Diese Dekortechnik ist, wie der Perldekor, soweit sich das heute sagen lässt, eine Langnauer Entwicklung. Die ältesten Langnauer Keramiken, bei denen weisse Engobe mit Farbkörpern entweder vollflächig oder als dicke Marmorierungstropfen zum Einsatz kam, datieren in die Jahre 1804 und 1806.

Keramik Langnauer Art 2 in Pennsylvania

Bereits 1903 veröffentlichte Edwin Atlee Barber eine Zuckerdose, die den vorstehend beschriebenen Dosen so ähnlich ist, dass man dieselbe gestaltende Hand annehmen muss (Edwin Atlee Barber, Tulip ware of the Pennsylvania-German Potters. An historical Sketch of the Art of Slip-Decoration in the United States, Neuauflage 1970, New York 1903, 152-153).

Barber, der im späten 19. Jahrhundert intensiv Keramik in Pennsylvania sammelte und die dortige Hafnereigeschichte erforschte, ordnet diese Dose, ohne weitere Argumente, zusammen mit einer kleinen, fast identisch bemalten Milchkanne, der Töpferei von Johann Nees (Familie auch Neesz, Nice, Neis, Nase geschrieben) in Upper Salford Township, County Montgomery, Pennsylvania, USA zu. Beide Keramiken befinden sich heute im Philadelphia Museum of Art (Garvan 1982, 192 Kat. 96 und 97).

1903 machte bereits der bedeutende französische Keramiker Marc-Louis Solon (1835–1913) Barber darauf aufmerksam, dass er diese Form häufig bei „old pottery of Switzerland“ gesehen habe (Barber 1903, 153). Barber schloss daraus, dass die Familie Nees ursprünglich aus der Schweiz auswanderte, jedoch ist dies falsch. Der Grossvater Johannes Nehs (1705-1789) stammt aus dem Elsass oder Deutschland, der Vater Heinrich Nees (1740-1819) wurde bereits in Pennsylvania geboren (auch alle folgenden genealogischen Angaben nach https://www.wikitree.com/genealogy/Nees-Family-Tree-51).

Der Töpfer Johann Nees wurde am 14.4.1775 vermutlich in Franconia Township geboren und starb am 27.10.1867. Sein Grabstein (Familienname dort „Neβ“) steht heute noch in Earlington, Montgomery County, Pennsylvania, USA, Little Zion Lutheran Church Cemetery (www.findagrave.com). Er betrieb, später auch zusammen mit seinem Sohn gleichen Namens (11.12.1814-16.9.1889; www.findagrave.com), die Töpferei im benachbarten Tylersport oder (später?) Upper Salford (Barber 1903, 107 und 136). 1850 verzeichnet ihn der Bevölkerungszensus in Upper Salford eindeutig als „potter“ (Pennsylvania, 1850, federal census, page 326: NARA Series M432, Roll 799). Johann Nees lernte das Handwerk möglicherweise in der Nachbarschaft in Milford township bei David Spinner, dessen Vater Ulrich 1739 aus Zürich zuwanderte (Barber 1903, 127).

In der Töpferei Nees soll es zumindest im Jahr 1851 auch weitere Mitarbeiter gegeben haben, u.a. einen „John Leman“, der seine Töpferlehre in Langnau in der Schweiz gemacht habe (Garvan 1982, 363, 365, ohne weitere Quellenangabe). 1820 und 1840 lebte ein John Lehman zusammen mit sechs weiteren Personen zunächst in der nur etwa 20 km entfernten Upper und dann der Lower Providence Township (die gesuchte Person? Pennsylvania Census 1820, page 175, NARA 1840, page 210, NARA Series M704, Rolls 477-478) während im Census von 1850 weder für Lower Providence noch für Upper Salford Township ein Lehmann nachweisbar ist und sich auch für den Census von 1830 keine Nachweise für den ganzen Montgomery County erbringen lassen.

Johannes Leman lässt sich aufgrund eines undatierten Tellers im Philadelphia Museum of Art (Barber 1903, 177 Abb. 74; Garvan 1982, 182 Kat. 60), auf dessen Rückseite er nach der Fertigung seinen Namen eingekratzt hat, möglicherweise mit einem weiteren Töpfer aus Pennsylvania verbinden: Friedrich/Fredrick Hilde(n)brand/Heltebrand/Heldenbrand (22.3.1797-28.7.1852; genealogischer Nachweis https://www.wikitree.com/wiki/Hildenbrand-42; www.findagrave.com; auch Garvan 1982, 363).

