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Heimberg-Steffisburg BE, Loder-Walder, Bendicht, Hafnerei

Keramikentwurf von Nora Gross, ausgeführt von der Werkstatt Bendicht Loder-Walder, 1905/1906 (Musée Ariana Genf).

Andreas Heege, Andreas Kistler und Jonathan Frey, 2023

Keramik von Bendicht Loder-Walder in CERAMICA CH

Keramik von Bendicht Loder-Walder für Nora Gross in CERAMICA CH

Die Familie Loder mit Heimatort Grossaffoltern BE, hat in der Geschichte der Töpferei im Kanton Bern, in den Orten Heimberg und Steffisburg, im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert eine erhebliche Bedeutung. Zu den wichtigsten Exponenten gehören Karl Loder-Eyer (1871-1915), Bendicht Loder-Walder (1855-1909) und Emil Loder (1890-1971) sowie dessen Sohn Franz Loder (1932-2001) und seine Ehefrau Margret Loder-Rettenmund (1932- ). Für die Familie sind in Steffisburg zwei Töpfereistandorte nachgewiesen (Bernstrasse 206, Alte Bernstrasse 167) und in Heimberg ein Töpfereistandort (Bernstrasse 310).

Im folgenden soll die Geschichte der Hafnerei von Bendicht Loder-Walder (1855-1909) und seinen Kindern dargestellt werden, soweit sie aus den wenigen bekannten Archivalien erhellt werden kann (Stammbaum).

Bendicht Loders Vater Bendicht Loder (1808–1874; Burgerrodel [BR] Grossaffoltern 1, 209) war Gemeindeschreiber in Steffisburg und Lehrer in Niederwichtrach, Wichtrach, Langnau, Affoltern, Hofwil, Röthenbach und Jaberg. Aus der zweiten Ehe von Bendicht Loder mit Anna Barbara Aeschlimann von Langnau (1825–nach1878) gingen 12 Kinder hervor (siehe Stammbaum). Von den sechs Söhnen ergriffen zwei den Beruf des Hafners: Bendicht Loder (1855–1909; BR Grossaffoltern 1, 213) und Johann Loder (1844–1894; BR Grossaffoltern 2, 107). Bendicht Loder war ein Onkel von Karl Loder-Eyer (1871-1915), einem der wichtigsten Steffisburger Hafner der Zeit um 1900.

Wo Bendicht Loder (1855–1909) ausgebildet wurde (bei seinem älteren Bruder Johann; 1844-1894?) und ob er eine Gesellenwanderung absolvierte, wissen wir nicht. Bendicht heiratete spätestens 1881 oder 1882 Anna Elisabeth Walder (1860-1911) aus der Hafnerfamilie Jakob Walder-Kaufmann, Heimberg, Bernstrasse, Parzelle 241. Anna Elisabeth Walder war das uneheliche Kind der unverheirateten  Anna Walder (1826-1913), die die Liegenschaft (ein halbes Haus und umliegenden Hofplatz) zusammen mit ihrem taubstummen Bruder Johannes (1836-1901) beim Tod des Vaters Jakob Walder (1803-1874) geerbt hatte. Es bleibt das Problem, dass in keinem der Handänderungsverträge zum Grundstück Bernstrasse, Parzelle 241 eine Töpferwerkstatt erwähnt wird.  Es muss daher unklar bleiben, ob der Hafner Jakob Walder-Kaufmann auf diesem Grundstück nur wohnte oder auch eine eigene Werkstatt hatte. Alternativ hätte er auch irgendwo in Heimberg eingemietet gewesen sein können, z.B. in eine der beiden Töpfereien der unmittelbar nördlich benachbarten Hafnereiliegenschaft Bernstrasse 310. Es ist denkbar, aber archivalisch nicht belegt, dass die Geschwister Johannes Walder und Anna Walder die Töpferei des Vaters nach 1874 gemeinsam weiterführten und spätestens mit der Hochzeit 1881 oder 1882 auch Bendicht Loder in dieser Werkstatt mitarbeitete. Bei Abwicklung der folgenden Kauf- und Verkaufsgeschäfte 1888 wurde  Bendicht Loder jedenfalls als „Hafner im Heimberg“ bezeichnet. Das Paar Loder-Walder bekam bis zum Jahr 1900 14 Kinder, von denen vier Hafner und vier Ausmacherinnen wurden (Stammbaum).

1888 kaufte Bendicht Loder den halben Hausanteil seiner Schwiegermutter bzw. seiner Ehefrau (Grundbuch Steffisburg [GBSteff], 51, 734-736) und verkaufte ihn unmittelbar anschliessend, vermutlich um damit Geldmittel flüssig zu machen, die er für den Kauf der grösseren Hafnereiliegenschaft mit zwei Werkstätten, Heimberg, Bernstrasse 310, im Jahr 1888 einsetzen konnte (GBSteff 51, 717-719). In diesem schon vor 1796 existierenden Gebäude bestand schon vor 1815 eine Werkstatt des Hafners Peter Gerber, der nach 1846-Jahren in die USA auswanderte. 1833 wurde das Gebäude nach Westen erweitert (Frey 2022) und vermutlich die zweite Hafnerwerkstatt eingebaut, die 1846 als „neue Hafnerwerkstatt“ erwähnt wird (GBSteff 21, 381-385). Vor Bendicht Loder hatte hier zwischen 1858 und 1880 der Hafner Christian Haueter gearbeitet (Stammbaum Haueter). Von 1880-1888 dürften die zwei Werkstätten durch Haueters Witwe Elisabeth Haueter-Flückiger und ihren zweiten Ehemann Andreas Spahr vermietet gewesen sein. Die Liegenschaft umfasste beim Verkauf ein Wohnhaus mit zwei Hafnerwerkstätten und Scheune, „in Mauer, Rieg und Holz erbaut & mit Ziegeln gedeckt“. Dazu gehörte der Gebäudeplatz und beiliegende Wiesen und Ackerland im Umfang von 9379 Quadratmetern. Die Brandversicherungssumme betrug 10.300 Fr., die Grundsteuerschatzung 12.330 Fr. Der Verkaufspreis betrug 13.500 Fr. Hiervon bezahlte Bendicht Loder 2587 Fr. bar, es blieb also ein erheblicher Schuldbetrag von 10.913 Fr. übrig, der mit 4% zu verzinsen war und binnen 5 Jahren getilgt werden sollte. Der spätere Erbgang im Jahr 1916 (s.u.) zeigt jedoch, dass in diesem Jahr immer noch 8.930 Fr. Schulden die Liegenschaft belasteten (GBThun Bel I 3401).

Wilhelm Tell und sein Sohn Walter, Skulpturen an der Fassade der Töpferei von Bendicht Loder-Walder, Steffisburg.

Laut Aussagen des Verkäufers im Jahr 1960 (vgl. Jahrbuch Schloss Thun 1960, 23) wurde die Figur des Wilhelm Tell «1864 von dem aus dem Aargau zugewanderten Hafner K. Bercher» gefertigt. Sie stand angeblich als «Handwerkszeichen» zusammen mit dem Tellenknaben Walterli «in der Ründe der alten Töpferei» Bernstrasse 310. Während die Lokalisierung korrekt durch andere Zeugenaussagen bestätigt werden kann, gilt dies nicht für die Datierung und die Zuschreibung an den angeblich zugewanderten Töpfergesellen Karl Bercher. Karl Bercher wurde in Heimberg geboren und lebte von 1879 bis 1943. Er war der Sohn des Hafners Gottlieb Bercher (1837-1904) aus Reckingen AG, der 1859-1866 zunächst als Geselle bei Johann Fahrni und Niklaus Frei in Heimberg arbeitete und sich dann dort fest niederlies. Von 1880-1897 besass er die von ihm neu erbaute Töpferei Heimberg, Dornhaldestr. 33. Karl Bercher arbeitete ebenfalls als Hafner, wir wissen jedoch nicht, in welcher Töpferei. Stammt die Figur wirklich von Karl Bercher, so müsste sie wohl um 1900 datieren, stammt sie hingegen von seinem Vater Gottlieb, dann wäre eine Datierung in die Zeit 1860-1880 wahrscheinlicher. Das Problem von Datierung und Produzent kann nachträglich nicht gelöst werden.

Nach dem Kauf hatte der Betrieb offenbar genug Arbeit, denn im Mai 1891 suchte Bendicht Loder-Walder in der Zeitung „Der Grütlianer“ einen Scheibenarbeiter, also einen Dreher. Sein Betrieb wurde aus unbekannten Gründen zu keinem Zeitpunkt im Schweizerischen Handelsamtsblatt erwähnt.

1. Bernisch-Kantonale Industrie-, Gewerbe- und Landwirtschaftsausstellung, Thun 1899, Stand des Industrievereins Heimberg.

1899 beteiligte er sich an der Kollektivausstellung des Industrievereins Heimberg auf der Gewerbeausstellung in Thun. Das im Ausstellungsführer gedruckte Standfoto belegt, dass er zusammen mit den Hafnern Fritz Frank-Mäder, Christian Frank-Jenny, Friedrich Hänni-Kratzer, Charles Loder-Eyer, Jakob Reusser, Jakob Schenk, Gottfried Tschanz, Ernst Wittmeier offenbar durchweg im Stil der „Thuner Majolika“ arbeitete, die damals beim bernischen Publikum und den Touristen immer noch en vogue war. Der ebenfalls ausstellende Eugen Rorschach (Bern) war Zeichenlehrer und Zeichner am Gewerbemuseum in Bern, er zeigte „Entwürfe zur Bemalung keramischer Gegenstände“ (Offizieller Ausstellungskatalog 1899, 25).

Bericht im Täglichen Anzeiger für Thun und das Berner Oberland 11. August 1899. Auch Der Bund, Band 50, Nummer 221, 10. August 1899 Ausgabe 02, berichtete über die Prämierungen.

Der Industrieverein erhielt eine silberne Medaille. Es gibt keine Hinweise, dass Bendicht Loder-Walder zu diesem Zeitpunkt seine Produkte signierte oder markte. Vermutlich waren die genannten Hafner auch die Hauptlieferanten für das Musée Céramique in Thun, allerdings stellte dessen Besitzer L. Hahn, 1899 ebenfalls aus und erhielt eine Goldmedaille.

Die Ausstellung wurde im Täglichen Anzeiger für Thun und das Berner Oberland vom 19. August 1899 sehr positiv besprochen.

Geschäftsblatt für den obern Teil des Kantons Bern 20. Dezember 1902 Ausgabe 03.

1902 beteiligte sich Bendicht Loder-Walder an der Weihnachtsausstellung des Gewerbemuseums und wurde dabei von Direktor Blom lobend erwähnt.

Geschäftsblatt für den obern Teil des Kantons Bern 8. April 1903 Ausgabe 02

1902/1903 Bendicht Loder-Walter beteiligte sich neben Karl Loder-Eyer ebenfalls erfolgreich an der II. Preisausschreibung des Kantonalen Gewerbemuseums für Arbeiten in gebranntem Ton (Majolika) im Dezember 1902. Zwar gewann die Manufaktur Wanzenried immer noch in einigen Kategorien die ersten Preise, aber Karl Loder stand mit seiner Produktion offenbar auf einem vergleichbaren Niveau. Bendicht Loder-Walter erhielt einen dritten Preis und das Musée Céramique unter L. Hahn eine Ehrenmeldung (Geschäftsblatt für den oberen Teil des Kantons Bern 50, Nr. 28, 1.4.1903). Am 11. April 1903 gratulierte auch der Tägliche Anzeiger für Thun und das Berner Oberland (Band 27, Nummer 86) zu den gewonnenen Preisen.

1903 Paul Wyss, Kunstgewerbelehrer am Gewerbemuseum in Bern, arbeitete als Entwerfer für Bendicht Loder-Walder (Messerli-Bolliger 1991, 76, Anm. 467).

Geschäftsblatt für den obern Teil des Kantons Bern 26. März 1904

1904 erfahren wir, dass Karl Bendicht Loder (1884-1909) und seine Schwester Anna Elise (1886-1908) in der väterlichen Werkstatt als Lehrlinge ausgebildet worden waren und die offizielle Lehrlingsprüfung bestanden hatten.

Karl Bendicht Loder (1884-1909), Foto im Firmennachlass der Luzerner Keramik im Staatsarchiv Luzern.

Auf Karl Bendicht Loder (1884-1909) ruhten offenbar alle Zukunftshoffnungen des Vaters. Karl Bendicht  beantragte am 2. November 1904 beim Regierungsrat des Kantons Bern ein Ausbildungsstipendium für die Kunstgewerbeschule in Bern, da es in Heimberg vor allem an Fortbildungsmöglichkeiten im Zeichnen und Modellieren mangele. Der Gemeinderat von Heimberg unterstützte sein Gesuch. Paul Wyss schrieb am 3. Dezember 1904 eine Begutachtung „Anlässlich meiner regelmässigen Werkstattvisiten in Heimberg lernte ich den Steller des vorliegenden Gesuches näher kennen. meiner Überzeugung nach ist Karl Loder ein äusserst fleissiger und solider Jüngling mit hellem Kopf + praktischem Sinn. Seine Versuche im Modellieren zeigen jedenfalls ein gutes Auffassungsvermögen und + gute Erfindungsgabe + es ist somit ziemlich sichere Gewähr dafür geboten, das er bei sachgemässer Ausbildung eine tüchtige Kraft werden wird.“

Am 30. Dezember 1904 wurde seinem Gesuch vom Regierungsrat des Inneren stattgegeben (Urkunde vom 7.1.1905) und er erhielt 300 Fr. für den Besuch der bernischen Handwerker- und Kunstgewerbeschule im Jahr 1905. Er begann den Schulunterricht im März 1905. Dieses Stipendium wurde am 24. Januar 1906 noch um ein weiteres Jahr bis  1907 verlängert. Allerdings war sein Gesundheitszustand im Winter 1906/1907 so geschwächt, dass er die Schule nicht besuchen und sich zur Kur nach Heiligenschwendi (Volksheilstätte für unbemittelte Tuberkulosekranke) begeben musste  (Korrespondenz im Firmennachlass der Luzerner Keramik im Staatsarchiv Luzern).

Die Krankheit war so gravierend, dass Karl Bendicht bereits im Januar 1909, d.h. noch vor seinem Vater starb.

1904 Vermutlich begann in diesem Jahr oder schon im Jahr 1903 die fruchtbare Zusammenarbeit von Bendicht Loder-Walder mit der Keramikdesignerin Nora Gross aus Lausanne, die vorher mit der Töpferei Veuve Knecht et fils in Colovrex (GE) gearbeitet hatte und dort unzufrieden war. Es ist diese Zusammenarbeit mit einer herausragenden und modernen Keramikdesignerin, die Loder-Walder für einen kurzen Zeitraum von etwa 5 Jahren unter den Heimberg-Steffisburger Hafnern besonders hervorhebt.

In einem Artikel in der NZZ vom 20. November 1906 berichtet der unbekannte Redakteur über eine Reise nach Heimberg im August 1904 und beschreibt seine Suche nach dem Hafner und der Werkstatt, die die „moderne Keramik“ herstellte. Nachdem er zunächst zwei Werkstätten besucht hatte, die einerseits Thuner Majolika mit Edelweissmotiven und andererseits modernere Schlickermalereien fertigten, wie man sie „an einem Stand unter den  Bögen am Limmatquai kaufen kann“(Hafnerei Wächter-Reusser), kam er schliesslich zur Werkstatt Loder-Walder. „Es wurde vor diesem Hause gerade ein prächtiger Erntewagen abgeladen, der alle verfügbaren Hände in Anspruch nahm. Wir wurden deshalb nicht sehr freundlich aufgenommen; erst als der Mann allmählich merkte, dass wir uns für seine Sachen interessierten, wurde er gesprächig und holte allmählich eines um das andere von den hübschen Mustern der Fräulein Gross von den Schäften herunter und erzählte von seinen Bestellungen aus Interlaken und von seinen Sendungen nach Berlin. Wir unterhielten uns so gut, dass wir fast zu spät zur Bahn kamen, schwer beladen mit Heimberger Geschirr. Dies alles ist uns wieder frisch ins Gedächtnis getreten, als wir diese Keramiken [im Dezember 1906] in der Kunsthandlung Weil an der Bahnhofstrasse [in Zürich] ausgestellt sahen. Sie werden hoffentlich einen guten Absatz hier finden, handelt es sich doch um echtes Schweizerfabrikat und gesunde Heimkunst.“

Bericht über die Ausstellung im Kunstgewerbemuseum in Bern im «Geschäftsblatt für den oberen Teil des Kantons Bern – 52, Nr. 36, vom 6.5.1905.