1830 bis 1850 lässt sich Hildebrand ebenfalls in Upper Salford PA nachweisen, wobei er 1850 ausdrücklich als „Potter“ bezeichnet wird (1830 US Census; Census Place: Upper Salford, Montgomery, Pennsylvania; page 191, NARA Series: M19; Roll Number: 154; 1840, page 134, NARA Series M704, Roll Number 477; 1850, page 329, NARA Series M432, Roll 799).

Möglicherweise arbeitete er dort ebenfalls in der Töpferei von Johann Nees (Garvan 1982, 365 ohne weitere Quellenangabe). Dagegen nimmt Barber (Barber 1903, 176) an, dass der in Montgomery PA geborene Hildebrand in dem 10 km entfernten Tylersport PA seine Werkstatt gehabt habe Die Namen seiner Eltern sind unbekannt. Eine Verbindung zwischen den Familien Nees und Hildebrand gab es dann in der nächsten Generation, denn John Nees jr. (11.12.1814-16.9.1889) heiratete 1854 Elmina Hildebrand, die Tochter von Friedrich (https://www.wikitree.com/wiki/Nase-52; ich danke Jeffrey Nase herzlich für seine  Unterstützung).

Barber (1903, 177-178) hielt den oben erwähnten Teller mit dem rückseitig eingeritzten Namen Johanes Leman, zusammen mit einem weiteren Teller, der heute im Brooklyn Museum in New York verwahrt wird (Inv. 77.191.2) für Produkte von Friedrich Hildebrand. Das besondere dieser beiden Teller ist nun die Tatsache, dass sie mit Springfederdekor verziert sind, der den deutschsprachigen Töpfern in Pennsylvania ansonsten fremd zu sein scheint (vgl. die zahlreichen Teller bei Garvan 1982 bzw. Palmer Schwind 1983).

Dazu kommt das beide Teller folgenden Spruch aufweisen:

Ich liebe was fein ist,
wann schon nicht mein ist,
und mir nicht werden kann,
so hab ich doch die Freud daran.

Dieser Spruch findet sich auf Keramik aus Langnau, Kanton Bern (Heege/Kistler 2017) zwischen 1782 und 1797 immerhin neunmal, jedoch z. B. nie auf Keramik der Region Heimberg-Steffisburg (BHM 05934, BHM 24278, RML A017, MAG R175, BHM 06042, MAHN AA-1205, SfGB 052, BHM 05922, BHM 05946). Ein Langnau-Bezug muss also in irgendeiner Form existieren.

Viel wichtiger ist jedoch die Tatsache, dass die Handschrift der Tellerritzung den geritzten Inschriften der Keramik Langnauer Art 2, die oben vorgestellt wurden (vgl. vor allem den Teller von 1817, MKB VI-1436), so ähnlich ist, dass wir an ein und dieselbe ritzende Person, d.h. einen aus der Deutschschweiz in die USA ausgewanderten Töpfer denken müssen.

Leider ist es uns bisher nicht gelungen, die Lebensdaten und den Geburts- oder Wohnort eines Töpfers mit Namen Johannes Lehmann im Kanton Bern zu ermitteln. Wenn wir ihm alle Keramik Langnauer Art 2 zuordnen, so müsste er aufgrund der datierten Stücke um 1809 mit der eigenständigen Produktion begonnen haben und müsste zu diesem Zeitpunkt mindestens 20-25 Jahre alt und vermutlich verheiratet gewesen sein. Vermutlich wurde er also zwischen 1780 und 1790 geboren. Da das letzte datierte Stück aus dem Jahr 1818 stammt, dürfte er relativ bald nach diesem Zeitpunkt ausgewandert sein. Mit der Klima- und Wirtschaftskrise 1816/1817 – 1821 hätte es genug Gründe dafür gegeben.

Neue Zuweisung zu einem Töpfer: Zuckerdose Langnauer Art von Johanes Leman statt von  Johann Nees!