Bendicht Loder-Walder, Heimberg, nach einer Skizze von Nora Gross, 1905 (MHL Nr. 14).

Weitere, gradezu euphorische Erwähnungen der neuen keramischen Kreationen stammen aus dem Mai des Jahres 1905, als sie mit grossem Erfolg in einer Ausstellung des Kantonalen Kunstgewerbemuseums in Bern präsentiert wurden (Le Nouvelliste vaudois vom 3. Mai 1905, 2 – Gazette de Lausanne vom 13. Mai 1905, 3 und 5). Am Rande sei bemerkt, dass der Bericht in Le Nouvelliste eine Erklärung für den Bruch zwischen Gross und der Firma Knecht liefert: «Fräulein Gross hatte zuerst unter den Töpfern von Ferney [der Ortsfehler erklärt sich dadurch, dass die Töpferei Knecht in Ferney-Voltaire eine zweite Werkstatt betrieb] nach dem Handwerker gesucht, der ihre Kreationen herstellen konnte, aber die Vorurteile, auf die sie stiess, hatten den glücklichen Effekt, dass sie schweizweit nach dem Mitarbeiter suchte, den sie brauchte. Sie fand ihn in Heimberg.»

     

Keramik von Bendicht Loder-Walder und Nora Gross in der Sammlung des Historischen Museums von Lausanne.

Die überwiegende Mehrheit der von Loder-Walder für Nora Gross hergestellten Keramiken trägt eine eingeritzte Marke «BL (oder BLW) – Nora Gross» und eine geritzte Formnummer. Fünf Stücke befinden sich in der Sammlung des Historischen Museums von Lausanne (MHL Nr. 14; MHL Nr. 17; MHL Nr. 18; MHL Nr. 25; MHL Nr. 26). Drei Keramiken befinden sich in der Schule für Gestaltung Biel und Bern.

Im Schweizerischen Landesmuseum in Zürich finden sich drei Vasen von Nora Gross und Bendicht Loder-Walder (SNM LM-70629, SNM LM-70630, SNM LM-149623).

Das Musée Ariana bewahrt 15 Exemplare dieser Kategorie, die 1905 und 1906 vom ehemaligen Kunstgewerbemuseum in Genf erworben wurden (siehe Ball 1988 Kat. Nr. 2, 5, 7, 8, 10, 11, 14-16, 18-20, 23-26).

Darunter befinden sich auch zwei sehr dekorativ bemalte Teller.

Fünf zusätzliche Beispiele finden sich auch in der Sammlung des Gymnasiums Lerbermatt in Köniz. Leider haben wir keine Ahnung, wann diese Stücke in die Sammlungen der vorherigen Institution, des Staatlichen Seminars Bern – Lerbermatt, gelangt sind. Wir stellen fest, dass sich die Signaturen von denen der vorherigen Gruppe unterscheiden, den Grund dafür können wir nicht angeben.

   

 

 

Sammlung des Gymnasiums Lerbermatt in Köniz.

Mit Bendicht Loder entwickelte Gross eine deutlich feiner ausgearbeitete Produktlinie, vor allem in Bezug auf die Farbe. Die engobierten Dekore sind mit farbigen Glasuren überzogen, die einen schönen Farbreichtum aufweisen und zudem im Laufdekor hervorgehoben sind.

Die von Loder-Walder hergestellten Keramiken tragen eine eingravierte Marke «BL (oder BLW) – Nora Gross» und eine eingeprägte oder eingeritzte Formnummer. Private Sammlung.

Das Kunstgewerbemuseum in Zürich bewahrt eine weitere Vase aus dieser Zeit (ZHdK-KGS-08457).

Das Historische Museum in Lausanne und die Schule für Gestaltung in Bern besitzen ein ungewöhnliches Milchkännchen mit „Johannisbeerdekor“.

Im Herbst 1905 wurde eine grosse Verkaufsausstellung sowohl im Grand Bazar in Neuenburg als auch im «Maison d’Art» in Genf organisiert (La Suisse Libérale 42, Nr. 267, 14. November 1905 und 42, Nr. 296, 17. Dezember 1905).

1905 Anlässlich der Weihnachtsausstellung des Kunstgewerbemuseums in Bern wird Bendicht Loder-Walders Beteiligung an der grossen „Pyramide von Thuner Majolica“ erwähnt (Täglicher Anzeiger für Thun, 29, Nr. 287, 3. Dezember 1905 und Nr. 300, 19. Dezember 1905). Dabei arbeitete er in diesem Fall mit Karl Loder-Eyer und mit Gottfried Beutter aus Thun zusammen, der kurz vorher das Musée Céramique übernommen hatte.

Im Juni 1906 fand im La Grenette in Lausanne die «2. Ausstellung der Malerinnen der französischen Schweiz» statt. Auch Nora Gross nahm mit ihren «hübschen Vasen» teil (La Suisse Libérale 43, Nr. 132, 10. Juni 1906). Im Juli 1906 werden ihre Keramiken in Fribourg im Schaufenster von Georges Clément in der Grand-Rue ausgestellt. Sie werden bewundert und detailliert beschrieben (La Liberté, 36, Nr. 156, 11. Juli 1906).

1906 bekommen wir aus der Feder des Thuner Stadtarchivars Karl Huber (Huber 1906) eine eindrückliche Würdigung der Arbeiten Loder-Walders:

«Zu einem Kunsthafner möchte ich Sie noch führen. Es ist Bendicht Loder-Walder bei der Station Steffisburg. Dem bescheidenen Manne hat sein Beruf gesundheitlich hart zugesetzt, aber wie wenig lässt er von seinem Leiden merken, wenn er auf seine geliebte Kunst zu sprechen kommt und uns auf dem Gang zu den schönen Erzeugnissen seiner neuen Versuche begleitet. Dem Praktikus stehen feinsinnige Künstler wie Prof. Huttenlocher in Bern und Frl. Gross in Lausanne zur Seite. Nach ihren originellen Zeichnungen und denen seiner begabten Tochter Anna schafft er prächtige Gefässe aller in Thun bekannten Formen und Wandteller, die er mit einer eigenen glanzvollen Glasur überzieht, deren Zusammensetzung noch sein Geheimnis ist. Die Farben Grau, Braun und Blau wiegen dabei vor. Durch Loders eigenartige Glasur erscheinen die Zeichnungen so weich und traumhaft zart, dass die Wirkung eine verblüffende ist. Die nach Grossschen Zeichnungen aufgetragenen Dekorationen stellen Fische, Coniferenfrüchte, Fruchtgehänge, Vögel, Blumen, wie Disteln und Rosen u.a., dar. Durch ein anderes verfahren, die sogenannte Ueberlaufglasur, werden phantastische Farbenwirkungen erzielt, die eine schöne Zukunft versprechen. Auf schönem Gebrauchsgeschirr sahen wir Alphornbläser und andere Figuren aus dem Alpenleben nach neuestem Verfahren mit dem Pinsel und dünnen Farben aufgetragen. Soviel wir wissen, werden die Loder-Walderschen Erzeugnisse vorzugsweise im Magazin von Frl. Gross in Lausanne verkauft. Benedikt Loders versuche erstreckten sich auch auf die Fabrikation eines solideren Gebrauchsgeschirrs. Dadurch, dass er farbige Glasuren verwendet und das Auftragen von Farben zwischen Ton und Glasur ausgeschaltet hat, ist es ihm gelungen ein schönes, solides Produkt zu erzielen, das jeden Vergleich mit dem durch seine Solidität bekannten Schaffhausergeschirr aushält» (Huber 1906, 295-296)

Im November 1906 wurde ein Teil Ihrer Produktion auch in der Kunsthandlung Weil an der Bahnhofstrasse in Zürich ausgestellt und von der NZZ (Neue Zürcher Zeitung, Archiv) vom 20. November 1906 sehr wohlwollend aufgenommen.

Ihre Produkte wurden 1906 auch in Basel gelobt und verkauft (Illustrierte Schweizerische Handwerker-Zeitung Nr. 38, 20.12.1906, 613).

Paul Wyss lobte 1906 : „Was für schöne Resultate schließlich Loder-Walder mit seinen Glasuren fertig gebracht hat, ist wohl allen bekannt. Er ist nicht der Begütertsten einer und hat doch in Erkenntnis, dass etwas gehen musste, und wenn der Verdienst wieder besser werden sollte, Zeit und Material geopfert, lange Zeit Versuche angestellt und nun gönnen wir ihm gewiss alle seinen schönen Erfolg. Er mag nun ein Beleg dafür sein, dass ohne Probieren und Riskieren halt nichts erreicht werden kann, dass aber, wo mit Verstand und offenen Augen Proben angestellt werden, bald und ohne übermässige Opfer neue Arten gefunden werden können, welche besseren Verdienst bringen.“

Nora Gross von Loder-Walder gefertigte Vasen entsprechen so ganz den Vorstellungen, die Paul Wyss vom „Neuen Stil“ der Keramik hatte:  „Harmonistische Stimmung will den ganzen Effekt der Vase einheitlich machen. Die Vase soll im wesentlichen ein großer, schöner und glänzender Glasurfleck sein, welcher den Blumenstrauß in seiner Wirkung unterstützt, ungefähr wie der Rahmen das Bild an der Wand. Wir verlangen also eine gewisse Ruhe in der Behandlung der Vase und eine einheitliche Wirkung, nicht hier ein grell roter Fleck, daneben ein weißer, ein blauer, ein grüner etc., sondern die Vase soll den Gesamteindruck machen von grün, oder blau, oder rot, etc. Das erreichen wir theoretisch dadurch, dass wir einen Zentralton wählen im Farbenkreis und nun am Dekor nur die nächst benachbarten Töne brauchen; einer Abweichung nach links, entspricht eine gleichgroße nach rechts, so dass der erstgewählte Ton stets im Mittelpunkt bleibt. Praktisch macht es sich so, dass über die aufgesetzten Farben nun eine einheitlich gefärbte, aber durchsichtige Glasur kommt, sei diese Überglasur z. B. blau, so scheint das Rot durch sie hindurch violett, und das Grün blaugrün; über allem liegt ein blauer Schleier, und so erhalten wir die gewünschte einheitliche Wirkung in Blau“ (Wyss 1906, 20).  Durch die intensive Zusammenarbeit mit den Töpfern Bendicht Loder-Walder und später Christian Frank-Jenny (1865-1950) gelang es Gross, mit ihren charakteristischen Entwürfen den internationalen Reformgedanken des „modernen Stiles“ nach Heimberg zu tragen (Messerli 2009, 68 und Ball-Spiess 1987).

1907 An der Weihnachtsausstellung des Kantonalen Kunstgewerbemuseums Bern war Bendicht Loder-Walder, Heimberg, neben Karl Loder-Eyer, Steffisburg mit einer Kollektion Majolika vertreten. Ausserdem stellte die Töpfergenossenschaft Steffisburg aus (Kollektion Majolika).

Keramiken von Bendicht Loder-Walder und Nora Gross in der Weihnachtsausstellung des Kunstgewerbemuseums Bern 1907 (Jahresbericht 1907 des Kantonalen Kunstgewerbemuseums Bern).

Über die Objekte der Weihnachtsausstellung des Kunstgewerbemuseums Bern 1907 informiert eine Fototafel im Jahresbericht des Direktors Oscar Blom (1908). Formen und Dekore gehen klar auf Nora Gross zurück.

Anzeige 1907

Winter-Spezialausgabe des Illustrierten Fremdenblattes von Thun und Umgebung vom 21.9.1907 (Signatur: Stadtarchiv Thun 7/2 AN 5.2).

In der Winter-Spezialausgabe des Illustrierten Fremdenblattes von Thun und Umgebung vom 21.9.1907 findet sich eine Anzeige von Bendicht Loder-Walder, in der er als Spezialität „Modernes Majolika“ anpreist zugleich aber darauf hinweist, dass er [Thuner] Majolika und gewöhnliche Töpferware herstellt.

Von diesen „klassischen“ Produkten der Werkstatt sind aus unbekannten Gründen nur sehr wenige bekannt. Möglicherweise wurden sie in der Werkstatt Loder-Walder normalerweise nicht gemarkt.

 

Der Bund, Band 59, Nummer 148, 27. März 1908 Ausgabe 02

Keramik von Adèle Schwander und Bendicht Loder-Walder in der Sammlung Stiftung Schloss Thun.

Schüssel mit Grifflappen nach Langnauer Vorbild, gestaltet von Adèle Schwander, ausgeführt von Bendicht Loder-Walder, 1908. Privatbesitz Schweiz, Foto Christoph Messerli (Messerli 2009, Abb. 80). 

1908 Der BUND berichtete im März 1908 über eine Sonderausstellung im Gewerbemuseum in Bern, auf der Keramiken von Adèle Luise Schwander (1880-1949) und Bendicht Loder-Walder gezeigt wurden. Wie lange diese Zusammenarbeit gedauert hat, ist unbekannt.

Nach dem Tod von Bendicht Loder (21.11.1909) ging die Liegenschaft und Werkstatt Bernstrasse 310 an seine Witwe über und als diese am 13.7.1911 ebenfalls starb, gelangte der Besitz an die neun zu diesem Zeitpunkt noch lebenden Kinder.

Diese liessen sich die Erbschaft erst 1916 im Grundbuch eintragen (GBThun Bel I 3401, GBThun Bel I 3402). Zu diesem Zeitpunkt wird Ernst Hans Loder (1882-1958) als Hafner in Heimberg bezeichnet. Friedrich Loder (1890-1958) war Hafner in Biel, seine beiden Schwestern Marie Martha Loder (1892-1917) und Marie Frieda Loder (1893-1917) waren Malerinnen/Ausmacherinnen in Heimberg. Gleiches gilt wohl auch für Mina Bertha Loder (1894-1919), die 1916 noch als Haushälterin bezeichnet wird. Eduard Rudolf Loder (1896-1971) wurde schon 1916 als „Laboratorium Arbeiter“ bezeichnet. Die drei übrigen Kinder waren noch minderjährig.

Der Tod von Bendicht Loder-Walder im November 1909 bedeutet nicht das Ende der Produktion der von Nora Gross entworfenen Formen und Dekore, da die Werkstatt weiterhin bestand und wohl auch dieselben Keramikmalerinnen tätig waren. Ein Hinweis in diese Richtung dürfte eine 1911 durchgeführte Ausstellung der Société des peintres et sculpteurs suisses, der Gesellschaft Schweizerischer Maler und Bildhauer, im Kunsthaus in Zürich sein. Die ausgestellten Keramiken von Nora Gross wurden von Albert Baur, Chefredakteur der Zeitschrift Wissen und Leben  (Schweizer Monatsschrift für allgemeine Kultur, Bd. 8, 1911, 160), als «interessante keramische Arbeiten» hervorgehoben. Auch die NZZ berichtete mit Hinweis auf die Fertigung durch Loder-Walder über diese Ausstellung (9.4.1911, 20.4.1911, 29.4.1911). Die Annahme der kontinuierlichen Produktion wird auch durch Bemerkungen von Paul Wyss (1914, 150) unterstützt. An der Berner Landesausstellung 1914 wurden in der 23. Gruppe: Keramische und Glaswaren einige Exponate von Loder-Walder nach Entwürfen von Nora Gross gezeigt. Ein Vermerk im Ausstellerverzeichnis belegt, dass die keramischen Entwürfe von Nora Gross jeweils von Ausmacherinnen der Werkstatt Loder-Walder umgesetzt wurden. Interessant erscheint dabei, dass Loder-Walders neue Kollektion gleichwohl noch als Majoliken bezeichnet wurde: „Gebrüder Loder, Töpferei, Heimberg. Fabrikation von Majolika unter künstlerischer Mitarbeit von Frau Nora Gross, Lausanne. Anfertigung nach Entwürfen in prompter Ausführung.“ (zitiert nach Messerli 2009, 70). Der Fachbericht zur Landesausstellung (Band VI zu Gruppe 23, S. 73) kritisiert in diesem Zusammenhang: „Gebrüder Loder, Heimberg, brachten Töpfereien nach Entwurf von Frau Nora Gross, Lausanne. Es begegnete uns wenig Neues, das Meiste war uns bekannt von früheren, von der Künstlerin veranstalteten kleineren kunstgewerblichen Ausstellungen“.

Keramik- und Textilstand im Dörfli-Bazar auf der Landesausstellung in Bern 1914 (nach Conradin 1914, 99).

1914 beteiligten sich die „Gebrüder“ Loder nicht nur an der Landesausstellung in Bern sondern waren auch Lieferanten für den Bazar im „Dörfli“.

1914 Auf der Landesausstellung in Bern erhielten die Gebrüder Loder eine Bronzemedaille (Oberländertagblatt_38_Nr. 263, 10.11.1914). Was genau prämiert wurde, bleibt jedoch unklar. Der BUND (Band 65, Nummer 477, 9. Oktober 1914 Ausgabe 02) berichtete:
„Schweizerische Landesausstellung. Keramische und Glaswaren.  Freudig erstaunt der Besucher der keramischen Abteilung der Landesausstellung über die schmucke Reichhaltigkeit an Formen, Farben und Zeichnungen der in dieser Halle ausgestellten Glas-, Porzellan- und Töpferwaren. Der Schweizerboden schafft fast unerschöpfliche Mengen von Ton-Rohmaterialien, so daß die Töpferei in unserem Lande eine ansehnliche Zahl von Vertretern hat, deren höchstes Streben darauf hinzielt, ausgezeichnete praktische Töpferwaren herzustellen, besonders auch antike Formen neu zu gestalten und ihnen den Stempel unserer Zeit aufzuprägen, die ja auch wieder nach möglichster Einfachheit und Größe der Umrißlinien, nach möglichster Harmonie zwischen Form und Farbe im Ausdruck des Ganzen trachtet. Alle die einst beliebten schnörkeligen Rokoko-Lieblichkeiten auf Tellern, Töpfen, Krügen und Schalen sind dem schlicht-ernsten, großen Zuge der Moderne gewichen. Daher mutet uns heutige Menschen zum Beispiel das mit schweren, reliefartig erhöhten Blumen- und Rankenzeichnungen bedeckte Majolikageschirr fast wie ein Gruß aus einer fremd gewordenen Vergangenheit an und will uns beinahe nur noch wie etwas aus alter, ehrwürdig-völkischer Zeit Ueberkommenes bedünken. Weltbekannt ist ja die Thuner Majolika, die durch ihre farbige Dekoration ungemein urwüchsig und volkstümlich-kraftvoll erscheint. Die Majolikafabriken von Steffisburg, Heimberg und Thun haben denn auch höchst Originelles und Vorzügliches ausgestellt. (K. Loder-Eyer, Gebr. Loder, E. Lengacher).“ Die Zeitungsberichte des Jahres 1914 bilden die einzige  Erwähnung der „Gebrüder Loder“.

1916 erfuhr die Zusammenarbeit von Bendicht Loder-Walder und Nora Gross eine grössere Würdigung, als Elisabeth Gött-Strasser in der Publikation „Die kunstgewerbliche Arbeit der Frau in der Schweiz“ (Anner 1916) die Keramik besprach.

1920 Friedrich „Fritz“ Loder, der jüngere Bruder von Ernst Hans Loder kehrte 1920 nach Steffisburg zurück (er arbeitete 1916 als Hafner in Biel) und arbeitete ab diesem Zeitpunkt zunächst bei Loder & Schweizer und ab 1925 bis zu seinem Tod 1958 bei Adolf Schweizer (Nachruf: Oberländer Tagblatt, Band 82, Nummer 230, 2.10.1958).

1922 erwarb Ernst Hans Loder die gesamte Liegenschaft Bernstrasse 310 von seinen Geschwistern und produzierte ab diesem Zeitpunkt wohl allein Alltagswaren und späte Thuner Majoliken („Chrutmuster“?). Sein Betrieb erschien nicht mehr in der Presse. 1932 führte der Konkurs Loders zum Verkauf der Liegenschaft an den Fabrikarbeiter Rudolf Amstutz, der keine Verwendung für die beiden Töpferöfen hatte.

Links: Heimberg, Bernstrasse 310. Der stehende Töpferofen (70) nach seiner Freilegung. Im Vordergrund der Aussenmantel des Ofens, dahinter der vertiefte Boden des Feuerungsraums. Links im Bild das Lochtennengewölbe mit Resten des Lochtennenbodens. Die Wandungen des Feuerungsraums sind stark oberflächenverglast. Im Hintergrund die Arbeitsgrube von Ofen (10). Foto Archäologischer Dienst des Kantons Bern, Marco Amstutz.

Rechts: Heimberg, Bernstrasse 310. Übersicht über das Grabungsareal mit den beiden Töpferöfen und der Nordmauer des 1805 erstellten Hauses. Foto Beat Straubhaar, Heimberger Dorfbote.

Im Juni 2021 wurde das seit Langem leerstehende und zum Teil auch baufällige Haus im Hinblick auf ein Neubauprojekt abgebrochen, nachdem das Haus bereits 2019 Gegenstand einer Bauuntersuchung des Archäologischen Dienstes des Kantons Bern war (Frey 2022).

Heimberg, Bernstrasse 310. Auswahl von Funden am Tag der offenen Grabung. Foto Beat Straubhaar, Heimberger Dorfbote.

Die Reste der beiden Töpferöfen konnten dokumentiert und ihre Aufgabeverfüllungen geborgen werden. Eine Aufarbeitung der archäologischen Funde wäre sehr erwünscht.

Dank

Herzlichen Dank für Unterstützung geht an Maya Hürlimann-Zumbrunn, Sachbearbeiterin, Stadt ThunStadtkanzlei/Stadtarchiv, an Jonathan Frey, Bern, Andreas Kistler, Bäriswil, Andreas Liesch, Stierva, Margret Loder-Rettenmund, Ebikon, Beat Straubhaar, Heimberg.

Bibliographie:

Anner 1916
Franziska Anner, Die kunstgewerbliche Arbeit der Frau in der Schweiz, Chur 1916.

Ball-Spiess 1987
Daniela Ball-Spiess, «Wie ist das Kunstgewerbe in der Schweiz zu heben und zu pflegen?» Der Beitrag von Nora Gross (1871–1929) zur ästhetischen Erziehung. Dissertation, Universität Basel, Bern 1987.

Ball 1988
Daniela U. Ball, Nora Gross (1871-1929), in: Genava 36, 1988, 117-135.

Barten 1998
Sigrid Barten, Nora Gross, in: Cerâmica da Suìça do Renascimento aos nossos dias. Ceramics from Switzerland from Renaissance until the Present. Museu Nacional do Azulejo, Lissabon 1998, 141-146.

Frey 2022
Jonathan Frey, Archäologische Forschungen: Töpferöfen in Heimberg, in: Keramik-Freunde der Schweiz, Bulletin 99. 2022, 13-16.

Huber 1906
Karl Huber, Thuner Majolika, in: Illustriertes Fremdenblatt von Thun und Umgebung, 1906, 258-259, 278-279, 294-296.

Messerli 2009
Christoph Messerli, Von der Souvenir- zur Studiokeramik. Die Berner Keramik im 19. und 20. Jahrhundert. Lizentiatsarbeit, Institut für Kunstgeschichte des Universität Bern, Bern 2009.

Messerli Bolliger 1991
Barbara E. Messerli Bolliger, Der dekorative Entwurf in der Schweizer Keramik im 19. Jahrhundert, zwei Beispiele: Das Töpfereigebiet Heimberg-Steffisburg-Thun und die Tonwarenfabrik Ziegler in Schaffhausen, in: Keramik-Freunde der Schweiz, Mitteilungsblatt 106, 1991, 5-100.

Wyss 1906
Paul Wyss, Stand, Probleme und Hebung des Töpfergewerbes, Vortrag von Herrn P. Wyss, Zeichner am Gewerbemuseum Bern (Umschlag: Nach dem Vortrage von Hrn. P. Wyss … in Bern niedergeschrieben von Hermann Röthlisberger, Sek.-Lehrer in Steffisburg, No. 14-19 Oberländer Volksfreund Jhrg. 1 (Hrsg.), Steffisburg 1906.

Wyss 1914
Paul Wyss, Keramische und Glaswaren 23. Gruppe. Katalog B zur Schweizerischen Landesausstellung Bern, Genf/Bern 1914.

 

 

 

Heimberg-Steffisburg BE, Manufaktur Wanzenried (1878-1918)

Gebäude der ehemaligen Manufaktur Wanzenried zur Zeit von Loder & Schweizer (1919-1925).

Keramik der Manufaktur Wanzenried in CERAMICA CH

Informationen zur „Thuner Majolika“

Andreas Heege, 2022

Die Geschichte der Manufaktur Wanzenried und der Thuner Majolika
(nicht abgeschlossene Bearbeitung)

Die Region Heimberg/Steffisburg war im späten 18. und im 19. Jahrhundert der wichtigste Töpfereistandort im Kanton Bern. An der Strasse von Bern nach Thun im früheren Amtsbezirk Thun bestanden um 1850 zusammen mit einer Reihe benachbarter Ortschaften aus dem Amtsbezirk Konolfingen – Jaberg, Kiesen, Oppligen, Diessbach, Wichtrach und Münsingen – zeitweise maximal 80 Hafnereien (Werder 1962). Heimberg selbst zählte im Jahr 1764 234 Einwohner in 47 Haushalten. Das direkt benachbarte Steffisburg umfasste 924 Einwohner in 184 Haushalten. Bis 1856 stieg die Zahl der Haushalte allein in Heimberg auf 234 bei 1217 Einwohnern. 1880 hatten Heimberg 1149 und Steffisburg 3898 Einwohner (Buchs 1969, 31; Buchs 1988, Anm. 9; Buchs 1995, 36–38; Schwab 1921, 103. Die publizierten Zahlen stimmen nicht immer überein).

Die um 1850/70 in einer wirtschaftlichen Krise steckenden Hafner von Heimberg bildeten gleichwohl die unverzichtbare lokale Wissensbasis auf der sich im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts die Produktion eine ganz speziellen, ungewöhnlichen und sehr beliebten Keramik entwickeln sollte, der sogenannten Thuner Majolika. Die Thuner Majolika ist also nur zu verstehen, wenn man vorab einen Blick auf die Heimberger Keramik, ihre Erforschung und Entwicklung wirft.

Über den angeblichen, stilistischen und qualitativen «Verfall» der Heimberger Keramik, vor allem wenn man sie in der Mitte des 19. Jahrhunderts mit zeitgleicher Manufakturware auf den Landes- und Weltausstellungen verglich, berichtete Barbara Messerli-Bolliger 1991 ausführlich. Von diesem Trend waren nur wenige innovative und aufgeschlossene Hafner in der Region Heimberg/Steffisburg ausgenommen. Die mannigfaltigen Versuche, diesem Trend mit Hilfe von Zeichen- und Keramikfachschulen oder Gewerbeschulen und der Einführung neuer, als zeitgemäss empfundener Dekore und Gefässformen entgegenzuwirken, waren in Bezug auf die meisten Heimberger Hafner zunächst eher weniger erfolgreich (Messerli Bolliger 1991, 43–78). Gleichwohl bemühten sich verschiedene Institutionen und Privatleute mit der Einführung von «Kunstkeramik» um die «kunsthandwerkliche Verbesserung des Handwerks». In diesen Kontext gehört auch die Entwicklung und Produktion der Thuner Majolika. Diese war in ihrer handwerklichen und künstlerischen Qualität, vor allem im Vergleich mit der älteren Heimberger Produktion des frühen 19. Jahrhunderts («Produkt echt zeitgemässer Kultur»), bei Volkskundlern und Vertretern der Schweizer Heimatstilbewegung schon früh unberechtigterweise stark umstritten («Das Abscheulichste in Form, Farbe und Dekor brachten die 1880er-Jahre»: Hoffmann-Krayer 1914, 100; De Praetere 1907; vgl. dazu auch Messerli Bolliger 1991, 70.).

Wann der „auswärtige“ – kunstgewerbliche Einfluss auf die Heimberg/Steffisburger Hafner begann, lässt sich nicht definitiv festlegen. Der Thuner Stadtarchivar Huber (Huber 1906, 278) überliefert als einziger in einem Zeitungsbericht von 1906 die folgende, bis heute nicht durch weitere Quellen verifizierte Geschichte:

«Nun wurde in den 60er Jahren ein Pariser Antiquar, Boban, auf diese Produktion [Keramik aus Heimberg/Steffisburg, Erg. Autor] aufmerksam, kaufte alte Stücke auf, fand leichten Absatz dafür und veranlasste die Hafner Wyttenbach und Küenzi, nach Zeichnungen zu arbeiten. Dieses nach Paris wandernde, bestellte Luxusgeschirr, erhielt den Namen ´Pariser Geschirr´, ein Name, der für feinere dekorierte Stücke bis heute geblieben ist.»

Bei dem Paris Antiquar handelt es sich möglicherweise um den «berüchtigten» Pariser Antiquitätenhändler Eugène Boban (1834–1908), der vor allem mit lateinamerikanischen Altertümern handelte und dem heute die Fälschung der sog. «crystall skulls» angelastet wird (Zur Person Bobans und seiner Aktivitäten: Riviale 2001; Mac Laren Walsh 2008; MacLaren Walsh/Hunt 2013). Ob diese Keramikbestellungen tatsächlich in den 1860er-Jahren erfolgten, wo Boban oft in Mexiko weilte, oder erst nach seiner Geschäftseröffnung in Paris um das Jahr 1870, entzieht sich momentan unserer Kenntnis.

Die stets wachsende Nachfrage nach diesem «Pariser Geschirr», so glaubte oder wusste Huber 1906 aus Heimberger Erzählungen, veranlasste nun den Thuner Geschirrhändler Friedrich Wunderlich im Winter 1873 auf 1874 in Heimberg den Anstoss zu grundlegenderen Stil- und Formänderungen zu geben, die ab den späten 1870er-Jahren zur Entwicklung der sogenannten «Thuner Majolika» führen sollten. Er lieferte den Heimberger Hafnern Eyer und Tschanz Zeichungen «griechischer Vasen» als neue Formvorlagen, die sie durch ihre Ausmacherinnen jedoch eher traditionell mit schwarzbrauner Grundengobe verzieren liessen (Huber 1906, 278; Buchs 1988, 33).

Einen nicht unumstrittenen Einfluss hatten offenbar auch Keramik- und Dekorentwürfe des deutschen Ingenieurs Franz Keller-Leuzinger (1835–1890). Dieser weilte 1874–1876 für eine kurze Zeit in Heimberg. Nach seinen Form- und Dekorvorlagen produzierten verschiedene Hafner (u. a. Samuel Mürner, Eduard Berger und Gottfried Tschanz). Für diese Keramiken, die Keller-Leuzinger dann unter seinem Namen ausstellte, erhielt er auf der Kunstgewerbeausstellung in München 1876 eine Medaille. Offenbar war er in Heimberg aus diesem Grund erheblichen Anfeindungen ausgesetzt (Jaennicke 1879, 833; Gmelin 1891). Und auch auf der Weltausstellung in Paris 1878, die von den Heimberger Hafnern Christian Eyer, Benedikt Künzi und J. Schenk-Trachsel äusserst erfolgreich mit Ware beschickt wurde, waren angeblich diverse nicht gekennzeichnete Entwürfe von Keller-Leuzinger zu sehen (Huber 1906, 297; zur Kontroverse um Keller Leuzinger vgl. Messerli Bolliger 1991, 53–57; erhaltene Produkte V&A Inv. 712-1878 bis 717-1878 sowie 736-1878 und 737-1878). Eine Töpferei Glatz aus Villingen im Schwarzwald fertigte für Keller-Leuzinger ebenfalls Keramiken, die der Thuner Majolika sehr nahe stehen (Gmelin 1891, 24; Mehlstäubler 2021). Unter den 1878 in Paris ausgestellten Stücken befanden sich erstmals auch solche mit dem auch später bedeutenden «Chrutmuster», auch Muster «Alt-Thun» genannt (V&A Inv. 736-1878. Ausserdem: Heege/Kistler 2017, 489–500, Fig. 168). Dieses wurde in den 1860er-Jahren auf der Basis von lokalen Blumendekoren aus Heimberg entwickelt, wobei wir keine Kenntnis haben, wer an dieser Umgestaltung beteiligt war. Es wurde bis ans Ende des 20. Jahrhunderts von zahlreichen handwerklich arbeitenden Hafnereien und allen Manufakturen der Region gefertigt und lässt sich nur anhand von signierter Ware einzelnen Hafnereien oder Herstellern zuweisen.

Ab 1878 griff offenbar auch die neu gegründete Manufaktur von Johann Wanzenried (Buchs 1980; Messerli Bolliger 1991, 69–74) in Steffisburg auf vorliegende Form- und Dekormuster nach griechischen, etruskischen und orientalischen Vorbildern zurück und ergänzte sie in den Folgejahren um Entwürfe vor allem des Architekten und Professors für Kunstgewerbe Leopold Gmelin (1847–1916), des Heraldikers Christian Bühler (1825–1898), des Malers und Zeichners Rolf Münger (1862–1929), des Kunstgewerbelehrers Paul Wyss (1875–1952) und des Keramikers Friedrich Ernst Frank (1862–1920).