Da für die Füsschendosen mit Perldekor und Spangenwerk gezeigt werden konnte, dass sie von derselben Hand  stammen, wie die beschrifteten Objekte der Keramik Langnauer Art 2, muss auch die von Barber 1903 vorgestellte Dose demselben Hafner bzw. derselben Traditionslinie, d.h. Johanes Leman zugeordnet werden. In welcher Werkstatt Johanes Leman diese fertigte, bleibt dabei zunächst offen.

Eine Absicherung der bisherigen Zuschreibung an die Werkstatt Nees liesse sich aus meiner Sicht nur über Bodenfunde vom Produktionsort erbringen, zumal die übrigen Keramiken der Werkstatt Nees keinen Springfederdekor und eine abweichende Beschriftung aufweisen (Garvan 1982, Kat. 76-100; zahlreiche Objekte im Winterthur Museum in Delaware: Palmer Schwind 1983).

Diese Annahme hat Konsequenzen für die bislang traditionelle Zuschreibung. Eine Zuckerdose aus dem Brooklyn-Museum in New York mit Spangenwerk und Perldekor unterstreicht dies überdeutlich, ist sie auf dem Boden doch ebenfalls signiert mit dem Namenszug „Johannes Leman“. Eine Herstellung in der Werkstatt Nees wird angenommen, demnach hätte Johanes Leman dort gearbeitet (Brooklyn Museum, Inv.  57.75.18). Eine ganz ähnliche Dose wurde im Juli 2017 auf einer Auktion bei Crocker Farm versteigert  (Herkunft: gekauft 1961 auf einer Auktion in Northampton County, PA).  Eine ähnliche Dose verwahrt auch das Metropolitan Museum in New York (Accession Number 34.100.152a, b).

Diesem Stück kann eine weitere Dose aus dem Winterthur Museum in Delaware an die Seite gestellt werden (Palmer Schwind 1983, Fig. 190; Inv. 1960.0621), zu der es eine weitere Parallele im Mercer Museum der Bucks County Historical Society gibt (Inv. 14712: Palmer Schwind 1983, 198).

Foto: Pook & Pook Inc., Downingtown PA (sales cat.), Catalogue for The Pioneer Americana Collection of Dr. and Mrs. Donald A. Shelley, April 20-21, 2007, p. 41, Lot 154 (https://www.pookandpook.com/lot/john-niceattributed-upper-salford-township-mon-3111088)

2007 wurde in den USA sogar eine Füsschendose versteigert, die den typologischen Zusammenhang zu den Stücken aus der Schweiz noch deutlicher werden lässt. In derselben Auktion wurde auch eine einfacher verzierte Zuckerdose verkauft, die in denselben typologischen Zusammenhang gehören dürfte.

Zusammenfassung

Es handelt sich bei der Keramik «Langnauer Art 2» um die Produkte einer Werkstatt, die die neuen Entwicklungen in den Langnauer Werkstätten (Füsschendosen, Farbkörper in der Grundengobe, Perldekor) zeitnah kopierend umsetzte, ohne die Langnauer Qualität auch nur annähernd erreichen zu können. Gleichzeitig wurden mit dem manganvioletten Schwämmeldekor auf dem Tellerrand Dekorelemente aufgenommen, die man ansonsten eher gerne in der Produktion im weiteren Umfeld von Bäriswil suchen würde. Vermutlich befand sich die Werkstatt aber im näheren Langnauer Umfeld. Momentan lässt sich für die Schweiz ein eindeutiger Produktionszeitraum von 1809 bis 1818 sichern.

Möglicherweise handelt es sich bei dem Töpfer um Johannes Lehmann, der anschliessend in die USA auswanderte und in Pennsylvania (Montgomery county) möglicherweise in der Werkstätten von Johannes Nees oder Friedrich Hildebrand in Tylersport oder Upper Salford weiterhin Keramik Langnauer Art fertigte.

Liste der zugeordneten Objekte aus der Schweiz:

BHM 06029
BHM 06190
FMST K043
FWMC C.1908&A-1928
GMW 467
MAG 07304
MAHN AA-1197
MAHN AA-1212
MKB VI-01436
MKW 177
SfGB 174
SNM LM-009184
Privatbesitz (4 Stücke)
Nach der Handschrift erscheint ein Teller mit Abtropfsieb aus dem Schweizerischen Nationalmuseum ebenfalls eng verwandt: SNM LM-003575.