Stammbaum Familie Wanzenried  PDF

Vor allem die Produkte dieser Manufaktur, die immer wieder auch durch andere Hafner produzieren liess, assoziieren wir heute mit dem Begriff «Thuner Majolika». Auf der Landesausstellung in Zürich war die Manufaktur Wanzenried 1883 neben dem Keramikhändler Schoch-Laederach, der auch unter dem Namen «Musée Céramique» firmierte, prominent vertreten (Messerli Bolliger 1991, Taf 17).

Landesausstellung Zürich 1883.

Die folgenden 20 Jahre arbeitete die Manufaktur Wanzenried unter Maria Luise Wanzenried-Ingold (1849–1929) sehr erfolgreich (Buchs 1980).

Der grosse Boom der Thuner Majolika, der zum grossen Teil durch ausländische Alpentouristen und Verkäufe in Frankreich bedingt war, ging schon vor dem Ausbruch des ersten Weltkrieges allmählich zu Ende. Maria Luise Wanzenried-Ingold (1849–1929), die Witwe von Johann Wanzenried (1847–1895) übergab die Firma zunächst 1911 an ihren Schwiegersohn, den Lehrer Alfred Gertsch, der ihn 1912 an den Kaufmann Emil Lengacher aus Aeschi weiterverkaufte. Als dieser im Dezember 1914 unerwartet verstarb, übernahm die Witwe Wanzenried den Betrieb am 20. Mai 1915 erneut (SHAB 29, No. 206, 18.8.1911; SHAB 30, No. 140, 31.5.1912; SHAB 30, No. 149, 13.6.1912; SHAB 33, No. 199, 26.8.1915; SHAB 33, No. 252, 25.10.1915, auch GB Thun, Beleg II, 775 vom 17.3.1919). Vermutlich brauchte sie zu diesem Zeitpunkt einen versierten Geschäftsführer und Leiter der keramischen Werkstatt, den sie in Emil Loder (1890–1971) aus Steffisburg fand. Über die folgenden drei Jahre und die Produktion in der Manufaktur Wanzenried wissen wir nichts.

Für den 11. Dezember 1918 erfahren wir, dass Adolf Schweizer (1893–1967) und Emil Loder (1890–1971) gemeinsam die Manufakturliegenschaft von der Witwe Wanzenried zum Preis von Fr. 18.000 erwarben und die Firma mit Nutzen und Schaden auf den 2. April 1919 übernahmen (Grundbuch Thun, Beleg II, 775 vom 17.3.1919). Im Schweizerischen Handelsamtsblatt wurde die Gründung ihrer Kollektivgesellschaft Loder & Schweizer mit dem 1. März 1919 bekannt gemacht (SHAB 37, No. 59, 8. März 1919). Adolf Schweizer war früher Lehrling bei Wanzenried gewesen und zum Zeitpunkt des Kaufs Geschäftsführer der DESA in Steffisburg.

Die Zusammenarbeit zwischen Adolf Schweizer und Emil Loder verlief offenbar nicht ganz reibungslos. Unter dem 17. Juni 1925 verzeichnete das Handelsamtsblatt auch die Auflösung der Steffisburger Kollektivgesellschaft «Loder & Schweizer, Kunstkeramik», die mit Nutzen und Schaden zum 1. März 1925 vollständig an Adolf Schweizer überging (SHAB 43, 1925, 1062. Auch GB Thun Belege II, 7151).

Trotz des enormen Verkaufserfolgs der Thuner Majolika und ihrer Einzigartigkeit in der schweizerischen Keramiklandschaft gibt es bis heute keinen Versuch einer umfassenderen Dokumentation der zahlreich in Museen und in Privatbesitz überlieferten Keramiken. Wir haben weder eine exaktere Vorstellung von dem Formen und Dekoren der einzelnen Hersteller noch von den Beiträgen der genannten Grafiker, Zeichner und Maler, die die Entwürfe lieferten. Unklar sind dementsprechend auch die stilistischen Entwicklungen zwischen dem keramischen Handwerk der 1860er-Jahre und dem Auslaufen der Manufakturproduktion nach dem 1. Weltkrieg.

Literatur:

Buchs 1969
Hermann Buchs, Heimberg. Aus der Geschichte der Gemeinde, Heimberg 1969.

Buchs 1980
Hermann Buchs, Die Thuner Majolika des Johannes Wanzenried und des Zeichners Friedrich Ernst Frank, in: Jahresbericht Historisches Museum Schloss Thun, 1980, 5-43.

Buchs 1988
Hermann Buchs, Vom Heimberger Geschirr zur Thuner Majolika, Thun 1988.

Buchs 1995
Hermann Buchs, Das Hafnergewerbe im Heimberg, in: Einwohnergemeinde Heimberg (Hrsg.), 850 Jahre Heimberg 1146-1996, Heimberg 1995, 50-60.

De Praetere 1907
Jules De Praetere, Schweizerische Volkskunst. Die Töpferei in Heimberg und Langnau, in: Heimatschutz. Zeitschrift der Schweizer. Vereinigung für Heimatschutz 1907, 1907, Heft 11, 81-85.

Gmelin 1891
Leopold Gmelin, Franz Keller-Leuzinger, Nekrolog, in: Zeitschrift des Bayerischen Kunstgewerbe-Vereins zu München, Monatshefte für die gesammte dekorative Kunst, 1891, 24-27.

Heege/Kistler 2017
Andreas Heege/Andreas Kistler, Poteries décorées de Suisse alémanique, 17e-19e siècles – Collections du Musée Ariana, Genève – Keramik der Deutschschweiz, 17.-19. Jahrhundert – Die Sammlung des Musée Ariana, Genf, Mailand 2017.

Hoffmann-Krayer 1914
Eduard Hoffmann-Krayer, Heimberger Keramik, in: Schweizerisches Archiv für Volkskunde 18, 1914, 94-100.

Huber 1906
Karl Huber, Thuner Majolika, in: Illustriertes Fremdenblatt von Thun und Umgebung, 1906, 258-259, 278-279, 294-296.

Jaennicke 1879
Friedrich Jaennicke, Grundriss der Keramik in Bezug auf das Kunstgewerbe, Stuttgart 1879.

Mac Laren Walsh 2008
Jane Mac Laren Walsh, Legend of the Crystal Skulls, in: Archaeology 61, 2008, 36-41.

MacLaren Walsh/Hunt 2013
Jane MacLaren Walsh/David Hunt, The Fourth Skull: A Tale of Authenticity and Fraud, in: The Appendix, Illusions 1, 2013, Heft 2, 28-44.

Messerli Bolliger 1991
Barbara E. Messerli Bolliger, Der dekorative Entwurf in der Schweizer Keramik im 19. Jahrhundert, zwei Beispiele: Das Töpfereigebiet Heimberg-Steffisburg-Thun und die Tonwarenfabrik Ziegler in Schaffhausen, in: Keramik-Freunde der Schweiz, Mitteilungsblatt 106, 1991, 5-100.

Riviale 2001
Pascal Riviale, Eugène Boban ou les aventures d’un antiquaire au pays des américanistes, in: Journal de la Société des Americanistes 87, 2001, 351-362.

Schwab 1921
Fernand Schwab, Beitrag zur Geschichte der bernischen Geschirrindustrie (Schweizer Industrie- und Handelsstudien 7), Weinfelden/Konstanz 1921.

Werder 1962
Ernst Werder, Die Entwicklung des Gewerbes im Amt Konolfingen, in: Archiv des Historischen Vereins des Kantons Bern 46, 1962, Heft 2, 349-454.

 

 

 

 

 

Heimberg-Steffisburg BE, Matthys, Christian, Hafnerei (1813–1878)

1872, datierte und signierte Platte mit scharfkantigem Kragenrand („Rösti-Platte“) von Christian Matthys in Heimberg. „Christen Matthiβ, Hafner in Heimberg in der Donhalten [in der Dornhalde] – ZuFrieden ist mein Vergnügen, daβ andere alles laβ ich sein“.

Roland Blaettler, Andreas Heege 2025

Der aus Kirchdorf stammende Hafner Christian Matthys (1813–1878; Stammbaum Matthys) betrieb eine wohl gemietete Töpferei in der Dornhalde zu Heimberg (Buchs 1988, 106; Töpfergrundstück unbekannt ). An seiner Seite arbeitete bis 1870 auch sein Sohn Gottfried (1841–1893). Zwischen 1870 und 1879 hatte dieser eine eigene Töpferwerkstatt in Steffisburg, Alte Bernstrasse 168.

Von Christian Matthys sind zwei signierte Platten bekannt, beide sind auf das Jahr 1872 datiert. Die erste bewahrt das Museum Blumenstein in Solothurn (MBS 1920.140).

Christen Matthiβ, Hafnermeister in Heimberg in der Donhalte [in der Dornhalde] 1872 (MKB VI-3919).

Die zweite Platte fand sich im Museum der Kulturen in Basel (MKB VI-3919, Hoffmann-Krayer 1914, Taf. II, Abb. 11; Messerli Bolliger 1991, Taf. 14, Abb. 26). Das Basler Exemplar unterscheidet sich durch Form und Farbgebung (helle Grundengobe), trägt aber eine ähnliche Inschrift in schildförmiger Umrahmung. Der umgebende Blumenkranz ist hier in Blau gemalt, und erinnert an die verfliessenden blauen Malhorndekore, welche in der Literatur fälschlicherweise ausschliesslich dem Töpfer David Andres in Heimberg zugeschrieben werden (z.B. MWH H 362, AF 22-030-00;  vgl. Heege/Kistler 2017a, 473 Abb. 1, SMT 649).

Bibliographie

Blaettler/Schnyder 2014
Roland Blaettler/Rudolf Schnyder, CERAMICA CH II: Solothurn (Nationales Inventar der Keramik in den öffentlichen Sammlungen der Schweiz, 1500-1950), Sulgen 2014, 62–63.

Buchs 1988
Hermann Buchs, Vom Heimberger Geschirr zur Thuner Majolika. Thun 1988.

Heege/Kistler 2017a
Andreas Heege/Andreas Kistler, Poteries décorées de Suisse alémanique, 17e-19e siècles – Collections du Musée Ariana, Genève – Keramik der Deutschschweiz, 17.-19. Jahrhundert – Die Sammlung des Musée Ariana, Genf. Mailand 2017.

Hoffmann-Krayer 1914
Eduard Hoffmann-Krayer, Heimberger Keramik. Schweizer Archiv für Volkskunde 18, 1914, 94–100.

Messerli Bolliger 1991
Barbara E. Messerli Bolliger, Der dekorative Entwurf in der Schweizer Keramik im 19. Jahrhundert. Zwei Beispiele: Das Töpfereigebiet Heimberg-Steffisburg-Thun und die Tonwarenfabrik Ziegler in Schaffhausen. Keramik-Freunde der Schweiz, Mitteilungsblatt 106, 1991, 7–100.

Heimberg-Steffisburg BE, Schenk, Karl Friedrich (1866-1919), Hafner

Karl Friedrich Schenk und seine Ehefrau Magdalena Hossmann (aus dem Nachlass der Kunstkeramik Luzern A.G., jetzt Schlossmuseum Thun)

Andreas Heege, Andreas Kistler, Margret Loder 2021

Karl Friedrich Schenk (17.7.1866-22.5.1919) stammt aus einer Heimberger Hafnerfamilie, deren Heimatort Röthenbach im Emmental war (Stammbaum). Der Grossvater Christian Schenk (1790-1861) war Schumacher, der Onkel Christian Schenk (1826-1893) war Glättemüller in einer nicht genauer genannten Glättemühle in Steffisburg (hierzu Frank 2000). Glättemüller waren ein spezialisierter Handwerkszweig, der die von den Hafnern in grosser Menge für die Glasuren benötigte Bleiglätte aufbereitete und vermutlich auch Glasurfarben und bunte Malengoben herstellte oder verkaufte. Karl Friedrich Schenks Vater Samuel Schenk (1835-1904) war ebenfalls Hafner, ebenso sein Onkel Jakob Schenk (1842-1904).

Samuel Schenk und seine Ehefrau Elisabeth Hänni (1837-1911) bekamen 10 Kinder. Samuel konnte 1870 von den Erben des ledigen Hafners Ulrich Jenni (1820-1868) eine 1831 erbaute Hafnerwerkstatt mit Wohnstöckli „Im Kehr“ in Heimberg erwerben (heute Haslikehrweg 30).

Bis 1876 führte Samuel für den Hilfs- und Freundschaftsverein der Heimberger Hafner offenbar auch die Material-Ablage der Glättemühle Wanzenried in Steffisburg-Schwäbis (Geschäftsblatt für den oberen Teil des Kantons Bern 23, Num. 48, 1876).

Wie lange Samuel tatsächlich Keramik fertigte, ist unklar, denn bei seinem Tod 1904 wird angegeben, dass er als Wagner gearbeitet habe. Auch ist unbekannt, welche Art Keramik oder Dekore Samuel Schenk produzierte, da zur Zeit keine signierten Stücke bekannt sind.

1905 ging das Heimwesen mit Werkstatt und Scheune an seine Witwe Elisabeth Schenk-Hänni (1837-1911) über, bevor es 1911 im Rahmen einer Erbteilung  je zur Hälfte an Eduard Schenk (Zimmermann, 1868-?) und Fritz Schenk-Kolb (Hafner, 1870-1958), die Brüder von Karl Friedrich Schenk, gelangte. In der Erbteilung von 1911 wurde Karl Friedrich Schenk, wie seine anderen überlebenden Geschwister ausbezahlt, während die Nutzung des Bienenhauses beim Heimwesen noch bis März 1912 unentgeldlich ausbedungen wurde.

Vier der sechs überlebenden Söhne des Ehepaars Schenk-Hänni ergriffen den Töpferberuf. Gottfried Schenk 1862-1939 (ohne eigene Werkstatt) war Hafner und spätestens 1911 Ziegeleiarbeiter in Steffisburg. Ernst Schenk (1875-1951) war Hafnerarbeiter und spätestens 1910 Bahnangestellter. Er konnte 1901 das 1835 erbaute Gebäude mit drei Hafnerwerkstätten Haslikehrweg 28 kaufen. Wie lange er dort Keramik produzierte, ist unbekannt. Fritz Schenk-Kolb (Hafner, 1870-1958) übernahm die väterliche Werkstatt Haslikehrweg 30 und Karl Friedrich-Schenk scheint Zeit seines Lebens keine eigene Werkstatt besessen zu haben. Da wir von ihm aber signierte Keramiken kennen, kann nur angenommen werden, dass er bei einem seiner Brüder in der Werkstatt töpfern und eigene Keramiken mitbrennen durfte.

Keramik von Karl Friedrich Schenk, signiert „KS Thun“, Privatbesitz Ebikon bzw. Schlossmuseum Thun.

Keramik von Karl Schenk in der Sammlung der Schule für Gestaltung Bern : Biel.

Die vorliegenden Dekore erinnern stark an die Muster, die der bernische Kunstgewerbelehrer Paul Wyss in seinen Zeichenkursen an der Keramikfachschule in Bern lehrte. Er vermittelte sie zusammen mit dem bernischen Keramiker, Zeichner und Grafiker Friedrich Ernst Frank, der ansonsten vor allem für die Manufaktur Wanzenried in Steffisburg arbeitete, auch in der 1906 begründeten Töpfer- und Zeichenschule in Steffisburg. Aus der gemeinsamen Arbeit von Wyss und Frank in Steffisburg haben sich die Unterlagen für einen Zeichenkurs erhalten. Wir können nur vermuten, dass Karl Friedrich Schenk diese „modernen“, dem floralen Jugendstil verpflichteten Motive selbst schätzte und sie entweder selbst malte oder durch im Stücklohn arbeitende Ausmacherinnen malen lies. Er dürfte daher zu der kleinen Gruppe Heimberger Hafner gehören, die sich für stilistische Neuerungen öffnete. Hierzu gehören zum Beispiel auch Bendicht Loder-Walder unter dem Einfluss von Nora Gross oder Karl Loder-Eyer.

Wo Karl Friedrich Schenk mit seiner Familie in Heimberg zur Miete gewohnt und gelebt hat, wissen wir nicht. Einmal erscheint als Ortsangabe in den Quellen „Heimberg, In der Au“, beim Tod seiner Frau 1924, waren die Erben „beim Schulhaus in Heimberg“ wohnhaft.

In verschiedenen gedruckten Quellen sowie den Geburtsanzeigen seiner Kinder und der Erbteilung von 1911 wird Karl Friedrich Schenk auch als „Gemeindeweibel“ und als „Bienenzüchter“ bezeichnet (Brunner, J., Adress- Reise- und Reklamen-Taschenbuch für Thun und Berner Oberland Thun, 1908, S. 57). Diese beiden Nebenberufsfelder sicherten seiner Familie vermutlich einen grösseren Teil des Lebensunterhalts. Den Rest verdiente seine Frau Magdalena als Abwartin des Heimberger Schulhauses.

Karl Friedrich Schenk hatte Magdalena Hossmann (29.10.1868-20.4.1924) von Gerzensee, wohnhaft in Aeschlen bei Oberdiessbach am 30.6.1894 in Langnau, geheiratet. Dem Ehepaar wurden vier Kinder geboren, von denen drei das Erwachsenenalter erreichten (Stammbaum). Frieda Schenk (1900-1972), wuchs mit der Schwester Marie Rosa (1905-?) und dem Bruder Karl (1910-?) auf. Nach einer kaufmännischen Ausbildung in der Firma Keller, Chemische- und Seifenfabrik in Konolfingen, heiratete Frieda Schenk am 13. März 1925 den Keramiker Emil Loder und führte mit ihm zusammen ab 1925 die Kunstkeramik Luzern (KERALUZ).

Bibliographie:

Frank 2000
Georg Frank, „Dank dem Gewerbefleiss früherer Jahrhunderte“. Die Nutzung der Wasserkraft in der bernischen Gemeinde Steffisburg vom ausgehenden 13. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Thun 2000.

Heimberg-Steffisburg BE, Schmalz, Cäsar Adolf (1887–1966) und Hans (1910–1972)

C.A. Schmalz, Selbstporträt 1949 und frühes Arbeitsfoto.

Keramik von Cäsar Adolf Schmalz in CERAMICA CH

Andreas Heege und Roland Blaettler, 2022

Cäsar Adolf Schmalz (1887, Stalden-Konolfingen – 1966, Heimberg) war eines von 14 Kindern. Der Vater war Grundbuchgeometer, die Mutter Posthalterin (Stammbaum Schmalz). Er besuchte die Sekundarschule in Grosshöchstetten. Anschliessend absolvierte er unter Paul Wyss eine dreijährige Ausbildung als Zeichner am Kantonalen Gewerbemuseum in Bern. Die Prüfung legte er unter Rudolf Münger, dem bernischen Grafiker ab.  Paul Wyss entflammte in ihm, wie er selber schreibt, „das heilige Feuer“ für die Kunst und die Heimberger Töpfereien (Marti/Straubhaar 2017, 9). Da er in der Freizeit viel zeichnete und Tonplastiken fabrizierte, ermunterte man ihn, sich um ein Stipendium beim Kanton Bern zu bewerben, das er auch erhielt. 1908 fuhr er nach Spanien, wo er im Prado-Museum die ausgestellte Kunst studierte und für eine Porzellanmanufaktur Tier- und Stierkämpfer-Figuren modellierte. Nach einem weiteren Jahresaufenthalt in Paris kehrte er 1910 in die Heimat zurück, wo er am 28. Juni 1910 in Steffisburg Liseli Engel (Heimatort Bowil, 11.2.1887-18.4.1965) heiratete (Mitteilung: Tagblatt der Stadt Thun, Band 34, Nummer 160, 9. Juli 1910). Bis zum Ausbruch des ersten Weltkriegs und auch danach arbeitete er vermutlich in Steffisburg. In seinen autobiographischen Notizen aus dem Jahr 1952 lesen wir: „In Steffisburg habe ich Tassli und Teller bemalt, Krüge, Schalen und Figuren modelliert. Dafür habe ich einen Aufmunterungspreis erhalten und einige Preise bei Wettbewerben.“ Leider bleibt Schmalz hier sehr unpräzise. Auch in seinen sonstigen Unterlagen gibt es keinen Hinweis auf die Hafnerei, die ihn angestellt hatte. Wir können aufgrund von drei signierten Figuren, die sich später ebenfalls in seinem Werk wiederfinden, vermuten, dass er für Karl Loder-Eyer in Steffisburg tätig war.

Für die Landesausstellung in Bern 1914 verweist ein Bazarrundgang  der NZZ (21.6.1914) ausdrücklich auf „lustige bäuerliche Tanzgruppen“ (Keramikfiguren?) aus der Werkstatt Loder-Eyer, von denen wir heute kein Stück mehr kennen.

 

 

Stattdessen haben sich drei von Karl Loder-Eyer signierte Figuren in Privatbesitz erhalten, die auf einen Zusammenhang mit dem Haushaltswarengeschäft „Kaiser & Cie“ in Bern verweisen, die als Lieferanten des Heimatschutz-Basars ebenfalls zugelassen waren und mit zahlreichen eingereichten Objekten an dem der Landesausstellung vorangehenden „Wettbewerb für Reiseandenken“ teilgenommen hatten. In der Prämierungsliste von 1913 findet sich nun aber erstaunlicherweise nicht Karl Loder- Eyer als Künstler der Figuren, sondern Cäsar Adolf Schmalz aus Heimberg („12 tanzende und musizierende Bauernfiguren“). Auch die monographische Bearbeitung von Schmalz’s Lebenswerk verzeichnet die Figuren (Marti/Straubhaar 2017, 127).

Weitere frühe Arbeiten, u. a. Wappenteller, Vasen, Schalen, historische oder satirische Gruppen und Figuren, sind durch den bernischen Fotografen Hermann Stauder aus dem Jahr 1917 überliefert (siehe auch das Einleitungsbild).

Figuren von Cäsar Adolf Schmalz 1917 (Stauder 1917).

1914 bis 1918 war Schmalz im Aktivdienst als Soldat gebunden. Dies hielt ihn nicht davon ab, überall wo er war, zu zeichnen oder Figuren aus seinem Werk zum Kauf anzubieten (Kunstgewerbemuseum Zürich 1916: Illustrierte schweizerische Handwerker-Zeitung : unabhängiges Geschäftsblatt der gesamten Meisterschaft aller Handwerke und Gewerbe, Band 32, 1916, 400).

In Heimberg kaufte Schmalz 1921 ein kleines Gut, das «Rebeli», an der Aare, wo er ein Atelier einrichtete und seine keramische Ausbildung offenbar als Autodidakt nebst seiner Tätigkeit als Kleinbauer weiterführte.

Figuren aus der Zeit ca. 1922-1930.

Schmalz stellte 1922 auf der von L’Œuvre organisierten ersten nationalen Ausstellung für angewandte Kunst in der Halle des Comptoir Suisse in Lausanne mehrere Keramikskulpturen aus. Seine Sujets zeigten Szenen aus dem Landleben (Kat. S. 47, Nr. 210–213). Im darauffolgenden Jahr hatte das Waadtländer Publikum wiederum Gelegenheit, Schmalz‘ Keramiken im Rahmen der zweiten Kunstausstellung zu sehen, die vom 25. März bis zum 8. April von der Société de développement de Montreux in den Salons des Kursaals organisiert wurde. Diese Ausstellung widmete sich im Speziellen der Deutschschweizer und Tessiner Kunstszene (Feuille d’avis de Vevey vom 21. März 1923, 6 – Tribune de Lausanne vom 4. April, 3).

Möglicherweise erwarb der Bund anlässlich dieser Ausstellung eine kleine Statue, die später im Musée d’art industriel in Lausanne hinterlegt wurde (MHL AA.MI.1644).

Platte von Cäsar Adolph Schmalz. Im Spiegel gespaltener, rot-grüner Wappenschild der Stadt Moudon. Fert ist der Wahlspruch des ehemaligen italienischen Königshauses Savoyen. Am 22. Oktober 1931 wurde von der Kirchgemeinde Moudon eine „Vente paroissiale“ zugunsten der Kirche St. Étienne und ihrer Restaurierung organisiert (L´Echo de la Broie, 10.10.1931,4). Vermutlich entstand der Teller in diesem Zusammenhang.

Im Jahr 1931 nahm Cäsar Adolf Schmalz eine Stelle als Lehrer an der Schweizerischen Keramikschule in Chavannes-Renens (École suisse de céramique de Chavannes-Renens) an. Der Direktor der Einrichtung erwähnte ihn 1931 in seiner Promotionsrede  (Feuille d’avis de Lausanne vom 4. April 1931, 24). Der Keramiker selber stellte fest: «Die Stelle ist gut bezahlt und für einmal verblassen die Geldsorgen» (Marti und Straubhaar 2017, 13). Allerdings war seine Funktion zeitintensiv und liess ihm kaum noch Raum für eigene Kreationen. Es zeichnete sich ab, dass das Experiment nur von kurzer Dauer sein würde. Schmalz‘ eigene Angaben zur Zeitspanne seiner Anstellung in Chavannes sind widersprüchlich: Einmal spricht er von «zwei Jahren», an anderer Stelle ist von «drei Jahren» die Rede (Marti und Straubhaar 2017, 10 und 13). Die Tatsache, dass sein Name unter der Rubrik der Schule im Indicateur vaudois nur für das Jahr 1932 erschien (mit dem Vornamen Fritz!), lässt vermuten, dass er im Laufe des Jahres 1931 eingestellt wurde und spätestens zum Ende des Jahres 1932 kündigte.

Der zweite Weltkrieg schränkte seine künstlerische Tätigkeit erneut sehr stark ein. Militärdienst und Landwirtschaft waren seine Hauptarbeiten. Später gab er auch Modellierkurse an der Volkshochschule. Daneben war er ein begeisterter Fischer und Freund der Emmentaler Jodler. Cäsar Adolf Schmalz‘ oft verspielte Kreativität fand ihren Ausdruck in so unterschiedlichen Bereichen wie Malerei, Aquarell, Illustration, Mosaik, Fresken und natürlich Keramik.

In letzterem Medium bevorzugte er die traditionelle Heimberger Technik, die engobierte und glasierte Irdenware. In einem teils historistischen, teils modernistischen, aber immer farbenfrohen Stil fertigte er zahlreiche Auftragsarbeiten an, Erinnerungsstücke und Preise für Schützen- und Gesangsvereine sowie mit Familienwappen verzierte Objekte für Privatpersonen (Messerli 2017, 73-79; Marti/Straubhaar 2017,9).

„Die Bürgerwehr vom Wetterloch, 1950“. Die Figur geht auf Karl Grunders gedrucktes Mundartbuch «Ds Wätterloch. Bilder u. Begäbeheite us d. Mobilisationszeit vom Jahr 1914» zurück, das 1928 erstmals in Bern-Bümpliz erschien. Der bernische Mundartdichter und Lehrer Karl Grunder lebte von 1880 bis 1963. Er war ein Pionier der ländlichen Theaterkultur und Mitarbeiter des Berner Heimatschutztheaters.

Seine Figuren mit dem Abbild herausragender Persönlichkeiten der Berner Geschichte waren sehr beliebt und führten dank seiner Meisterschaft in der Gipsformenherstellung zu Mehrfachauflagen (HMO 8342).

  

Das Regionalmuseum in Langnau bewahrt vier Figuren von Schmalz auf, darunter zwei Bildnisse von Schultheiss Niklaus Friedrich von Steiger bei der Schlacht am Grauholz, Elsi, die seltsame Magd (Marti/Straubhaar 2017), 221 (zur Geschichte der Magd) und den bedeutenden Alpendoktor Michael Schüppach, (vgl. auch HMO 8342, BHzD 482 und Marti/Straubhaar 2017, 109–111).

Alpendoktor Micheli Schüpbach.

Eine im Historischen Museum Olten entdeckte Gruppe (HMO 7179) bezeugt, dass Schmalz in diesem frühen Abschnitt seiner Karriere auch für die Porzellanfabrik Langenthal gearbeitet hat.

Neben dieser farbenfrohen und heiteren Produktion pflegte Schmalz mit der Zeit auch eine mehr akademische und modernistische Art der keramischen Plastik, mit monochromen Figu­ren, die von mehr allgemeinem Charakter waren (Amstutz 1931, Abb. S. 53–54 und 57; F. A. 1966 – Nachruf im Bund).

Eine Internetseite präsentiert das vielfältige künstlerische Wirken von Cäsar Adolf Schmalz.

Die Marken und Signaturen von C.A. Schmalz

Die älteste vorliegende Marke ist eine aus zwei unabhängig voneinander eingestempelten Schriftzügen bestehende Blindmarke „Schmalz HEIMBERG“. Es gibt nur eine jahrgenaue Datierung aus dem Jahr 1926. Vermutlich gehört die Blindmarke durchweg zum „Frühwerk“ von Cäsar Adolf Schmalz.  In einem Fall wurde der zweite Stempel „HEIMBERG“ weggelassen.

Eine quadratische Blindmarke mit dem Familienwappen von C.A. Schmalz lässt sich für die Jahre 1943 und 1944 nachweisen.

Mit einem richtigen Wappenschild und dem Schriftzug „Schmalz“ gibt es eine weitere Blindmarke aus der Zeit zwischen 1947 und 1957.

 

Mindestens so wichtig waren für C.A. Schmalz geritzte Signaturen. 1928 und 1945 finden sich „Schmalz“, 1929 „A. Schmalz“, 1950 „C.A. Schmalz“ und 1965 „C. Ad. Schmalz“. Nur einmal (undatiert) kommt die Abkürzung „A.S.“ vor.

Pinselmarken sind dagegen deutlich seltener. 1931 lässt sich „A. Schmalz Heimberg“ belegen und 1935 bzw. 1945 „Schmalz“.

Zwischen 1936 und 1946 begegnet bei gegossener Gefässkeramik auch eine kreisförmige Reliefmarke „A.SCHMALZ HEIMBERG“.

Hans Schmaltz (1910-1972)

Cäsar Adolf Schmalz und Liseli Engel bekamen einen Sohn Hans (1910-1972).

Dieser trat als Keramiker in die Fusstapfen seine Vaters und bewirtschaftete daneben vor allem auch das kleine Bauerngut Rebeli (Nachruf Thuner Tagblatt 14. September 1972).

Hans Schmaltz, signierte und 1931 datierte Figur. Entstand sie in der Zeit des Vaters an der Schweizerischen Keramikschule in Chavannes-Renens?

Wo Hans das Handwerk des Keramikers erlernte, ist unbekannt (vermutlich nur beim Vater, eventuell auch in der Zeit des Vaters an der Schweizerischen Keramikschule in Chavannes-Renens?).

Zeit seines Lebens unterschied er sich vom Vater durch die Schreibweise seines Familiennamens, indem er aus „Schmalz“ ein „Schmaltz“ machte.

Schützenfestkeramik von Hans Schmaltz 1931-1936.

Einzelne datierte und gemarkte Keramiken belegen, dass Hans offenbar bereits ab 1931 selbständig neben seinem Vater arbeitete.

Eine  erste Erwähnung findet sich im Jahr 1935 in der Presse, als Der BUND am 4. Dezember 1935 über die Arbeiten von Vater und Sohn berichtete.

Käferfiguren von Hans Schmaltz.

Hans produzierte demnach vor allem Vogel- und Käferfiguren unterschiedlicher Grösse, daneben aber auch Geschirr und die übliche Fest-, Erinnerungs- oder Schützenkeramik.

 

Vogel- und Tierfiguren von Hans Schmaltz.

Musiker und Narr, Figuren von Hans Schmaltz.

1938 waren seine Figuren ein einziges Mal an einer Kunstausstellung im Hotel Beau Rivage in Thun zu sehen und wurden sehr positiv besprochen (Oberländer Tagblatt 62, 19. November 1938; Der Bund 25. November 1938; Geschäftsblatt für den oberen Teil des Kantons Bern, Band 85, Nummer 138, 25. November 1938).

Geschirrkeramik von Hans Schmaltz.

Nach 1945 fanden seine Keramiken keinen Wiederhall in der Presse mehr.  1949 und 1954 fertigte er Vogelfiguren für  die Ausstellungen des Sing- und Ziervogelvereins Thun und Umgebung.

Die Marken und Signaturen von Hans Schmaltz

Aus der Frühzeit von Hans Schmaltz gibt es, wie für seinen Vater, eine zweiteilige Blindmarke „Schmaltz“ und „Heimberg“. Sie lässt sich bei drei datierten Stücken der Jahre 1931, 1935 und 1936 belegen.

Eine in die Gipsform eingeritzte Signatur „Schmaltz H“, die nach der Ausformung als positives Relief erscheint (Reliefmarke), fand sich nur bei zwei undatierten Stücken.

Ansonsten signierte Hans mit dem Pinsel „H Schmaltz“ oder „H. Schmaltz“ (Pinselmarke), wobei keine datierten Stücke vorliegen. Eine Signaturabkürzung „H Sch.“ liess sich nur einmal belegen (undatiert).

Häufiger begegnen geritzte Signaturen „H Schmaltz“ (Ritzmarke) mit den Daten 1931, 1938, 1946 und 1947.