Bibliographie

Barber 1903
Edwin Atlee Barber, Tulip ware of the Pennsylvania-German Potters. An historical Sketch of the Art of Slip-Decoration in the United States (Neuauflage 1970), New York 1903.

Garvan 1982
Beatrice B. Garvan, The Pennsylvania German Collection (Handbooks in American Art 2), Philadelphia 1982.

Heege/Kistler 2017
Andreas Heege/Andreas Kistler, Keramik aus Langnau. Zur Geschichte der bedeutendsten Landhafnerei im Kanton Bern (Schriften des Bernischen Historischen Museums 13), Bern 2017.

Heege/Liesch 2022
Andreas Heege/Andreas Liesch, Ein Emmentaler in Amerika, in: Keramik-Freunde der Schweiz Mitteilungsblatt 136, 2022, 7-32.

Palmer Schwind 1983
Arlene Palmer Schwind, Pennsylvania German Earthenware, in: Scott T. Swank, Arts of the Pennsylvania Germans, New York 1983, 171-199.

Kilchberg-Schooren ZH, Manufaktur Johannes Scheller (1820-1869)

Keramik aus Kilchberg-Schooren in CERAMICA CH

Roland Blaettler und Andreas Heege 2019

Im 19. Jahrhundert gab es am rechten Zürichseeufer nicht weniger als vier Fayencemanu­fakturen: In Kilchberg die Fabrik Nägeli (aktiv im Schooren zwischen 1802 und 1857) und die Fabrik Scheller (aktiv von 1820 bis 1869, zuerst im Böndler und ab 1835 im Schooren), im Kilchberg benachbarten Rüschlikon arbeiteten die Manufaktur von Jakob Fehr von 1832 bis 1866 und jene der Gebrüder Abegg von 1836 bis 1842. Die Produktion dieser Betriebe ist bezüglich Formen und Dekor sehr ähnlich, so dass wir beim Stand unseres Wissens noch immer nicht vollständig in der Lage sind, die Erzeugnisse der verschiedenen Unternehmen klar zu unterscheiden.

 Kilchberg-Schooren, Manufaktur Johannes Scheller

Im Jahr 1820 gründete Johannes Scheller (1775-1846) im «Böndler» in Kilchberg (heute  Alte Landstrasse 203) eine zweite Fayencemanufaktur. Im Jahr 1835 verlegte er sie nach Schooren, Seestrasse 201. Johannes Scheller (1815-1869) übernahm die Leitung der Manufaktur nach dem Tod des Gründers im Jahr 1846 (Frei 1930). Im Jahr 1846 begann er mit der Produktion von Steingut mit Umdruckdekor (auch mit Motiven aus der Schweiz, z. B. RMC H1972.731; RMC H1972.732; RMC H1971.733; RMC H1971.1088) und führte die Fabrik sehr erfolgreich bis in die 1860er-Jahre. 1857 hatte sie 125 Mitarbeiter, um 1860 sollen es sogar 200 gewesen sein. Die Manufaktur beendete ihre Aktivitäten im Jahr 1869 nach einem Konkurs (Matter 2012, 17, 114-115).

Die Produktion (oder nur der Verkauf?) wurde aber in einem unbekannten Umfang noch durch Martin (?) Bodmer zur Arch aus Zürich fortgesetzt. 1873 kauften die Gesellschafter Fehr und Höhn aus Kilchberg den Betrieb und produzierten weiter bis 1874. Danach wurde die Produktion definitiv beendet (Ducret 1951, 180).

Hervorzuheben sind die in Kopien erhaltenen zwei Musterbücher der Manufaktur Scheller. Peter Ducret hat sie 2007 erstmals umfassend publiziert (Ducret 2007). Zumindest eines der Musterbücher kann aufgrund einer Beschriftung in die Zeit vor 1859 datiert werden. Die Musterbücher liefern nicht nur einen Überblick über die vorkommenden Gefässformen sondern geben auch Aufschluss über zeitgenössische Form- und Dekorbezeichnungen. Im undatierten Verzeichnis sind die Objekte in deutscher und französischer Sprache bezeichnet. Das zweite Verzeichnis ist nur in Deutsch gehalten. Im Vergleich mit einem etwa zeitgleichen Musterbuch von Schramberg (Heege 2013) wird die grosse formale Nähe der Schellerschen Produkte  zu Schramberg überdeutlich.