Einmal ist eine Fischsignatur mit Ritzmarke belegt.

Undatiert sind die Ritzmarken „Schmaltz“, „Schmaltz Heimberg“ oder H. Schmaltz-Heimberg“.

Bibliographie:

Amstutz 1931
Ulrich Amstutz, Der Plastiker Adolf Schmalz in Heimberg bei Thun, in: Historischer Kalender oder der Hinkende Bot 204, Bern 1931.

Blaettler/Schnyder 2014
Roland Blaettler/Rudolf Schnyder, CERAMICA CH II: Solothurn (Nationales Inventar der Keramik in den öffentlichen Sammlungen der Schweiz, 1500-1950), Sulgen 2014, 368.

FA 1966
FA, † Cäsar Adolf Schmalz. Der Bund, Abendausgabe 468, 30.11.1966, 4.

Marti/Straubhaar 2017
Erich Marti/Beat Straubhaar, C.A. Schmalz 1887-1966. Leben und Werk mit Pinsel, Stift und Lehm, Heimberg 2017.

Messerli 2017
Christoph Messerli, 100 Jahre Berner Keramik von der Thuner Majolika bis zum künstlerischen Werk von Margrit Linck-Daepp (1987-1983). Hochschulschrift (Datenträger CD-ROM), Bern 2017.

Stauder 1917
Hermann Stauder, Die Töpferei im Heimberg (Nachdruck des Kunst- und Kulturverein Heimberg, 1985, Original Schweizerische Landesbibliothek Bern), Bern 1917.

 

Heimberg-Steffisburg BE, Schneider, Hans, Töpferei (1961-1996)

Andreas Heege, 2024

Keramik von Hans Schneider in CERAMICA CH

Adolf Schweizer (1893-1967) verkaufte seine Kunsttöpferei, die ehemalige Manufaktur Wanzenried, 1961 an Hans Schneider-Kraft, Töpfermeister von Seftigen (1923-2006) und seine Frau Susi Schneider-Kraft. Hans Schneider modernisierte und renovierte den Betrieb sehr intensiv (Thuner Tagblatt 86, Nummer 275, 23. November 1962; auch GB Thun, Belege 6, No. 7226, vom 16. Oktober 1961). 1965 entfernte er die alte Tonaufbereitungsanlage, die für seinen Betrieb viel zu gross und unwirtschaftlich war (Frank 2000, 575, 578).

Umbau 1991: Thuner Tagblatt, Band 115, Nummer 38, 15. Februar 1991

Thuner Tagblatt 115, Nummer 77, 4.4.1991

1989-1992 folgte eine weitere intensive Umbaumassnahme im früheren Gebäude der Majolika-Fabrik von Johannes Wanzenried (Thuner Tagblatt, Band 115, Nummer 38, 15. Februar 1991; Thuner Tagblatt 115, Nummer 77, 4.4.1991, vgl. auch Frank 2000, 575).

Hans Schneider produzierte noch 1996. Im April 1994 stellte er auf der Gewerbeausstellung Steffisburg seine Keramiken aus (Thuner Tagblatt, Band 120, Nummer 95, 24. April 1996). Wann er seinen Betrieb definitiv einstellte, ist unklar.

Hans Schneider bei Antik und Rar

Bibliographie: 

Frank 2000
Georg Frank, “Dank dem Gewerbefleiss früherer Jahrhunderte”. Die Nutzung der Wasserkraft in der bernischen Gemeinde Steffisburg vom ausgehenden 13. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Thun 2000, bes. Kap. 4.16.

Heimberg-Steffisburg BE, Schweizer, Adolf, Kunsttöpferei (1925-1961)

Gebäude der ehemaligen Manufaktur Wanzenried zur Zeit von Loder & Schweizer (1919-1925).

Keramik von Adolf Schweizer in CERAMICA CH

Andreas Heege, Andreas Kistler, Margret Loder 2021

Adolf Schweizer wurde am 4. November 1893 im Glockenthal bei Steffisburg geboren, er starb am 1. Dezember 1967. Sein Grossvater Johannes (1837-1879) war Zimmermann. Sein Vater Johannes (1864-1901) war Fabrikarbeiter (Täglicher Anzeiger für Thun und das Berner Oberland, 2. 12.1893; Stammbaum). Nach der Schule machte Adolf eine Töpferlehre in der Manufaktur Wanzenried (vermutlich etwa 1908-1911). Dann besuchte er ab dem Sommersemester 1911 bis zum Sommersemester 1915 die Keramikfachschule in Bern.

Musterentwurf von Adolf Schweizer 1911 (aus dem Nachlass der Kunstkeramik Luzern, heute im Staatsarchiv Luzern).

Botanische Zeichenstudie von Adolf Schweizer zwischen 1911 und 1915 (aus dem Nachlass der Kunstkeramik Luzern, heute im Staatsarchiv Luzern).

Im Anschluss an die Ausbildung in Bern wurde Adolf Schweizer Geschäftsführer der neu gegründeten Genossenschaft DESA.

Adolf Schweizer und Elise Eyer in ihren späten Lebensjahren (Foto Privatbesitz, Familie Schweizer).

Adolf Schweizer heiratete 1917 die in der Manufaktur Wanzenried arbeitende Keramikmalerin Elise Eyer (1892–1970, Tochter des Hafners Gottfried Eyer, 1856–1892 und seiner Frau Elise Gfeller; Oberländer Tagblatt vom 9.11.1917). Das Paar bekam vier Söhne und eine Tochter (alle Informationen aus dem Nachruf im Thuner Tagblatt 91, 1967, Nummer 288). Von den Söhnen wurde der Sohn Hans (1919-1988) ebenfalls Töpfer.

Keramik- und Dekorentwürfe Elise Eyer, entweder für die Manufaktur Wanzenried oder für Loder & Schweizer, vor 1925 (aus dem Nachlass der Kunstkeramik Luzern, heute im Staatsarchiv Luzern).

Wir können nur vermuten, dass Elise Eyer an der Töpferschule in Steffisburg zur Keramikmalerin ausgebildet wurde, da nach 1906 keine Schülerlisten erhalten sind. Im Nachlass der Kunstkeramik Luzern haben sich diverse signierte Entwurfszeichnungen erhalten, die zeigen, welche zeichnerischen und grafischen Fähigkeiten Elise Eyer hatte.

Für den 11. Dezember 1918 erfahren wir, dass Adolf Schweizer und Emil Loder (1890–1971) gemeinsam die alte Manufakturliegenschaft von der Witwe Wanzenried zum Preis von Fr. 18.000 erwarben (wovon sie Fr. 15.000 als Schuldbrief hinterlegten) und sie mit Nutzen und Schaden auf den 2. April 1919 übernahmen (Grundbuch Thun, Beleg II, 775 vom 17.3.1919). Im Schweizerischen Handelsamtsblatt wurde die Gründung ihrer Kollektivgesellschaft mit dem 1. März 1919 bekannt gemacht (SHAB 37, No. 59, 8. März 1919). Emil Loder arbeitete seit Ende 1915 wohl als Geschäftsführer in der Manufaktur. Wir können nur annehmen, dass die beiden Geschäftsführer sich irgendwo in Steffisburg auf privater Ebene kennengelernt hatten oder schon vorher kannten.

Veröffentlichung der Kollektivgesellschaft im Schweizerischen Handelsamtsblatt 1919.

Sie machten aus der Manufaktur Wanzenried  (Werbeanzeige 1922):

(Hinweis: Das Gründungsdatum 1876 ist falsch! Die Manufaktur Wanzenried wurde im September 1878 gegründet).

Von ihrer gemeinsamen Produktion zeugt ein im Nachlass von Emil Loder erhaltenes Fotoalbum (heute im Staatsarchiv Luzern, PA 1421/PLA 202, Firmenarchiv Kunstkeramik Luzern). Loder & Schweizer setzten eingeführte und erfolgreiche Muster und Keramikwaren der Manufaktur Wanzenried, wie z.B. das Muster «Alt-Thun/Chrutmuster» und die Irdenwareproduktion mit Malhorndekoren und Ritzmustern fort.

Keramik Loder & Schweizer in Privatbesitz bzw. im Schlossmuseum Thun.

Gleichzeitig entwickelte aber wohl vor allem Emil Loder zahlreiche neue Formen und Dekore, die er jeweils mit Nummern versah. Stilistisch würde man seine Dekore einem späten Jugendstil bzw. Art Deco zuordnen.

Malerinnensaal bei Loder & Schweizer, um 1919-1925 (Foto aus dem Nachlass der Kunstkeramik Luzern, heute im Staatsarchiv Luzern).

1919 arbeiteten in der Werkstatt Loder & Schweizer angeblich sechs Männer und eine Frau (Frank 2000, 580 basierend auf RSA Thun B 118).

Immer wieder finden sich auch keramische Entwürfe von Paul Wyss (identische Platte auch im SNM, LM-119721).

Gleichzeitig versuchte sich Emil Loder auch als Plastiker und produzierte in der Manufaktur auch verschiedene Tierfiguren (Foto aus dem Nachlass der Kunstkeramik Luzern, heute im Staatsarchiv Luzern).

   

Keramik Loder & Schweizer in Privatbesitz bzw. im Schlossmuseum Thun.

Die Marke der Manufaktur war das ligierte „LS“ (Loder & Schweizer), oft kombiniert mit dem Ortsnamen Steffisburg und der Form- bzw. Dekornummer. Nur beim Muster „Alt-Thun“ erscheinen immer noch die beiden Sterne der Manufaktur Wanzenried und die Bezeichnung „Thoune“.

Der Absatz lief u.a.  über die 1917 gegründete Mustermesse Basel, die Loder&Schweizer von 1920 bis 1924 jährlich besuchten (Offizieller Katalog der MUBA 1920-1924). Hier die Einladung zur MUBA 1924 (Foto aus dem Nachlass der Kunstkeramik Luzern, heute im Staatsarchiv Luzern).

Anfang 1925 beendeten Emil Loder und Adolf Schweizer ihre Zusammenarbeit, wobei die Gründe in einem Zerwürfnis liegen, dessen Ursachen nicht genauer bekannt sind. Dies geht aus einem erhaltenen Briefwechsel von Emil Loder mit seiner späteren Frau Frieda Schenk hervor. Dieses Zerwürfnis hinderte die beiden ehemaligen Kompagnons aber nicht, später z.B. den Grossauftrag für das Eidgenössische Schützenfest 1939 in Luzern, gemeinsam abzuwickeln. Adolf Schweizer kaufte 1925 den Betrieb und Emil Loder zog nach Luzern und gründete die Luzerner Keramik.

Werbeblatt für die Firma Adolf  Schweizer (Fotokopie aus dem Nachlass der Kunstkeramik Luzern, heute im Staatsarchiv Luzern).

Adolf Schweizer führte den Betrieb zusammen mit seiner Frau bis 1961  weiter, wobei in der Anfangszeit Keramik ganz im Stil von Loder & Schweizer produziert wurde und auch die Herstellung des Musters „Alt-Thun“ weiterlief.

Bereits 1921 war Adolf Schweizer der Gründungspräsident des Schweizerischen Töpfermeisterverbandes (Illustrierte Schweizerische Handwerker Zeitung Nr. 25, 1921, 258).

Im November 1925 erhielten Schweizers für ihre Keramiken beim 6. Wettbewerb der Verkaufsgenossenschaft des Schweizer Heimatschutzes einen 2. Preis, nach der Keramikerin Hanni Nencki, die den ersten Preis erhielt (Der Bund, 76, Nummer 476, 8. November 1925). Die an der Weihnachtsausstellung des Schweizerischen Werkbundes 1925 im Gewerbemuseum Bern gezeigten „hübsch gezeichneten Keramiken“  wurden wohlwollend besprochen (Der Bund 76, Nummer 530, 12.12.1925). Adolf Schweizer war ab 1925 bis 1931 und  ab 1943 auch kontinuierlich mit einem Messestand auf der MUBA vertreten (Offizielle Kataloge der MUBA im Schweizerischen Wirtschaftsarchiv in Basel).

1926 finden wir Adolf Schweizer auch auf der Weihnachtsausstellung des Schweizerischen Werkbundes, Ortsgruppe Bern, im Gewerbemuseum Bern (Das Werk 13, 1926, XXIII).

1927 beteiligt sich Adolf Schweizer an der „Schweizerwoche-Ausstellung des Gewerbemuseums Bern“ „mit wohlgeformten und ausserordentlich schön gearbeiteten Vasen, Schalen und Krügen“ (Neue Berner Zeitung 25.1.1927, StAB BB 1.9.34, Zeitungsausschnitte).

1927 Im selben Jahr finden wir ihn auf einer Ausstellung schweizerischer Keramik in Genf („Céramiques Suisses“). Der Ausstellungskatalog überliefert uns auch zwei Fotos der Produktion dieser Jahre, die wir sonst museal kaum kennen. In einer Anzeige bezeichnet Schweizer sich selbst als Spezialisten für die Kunstkeramik „Vieux Thoune et Mosaïque“.  Letzteres ist ein vom „Chrutmuster“ bzw. Muster „Alt-Thun“ abgeleiteter neuer Dekor, der auch in der jeweils aufgebrachten Ritzmarke die Bezeichnung  „Mosaïque“ trägt.

Vitrine mit Keramik an der Saffa (Schweizerische Ausstellung für Frauenarbeit), 1928 (Quelle und Signatur: Staatsarchiv des Kantons Bern, V Frauenzentrale 129). 

1928 An der „Saffa“ war die Firma Adolf Schweizer, neben der DESA mit „Frauenarbeit in der Kunsttöpferei“ ebenfalls vertreten (Oberländer Tagblatt 52, Nummer 225, 25.9.1928).

1928 erweiterte Adolf Schweizer die Werkstatt um einen 5,1 m langen und 6,6 m breiten Lagerraum in Fachwerkbauweise, der mit einem Blech-Flachdach gedeckt wurde. 1929 reaktivierte er die zur Liegenschaft gehörige Wasserkraft und baute ein Wasserrad mit einer Leistung von 5,5 PS ein (Frank 2000, 575).

Schon vor 1928 gehört Adolf Schweizer zur Aufsichtskommission für das Kantonale Gewerbemuseum in Bern (Der Bund 80, Nummer 387, 21.8.1929). Zugleich war er Präsident des am 5.3.1928 gegründeten Vereins für „Kunstgewerbliche Hand- und Heimarbeit im Berner Oberland“ (SHAB 46, 1928, No. 108, S. 919).

An der Schweizerwoche 1929 beteiligte sich Adolf Schweizer mit einer Ausstellung im Thuner Freienhof (Oberländer Tagblatt 53, Nummer 252, 28.10. 1929). Als einziger Keramiker neben der Porzellanfabrik Langenthal beteiligte er sich 1930 am „Exportmusterlager des Kantons Bern“  (Der Bund 81, Nummer 278, 19.6.1930).

1930 Adolf Schweizer zeigt seine Produktion auf der Ausstellung „Oberländische Volkskunst“ im Gewerbemuseum Bern (Berner Tagblatt 23.10.1930, StAB BB 1.9.34, Zeitungsausschnitte). Mitaussteller ist die Firma „Gebrüder Lanz Keramik“ aus Thun (Neue Berner Zeitung  3.11.1930, StAB BB 1.9.34, Zeitungsausschnitte).

1931 wurde er Gründungspräsident der „Verkaufsgenossenschaft für Heimarbeitsartikel“ (Oberländer Heimatwerk) am Bärenplatz in Bern, die den Absatz fördern sollte (Der Bund 82, Nummer 404, 1. 9. 1931;  siehe auch SHAB 49, 1931, No. 268, S. 2446).

Adolf Schweizer war ab dem 29.12.1933 für etliche Jahre auch Präsident des Bernischen Töpfermeister-Verbandes (SHAB 52, 1934, 60), dessen Mitbegründer er 1916 war (Der Bund 86, Nummer 503, 28. Oktober 1935, Bericht über den Chachelimärit im Gewerbemuseum, ausserdem Thuner Tagblatt 90, Nummer 196, 23.8.1966). Der Töpfermeister-Verband stellte mit zahlreichen Mitgliedern auf der MUBA 1921 aus (Offizieller Messekatalog der MUBA 1921).  Der Töpfermeisterverband erhielt bereits im März 1933 die Bewilligung am Werkstattgebäude von Adolf Schweizer einen Anbau für die Tonaufbereitungsanlage der bernischen Töpfermeister zu errichten. Es handelte sich um einen Steinbau mit Ziegeldach (Frank 2000, 575). Diese Unternehmung war nicht erfolgreich und die Anlage wurde 1938 an die Töpferei Kohler in Schüpbach verkauft. Adolf Schweizer baute später erneut eine eigene Trommelmühle ein, die bis 1965 existierte (Frank 2000, 773).