Musterbücher Scheller, Kilchberg-Schooren

Musterbücher Schramberg

Fayencen aus Kilchberg und Rüschlikon

Die grosse Produktion der vier Manufakturen am Zürichsee bietet besonders in Hinblick auf die Unterscheidung ihrer einfachen, fast identischen Grundformen noch viele Probleme. Die komplexeren Formen der Suppenschüsseln zeigen dagegen formale Eigenheiten, die erlauben, sie verschiedenen Fabriken zuzuweisen. So ist es Rudolf Schnyder überzeugend gelungen, typische Formen der zwei wichtigsten Manufakturen Nägeli (HMO 8689; AF Nr. 28) und Scheller zu definieren (AF Nr. 25; AF Nr. 73; HMO 8149) (Schnyder 1990).


Nägeli


Scheller

Diese erste Unterscheidung nach formalen Kriterien erlaubt zwar, die Dekore auf den Erzeugnissen der beiden sich konkurrenzierenden Unternehmen zu vergleichen, nicht aber endgültig dem einen oder andern Betrieb zuzuweisen. Die Dekorfrage bleibt problematisch, weil man weiss, dass die Maler einmal in dieser, einmal in jener Fabrik arbeiteten. Schnyder hat auch auf Formen von Suppenschüsseln hingewiesen, die als Modelle von Fehr oder Abegg in Rüschlikon in Frage kommen; doch sind deren Erzeugnisse seltener und die Zuweisungen noch weitgehend hypothetisch (KMM 225; MBS 1944.93; HMO 8141; SFM 113; SFM 111; SFM 112; AF Nr. 74).

Bei den Fayencen von Kilchberg und Rüschlikon haben wir auf Vergleiche und vertiefte Studien zu jedem Objekt verzichtet. Eine präzisere Zuordnung haben wir nur in Fällen vorgenommen, die klar erscheinen, vermerken aber auch von Rudolf Schnyder gemachte Vorschläge zu Produkten von Rüschlikon. Der Begriff «Kilchberg» bezieht sich auf Stücke, die Nägeli im Schooren oder Scheller im Böndler vor seinem 1835 erfolgten Umzug nach Schooren produzierten. «Kilchberg-Schooren» aber bezeichnet Objekte von Nägeli oder Scheller von nach 1835. Es ist durchaus möglich, dass es unter den hier «Kilchberg» und «Kilchberg-Schooren» zugewiesenen Fayencen auch Exemplare gibt, die, wenn wir einmal klarer sehen sollten, sich dereinst als Erzeugnisse von Rüschlikon erweisen.

Bibliographie

Blaettler/Schnyder 2014
Roland Blaettler/Rudolf Schnyder, CERAMICA CH II: Solothurn (Nationales Inventar der Keramik in den öffentlichen Sammlungen der Schweiz (1500–1950), Sulgen 2014, 42–43

Ducret 1951
Siegfried Ducret, Schoorensteingut des 19. Jh. Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 12, 1951, 175–180.

Ducret 2007
Peter Ducret, Bedrucktes Steingut aus der Manufaktur Scheller in Kilchberg, in: Keramik-Freunde der Schweiz, Mitteilungsblatt Nr. 119/120, 2007.

Frei 1930
Karl Frei, Lebenserinnerungen des Fayencefabrikanten Johannes Scheller von Kilchberg, in: Zürcher Taschenbuch 50, 1930, 157-210.

Heege 2013
Andreas Heege, Ein unbekanntes Musterbuch der ersten königlich württembergischen Steingutmanufaktur Schramberg (Uechtritz&Faist) aus der Zeit nach 1855 in: Harald Siebenmorgen, Blick nach Westen. Keramik in Baden und im Elsass. 45. Internationales Symposium Keramikforschung Badisches Landesmuseum Karlsruhe 24.8.-28.9.2012, Karlsruhe 2013, 107-115.

Matter 2012
Annamaria Matter, Die archäologische Untersuchung in der ehemaligen Porzellanmanufaktur Kilchberg-Schooren. Keramikproduktion am linken Zürichseeufer 1763–1906 (Monographien der Kantonsarchäologie Zürich 43), Zürich 2012.

Schnyder 1990
Rudolf Schnyder, Schweizer Biedermeier-Fayencen, Schooren und Matzendorf. Sammlung Gubi Leemann, Bern 1990.