1934 Beteiligung am grossen „Chachelimärit“ im Gewerbemuseum in Bern (Der BUND 1.11.1934, StAB BB 1.9.34, Zeitungsausschnitte).

1936 hielt Adolf Schweizer zusammen mit den Keramikern Adolf Schmalz und Töpfermeister Jakob Reusser einen Vortrag über die Heimberger Keramik und ihre Entwicklung bei der Kunstgesellschaft Thun (Oberländer Tagblatt 60, Nummer 136, 13.6.1931).  Natürlich konnte die Steffa 1936 – die Steffisburger Ausstellung für Gewerbe, Handel und Industrie nicht ohne Adolf Schweizer stattfinden. Er war Mitglied des Organisationskommitees. Zusätzlich war er mit einem Stand vertreten (Oberländer Tagblatt 60, Nummer 171, 24.7.1936).

Mit der Unterstützung von Arbeitslosen fertigte er in seiner Werkstatt die keramische Eintrittsplakette für die Steffa.

Keramik von Adolf Schweizer in Privatbesitz.

Luzerner Schützenfestteller 1939 (Dank an Angelo Steccanella für den Hinweis, identisches Stück im SNM LM-81440 und im HMLU 13865.560).

Einen  Überblick über die Produkte der Firma Adolf Schweizer von 1925 bis 1962 haben wir nicht. Möglicherweise würden hier die vermutlich existierenden Standbilder von der MUBA eine gute Informationsquelle sein. Zumindest für 1928 haben wir Zeitungsberichte über eine Messeteilnahme (Oberländer Tagblatt 52, Nummer 92 vom 30.4.1928). 1954 erfahren wir in einem Bericht über die MUBA, dass Adolf Schweizer seit mehr als 24 Jahren zu den regelmässigen Oberländer Ausstellern auf der MUBA gehörte (Oberländer Tagblatt 78, Nummer 108, 11.5.1954). Für das Jahr 1964 haben wir eine weitere Erwähnung (Thuner Tagblatt  88, Nummer 49, 28.2.1964).

 

Keramik von Adolf Schweizer in Privatbesitz.

Die Markierung seiner Produkte änderte Adolf Schweizer auf die ligierten Buchstaben „SA“, oft mit der Beischrift Steffisburg. Auch bei ihm trägt das Muster „Alt-Thun“ seitlich zwei Sterne wie in der Manufaktur Wanzenried und die Beischrift „Thoune“.

In den 1930er-Jahren fertigte Adolf Schweizer in geringem Umfang offenbar auch Fayencen, ähnlich wie Emil Loder in Luzern.

Adolf Schweizer zog an die Bernstrasse 21 in Steffisburg und richtete sich dort erneut eine kleine Werkstatt ein, wo er zusammen mit seiner Frau und seinem Sohn Hans bis mindestens 1967 Keramik herstellte (Thuner Tagblatt 87, Nummer 258, 4.11.1963 ). Der Sohn Hans führte das Kunstkeramikgeschäft bis 1988 unter derselben Adresse weiter (SHAB 87, 1969, No. 70, S. 657). Seine Signatur „HS“ ist von der seines Vaters „AS“ oft nicht eindeutig unterscheidbar.

Bei Adolf Schweizers Nachfahren hat sich wegen des Verkaufs der Töpferei (Nutzen und Schaden 1. Mai 1961) kein nennenswerter archivalischer Nachlass erhalten.

Beim Verkauf gelangte der Betrieb 1961 an Hans Schneider-Kraft, Töpfermeister von Seftigen (1923-2006) und seine Frau Susi Schneider-Kraft. Hans Schneider modernisierte und renovierte den Betrieb sehr intensiv (Thuner Tagblatt 86, Nummer 275, 23. November 1962; auch GB Thun, Belege 6, No. 7226, vom 16. Oktober 1961). 1965 entfernte er die alte Tonaufbereitungsanlage, die für seinen Betrieb viel zu gross und unwirtschaftlich war (Frank 2000, 575, 578).

Umbau 1991: Thuner Tagblatt, Band 115, Nummer 38, 15. Februar 1991

Thuner Tagblatt 115, Nummer 77, 4.4.1991

1989-1992 folgte eine weitere intensive Umbaumassnahme im früheren Gebäude der Majolika-Fabrik von Johannes Wanzenried (Thuner Tagblatt, Band 115, Nummer 38, 15. Februar 1991; Thuner Tagblatt 115, Nummer 77, 4.4.1991, vgl. auch Frank 2000, 575).

Hans Schneider produzierte noch 1996. Im April 1994 stellte er auf der Gewerbeausstellung Steffisburg seine Keramiken aus (Thuner Tagblatt, Band 120, Nummer 95, 24. April 1996). Wann er seinen Betrieb definitiv einstellte, ist unklar.

Keramik von Adolf Schweizer bei Antik und Rar

Keramik von Hans Schweizer bei Antik und Rar

Keramik in der Sammlung des SNM

Keramik in der Sammlung des MAG

Bibliographie:

Frank 2000
Georg Frank, „Dank dem Gewerbefleiss früherer Jahrhunderte“. Die Nutzung der Wasserkraft in der bernischen Gemeinde Steffisburg vom ausgehenden 13. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Thun 2000, bes. Kap. 4.16.

Jegenstorf, Hafner Abraham Reutlinger


Jegenstorf vom Flugzeug aus, 1939, Blick nach Nordosten.

Andreas Heege, Andreas Kistler, Alfred Spycher

Stammbaum Reutlinger

Für den Namen Reutlinger finden sich in den Schriftquellen unterschiedliche Schreibweisen: Rüedlinger, Reütliger, Rütliger, Ryttlinger, Rüttlinger.

Abraham Reutlinger (1673‒1741) war der Sohn von Anthoni Rütliger von Jegenstorf (Heimatgemeinde Mattstetten) und seiner Frau Madlena Ärni. Er wurde am 4.5.1673 getauft (Bern, Ausburger Taufrodel 1665‒1684, 137/7) und starb am 26.12.1741 (KR Jegenstorf 33, 22). Abraham Reutlinger absolvierte seine Lehre zwischen 1689 und 1691 bei dem Berner Hafner Hans Heinrich Hess und hatte als Geselle am 11. Dezember 1692 seinen Abschied genommen (Morgenthaler 1951, 137. Vgl. auch Boschetti-Maradi 2006, 176‒178, ausserdem 210), vermutlich, um auf die Wanderung zu gehen. Dabei dürfte er nach St. Gallen gelangt sein, wo er die Hafnertochter Wibrath Sommerauer (1657‒vor 1721; Staatsarchiv St. Gallen ZVA 12.760) kennenlernte und am 15. Oktober 1694 in St. Gallen heiratete (Staatsarchiv St. Gallen ZVA 12.733,236). Ihre Eltern waren der Hafner Jakob Sommerauer (1635‒1683, Staatsarchiv St. Gallen ZVA 12.760, 136 und Staatsarchiv St. Gallen ZVA 12.783,2) und Margaretha Gillerin (1632‒1708; Heirat 24.2.1657, Staatsarchiv St. Gallen ZVA 12.733,196; Genealogie Sommerauer Staatsarchiv St. Gallen ZVA 12.750.16, Band Q, 34‒35).

Die vier Kinder aus dieser Ehe wurden zwischen 1695 und 1699 in Herisau AA getauft, wo Abraham Reutlinger demnach seine Werkstatt gehabt haben dürfte. Unmittelbar anschliessend zog die Familie von Herisau nach Jegenstorf zurück, denn wir finden Abraham Reutlinger erstmals in den Landvogtei-Rechnungen für Fraubrunnen für das Jahr 1700/01. Er wurde für die Reparatur der Öfen in der Mühle, Öhle und Stampfe bezahlt (StAB VII 1313, 1700). Im selben Jahr arbeitete er in Schloss Landshut (StAB VII 1553, 1700), 1702 erstmals auch auf dem Thorberg (StAB VII 1976, 1702). 1719 und 1720 reparierte Reutlinger Kachelöfen in Schloss Brandis (StAB VII 1104, 1719–1720). Reutlingers erste Frau starb vor 1721, sodass er am 27. Juni 1721 Elisabeth Fankhauser von Burgdorf (1680‒1763; KR Münchenbuchsee 14, 26; 8.4.1763, Alter 83) heiraten konnte (KR Jegenstorf 27, 72; 27.6.1721). Beide Töchter aus dieser zweiten Ehe wurden in Jegenstorf getauft. Die jüngere, Anna Catharina Reutlinger, heiratete am 16. August 1746 den Hafner Johannes Häberli von Münchenbuchsee (KR Jegenstorf 27, 126; 26.8.1746). Ihre Stiefschwester Anna Barbara Reutlinger (1699‒1744; KR Jegenstorf 12,16 ; 23.7.1699, Taufe in Herisau AA; KR Grafenried 4, 169; 4.10.1744) von Mattstetten, wohnhaft in Jegenstorf, heiratete schon am 21. März 1718 (KR Grafenried 4, 5) den Hafner Hans Rudolf Marti (1691-1742) aus Fraubrunnen (KR Grafenried 3, 97; 4.12.1691; KR Grafenried 4, 194; 17.5.1742). Abraham Reutlinger ist daher der Grossvater des bedeutenden bernischen Keramikers Abraham Marti (1718-1792) (Heege/Frey/Spycher/Kistler 2023).

Von 1753 bis 1763 lebte Elisabeth Reutlinger-Fankhauser (1680‒1763), mit Einverständnis der Gemeinde Mattstetten, bei ihrem Schwiegersohn dem Hafner Johannes Häberli in Münchenbuchsee (Verpfründungsverträge: StAB, Bez. Fraubrunnen A 274,129 und A 322,49).

Abraham Reutlinger führte von 1700‒1712, 1718‒1721, 1724 und letztmals 1736 Ofenarbeiten für die Landvogtei Fraubrunnen aus (StAB B VII 1313‒1315). 1721 lässt sich auch ein Auftrag für einen neuen Ofen in das Pfrundhaus in Münchenbuchsee belegen: (StAB B VII 1136, 1721). Zwischen 1721 und 1741 wurde er für diese Arbeiten in Fraubrunnen zunehmend durch seinen Schwiegersohn Hans Rudolf Marti ersetzt (StAB B VII 1314‒1315).

Wir haben keine Vorstellung, wo Abraham Reutlinger seine Werkstatt hatte und wie seine Geschirrkeramik oder seine Kachelöfen aussahen.

Bibliographie:

Boschetti-Maradi 2006
Adriano Boschetti-Maradi, Gefässkeramik und Hafnerei in der Frühen Neuzeit im Kanton Bern (Schriften des Bernischen Historischen Museums 8), Bern 2006.

Heege/Frey/Spycher/Kistler 2023
Andreas Heege/Jonathan Frey/Alfred Spycher/Andreas Kistler, Keramik aus Blankenburg, Abraham Marti (1718–1792), ein bernischer Landhafner, Bd. 16 (Schriften des Bernischen Historischen Museums), Bern 2023.

Jegenstorf, Hafner Häberli


Jegenstorf vom Flugzeug aus, 1939, Blick nach Nordosten.

Andreas Heege, Andreas Kistler, Alfred Spycher, 2025

Im bernischen Mittelland waren Familien mit dem Namen Häberli vor 1800 nur in den Gemeinden Krauchthal, Münchenbuchsee und Jegenstorf eingebürgert, jedoch gab es zahlreiche weitere Heimatberechtigte gleichen Namens in den Kantonen Luzern, Thurgau und Zürich (Familiennamenbuch der Schweiz, Online-Version). Der Versuch eine schlüssige und vollständige Genealogie der verschiedenen Hafner Häberli zu erarbeiten, war nur teilweise erfolgreich, da sich verschiedene Familienstränge nicht miteinander verbinden liessen. Es bleibt derzeit festzuhalten, dass die familiengeschichtlichen Forschungen keinen Nachweis erbracht haben, dass es direkte verwandtschaftliche Beziehungen zwischen den Hafnern Häberli, die im 18. und 19. Jahrhundert in Münchenbuchsee oder Moosseedorf arbeiteten, und den Hafnern Häberli aus Hängelen gibt. Auch besteht keine verwandtschaftliche Beziehung zu den Hafnern Häberli, die sich zwischen 1861 und 1941 in Jegenstorf nachweisen lassen. Diese gehören nachweislich zum Stamm der Häberli aus Münchenbuchsee.

Häberli, Münchenbuchsee-Moosseedorf_genealogische Daten

Häberli, Münchenbuchsee-Jegenstorf, Stammbaum

Jakob Häberli (1828-1877) war der Sohn und Enkel der beiden Schulmeister Daniel Häberli (1750-1829 bzw. 1787-1864) von Münchenbuchsee. Wie die beiden Schulmeister mit den beiden Hafnerlinien Häberli von Münchenbuchsee verwandt sind, liess sich nicht ermitteln. Jakob Häberlis Taufpate war der Hafner Niklaus Häberli (1789-1858) von Münchenbuchsee (KRM_7_132, KRM = Kirchenrodel Münchenbuchsee). Seine ältere Schwester Rosina (1813-1895) war mit dem Hafner Johann Jakob Häberli (1814-1874) von Münchenbuchsee verheiratet. Sein älterer Bruder Niklaus (1824-1853) war ebenfalls Hafner und arbeitete zumindest in seinem Todesjahr (als Geselle?) in Kiesen (KRM_15_131, Todesmeldung auch: Intelligenzblatt für die Stadt Bern, 14. Dezember 1853). Bei wem Niklaus und Jakob ihre Ausbildung erhielten, ist nicht klar. Für Jakob lässt sich belegen, dass für ihn 1847 ein Wanderbuch ausgestellt wurde, er mithin wohl auf die Wanderschaft ging. Am 22.11.1851 heiratete er in Thun Rosina Bürki von Muri (1829-?; KRThun_9_206). Die ersten fünf Kinder wurden zwischen 1852 und 1859 in Bern bzw. Münsingen getauft und dabei als Lebensort jeweils Münsingen angegeben. Vieles spricht also dafür, dass Jakob Häberli dort als Hafner oder Hafnergeselle gearbeitet hat. Erst die sechs folgenden Kinder wurden zwischen 1861 und 1873 in Jegenstorf getauft, das auch als Wohnort angegeben wurde. Wo Jakob in dieser Zeit mit seiner Werkstatt eingemietet war, entzieht sich unserer Kenntnis.


Berner Zeitung, Band 23, Nummer 229, 27. September 1867.

Für das Jahr 1867 ist ein Geldstag überliefert, dessen Ursachen und Folgen jedoch unklar sind.

Der Sohn Johann Jakob Häberli (1858-1908) wurde ebenfalls Hafner. Er heiratete am 1.9.1882 in Jegenstorf Maria Junker aus Jegenstorf (1859-1913). Mit ihr bekam er fünf Kinder (Stammbaum). Es ist wahrscheinlich, dass er nach dem Konkurs (Geltstaginformation: Tagblatt der Stadt Biel, Band 5, Nummer 235, 4. Oktober 1867) bzw. Tod von Niklaus Niklaus (1810-1879) in dessen Liegenschaft Jegenstorf, General Guisanstrasse 12 („Haus mit Scheuer und dabei stehendem Wohnstock mit Hafnerwerkstatt“;  GBJ_04_325-328), oder nur den Wohnstock mit Hafnerwerkstatt mietweise einzog.


Der Bund, Band 47, Nummer 51, 21. Februar 1896

Diese Liegenschaft brannte im Februar 1896 ab. Aber schon 1898 war die Werkstatt wieder in Betrieb, denn Häberli suchte einen Dreher.


Grütlianer, 23. April 1898.

Johann Jakob kaufte die gesamte Liegenschaft schliesslich am 13.10.1903  (GBJ_55_384-388). 1910 trat die Witwe Maria Häberli-Junker die Hafnereiliegenschaft ihrem Sohn Johann Jakob Häberli (1885-1941) ab. Im Erbgang nach dessen Tod 1941 wurde er als „gew. Töpfermeister und Landwirt“ bezeichnet. Es ist nicht klar, wann Johann Jakob den Hafnerberuf aufgab und Landwirt wurde. Das Wohnhaus mit Hafnerwerkstatt existiert heute nicht mehr.

Leider gibt es keine signierte Keramik der Hafner Häberli aus Jegenstorf, daher wissen wir nicht, wie deren Produktion aussah. Archäologische Ausgrabungen haben in den vergangenen Jahren jedoch Funde des 19. Jahrhunderts erbracht, die ein eindrückliches Bild davon vermitteln, was ursprünglich zur Küchen- und Stubenausstattung und dem Haushaltegeschirr der Jegenstorfer Bauernhäuser gehörte.