Kilchberg-Schooren ZH, Manufaktur Nägeli (1802-1858)

Keramik aus Kilchberg-Schooren, Manufaktur Nägeli in CERAMICA CH

Roland Blaettler, Andreas Heege 2019

In Schooren kaufte Matthias Neeracher im Jahr 1792 die alte Fayence- und Porzellanfabrik und widmete sich im Folgenden ausschliesslich der Herstellung von Steingut und Faience. 1802 kam die Manufaktur in die Hände von Hans Jakob Nägeli und im Jahr 1830 ging sie an dessen Sohn Johann Jakob Nägeli über. Vermutlich wurde bereits 1804 die Steingutproduktion wieder eingestellt. 1849 schloss Johann Jakob Nägeli die Fabrik wegen mangelnder Rentabilität. Es folgte eine Übergangsphase unter Louise Nägeli (1849–1858). Diese verkaufte die Fabrik schliesslich an Johann Jakob Staub, der sie bis zu seinem Tod 1897 betrieb. 1907 legten die Erben die Fabrik definitiv still. Die Firmengebäude wurden 1919 zu einem Landsitz umgebaut und 2002 ohne Genehmigung gesprengt (Matter 2012, 14–17).

Fayencen aus Kilchberg und Rüschlikon

Die grosse Produktion der vier Manufakturen am Zürichsee bietet besonders in Hinblick auf die Unterscheidung ihrer einfachen, fast identischen Grundformen noch viele Probleme. Die komplexeren Formen der Suppenschüsseln zeigen dagegen formale Eigenheiten, die erlauben, sie verschiedenen Fabriken zuzuweisen. So ist es Rudolf Schnyder überzeugend gelungen, typische Formen der zwei wichtigsten Manufakturen Nägeli (HMO 8689; AF Nr. 28) und Scheller zu definieren (AF Nr. 25; AF Nr. 73; HMO 8149) (Schnyder 1990).

Nägeli:

Scheller:

Diese erste Unterscheidung nach formalen Kriterien erlaubt zwar, die Dekore auf den Erzeugnissen der beiden sich konkurrenzierenden Unternehmen zu vergleichen, nicht aber endgültig dem einen oder anderen Betrieb zuzuweisen. Die Dekorfrage bleibt problematisch, weil man weiss, dass die Maler einmal in dieser, einmal in jener Fabrik arbeiteten. Schnyder hat auch auf Formen von Suppenschüsseln hingewiesen, die als Modelle von Fehr oder Abegg in Rüschlikon in Frage kommen; doch sind deren Erzeugnisse seltener und die Zuweisungen noch weitgehend hypothetisch (KMM 225; MBS 1944.93; HMO 8141; SFM 113; SFM 111; SFM 112; AF Nr. 74).

Bei den Fayencen von Kilchberg und Rüschlikon haben wir auf Vergleiche und vertiefte Studien zu jedem Objekt verzichtet. Eine präzisere Zuordnung haben wir nur in Fällen vorgenommen, die klar erscheinen, vermerken aber auch von Rudolf Schnyder gemachte Vorschläge zu Produkten von Rüschlikon. Der Begriff «Kilchberg» bezieht sich auf Stücke, die Nägeli im Schooren oder Scheller im Böndler vor seinem 1835 erfolgten Umzug nach Schooren produzierten. «Kilchberg-Schooren» aber bezeichnet Objekte von Nägeli oder Scheller von nach 1835. Es ist durchaus möglich, dass es unter den hier «Kilchberg» und «Kilchberg-Schooren» zugewiesenen Fayencen auch Exemplare gibt, die, wenn wir einmal klarer sehen sollten, sich dereinst als Erzeugnisse von Rüschlikon erweisen.

Bibliographie

Blaettler/Schnyder 2014
Roland Blaettler/Rudolf Schnyder, CERAMICA CH II: Solothurn (Nationales Inventar der Keramik in den öffentlichen Sammlungen der Schweiz (1500–1950), Sulgen 2014, 42–43

Matter 2012
Annamaria Matter, Die archäologische Untersuchung in der ehemaligen Porzellanmanufaktur Kilchberg-Schooren. Keramikproduktion am linken Zürichseeufer 1763–1906 (Monographien der Kantonsarchäologie Zürich 43), Zürich 2012.

Schnyder 1990
Rudolf Schnyder, Schweizer Biedermeier-Fayencen, Schooren und Matzendorf. Sammlung Gubi Leemann, Bern 1990.

 

Kilchberg-Schooren ZH, Manufaktur Neeracher (1792-1802)

Roland Blaettler, Andreas Heege 2019

 Im 19. Jahrhundert gab es am rechten Zürichseeufer nicht weniger als vier Fayencemanu­fakturen: In Kilchberg die Fabrik Nägeli (aktiv im Schooren zwi­schen 1802 und 1857) und die Fabrik Scheller (aktiv von 1820 bis 1869, zuerst im Böndler und ab 1835 im Schooren), im Kilchberg benachbarten Rüschlikon arbeiteten die Manufaktur von Jakob Fehr von 1832 bis 1866 und jene der Gebrüder Abegg von 1836 bis 1842. Die Produktion dieser Betriebe ist bezüglich Formen und Dekor sehr ähnlich, so dass wir beim Stand unseres Wissens noch immer nicht vollständig in der Lage sind, die Erzeugnisse der verschiedenen Unternehmen klar zu unterscheiden.

Kilchberg-Schooren, Manufakturen Neeracher, Nägeli und Staub

In Schooren kaufte Matthias Neeracher im Jahr 1792 die alte Fayence- und Porzellanfabrik und widmete sich im Folgenden ausschliesslich der Herstellung von Steingut und Fayence. 1802 kam die Manufaktur in die Hände von Hans Jakob Nägeli und im Jahr 1830 ging sie an dessen Sohn Johann Jakob Nägeli über. Vermutlich wurde bereits 1804 die Steingutproduktion wieder eingestellt. 1849 schloss Johann Jakob Nägeli die Fabrik wegen mangelnder Rentabilität. Es folgte eine Übergangsphase unter Louise Nägeli (1849–1858). Diese verkaufte die Fabrik schliesslich an Johann Jakob Staub, der sie bis zu seinem Tod 1897 betrieb. 1907 legten die Erben die Fabrik definitiv still. Die Firmengebäude wurden 1919 zu einem Landsitz umgebaut und 2002 ohne Genehmigung gesprengt (Matter 2012, 14–17).

Fayencen aus Kilchberg und Rüschlikon

Die grosse Produktion der vier Manufakturen am Zürichsee bietet besonders in Hinblick auf die Unterscheidung ihrer einfachen, fast identischen Grundformen noch viele Probleme. Die komplexeren Formen der Suppenschüsseln zeigen dagegen formale Eigenheiten, die erlauben, sie verschiedenen Fabriken zuzuweisen. So ist es Rudolf Schnyder überzeugend gelungen, typische Formen der zwei wichtigsten Manufakturen Nägeli (HMO 8689; AF Nr. 28) und Scheller zu definieren (AF Nr. 25; AF Nr. 73; HMO 8149) (Schnyder 1990).


Nägeli


Scheller

Diese erste Unterscheidung nach formalen Kriterien erlaubt zwar, die Dekore auf den Erzeugnissen der beiden sich konkurrenzierenden Unternehmen zu vergleichen, nicht aber endgültig dem einen oder andern Betrieb zuzuweisen. Die Dekorfrage bleibt problematisch, weil man weiss, dass die Maler einmal in dieser, einmal in jener Fabrik arbeiteten. Schnyder hat auch auf Formen von Suppenschüsseln hingewiesen, die als Modelle von Fehr oder Abegg in Rüschlikon in Frage kommen; doch sind deren Erzeugnisse seltener und die Zuweisungen noch weitgehend hypothetisch (KMM 225; MBS 1944.93; HMO 8141; SFM 113; SFM 111; SFM 112; AF Nr. 74).

Bei den Fayencen von Kilchberg und Rüschlikon haben wir auf Vergleiche und vertiefte Studien zu jedem Objekt verzichtet. Eine präzisere Zuordnung haben wir nur in Fällen vorgenommen, die klar erscheinen, vermerken aber auch von Rudolf Schnyder gemachte Vorschläge zu Produkten von Rüschlikon. Der Begriff «Kilchberg» bezieht sich auf Stücke, die Nägeli im Schooren oder Scheller im Böndler vor seinem 1835 erfolgten Umzug nach Schooren produzierten. «Kilchberg-Schooren» aber bezeichnet Objekte von Nägeli oder Scheller von nach 1835. Es ist durchaus möglich, dass es unter den hier «Kilchberg» und «Kilchberg-Schooren» zugewiesenen Fayencen auch Exemplare gibt, die, wenn wir einmal klarer sehen sollten, sich dereinst als Erzeugnisse von Rüschlikon erweisen.