Jegenstorf, Kirchgasse, Abfallgrube 561, archäologische Funde von Haushaltsgeschirr aus der Zeit vor ca. 1890: Milchtöpfe, Tassen, Untertassen, Terrinen, Teller, Röstiplatten und Nachttöpfe. Fotos Badri Redha, Archäologischer Dienst des Kantons Bern.

Sicher wurde das eine oder andere Stück auch von den Hafnern Häberli oder Niklaus in Jegenstorf produziert.

 

Jegenstorf, Hafner Niklaus

Jegenstorf vom Flugzeug aus, 1939, Blick nach Nordosten.

Andreas Heege, Andreas Kistler, Alfred Spycher, 2025

Niklaus_Jegenstorf_genealogische Daten

Stammbaum Niklaus

Die ersten Hafner aus der Familie Niklaus scheinen in Jegenstorf ab dem späten 18. Jahrhundert tätig geworden zu sein. Es gab jedoch schon vorher mindestens zwei verschiedene Hafner am Ort, Abraham Reutlinger (1673-1741) und Rudolf Los[s]er, (Lebensdaten unbekannt, Aktivitätsnachweis 1749-1750, Boschetti-Maradi 2006, 210).

Der erste Hafner aus der Familie Niklaus, den wir kennen, ist Bendicht Niklaus (1738-1804). Den Beruf seines Vaters kennen wir nicht. Bendicht war zweimal verheiratet (9.1.1763, 20.12.1778). Mit der ersten Frau hatte er sieben Kinder, mit der zweiten Frau nur noch eines (siehe Stammbaum).

Jegenstorf Altgasse 1,5 Lage Hafnerei     Jegenstorf Altgasse 1,5 Handänderungen GBJ

Zu einem unbekannten Zeitpunkt erwarb Bendicht Niklaus (1738-1804) verschiedene Liegenschaften und Äcker in Jegenstorf, die nach seinem Tod im Jahr 1805 zwischen der überlebenden Witwe und seinen überlebenden Kindern aus erster Ehe aufgeteilt wurden (GBJ_01_116-122; GBJ = Grundbuch Jegenstorf):

„1. Wohnhaus samt dabei liegender Hafnerhütte und Hofstatt ungefähr 2 Maad, dazu gehöre eine Schuposen Rechtsame. 2. der Bachtelen Acker auf dem Oberfeld zu Jegenstorf gelegen ca. 2 Jucharten. 3. der Bohlwinkel Acker ca. 2 Jucharten. Von diesem Haus samt Erdreich ist die einte Hälfte dem Bendicht [Bendicht Niklaus, 1774-1839] angeschlagen worden. Die zweite Hälfte dann samt der Hafnerhütte ist dem Sohn Niklaus [Niklaus Niklaus, 1764-1823]  verschrieben worden. Bedingung: Bendicht hat das Recht die Hafnerhütte zu gebrauchen. 4. Noch ein Haus im Dorf samt Ofenhaus und Speicher nebst Garten. Darab wurde alljährlich ein Bodenzins entrichtet in den Spital nach Bern an Dinkel ein Meudt. Zu diesem Geschick gehöre eine Schupose Rechtsame. 5. Eine Beunde auf dem Eschpli ca. 3/4 Jucharte. 6. In der Ischenmat ca. 1/2 Maad. 7. der Neuholz Acker ca. 3/4 Jucharten. 8. der Münchringer Acker ca 3/4 Jucharten 9. der Krautmatt Acker ca. 3/4 Jucharten. Diese von Nr. 4 bis Nr. 9 sind dem jüngsten Sohn Jakob [1777-1832] angeschlagen.“

Hafnerhütte und Wohnhaus lassen sich aufgrund späterer Handänderungen als die heutige Altgasse 1 und 5 identifizieren. Beide Parzellen sind modern überbaut.

Zwischen 1780 und 1797 haben wir Hinweise auf „Ofenarbeiten“ von Bendicht Niklaus (1738-1804) in den bernischen Amtsrechnungen vor allem von Fraubrunnen. Dabei lässt sich nur 1780 belegen, dass er auch Kachelöfen, die 46 bzw. 32 Kronen kosteten, neu setzte (Utzenstorf, Landschreiberei und Kirchberg, Pfrundhaus). Zwischen 1786 und 1797 führte er ansonsten nur Ofenreparaturen in Fraubrunnen aus. Im Bürgerregister von 1798 wird er neben seinem ältesten Sohn Niklaus (1764-1823) als Hafner aufgeführt. Der jüngere Sohn Bendicht (1774-1839), war zu diesem Zeitpunkt noch nicht verheiratet und führte daher wohl auch keine eigene Werkstatt. Als Bendicht Niklaus 1803 seinem Sohn Niklaus Niklaus eine halbe Juchart Ackerland auf dem Niederfeld zu Jegenstorf verkaufte, befand er sich vermutlich krankheitshalber im Inselspital in Bern (StAB Bez Fraubrunnen A, 216, 316-318). Er starb 1804.

Die folgende Generation bestand aus den zwei Hafnern Niklaus Niklaus (1764-1823) und Bendicht Niklaus (1774-1839) sowie dem jüngsten Sohn Jakob (1777-1832), der 1808 als „Kachelkrämer“ bezeichnet wird (KRJ_07_51), offenbar also mit Geschirr handelte oder hausierte. Mit der Erbteilung von 1805 (s.o., GBJ 01, 116-122) teilten sich die beiden Brüder Niklaus und Bendicht das Wohnhaus und die Hafnerhütte, Altgasse 1 und 5.

Niklaus heiratete am 28.9.1787 in Oberburg Barbara Müller (1766-1825). Mit Ihr bekam er drei Kinder (siehe Stammbaum). Bendicht Niklaus heiratete am 23.1.1801 in Oberburg Elisabeth Kunz (1778-1839). Das Paar bekam fünf Kinder, von denen keines Hafner wurde. 1802 kaufte Bendicht „Ohngefehr dreiviertel Jucharten Ackerland, der Niederfeld Acker auf dem Niederfeld“ von Jegenstorf für 156 Kronen, wofür sein Vater bürgte (StAB Bez Burgdorf B 682, 58-59). Von Bendicht erfahren wir sonst weiter nichts, ausser dass er im Dezember 1838 seinem Sohn Bendicht Niklaus (1806-?) seine Haushälfte und den übrigen Besitz inklusive Nutzung der Hafnerhütte verkaufte (GBJ_09_198-203). Bendicht Niklaus, Sohn, war Drechsler. Mit dem Tod von Bendicht Niklaus (1774-1839) erloschen die Hafneraktivitäten auf dem Grundstück Altgasse 1, 5, obwohl in den Handänderungen im Grundbuch noch bis 1893 von einem „Wohnstöcklein, früher Hafnerhütte, welches früher eine Hafnerwerkstatt war“ die Rede ist (GBJ 48, 294-308).

Das Leben von Bendichts Bruder Niklaus Niklaus (1764-1823) und seiner Familie verlief offenbar weniger ruhig. 1818 wurde Niklaus zum ersten Mal wegen Holzdiebstahls (Waldfrevel) im Gemeindewald gebüsst, nachdem der Bannwart Jakob Aeberhart ihn angezeigt hatte (StAB Bez Fraubr B 366_8_1818). 1821 musste er sich wegen ehrverletzender Schimpfworte gegen Aeberhart verantworten und entschuldigen (StAB Bez Fraubr B 367, 153).

Mit dem Tod von Niklaus Niklaus (1823) und seiner Ehefrau Barbara Müller (1825) kam es im April 1825 zu einer weiteren Erbteilung des Hafnergrundstücks Altgasse 1 und 5. Der Landarbeiter Johannes Niklaus (1791-1847, siehe Stammbaum) erhielt das halbe Hafnerhaus, der Hafner Niklaus Niklaus (1788-1852) vier Äcker (GBJ_04_235-239). Dies war möglich, weil  Niklaus Niklaus (1718-1852) bereits am 30. Januar 1819 ein eigenes Heimwesen gekauft hatte: „ein Haus samt beiliegender Hofstatt und Garten, ungefähr zwei Maad. Dazu gehöre ein halbes Ofenhaus und ein halber Speicher, ferner eine Haus Schuposen Rechtsame. Kaufpreis: 2’100 Krone oder 7’000 Pfund Bernwährung“ (GBJ_03_87-89). Es handelt sich um die heutigen Liegenschaften General-Guisanstrasse 12/14 (Jegenstorf Guisanstrasse 12/14 Daten aus GBJ).

Am 10. Juni 1819 erhielt er von Johann Rudolf von Stürler, Oberamtmann von Fraubrunnen, die Genehmigung, „vor das Tenn seines von Jakob Buri erkauften  Hauses, gegen Abend, eine Hafnerhütte bauen lassen zu können“ (StAB Urbarien Fraubrunnen 21, 490).

Niklaus Niklaus hatte am 7. April 1809 in Jegenstorf Elisabeth Kunz (1786-1832), Heimatort Lyssach, geheiratet. Mit ihr bekam er sechs Kinder, u.a. den ältesten Sohn Niklaus Niklaus (1810-1879), der ebenfalls Hafner wurde (siehe Stammbaum).

Beim Jegenstorfer Dorfbrand vom 24. April 1820 wurde das Anwesen mit der Töpferei ein Raub der Flammen (Materialien zum Dorfbrand im StAB, Signatur: OG Jegenstorf 5, ausserdem: Chronik Amt Fraubrunnen 3, 1958, 27-33).

1826 musste Niklaus Niklaus einen neuen Kredit über 1800 Bernkronen aufnehmen und setzte dafür als Pfand ein: „1. Ein neu erbautes, mit Ziegeln gedecktes Haus mit Scheuerwesen, unter Nr. 129 für Fr. 2’200 und mit dabei stehendem neuem Wohnstock mit Hafnerwerkstatt unter Nr. 130 für Fr. 600 brandversichert. inkl. Hofstatt und Garten ca. 2¾ Jucharten. 2.-6. Erdreich und eine Schuposen Rechtsame“ (GBJ 04, 325-328). Offenbar befand sich die Werkstatt nun also in einem vom Wohnhaus separierten Gebäude.

Im Februar 1835 verkaufte Niklaus Niklaus (1788-1852), nachdem er 1832 Witwer geworden war, die Hafnereiliegenschaft an seinen Sohn Niklaus Niklaus (1820-1879) (GBJ 07, 450-458). Die Gründe für diesen Verkauf sind nicht klar. Vermutlich arbeiteten der Vater und der zu diesem Zeitpunkt noch unverheiratete Sohn gemeinsam in der Werkstatt.

1836 verklagte der Sohn erfolgreich seinen Vater weil er unberechtigterweise einen Acker als Pfand für eine Schuld eingesetzt hatte (StAB Bez Fraubr B 371, 92).

Im Mai 1838 wurde Niklaus Niklaus zu einer Busse verurteilt, weil er in Grafenried den Regierungsagenten Zulauf beschimpft hatte (StAB Bez Fraubr B 372, 128).  Im Mai 1840 wurde er auf Anzeige der Landjäger Schüppach und Feller erneut verurteilt, weil er einen Samuel Bischoff beschimpft hatte.

Am 30. November 1838 heiratete Niklaus Niklaus die Witwe Anna Barbara Eggimann  verw. Ryser (1779-1855, Heimatort Dürrenroth). Offenbar war diese Ehe jedoch nicht glücklich, wie wir aus einem Gerichtsentscheid vom September 1843 erfahren. Die Jegenstorfer Vormundschaftsbehörde hatte Niklaus Niklaus offenbar bereits bald nach 1838 die Vermögensverwaltung entzogen, woraufhin er nicht mehr für die „Alimente“ seiner Frau aufkam oder aufkommen konnte. Da seine Frau auf die Rückzahlung ihres Weiberguts drängte, was Niklaus nicht leisten konnte oder wollte, sass er sechs Wochen in Fraubrunnen im Gefängnis, bevor er verurteilt wurde: „Durch einen förmlichen Eid auszuschwören das Gebiet der Republik Bern für so lange zu meiden bis er die Ansprecherin für die betriebene Summe und Kosten völlig unklaghaft gemacht haben wird.“ (StAB Bez Fraubr B 375, 96). Offenbar erhielt Anna Barbara Eggimann die ihr zustehenden Gelder, woraufhin am 18. März 1844 Niklaus Niklaus, der zu diesem Zeitpunkt immer noch als „Hafner von und zu Jegenstorf“ bezeichnet wurde,  jedoch den „Geldstag anrufen“ musste (StAB Bez Fraubr B 375, 190).

1852 erfahren wir schliesslich vom tragischen Tod des Hafners. Er wurde am 3. November von der Postkutsche, dem Basler Eilwagen, überfahren, der aber offenbar nach dem Unfall gar nicht anhielt, sondern einfach weiterfuhr (lag der Hafner betrunken auf der Strasse und schlief seinen Rausch aus?). Der Vorfall wurde der Justiz- und Polizeidirektion in Bern übergeben, ohne das wir weiteres dazu lesen können (Emmenthaler Bote, Nummer 91, 11. November 1852).

Niklaus Niklaus (1810-1879), der Sohn, ebenfalls Hafner, heiratete am 3. Mai 1839 eine Anna Witschi (1819-1866, Heimatort Jegenstorf). Das Paar bekam 4 Kinder (siehe Stammbaum). Der Sohn Niklaus Niklaus (1843-1902) wurde nicht mehr Hafner. Auch in der Lebenszeit von Niklaus Niklaus ging es offenbar rauh zu, denn im Juni 1845 wurde er ebenfalls wegen ehrverletzender Beschimpfungen verurteilt (StAB Bez Fraubrunnen B 376, 47). Und in der „Frevelgerichts-Sitzung vom 1. August 1855“ wurden Niklaus Niklaus und seine Frau Anna Witschi jeweils zu 30 Fr. Busse und 5 Fr. Tagegeld für den Bannwart verurteilt, während ihr Wagen und Geräte bis zur Zahlung der Busse beschlagnahmt blieb. Offenbar hatten sie einen grösseren Waldfrevel begangen und waren ertappt worden (StAB Bez Fraubrunnen B 378, Bd. 20, 333).

Bereits vorher, d. h. am 20. Januar 1853, hatte Niklaus Niklaus die Liegenschaft mit dem dabei stehenden Wohnstock mit Hafnerwerkstatt an Johann Ulrich Mägli von Oberbipp, Amtsnotar und Rechtsagent in Jegenstorf verkauft (GBJ 17, 52-57), vermutlich weil er die Zinslast auf der Liegenschaft nicht mehr tragen konnte (General-Guisanstrasse 12). Wir können wohl davon ausgehen, dass er in der Liegenschaft eingemietet blieb und weiter Keramik produzierte.  Am 4. Oktober 1867 musste Niklaus Niklaus, seit 1866 Witwer, schliesslich den Geldstag anrufen (Geltstaginformation: Tagblatt der Stadt Biel, Band 5, Nummer 235, 4. Oktober 1867). Er starb 1879.

Wir können nur vermuten, dass der Jegenstorfer Hafner Johann Jakob Häberli (1858-1908) nach dem Konkurs bzw. Tod von Niklaus Niklaus (1810-1979) in dessen Liegenschaft Jegenstorf, General Guisanstrasse 14 oder nur den Wohnstock mit Hafnerwerkstatt (Jegenstorf, General Guisanstrasse 12) mietweise einzog. Johann Jakob kaufte den Wohnstock mit Hafnerwerkstatt schliesslich am 13.10.1903  (GBJ_55_384-388).

Leider gibt es keine signierte Keramik der Hafner Niklaus aus Jegenstorf, daher wissen wir nicht, wie deren Produktion aussah. Archäologische Ausgrabungen haben in den vergangenen Jahren jedoch Funde des 19. Jahrhunderts erbracht, die ein eindrückliches Bild davon vermitteln, was ursprünglich zur Küchen- und Stubenausstattung und dem Haushaltegeschirr der Jegenstorfer Bauernhäuser gehörte.

Jegenstorf, Kirchgasse, Abfallgrube 561, archäologische Funde von Haushaltsgeschirr aus der Zeit vor ca. 1890: Milchtöpfe, Tassen, Untertassen, Terrinen, Teller, Röstiplatten und Nachttöpfe. Fotos Badri Redha, Archäologischer Dienst des Kantons Bern.

Sicher wurde das eine oder andere Stück auch von den Hafnern Niklaus oder Häberli in Jegenstorf produziert.

Bibliographie:

Boschetti-Maradi 2006
Adriano Boschetti-Maradi, Gefässkeramik und Hafnerei in der Frühen Neuzeit im Kanton Bern (Schriften des Bernischen Historischen Museums 8), Bern 2006.