Bibliographie

Blaettler/Schnyder 2014
Roland Blaettler/Rudolf Schnyder, CERAMICA CH II: Solothurn (Nationales Inventar der Keramik in den öffentlichen Sammlungen der Schweiz (1500–1950), Sulgen 2014, 42–43

Matter 2012
Annamaria Matter, Die archäologische Untersuchung in der ehemaligen Porzellanmanufaktur Kilchberg-Schooren. Keramikproduktion am linken Zürichseeufer 1763–1906 (Monographien der Kantonsarchäologie Zürich 43), Zürich 2012.

Schnyder 1990
Rudolf Schnyder, Schweizer Biedermeier-Fayencen, Schooren und Matzendorf. Sammlung Gubi Leemann, Bern 1990.

 

Kilchberg-Schooren ZH, Manufaktur Staub (1858-1906)

Roland Blaettler, Andreas Heege 2019

In Schooren kaufte Matthias Neeracher im Jahr 1792 die alte Fayence- und Porzellanfabrik und widmete sich im Folgenden ausschliesslich der Herstellung von Steingut und Faience. 1802 kam die Manufaktur in die Hände von Hans Jakob Nägeli und im Jahr 1830 ging sie an dessen Sohn Johann Jakob Nägeli über. Vermutlich wurde bereits 1804 die Steingutproduktion wieder eingestellt. 1849 schloss Johann Jakob Nägeli die Fabrik wegen mangelnder Rentabilität. Es folgte eine Übergangsphase unter Louise Nägeli (1849–1858).

Diese verkaufte die Fabrik schliesslich 1858 an Johann Jakob Staub (1825-1897), der sie bis zu seinem Tod 1897 betrieb. In der Spätphase der Fabrik wurde  neben Blumentöpfen vor allem manganglasiertes  Schenk- und Tafelgeschirr hergestellt, das  vermutlich nie gemarkt oder gestempelt war.  Eine seltene Ausnahme ist ein 1896 datierter und  «J:St:» signierter Wandbrunnen nebst Handwaschbecken (MKB VI-4048) nach älteren Zürcher Vorlagen bzw. in der Manufaktur erhaltenen Gipsmodeln (diese heute SNM LM-15331-449; Heege/Kistler 2017/2, Abb. 726). Eine Übersicht über die von Staub produzierten Gefässformen gibt es bis heute nicht, jedoch liefern die Bodenfunde gewisse Anhaltspunkte (Matter 2012, 138, Abb. 159) . Daneben wurden vermutlich auch Kachelöfen hergestellt.

Die Manufakturgebäude auf einer Zeichnung des Jahres 1920.

Zwischen 1897 und Ende 1906 produzierten die Erben von Johann Jacob Staub möglicherweise weiterhin Keramik. Ende 1906 legten sie die Fabrik definitiv still (Bösch 2003, 253 unter Berufung auf Ducret 1951, 176) . Die Firmengebäude wurden 1919 zu einem Landsitz umgebaut und 2002 ohne Genehmigung gesprengt (Matter 2012, 14–17).

Bibliographie

Blaettler/Schnyder 2014
Roland Blaettler/Rudolf Schnyder, CERAMICA CH II: Solothurn (Nationales Inventar der Keramik in den öffentlichen Sammlungen der Schweiz (1500–1950), Sulgen 2014, 42–43.

Ducret 1951
Siegfried Ducret, Schoorensteingut des 19. Jh., in: Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte 12, 1951, 175-180.

Heege/Kistler 2017
Andreas Heege/Andreas Kistler, Keramik aus Langnau. Zur Geschichte der bedeutendsten Landhafnerei im Kanton Bern (Schriften des Bernischen Historischen Museums 13), Bern 2017.

Matter 2012
Annamaria Matter, Die archäologische Untersuchung in der ehemaligen Porzellanmanufaktur Kilchberg-Schooren. Keramikproduktion am linken Zürichseeufer 1763–1906 (Monographien der Kantonsarchäologie Zürich 43), Zürich 2012, bes. 115 und 138.